Arthroskopische Eingriffe am Hüftgelenk: mehr als Impingementchirugie

Mit der Hüftarthroskopie lässt sich nicht nur ein Impingement, sondern auch eine Vielzahl von anderen Pathologien effizient, minimal invasiv und damit äusserst schonend behandeln. Mit diesem Artikel möchten wir dem Leser einen Überblick darüber geben, welche Erkrankungen sich mittels arthroskopischer respektive endoskopischer Technik im Hüftbereich behandeln lassen.

Erstmals wurde die Hüftarthroskopie 1931 von Burman als Teil einer Kadaverstudie beschrieben, sie kam aber erst in den 1970er-Jahren als diagnostische und gelegentlich therapeutische Massnahme zum Einsatz. Über etliche Jahre fristete sie wegen ihrer Komplexität und begrenzter Indikationen ein Nischendasein. Nach der Beschreibung des femoroacetabulären Impingements (FAI) und dessen Therapie mittels chirurgischer Hüftluxation 2001 durch R. Ganz öffnete sich aber ein neues Indikationsspektrum für die Arthroskopie.

Mit zunehmender operativer Erfahrung entstand ein breites Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten, die weit über die reine Impingementchirurgie hinausgehen. In der Zwischenzeit ist ein minimalinvasives, technisch anspruchsvolles OP-Verfahren entstanden, das heute vielen Patienten grössere offene Eingriffe erspart. (Anmerkung: Wir werden in diesem Artikel von der Hüftarthroskopie sprechen, auch wenn es sich bei Eingriffen ausserhalb des Gelenkes genau genommen um eine Endoskopie handelt.)

Femoroacetabuläres Impingement

Das femoroacetabuläre Impingement (FAI) umfasst eine ganze Gruppe von Pathologien, welche durch einen mechanischen Konflikt zwischen Acetabulum und Schenkelhals entstehen. Dies führt zu einer Schädigung des Labrum acetabuli und des Knorpels mit konsekutiver Coxarthrose. Beim sogenannten Pincer-Impingement liegt eine Fehlform des Acetabulums mit zu prominentem Pfannenrand vor. Es kommt zu repetitiven Kontusionen zwischen Acetabulumrand und Schenkelhals und damit primär zu einem Verschleiss des Labrums. Beim Cam-Impingement findet sich ein asphärischer Kopf-Hals-Übergang, was beim Bewegen zu einem Nockenwelleneffekt am Acetabulumrand führt. Die Scher- und Druckkräfte bewirken primär eine Rissbildung am chondrolabralen Übergang. Gerade bei hochaktiven Sportlern kann dies zu einer rasch progredienten Knorpelschädigung durch eine Delamination führen.

Neben diesen beiden Hauptursachen des FAI kann auch eine Fehlrotation des Schenkelhalses (abnorme Ante- oder Retrotorsion), abhängig von der Ausrichtung des Acetabulums, zu einem Impingement beitragen.

Das FAI geht meist mit positionsabhängigen Hüftschmerzen einher, diese werden primär als stechend oder brennend beschrieben. Die Schmerzlokalisation ist inguinal bis gluteal (C-Sign). Die Behandlung dieser Krankheitsbilder stellt den grössten Anteil der hüftarthroskopischen Eingriffe dar.

Bezüglich der Bildgebung ist das Arthro-MRI mit radiären Schichtbildern durch den Schenkelhals der Goldstandard. Die MRI-Sequenzen sollten zudem eine Beckenübersicht und eine Schnittführung durch den distalen Femur beinhalten, um die Torsionsverhältnisse am Femur und die Orientierung der Pfanne messen zu können. Die Darstellung sollte bis unter den Trochanter minor reichen.

Abb. 1: Ektope Verknöcherung im Bereich der Spina iliaca anterior inferior. Diese führte zu einem schmerzhaften extraartikulären Impingement: a) präoperativer Röntgenbefund, b) Befund nach der Operation. Die intraoperativen Bilder zeigen den arthroskopischen Befund der Exostose vor (c) und nach der Resektion (d)

Labrumläsionen

Das Labrum acetabuli verläuft zirkumferenziell um den Pfannenrand und über das Ligamentum transversum. Ist es intakt, übt es einen abdichtenden Effekt auf das Hüftgelenk aus, was bei Distraktionskräften zu einem Vakuum-Phänomen führt. Dieser sogenannte Sealing-Effekt hat einen stabilisierenden Einfluss auf das Hüftgelenk. Er stellt zudem einen homogenen Film der Synovialflüssigkeit sicher, welcher eine gleichmässige Druckverteilung begünstigt. Isolierte Schädigungen ohne ossäre Fehlformen sind eine Rarität. Ein Verschleiss mit Verschmälerung des Labrums findet sich beim Pincer-Impingement, demgegenüber ist ein verbreitertes und degeneriertes Labrum ein Zeichen einer Instabilität.

Sollte die Funktion des Labrums gestört sein, hat dies einen negativen Einfluss auf das ganze Gelenk. Im Rahmen der Hüftarthroskopie wird die Funktion des Labrums überprüft. Liegt es formschlüssig dem Kopf auf, zeigt es eine gute Spannung und ein Vakuum-Phänomen bei Traktion, sind Unterflächenläsionen nicht therapiebedürftig. Bei Bedarf lassen sich kleine Ausfransungen oder Lappen mittels Shaver und Radiofrequenz glätten. Bei einer labralen Instabilität, insuffizientem Kontakt mit dem Femurkopf und fehlendem Vakuum-Phänomen ist es allerdings erforderlich, das Labrum mit Knochenankern und Naht am Acetabulumrand zu refixieren oder eine chondrolabrale Naht durchzuführen. Ist keine suffiziente Rekonstruktion möglich, wird das Labrum im Rahmen einer Labrumplastik mit autologem Gewebe, beispielsweise einem Streifen des Tractus iliotibialis, ersetzt oder verstärkt. Hierdurch lässt sich ein verlorengegangener Sealing-Effekt wiederherstellen.

Pathologien des Ligamentum teres

Lange Zeit wurde dem Ligamentumteres in erster Linie die Funktion zugeschrieben, die Arteria capitis femoris zu umschliessen. Zudem ging man von einer Funktion für die Propriozeption im Hüftgelenk aus. In den letzten Jahren ist das Verständnis des Ligamentum capitis femoris deutlich besser geworden. Man versteht es als weiteren passiven Stabilisator des Hüftgelenkes, dessen einzelne Faseranteile, ähnlich wie bei den Kreuzbändern am Kniegelenk, positionsabhängig gespannt sind.

Abb. 2: Tenosynovialer Riesenzelltumor: a) präoperativer Befund im MRI. Der Tumor liegt perikapsulär unter dem M. iliopsoas, b) intraoperativer Befund mit mobilisiertem Tumor vor der Extraktion durch ein erweitertes Arthroskopieportal

Im Rahmen von Sportunfällen, sportbedingter repetitiver Überdehnung (Ballett, Kampfsport, Kunstturnen) oder in Kombination mit einem FAI kann es zu einer Verletzung oder Degeneration des Ligamentumteres kommen. Resultierende Mikrorupturen und reparative Vorgänge können eine Verdickung des Bandes und ein foveales Impingement bewirken. Dies führt dann mitunter zu chronischen Hüftgelenksbeschwerden. Mittels Hüftarthroskopie kann unter Distraktion des Hüftgelenkes eine gute Beurteilung des Ligamentes durchgeführt werden. Es ist möglich, das Ligament zu debridieren oder partiell bis komplett zu resezieren. Refixationen oder ein Bandersatz müssen als experimentell erachtet werden.

Extraartikuläres Impingement

Neben dem oben beschriebenen klassischen FAI existieren weitere Impingementformen, die zu einer ähnlichen Symptomatik führen können. Zu nennen ist hier zum einen das subspinale Impingement. Hierbei kommt es zu einer Enge zwischen der Spina iliaca anterior inferior und dem lateralen Schenkelhals bei Hüftflexion. Begünstigt wird dieses Impingement durch eine sehr prominente Spina iliaca anterior inferior und/oder einen verbreiterten lateralen Schenkelhals. Diese Pathologie kann isoliert vorliegen oder in Kombination mit einem klassischen FAI. Die operative Therapie besteht aus einer Reduktion der anteroinferioren Spina iliaca, bedarfsweise mit Refixation der Rectussehne und einer weit nach lateral geführten Offsetkorrektur am Schenkelhals.

Zum anderen besteht die Möglichkeit eines Impingements zwischen dem Tuber ischiadicum und dem Trochanter minor. Diese Impingementform wird durch eine starke Antetorsion des Femurs begünstigt. Bei gleichzeitig bestehender verstärkter Anteversion des Acetabulums resultiert ein hinteres Pfannenrandimpingement.

Die Diagnostik des extraartikulären Impingements kann schwierig sein. Ein ischiofemorales Impingement äussert sich oft durch ein Ödem im Bereich des M. quadratus femoris. Im Zweifelsfall erlaubt eine 3D-Rekonstruktion mit Bewegungsanalyse eine optimale Beurteilung des zugrunde liegenden mechanischen Problems.

Die Therapie ist primär konservativ. Sofern dies nicht zum Erfolg führt, ist eine Abtragung des Trochanter minor oder eine Derotationsosteotomie des Femurs zu erwägen. Grundsätzlich sollten schon bei der klinischen Untersuchung die Torsionsverhältnisse des Femurs überprüft werden, was am besten in Bauchlage bei gestreckten Hüften erfolgt. Eine Asymmetrie zwischen Aussen- und Innenrotation von ≥20° ist immer suspekt.

Pathologien der Sehne des Musculus iliopsoas

Die Sehne des M. iliopsoas läuft aus dem Becken über den Pecten ossis pubis zum Trochanter minor. Am nativen Gelenk kann es zu einem Springen der Sehne über eine prominente Eminentia iliopectinea kommen. Dies nehmen die Patienten teilweise als schmerzhaftes Springen wahr und man spricht daher auch von einer Coxa saltans interna. Zudem kann es in der gleichen Region zu einer Reizung der Iliopsoassehne kommen, häufig im Rahmen einer prominenten Pfanne bei liegender Hüftprothese. Dies führt ebenfalls zu Leistenschmerzen, die bei Flexions-/Adduktionsbewegungen des Beines verstärkt werden. Typisch sind Schmerzen beim Ein- und Aussteigen aus dem Auto. Nach Ausschöpfung der konservativen Therapie kann der tendinöse Anteil der Sehne arthroskopisch im Bereich des Pecten ossis pubis tenotomiert und das gereizte Peritendineum oder die Bursa iliopectinea können entfernt werden. Der Muskel wird dabei in seiner Kontinuität erhalten. Dadurch kann die Symptomatik zuverlässig verbessert werden, eine Krafteinbusse entsteht nicht.

Abb. 3: a) Synovialitisch veränderte Sehne des M. iliopsoas, b) Befund auf Höhe des Pecten ossis pubis (* Markierung) mit bräunlich verfärbtem Synovialgewebe unter der zur Seite gehaltenen, entzündlich veränderten Sehne

Coxa saltans externa

Bei der Coxa saltans externa kommt es zu einem mitunter schmerzhaften Schnappen des Tractus iliotibialis über den Trochanter major. Ursächlich besteht ein erhöhter Tonus des Tractus iliotibialis oder eine Dysbalance zwischen M. tensor fasciae latae und M. glutaeus maximus. Eine weitere Ursache können postoperative Vernarbungen des Tractus iliotibialis über dem Trochanter major sein. Die Therapie ist primär konservativ und führt häufig zum vollständigen Abklingen der Symptome. Bei therapierefraktären Symptomen wird zunehmend eine endoskopische Technik durchgeführt, bei der der Tractus iliotibialis im Bereich des Trochanter major ausgehend von der Bursa trochanterica kreuzförmig inzidiert wird. Dabei verbleibt ein Defekt im Tractus iliotibialis über dem Trochanter major. Dies kann die Symptomatik lindern, Rezidive sind dennoch beschrieben.

Tendinopathien des Musculus gluteus medius und minimus

Am Trochanter major setzen anterolateral der M. gluteus minimus, lateral der M. gluteus medius und dorsomedial die Sehnen des Musculus piriformis, der Mm. gemelli und des M. obturatorius internus an. Insbesondere die Sehnen des M. gluteus medius und minimus können entzündlichen Veränderungen unterliegen. Die Symptomatik wird häufig unter dem Begriff des peritrochantären Schmerzsyndroms zusammengefasst. Dieses umfasst zum einen die Bursitis trochanterica, aber eben auch Tendinopathien der pelvinotrochantären Muskulatur. MR-tomografisch ist die Diagnose teilweise schwierig, da in der T2-Gewichtung häufig auch beim asymptomatischen Patienten Veränderungen in den Sehnen vorliegen. Klinisch zeigt sich oft erst mit grösserer Partialruptur oder der kompletten Ruptur dieser Sehnen eine muskuläre Schwäche. Die Therapie dieser Pathologie ist primär konservativ (Physiotherapie, lokale Infiltrationen, Stosswellentherapie). Nach Ausschöpfen der konservativen Therapie kann allerdings endoskopisch eine Bursektomie durchgeführt werden, wenn die Sehnen intakt sind. Bei Rupturen der Glutealsehnen kann endoskopisch, ähnlich wie an der Schulter, eine Refixation der Sehnen minimalinvasiv erfolgen.

Tab. 1: Zahlreiche Pathologien sollten aus unserer Sicht nicht oder nur nach kritischer Nutzen-Risiko-Abwägung mittels Hüftarthroskopie behandelt werden. Hierüber gibt die vorliegende Tabelle einen Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Benigne Neoplasien

Bei benignen Neoplasien, beispielsweise der pigmentierten villonodulären Synovialitis oder der synovialen Chondromatose etc., kann mittels Hüftarthroskopie eine minimalinvasive Therapie erfolgen. Die Behandlung ist technisch anspruchsvoll, da es schwierig ist, zirkumferenziell die erforderliche Synovektomie durchzuführen. Auch extrakapsuläre Tumoren wie eine noduläre Fasziitis, Ganglien oder ein tenosynovialer Riesenzelltumor können mit entsprechender Erfahrung endoskopisch angegangen werden. Entscheidend ist natürlich, dass die Diagnose vorher mittels Bildgebung oder Biopsien gesichert ist.

Lösen von Vernarbungen oder Entfernen von Verkalkungen

Nach offenen oder arthroskopischen Eingriffen im Hüftbereich kann es zu störenden Vernarbungen kommen. Intraartikulär können vor allem Verklebungen zwischen Labrum und Kapsel oder des peripheren Recessus zu Problemen führen. Extraartikulär können Vernarbungen unter dem Tractus iliotibialis und zwischen Psoas- und Rectussehne oder Adhäsionen zwischen diesen Sehnen und der Hüftgelenkkapsel chronische Schmerzen verursachen. Diese Narben lassen sich mit einem Radiofrequenzgerät unter endoskopischer Sicht schonend lösen. Auch störende periartikuläre Ossifikationen können minimal invasiv entfernt werden. Anschliessend ist eine Verkalkungsprophylaxe mit Indometacin erforderlich.

Zusammenfassung

Mit der Hüftarthroskopie hat sich in den letzten Jahren ein minimal invasives und zuverlässiges operatives Verfahren entwickelt. Die Komplikationsrate ist mit <3–5% gering, zudem handelt es sich meist um sogenannte «minor complications». In unserer Praxis mit knapp 3000 Fällen über die letzten 20 Jahre kam es nur in einem Fall zu einer Schenkelhalsfraktur bei einem Patienten mit positivem Raucherstatus. Ansonsten mussten wir keine schwerwiegenden Komplikationen, insbesondere keine Infekte verzeichnen. Aktuell operieren wir 250–300 Patienten im Jahr.

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