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Aktueller Stand der Osteoporosetherapie

<p class="article-intro">Den meisten Frauen ist ihr persönliches Osteoporoserisiko gar nicht bewusst. Da eine beginnende Osteoporoseerkrankung keine deutlichen Symptome zeigt, fehlt es oft an einer Diagnose und einer adäquaten Therapie. Neben der medikamentösen Behandlung spielen dann vor allem auch die richtigen Lebensstilmaßnahmen eine wichtige Rolle.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Europaweit geh&ouml;rt die Osteoporose, vor allem aufgrund des erh&ouml;hten Frakturrisikos, zu den kostenintensivsten chronischen Erkrankungen. Die Kosten der medizinischen Versorgung einer Schenkelhalsfraktur betragen meist &gt; 10 000 Euro, die Betreuungs- und Reha-Kosten sind dann nochmal um das 2&ndash;3-Fache h&ouml;her. Oft fehlen die Diagnose und die wirksame Osteoporosetherapie. Insgesamt erh&auml;lt nur jeder zehnte Patient eine ad&auml;quate Osteoporosetherapie. H&auml;ufig spielen dabei das geringe Wissen der Betroffenen und die Tatsache, dass eine beginnende Osteoporose keine deutlichen Symptome zeigt, eine Rolle. 8 von 10 Frauen glauben, dass ihr pers&ouml;nliches Osteoporoserisiko nicht erh&ouml;ht ist. 40 % aller Frauen &uuml;ber 50 Jahre haben allerdings eine erh&ouml;hte Anf&auml;lligkeit f&uuml;r Knochenbr&uuml;che, jede 8. Europ&auml;erin &uuml;ber 50 Jahre erleidet eine Wirbelk&ouml;rperfraktur. <br />Nur die rechtzeitige Diagnose und die entsprechende Behandlung k&ouml;nnen dabei die steigende Inzidenz von pathologischen Frakturen verhindern.</p> <h2>Lebensstil</h2> <p>Lebensstilma&szlig;nahmen spielen bei der Prophylaxe und der Therapie der Osteoporose eine wichtige Rolle. Zu den Lifestylema&szlig;nahmen z&auml;hlen eine ad&auml;quate Substitution mit Kalzium und Vitamin D, aber auch Bewegung, Nikotinabstinenz und eine Sturzpr&auml;vention. Zus&auml;tzlich sollten Medikamente, die die Knochendichte negativ beeinflussen, m&ouml;glichst vermieden werden.</p> <p><strong>Kalzium und Vitamin D</strong> <br />Eine optimale Ern&auml;hrung f&uuml;r die Behandlung oder auch Pr&auml;vention der Osteoporose beinhaltet eine ausreichende Aufnahme von Kalorien (eine Malnutrition sollte vermieden werden), Vitamin D und Kalzium (Tab. 1). Patienten mit inad&auml;quater Kalziumaufnahme (&lt; 1000 mg/Tag) sollten Kalziumerg&auml;nzungsmittel zu sich nehmen. Ebenfalls wird die Einnahme von 800 IE Vitamin D empfohlen. Zahlreiche Studien belegen einen positiven Effekt von Supplementation mit Kalzium und Vitamin D auf die Knochendichte von Osteoporosepatienten. Die Daten zur Reduktion der Frakturrate sind allerdings teilweise kontrovers.</p> <p><strong>Bewegung</strong> <br />Patienten mit Osteoporose wird zumindest 3 x/Woche eine halbe Stunde aktive Bewegung empfohlen. In prospektiven Kohortenstudien war Bewegung mit einem reduzierten Risiko f&uuml;r H&uuml;ftfrakturen bei &auml;lteren Frauen assoziiert. Eine Metaanalyse zeigte eine Reduktion der Gesamtfrakturrate bei &auml;lteren Patienten durch regelm&auml;&szlig;ige Bewegung. Eine Mischung aus Ausdauertraining und leicht kr&auml;ftigendem Training scheint dabei ideal zu sein.</p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Ortho_2001_Weblinks_s59_tab1.jpg" alt="" width="250" height="269" /></p> <h2>Pharmakologische Therapie</h2> <p>Da es keine hochqualitativen Head-to- Head-Studien zu den unterschiedlichen Substanzen gibt, sollte die pharmakologische Osteoporosetherapie nach Effektivit&auml;t, Sicherheit, Kosten und Einfachheit gew&auml;hlt werden. Alle Patienten, die eine weitere pharmakologische Therapie erhalten, sollten vor dem Start normale Serum-Kalzium- und 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel haben.</p> <p><strong>Bisphosphonate</strong> <br />Alendronat, Risedronat, Ibandronat und Zoledronat sind effektiv in der Behandlung und Pr&auml;vention der Osteoporose. Die Substanzen erh&ouml;hen die Knochenmasse und reduzieren die Inzidenz von Frakturen. <br />In der Regel wird eine orale Bisphosphonat- Gabe als Erstlinientherapie empfohlen, da Effektivit&auml;t, Verf&uuml;gbarkeit, Langzeitsicherheitsdaten und Kostenfaktor &uuml;berzeugend sind. <br />Alle in Tabelle 2 angef&uuml;hrten Bisphosphonate sind f&uuml;r die Behandlung der postmenopausalen Osteoporose zugelassen. Alendronat, Risedronat und Zoledronat k&ouml;nnen auch zur Behandlung von m&auml;nnlichen Osteoporosepatienten verwendet werden. Alendronat und Zoledronat k&ouml;nnen dar&uuml;ber hinaus auch f&uuml;r die Glukokortikoid- induzierte Osteoporose eingesetzt werden (Risedronat und Ibandronat haben in diesen Indikationen keine Zulassung). <br />Orale Bisphosphonate sollten bei &ouml;sophagealen Beschwerden, Problemen mit der Einnahmemodalit&auml;t (z. B. 30 Minuten aufrecht sitzen) und chronischen Nierenerkrankungen mit eGFR &lt; 30 ml/min nicht als initiale Therapie angewendet werden. Bei Patienten mit &ouml;sophagealen oder gastrointestinalen Beschwerden, Patienten nach einer Magenbypass-Operation oder Patienten mit Schwierigkeiten bei der Tabletteneinnahme kann eine intraven&ouml;se Gabe in Erw&auml;gung gezogen werden.</p> <p><strong>Denosumab</strong> <br />In der Regel ist Denosumab f&uuml;r die meisten Osteoporosepatienten keine Erstlinientherapie, allerdings kann es als initiale Therapie bei Patienten mit hohem Frakturrisiko, mit eingeschr&auml;nkter Nierenfunktion und bei Patienten mit Unvertr&auml;glichkeit oder fehlendem Ansprechen auf Bisphosphonate in Erw&auml;gung gezogen werden. Denosumab ist ebenso eine gute Alternative zur intraven&ouml;sen Gabe von Bisphosphonaten. Bei der Behandlung der postmenopausalen Osteoporose ist eine Reduktion von vertebralen und nicht vertebralen Frakturen inklusive proximaler Femurfrakturen von bis zu 10 Jahren nachgewiesen. <br />Es ist wichtig, die Patienten &uuml;ber das erh&ouml;hte Frakturrisiko nach pl&ouml;tzlichem Absetzen der Therapie zu informieren, um die Adh&auml;renz m&ouml;glichst zu verbessern.</p> <p><strong>Selektive &Ouml;strogenrezeptor-Modulatoren (SERM)</strong> <br />Bei selektiven &Ouml;strogenrezeptor-Modulatoren (SERM) gibt es nicht Osteoporosebedingte Faktoren, die mitber&uuml;cksichtigt werden m&uuml;ssen, wie zum Beispiel potenziell positive Effekte auf das Brustkrebsrisiko, aber auch ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r thromboembolische Ereignisse. Raloxifen zeigte eine Risikoreduktion f&uuml;r vertebrale Frakturen. Zus&auml;tzlich verf&uuml;gt es &uuml;ber 8-Jahres-Sicherheits- und Effektivit&auml;tsdaten mit zus&auml;tzlicher Reduktion des Brustkrebsrisikos. Bazedoxifen zeigt in der Pr&auml;vention und Behandlung der postmenopausalen Osteoporose &auml;hnliche Effektivit&auml;tsdaten wie Raloxifen, allerdings keine Daten zur Brustkrebsrisikoreduktion.</p> <p><strong>Parathyroid-Hormon/-Analoga</strong> <br />Auch Teriparatid wird in der Regel f&uuml;r die meisten Patienten nicht als Erstlinientherapie eingesetzt. M&ouml;gliche Patienten sind M&auml;nner oder postmenopausale Frauen mit schwerer Osteoporose (T-Score &le; &ndash;3,5 auch ohne Fraktur oder &le; &ndash;2,5 und eine Fraktur) oder Patienten mit Frakturen unter herk&ouml;mmlicher Therapie. Die Therapie mit Teriparatid ist auf 24 Monate beschr&auml;nkt. Im Anschluss an die anabole Reaktion des Knochens kommt es nach Beendigung der Teriparatid-Therapie wiederum zu einem gesteigerten Knochenabbau, weshalb generell eine sofortige Anschlussbehandlung mit einem Antiresorptivum empfohlen wird. Die Schweizerische Vereinigung gegen Osteoporose (SVGO) f&uuml;hrt in den Empfehlungen auch eine Kombination von Teriparatid und Denosumab f&uuml;r schwere Osteoporose an. <br />In einer rezenten Metaanalyse von 107 Studien bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose zeigten Alendronat, Risedronat, Zoledronat, Denosumab, Romosozumab und &Ouml;strogen mit Progesteron ein reduziertes Risiko f&uuml;r H&uuml;ftfrakturen. Alendronat, Zoledronat, Risedronat, Ibandronat, Denosumab, Abaloparatid, Teriparatid, Romosozumab, Raloxifen, Bazedoxifen, Lasofoxifen und &Ouml;strogen mit Progesteron zeigten eine Reduktion des Risikos f&uuml;r vertebrale Frakturen. Die anabolen Pr&auml;parate (Teriparatid, Abaloparatid, Romosozumab) und Denosumab waren mit der h&ouml;chsten relativen Effektivit&auml;t assoziiert, obwohl nur wenige Studien die Substanzen in der Frakturpr&auml;vention direkt vergleichen. <br />Strontiumranelat zeigte nach prim&auml;r &uuml;berzeugenden Daten in zwei placebokontrollierten Studien, SOTI und TROPOS, ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r ven&ouml;se Thromboembolien, obwohl kein kausaler Zusammenhang zwischen Strontiumranelat und den aufgetretenen ven&ouml;sen Thromboembolien hergestellt werden konnte. Zus&auml;tzlich wurde die Substanz mit schweren &Uuml;berempfindlichkeitsreaktionen in Verbindung gebracht, sodass die Firma 2017 die Produktion und den Vertrieb eingestellt hat. <br />Romosozumab ist eine der Hoffnungen auf eine neue Therapiem&ouml;glichkeit. Romosozumab richtet sich gegen Sclerostin, einen negativen Regulator der Knochenbildung, der in Osteozyten gebildet wird und Knochenabbau und Osteoporose beg&uuml;nstigt. In der FRAME-Studie wurde seine Wirksamkeit bei postmenopausalen Frauen untersucht. An der randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Phase-III-Studie nahmen rund 7200 postmenopausale Frauen mit Osteoporose teil. Die H&auml;lfte von ihnen erhielt ein Jahr lang Romosozumab, die andere H&auml;lfte Placebo. Im folgenden Jahr wurden alle Probandinnen mit Denosumab weiterbehandelt. Nach 12 und 24 Monaten wurden unter anderem die H&auml;ufigkeit neuer Frakturen und die Knochendichte ermittelt. Romosozumab erh&ouml;hte die Knochendichte mit Reduktion vertebraler Frakturen (0,5 % vs. 1,8 % unter Placebo). Der g&uuml;nstige Einfluss der Gabe von Romosozumab zeigte sich auch in der weiteren Kontrolle, als alle Frauen Denosumab erhielten. Die Rate vertebraler Frakturen lag dabei bei den mit Romosozumab vorbehandelten Frauen bei 0,6 % vs. 2,5 % unter Placebo, was einer Risikoreduktion von 75 % entspricht. Insgesamt erh&ouml;hte Romosozumab die Knochenmineraldichte und verringerte die Frakturrate. <br />Romosozumab hat in der EU aufgrund von m&ouml;glichen Hinweisen auf ein erh&ouml;htes kardiovaskul&auml;res Risiko bisher noch keine Zulassung erhalten (durch die FDA erfolgte im April dieses Jahres bereits eine Zulassung), ebenso wurde auch eine weitere Substanz, Abaloparatid, bisher von der EMA abgelehnt.</p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Ortho_2001_Weblinks_s59_tab2.jpg" alt="" width="500" height="267" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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