Die MS-Diagnostik und -Therapie im Aufbruch
Bericht: Dr. med. vet. Alexander Kretzschmar
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Mit rund 9600 Teilnehmern konnte die ECTRIMS-Jahrestagung 2025 in Barcelona einen neuen Besucherrekord verbuchen. Die grosse Bandbreite des Themenangebots erforderte eine konzentrierte Kongressplanung – glücklicherweise ergänzt durch die Möglichkeit einer Online-On-Demand-Teilnahme. Auf reges Interesse stiessen insbe-sondere die mit der Revision der McDonald-Kriterien gemachten ersten Erfahrungen sowie der Umgang mit dem erweiterten «diagnostischen Baukasten». Faszinierend waren auch die Möglichkeiten und Hoffnungen, die sich mit neuen Therapieansätzen wie der personalisierten Immuntherapie mit CAR-T-Zellen eröffnen könnten.
Die 2024 vorgestellte Revision der McDonald-Kriterien 2017 zur Diagnose der Multiplen Sklerose (MS) soll vor allem eine frühere Diagnose ermöglichen. Darin spiegelt sich die Evolution des Krankheitskonzeptes der MS seit 2017 wider – weg von einer rein klinischen Sichtweise hin zu einer vermehrt an biologischen Markern ausgerichteten Diagnostik und Therapie, fasste Prof. Xavier Montalban, Barcelona, die Revision zusammen.1 Seit der auf dem ECTRIMS-Kongress 2024 vorgestellten Präsentation der neuen McDonald-Kriterien haben sich mehrere Arbeitsgruppen mit der wissenschaftlichen Auswertung der Anwendung der neuen Diagnosekriterien beschäftigt; erste Publikationen liegen inzwischen vor. Auf der ECTRIMS-Jahrestagung 2025 wurden gleich in der ersten wissenschaftlichen Session die Erfahrungen in mehreren Ländern vorgestellt und intensiv diskutiert.
Die zeitliche Dissemination ist kein Kriterium mehr, ebenso der Nachweis «typischer» MS-Symptome. Zugleich wurde das Konzept der räumlichen Dissemination um den Nervus opticus als 5. Topografie-Region erweitert. Mit der Erweiterung der paraklinischen Diagnose-Möglichkeiten, etwa durch die optische Kohärenztomografie (OCT) oder den Nachweis zentraler Venenzeichen (CVS) und/oder paramagnetischer Ringläsionen (PRL), wird die Biomarker-Diagnostik weiter ausgebaut, hob Prof. Christine Lebrun-Frenay, Nizza, hervor.2 Die MS ist damit keine Ausschlussdiagnose mehr, bestätigte Montalban. Lebrun-Frenay betonte aber, dass alle Patienten mit einer MS-Diagnose nach den Kriterien 2017 auch die Kriterien 2024 erfüllen.
Die erweiterten Möglichkeiten der MRT-Bildgebung bei der Erstdiagnostik und dem Monitoring vergrössern den Stellenwert dieser Methodik deutlich, erhöhen allerdings auch die Anforderungen für den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur mit trainiertem Personal, um die neuen MRT-Nachweismethoden anwenden zu können. Zugleich steigen mit der vermehrten MRT-Anwendung auch die Untersuchungszeiten und Kosten. Das wird manches Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bringen, gab Prof. Robert Fox, Cleveland, in einem Kommentar zu bedenken.3
Eine spanische Studie verglich zu der Frage nach den praktischen Auswirkungen der Revision insgesamt 326 Patient:innen (im Mittel 39,0 Jahre, 67,5% Frauen) eines MS-Zentrums in Barcelona mit einer MS-Diagnose gemäss den McDonald-Kriterien 2024 und 2017. Patient:innen, welche die Kriterien 2024erfüllten, hatten eine um 43% höhere Wahrscheinlichkeit einer MS-Diagnose als nach den Kriterien von 2017 (Hazard-Ratio [HR]: 1,43; p<0,001) und wurden früher diagnostiziert (Zeit bis zur Diagnose: 4,1 versus 9,4 Monate).4
Eine retrospektive Validierung der neuen Diagnosekriterien in einem klinischen Setting führten auch Neurologen in einem Londoner MS-Zentrum durch.5 192 Patient:innen wurden nach den McDonald-Kriterien 2017 und 2024 diagnostiziert; das mediane Follow-up betrug 271 Tage. Auch bei den Londoner Patient:innen wurde eine MS-Diagnose häufiger und früher gestellt. Die mediane Zeit bis zur MS-Diagnose betrug 40 Tage (Kriterien2024) versus 84 Tage (Kriterien2017) (Abb. 1). Eine MS wurde nach den Kriterien 2024 in 121 Fällen diagnostiziert im Vergleich zu 97 Fällen nach den Kriterien 2017 (p<0,05). Dagegen wurde ein radiologisch isoliertes Syndrom (RIS) nach den Kriterien 2024 signifikant seltener gestellt (9 versus 23; p<0,05). Auch eine MS-Verdachtsdiagnose erfolgte signifikant seltener nach den Kriterien 2024 (14 versus 24; p<0,05). Die Sensitivität der Kriterien 2024 (die Kriterien 2017 als Referenz) betrug 95,4% (95% Konfidenzintervall [CI:]: 91,5–97,9), die Spezifität 58,2% (95% CI: 46,6–69,2). Die Genauigkeit betrug 84,7% (95% CI: 79,9–88,8). Tabelle 1 zeigt die entsprechenden Ergebnisse bei speziellen Populationen – Kinder und Jugendliche <18 Jahren und Patient:innen >50 Jahre.5
Abb. 1: Mittlere Zeit bis zur MS-Diagnose gemäss McDonald-Kriterien: 40 (2024) versus 84 Tage (2017) (britische Validierung in klinischem Setting) (mod. nach Brownlee W et al.)5
Tab. 1: Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit der McDonald-Kriterien 2024 (britische Validierung in klinischem Setting) (mod. nach Brownlee W et al.)5
Droht eine MS-Überdiagnostik?
Die McDonald-Kriterien 2024 erlauben erstmals eine MS-Diagnose asymptomatischer Patient:innen mit Läsionen im MRT wie etwa bei einem radiologisch isolierten Syndrom (RIS). Dieses Stadium wurde inzwischen gemäss dem Konzept der MS als Krankheitskontinuum in «präklinische MS» umbenannt. Zeigen diese Patient:innen neben MRT-Läsionen auch andere paraklinische Veränderungen, etwa CVS, können sie in den neuen Kriterien die Anforderungen für eine «incidental MS» – RIMS – erfüllen, so die Neurologin. Eine MS-Diagnose bei asymptomatischen Patient:innen, die vielleicht nie klinische Symptome entwickeln, hat Befürchtungen einer MS-Überdiagnostik ausgelöst. In der Diskussion der Vorträge wurde mehrfach auf die doch sehr mässige Spezifität und die nicht optimale Genauigkeit der McDonald-Kriterien 2024 hingewiesen. Diese Befürchtungen konnten von den Expert:innen nicht vollständig ausgeräumt werden. Hier gilt es, insbesondere bei atypischen MS-Fällen verstärkt aufRed Flags zu achten, die eine Überprüfung der Diagnose empfehlen. Insbesondere scheint bei der Frage «RIS, RIMS oder MS» das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Die genauere Charakterisierung der RIS- bzw. RIMS-Kohorte ist laut Lebrun-Frenay Gegenstand weiterer Studien. «Dies ist derzeit ein dynamisches Feld.»
Was bringt das Routine-Rückenmark-MRT?
Ein Rückenmark(RM)-MRT ist integraler Bestandteil der McDonald-Kriterien (Update 2024) bei der Erstdiagnose, weil es eine der typischen Regionen für die räumliche Dissemination darstellt. Eine französische Arbeitsgruppe stellte jetzt in einer prospektiven Kohortenstudie fest, dass beim Routine-Verlaufsmonitoring ein RM-MRT keinen prognostischen Zusatznutzen bietet. 68 Patient:innen wurden in die Studie eingeschlossenund über einen Zeitraum von 5 Jahren analysiert. Verglichen wurde die Entwicklung neuer RM- versus Hirnläsionen als Prognosefaktor für Schübe und eine Behinderungsprogression anhand verschiedener MRT-Protokolle – Hirn: 3D FLAIR, axiale T2, PD; RM: sagittale T2, PSIR, axiale T2, 3D T1). Dabei fand sich eine RM-Aktivität ohne Hirnaktivität nur in 2% der MRT-Aufnahmen. Neue RM-Läsionen waren primär mit Hirnpathologie assoziiert, nicht mit der initialen RM-Läsionslast. Ein RM-MRT ist demnach weiterhin angezeigt bei der Erstdiagnose, bei atypischen Fällen, zum Ausschluss anderer Ursachen sowie bei spezifischen neurologischen Symptomen – z.B. sensiblen Ausfällen, spastischen Paraparesen, Blasenstörungen oder Gangstörungen. Zur reinen Verlaufsbeobachtung reicht das Routine-Hirn-MRT aus. Beim Routine-RM-MRT ist der Nutzen angesichts höherer Kosten und längerer Untersuchungszeiten gering, so das Fazit der Autor:innen.6
CD40/CD40L-Achse als therapeutisches Target
Mit der Entwicklung monoklonaler Anti-CD40L-Antikörper der 2. Generation wie Frexalimab ist der CD40-CD40L(CD154)-Signalweg wieder in den therapeutischen Blickwinkel geraten. Die CD40/CD40L-Achse ist ein zentraler kostimulatorischer Signalweg zwischen T-Helferzellen und antigenpräsentierenden Zellen (APCs) und reguliert die Initiierung der adaptiven und angeborenen Immunantwort. Sie spielt eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung von B-Zellen, der Antikörperproduktion und der Verstärkung entzündlicher Immunreaktionen. «Die Blockade dieses Signalweges ist immunologisch sehr sinnvoll», betonte Prof. Gavin Giovannoni, London.7
Giovannoni stellte in Barcelona eine Interimsanalyse einer offenen Phase-II-Extensionsstudie (OLE) mit 129 Teilnehmern nach insgesamt 2,5 Jahren (120 Wochen) vor. In der doppelblinden Phase-II-Studie wurde nach 12 Wochen die Zahl neuer Gadolinium-verstärkender(Gd+) T1-Läsionen (primärer Endpunkt) um 89% reduziert. In der OLE kam es zu einer kontinuierlichen weiteren Reduktion neuer Gd+ T1-Läsionen und neuer bzw. sich vergrössernder T2-Läsionen. Die jährliche Schubrate war unter Frexalimab 1200mg i.v. mit 0,09(95% CI: 0,04–0,19) sehr gering. Die Lymphozytenzahl sowie die IgG- und IgM-Werte blieben ebenso wie der EDSS in der OLE stabil. 88% der Patient:innen blieben im Frexalimab-Arm schubfrei. Im Unterschied zu den Anti-CD40-Antikörpern der 1. Generation kam es unter Frexalimab nicht zu vermehrten Thromboembolien. Lediglich ein Patient entwickelte eine Lungenembolie, die nach Ansicht der Prüfärzte nicht in Zusammenhang mit der Therapie mit Frexalimab stand, so Giovannoni. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (UEs ≥10% in beiden Armen) waren Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, Covid-19-Infektionen und Rückenschmerzen. Gegenwärtig laufen zwei Phase-III-Studien mit Frexalimab bei Patienten mit schubförmiger MS (RMS) bzw. nichtaktiver sekundär progredienter Multipler Sklerose (SPMS).
Eine Studie einer US-Arbeitsgruppe bestätigt die Bedeutung der CD40L-abhängigen Immunantwort bei der kompartimentalisierten Neuroinflammation in einem Mausmodell der progressiven MS (PMS) sowie den Stellenwert einer CD40L-gerichteten Therapie zur Reduktion der chronischen Inflammation und Krankheitsprogression.8
Mit Iscalimab (CFZ533, Novartis) und BI 655064 (Boehringer Ingelheim) befinden sich zwei weitere Anti-CD40-Wirkstoffe in der klinischen Prüfung bei der MS.8
Personalisierte Immuntherapie mit CAR-T-Zellen
Auch bei der MS gelten die CAR-T-Zellen als neuer, vielversprechender Therapieansatz. Inzwischen liegen die ersten Daten aus klinischen Studien der Phase I/II vor. Mit dem Einsatz dieser individualisierten Immuntherapie erhofft man sich insbesondere von den Anti-CD19-CAR-T-Zellen eine vertiefte und länger anhaltende Depletion unerwünschter proinflammatorischer B-Zell-Fraktionen als unter den Anti-CD20-Antikörpern, berichtete Prof. Scott Zamvil, San Francisco.9
Mit den Anti-CD19-CAR-T-Zellen wird ein breiteres Spektrum von B-Zellen adressiert als mit denAnti-CD20-Antikörpern. Erfasst werden auch Plasmablasten und Vorläuferzellen, die bei MS in meningealen B-Zell-Follikeln eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus können CAR-T-Zellen durch eine intakte Blut-Hirn-Schranke in das ZNS einwandern. In einer Interimsanalyse einer Arbeitsgruppe um Dr. med. Jeffrey Dunn, Palo Alto, wurden in einer offenen Phase-I-Studie bisher 4 Patienten mit SMS (SPMS und PPMS) ausgewertet. 14 Tage nach der Infusion mit Anti-CD19-CAR-T-Zellen (KYV-101) war eine robuste T-Zell-Expansion nachweisbar. Klinisch konnten teils deutliche Verbesserungen der Gehstrecke gezeigt werden. Bei 2 Patienten waren keine oligoklonalen Banden mehr nachweisbar. Mit den OKB verschwand auch die Fatigue weitgehend, zudem verbesserte sich der EDSS. Die Anti-CD19-CAR-T-Zell-Therapie war gut verträglich ohne relevante Fälle von Zytokinfreisetzungssyndromen (CRS), Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndromen (ICANS) und anderen schwerwiegenden UEs.10
Zu den attraktiven therapeutischen Targets für CAR-T-Zell-Therapien gehört auch das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA), das von reifen B-Zellen und Plasmazellen exprimiert wird. Sie gelten als wichtige Treiber der zerebralen Inflammation. Qin et al. berichteten über die Ergebnisse der CAR-T-Zell-Infusion bei 5 PMS-Patienten mit einem mittleren Baseline-EDSS von 6,2. Nach einem Follow-up von 5,1 Monaten war der EDSS im Mittel auf 5,0 gesunken. Gleichzeitig hatte sich die Handfunktion im 9-Hole-Peg-Test (9-HPT) sowie die Gehgeschwindigkeit im Timed 25-Foot Walk (T25-FW) deutlich gebessert. An Tag 28 waren keine oligoklonalen Banden (OKB) mehr nachweisbar. 4/5 Patienten entwickelten ein Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) Grad 1, Immuneffektorzell-assoziierte Neurotoxizitätssyndrome (ICANS) traten nicht auf. Insgesamt zeigte auch die Anti-BCMA-CAR-T-Zell-Therapie eine vielversprechende Sicherheit und Wirksamkeit bei der PMS mit grosser funktioneller Verbesserung und Auflösung der Liquor-OKBs. Diese Ergebnisse müssen jedoch noch bei grösseren Patientenkollektiven repliziert werden.11
Der Remyelinisierung auf der Spur
Auf dem ECTRIMS-Kongress 2025 wurden auch einige Studien vorgestellt, die sich mit Therapieansätzen zur Induktion neuronaler Reparaturmechanismen, insbesondere einer Remyelinisierung, beschäftigten. Dr. med. Nick Cunniffe, Cambridge, stellte zwei Studien von Arbeitsgruppen der Universität Cambridge vor, die in der Remyelinisierungsforschung sehr aktiv ist. Im CCMR-One-Trial (Cambridge Centre of Myelin Repair One) förderte Bexaroten, ein Retinoid-X-Rezeptor(RXR)-Agonist, die Differenzierung von Oligodendrozyten-Vorläuferzellen (OPCs) sowie die Beseitigung von Myelinresten. In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIa-Substudie nahmen 27 Patient:innen zwischen 18 und 50 Jahren mit schubförmig-wiederkehrender MS (RRMS; 15 unter Bexaroten und 12 unter Placebo) teil, die ≥6 Monate auf Dimethylfumarat (DMF) eingestellt waren. Primärer Endpunkt der monozentrischen Studie waren die Veränderungen der Latenz Ganzfeld-visuell evozierter Potenziale (VEP). Begleitend hierzu wurden die Serum-Biomarker Neurofilament-Leichtketten (NfL), gliale fibrilläre saure Proteine (GFAP), Gesamt-Tau-Protein (Tau) und Ubiquitin-C-terminale HydrolaseL1 (UCHL1) untersucht und deren Zusammenhang mit Veränderungen der VEP-Latenz mithilfe linearer Modelle analysiert. Die Modelle waren für Alter, Geschlecht, EDSS, Krankheitsdauer und Ausgangs-Biomarkerwerte adjustiert.
In der Bexaroten-Gruppe war eine Verbesserung der Latenz mit einer sNfL-Reduktion assoziiert (β=23,4ms pro log [pg/mL] Abnahme; 95% CI: 11,1–36,2). Diese Korrelation zeigte sich in der Placebogruppe nicht. Ansonsten zeigten sich bei den Biomarkern keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Autoren sehen die sNfL-Reduktion bei Patient:innen mit vorangegangener Demyelinisierung als Hinweis auf einen neuroprotektiven Effekt. Die Studie bestätigt darüber hinaus die Rolle von VEP-Latenzen und von NfL als Remyelinisierungsbiomarker.12
Der randomisierte, placebokontrollierte Phase-II-CCMR-Two-Trial untersuchte bei 77 Patienten mit schubförmiger MS (RMS), ob eine Kombination aus Metformin und dem Antihistaminikum Clemastin (n=33) im Vergleich zu Placebo (n=34) die Remyelinisierung fördert. Primärer Endpunkt war ebenfalls die Latenz Ganzfeld-visuell evozierter Potenziale (P100-Latenz). Der Unterschied nach 6 Monaten zugunsten von Clemastin und Metformin war klinisch sehr gering, aber statistisch signifikant (–1,2ms; p=0,042), berichtete Studienleiter Cunniffe. Bei der multifokalen VEP-Latenz und Amplitude zeigten sich tendenzielle, nichtsignifikante Vorteile ebenfalls zugunsten von Clemastin und Metformin. Der EDSS und andere Messungen der Sehfunktion veränderten sich gegenüber Baseline nicht. Cunniffe interpretiert den Vorteil der Verumgruppe als Hinweis auf einen noch sehr kleinen Remyelinisierungseffekt, der noch nicht klinisch evident war.13
Quelle:
41. Jahrestagung des European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS) in Barcelona vom 24.–26. September 2025
Literatur:
1 Montalban X: Current gaps and future directions. ECTRIMS 2025; Oral Presentation 2 Lebrun-Frenay C: Translation of 2024 diagnostic criteria into clinical practice. ECTRIMS 2025; Oral Presentation 3 Fox R et al.: Translating MRI advances into multiple sclerosis diagnosis: bridging science and clinical practice. Lancet Neurol 2025; 24(10): 808-10 4 Bollo L et al.: Impact of the 2024 McDonald criteria revisions on multiple sclerosis diagnosis: a comparison with the 2017 criteria. ECTRIMS 2025; Abstract 1390/O001 5 Brownlee W et al.: Real-world validation of the 2024 McDonald criteria in patients under evaluation for suspected multiple sclerosis. ECTRIMS 2025; Oral Presentation O002 6 Hong J et al.: Anti-BCMA CAR T cell therapy in patients with multiple sclerosis. ECTRIMS 2025; Abstract 1626/O152 7 Giovannoni G et al.: Safety and efficacy of frexalimab in participants with relapsing multiple sclerosis: 2.5-year results from the phase 2 open-label extension. ECTRIMS 2025; Oral Presentation O111 8 Kebir H et al.: CD40L-mediated responses drive compartmentalized neuroinflammation and disease development in progressive model of MS. ECTRIMS 2025; Abstract 3131/P144 9 Zamvil S et al.: CAR-T cell-mediated B-cell depletion in MS and other autoimmune diseases. ECTRIMS 2025; Oral Presentation 10 Dunn J et al.: Chimeric antigen receptor T cell (CAR-T) immunotherapy for progressive phenotypes of multiple sclerosis: early results from a phase 1, open-label, single center study of an autologous fully-humanized anti-CD19 CAR-T. ECTRIMS 2025; Abstract 2978/O027 11 Qin C et al.: Anti-BCMA CAR T cell therapy in patients with multiple scelrosis. ECTRIMS 2025; Abstract 1626/O152 12 Riboni-Verri G et al.: Bexarotene-induced remyelination promotes neuroprotection in people with relapsing remitting multiple sclerosis. ECTRIMS 2025; Oral Presentation O074 13 Cunniffe NG et al.: Evaluating the remyelinating efficacy and safety of the combination of metformin and clemastine in people with relapsing remitting multiple sclerosis (CCMR-Two Trial): a randomised, placebo-controlled, double-blind, phase 2 clinical trial. ECTRIMS 2025; Abstract 152/Oral Presentation O133
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