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Weniger Mortalität durch Betablocker nach MI
Leading Opinions Digital
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26.08.2018
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<p class="article-intro">Betablocker reduzieren im ersten Jahr nach einem Myokardinfarkt (MI) die Sterblichkeit – und das unabhängig von einer etwaigen Herzinsuffizienz. Zu diesem Ergebnis gelangt eine internationale Registerstudie mit rund 30.000 Patienten.</p>
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<p class="article-content"><p>Sowohl die ESC<sup>1</sup> als auch die amerikanischen Fachgesellschaften<sup>2</sup> empfehlen im Management der stabilen koronaren Herzkrankheit Betablocker und Kalziumkanalblocker ausschließlich zur Symptombehandlung, nicht jedoch zur Prävention kardiovaskulärer Events. Allerdings ist die Datenlage für diese Empfehlung bzw. das Fehlen einer Empfehlung schwach, wie Dr. Emmanuel Sorbets vom Hôpitaux de Paris betont. Für Betablocker fehlen kontrollierte Studien. Die Empfehlung stützt sich daher auf eine alte Metaanalyse in der Indikation Myokardinfarkt sowie auf Beobachtungsstudien. Für die Kalziumkanalblocker zeigte eine alte klinische Studie sowie eine ebenfalls ältere Metaanalyse keinen Effekt. Größere Beobachtungsstudien fehlen.</p> <h2>Prospektive Register-Studie</h2> <p>Vor diesem Hintergrund wurde die CLARIFY-Studie ins Leben gerufen, ein prospektives Register, das in 45 Ländern Daten anhand von knapp 30.000 Patienten sammelte. Die Patienten hatten mindestens drei Monate vor Einschluss einen Myokardinfarkt überlebt oder sich einer Revaskularisierung unterziehen müssen, hatten eine nachgewiesene myokardiale Ischämie oder eine Koronarstenose von mindestens 50 % . Primärer Endpunkt war die Gesamtmortalität, als sekundäre Endpunkte wurden kardiovaskuläre Mortalität und Myokardinfarkt erhoben. Die Daten, die Sorbets im Rahmen der Late Breaking Pharmacological Science auf dem ESC 2018 in München präsentierte, wurden im hinsichtlich einer Vielzahl von Faktoren wie Komorbiditäten, Alter, Geschlecht, Herzinsuffizienz etc. adjustiert.</p> <h2>Überraschung: Betablocker</h2> <p>Die Auswertung in der Gesamtpopulation spiegelte tatsächlich die Empfehlung der Guidelines wider. Weder Betablocker noch Kalziumkanalblocker beeinflussten die Mortalität oder die Inzidenz kardiovaskulärer Endpunkte. Subgruppenanalysen zeichneten jedoch ein anderes Bild. Innerhalb des ersten Jahres reduzierten Betablocker nämlich die Gesamtmortalität, die kardiovaskuläre Mortalität und die Kombination aus kardiovaskulärem Tod und Myokardinfarkt signifikant und deutlich. Das Risiko für den primären Endpunkt, der Gesamtmortalität, betrug bei Patienten, die Betablocker nahmen im Vergleich zu Patienten, die keine Betablocker nahmen 0,68 (0,50-0,91). Sorbets betont, dass dieser Effekt nicht auf jene Patienten zurückzuführen sei, die nach dem Infarkt eine Herzinsuffizienz entwickelt hatten, da die Daten im Hinblick auf Herzinsuffizienz adjustiert wurden. Bei Patienten ab dem zweiten Jahr nach einem Myokardinfarkt war dieser Effekt nicht mehr nachweisbar. Im Gegensatz dazu konnte für die Kalziumkanalblocker in der Gesamtpopulation und sämtlichen Subpopulationen keine Risikoreduktion gezeigt werden.</p> <h2>Vorsichtige Empfehlung</h2> <p>Mit aller Vorsicht könne man aus diesen Daten, so Sorbets, die Empfehlung ableiten, dass Patienten im ersten Jahr nach einem Myokardinfarkt Betablocker erhalten sollten. Patienten mit stabiler KHK ohne stattgehabten Myokardinfarkt sowie Patienten ab dem zweiten Jahr nach Myokardinfarkt können Betablocker bekommen, wenn dies ihre Symptomatik verbessert. Ebenso sind Kalziumkanalblocker zur symptomatischen Therapie geeignet. Dieser Versuch einer Empfehlung wurde allerdings im Rahmen der Diskussion in Zweifel gezogen, da keine entsprechenden Daten aus randomisierten, kontrollierten Studien verfügbar seien. Ob eine solche Studie mit ausreichender Größe jemals durchgeführt wird ist jedoch äußerst fraglich.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Sorbtes E et al.: CLARIFY - First-line anti-ischemic agents use and long-term clinical outcomes in stable coronary artery disease. ESC 2018; Late Breaking Pharmacological Science: FP163
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong><sup>1</sup></strong> Montalescot G et al.: 2013 ESC guidelines on the management of stable coronary artery disease: the Task Force on the management of stable coronary artery disease of the European Society of Cardiology. Eur Heart J: 2013; 34(38): 2949-3003<br /> <strong><sup>2</sup></strong> Fihn SD et al.: 2012 ACCF/AHA/ACP/AATS/PCNA/SCAI/STS guideline for the diagnosis and management of patients with stable ischemic heart disease: a report of the American College of Cardiology Foundation/American Heart Association task force on practice guidelines, and the American College of Physicians, American Association for Thoracic Surgery, Preventive Cardiovascular Nurses Association, Society for Cardiovascular Angiography and Interventions, and Society of Thoracic Surgeons. Circulation. 2012; 126(25): e354-471</p>
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