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Moderne Varizentherapie

Thermische Ablation als Standard in der Behandlung der Stammvarizen

Die Therapie der Varizen hat sich im vergangenen Jahrzehnt stark weiterentwickelt. Bei der Varikose der Stammvenen ist die endovenöse thermische Ablation mit Laser oder Radiofrequenz die Behandlung erster Wahl.

Keypoints

  • Bei Verdacht auf eine symptomatische Varikose, insbesondere wenn Hautveränderungen vorliegen, ist eine phlebologische Abklärung indiziert.

  • Bei Nachweis einer symptomatischen Varikose soll eine Varizensanierung angeboten werden.

  • Durch die verschiedenen Behandlungsoptionen und deren Kombinationsmöglichkeiten ist eine massgeschneiderte Therapie für jeden individuellen Patienten möglich. Um die optimale Behandlungsstrategie festzulegen, ist die Überweisung an eine Angiologin oder Phlebologin sinnvoll.

Die Varikose und die chronische venöse Insuffizienz sind eine häufige Diagnose. Die Prävalenz wird mit 10 bis über 50% angegeben.1 Diese grosse Spannbreite ist durch die unterschiedlichen Definitionen und Untersuchungsmethoden bedingt. So werden in einigen Studien sichtbar erweiterte Venen oder typische venöse Beschwerden zur Diagnosestellung verwendet, in anderen wiederum nur duplexsonografisch nachgewiesene insuffiziente Venen. Werden auch die meistens klinisch nicht relevanten Besenreiser und retikuläre Varizen miteinbezogen, sind nur 10% der erwachsenen Population frei von jeder Art von Venenveränderungen. Wird hingegen die Duplexsonografie zum Nachweis einer Varikose herangezogen, lassen sich bei etwa 20% der Bevölkerung insuffiziente oberflächliche Venen nachweisen.2

Nicht bei allen Patienten mit Varikose – mit welcher Methode auch immer diese diagnostiziert wird – liegt aber eine eigentliche Venenerkrankung mit einem relevanten Krankheitswert vor. Typische venöse Beschwerden reichen von leichten abendlichen Knöchelschwellungen bis zu ausgeprägten Ödemen, Schweregefühl und Schmerzen. Bei den schweren Verläufen kommt es zu Hautveränderungen bis hin zum chronischen Ulcus cruris. Häufig wird aber auch eine eher atypische Symptomatik geschildert. Zur Beurteilung, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen der häufig zu findenden Varikose und den Beinbeschwerden besteht, ist die Einschätzung einer erfahrenen Phlebologin hilfreich. Zu berücksichtigen ist auch, dass selbst bei ausgeprägten venösen Symptomen gelegentlich keinerlei Varizen sichtbar sind. Bei Schwellungen oder Beinbeschwerden unklarer Ursache sollte daher eine phlebologische Untersuchung erwogen werden.

Duplexsonografie als zentrales diagnostisches Tool

Besteht der Verdacht auf eine relevante Varikose, ist die Abklärung beim Spezialisten indiziert. Neben der ausführlichen Anamnese und einer klinischen Untersuchung erfolgt dabei immer eine Duplexsonografie, mit der ein Reflux in der Vene – als indirektes Zeichen insuffizienter Venenklappen – nachgewiesen werden kann. Einen pathologischen Duplexbefund mit Nachweis eines relevanten Refluxes zeigt Abbildung 1.

Abb. 1: Sonografie mit Nachweis von Reflux. Dabei erfolgt eine kurze manuelle Kompression distal des untersuchten Venenabschnittes. Nach kurzem antegradem Fluss zeigt sich ein retrograder Fluss als Zeichen der Klappeninsuffizienz

Die Sonografie gibt, neben der Unterscheidung zwischen suffizienten und insuffizienten Venenabschnitten, auch Aufschluss über Lage, Verlauf, Grösse und Verbindung der Venen untereinander, was für eine optimale Therapieplanung erforderlich ist.

Weitere apparative Untersuchungen wie Fotoplethysmografie, Venenverschlusstest zur Diagnostik von venösen Obstruktionen, Phlebografie oder MR-Phlebografie sind meistens nicht notwendig und werden nur bei speziellen Indikationen eingesetzt.

Wenn Venenveränderungen vorliegen, wird eine Einteilung der Varikose nach dem CEAP-Stadium vorgenommen.3 Der CEAP-Klassifikation können Informationen über Klinik (C), Ätiologie (E), Anatomie (A) und Pathophysiologie (P) entnommen werden. Für den Nicht-Gefässspezialisten ist v.a. die Einteilung der Klinik interessant, also das C-Stadium. Diese Einteilung ist in Tabelle 1 dargestellt.

Tab. 1: Stadium C gemäss CEAP-Klassifikation (vereinfacht nach Lurie et al.)3

Üblicherweise wird bei den niedrigen klinischen Stadien C1 und C2 eher der Begriff der Varikose verwendet. Der Ausdruck der chronischen venösen Insuffizienz, welcher einen Krankheitswert suggeriert, kommt v.a. für die Stadien C3 und höher zur Anwendung, in Anlehnung an die englische Formulierung «chronic venous disease».

Symptomatische Varikose als Therapieindikation

Die Behandlung der Varikose ist medizinisch indiziert, wenn Symptome bestehen. Die Indikation umfasst Beschwerden wie Schwellungen oder Schweregefühl, das Auftreten von oberflächlichen Thrombosen (Varikophlebitiden), Hautbefunde als Zeichen der chronisch venösen Insuffizienz, wie Hyperpigmentationen, Stauungsdermatitiden, und als Maximalbefund das venöse Ulcus cruris.

Wenn der Patient die Varizen als kosmetisch störend empfindet, kann auch eine asymptomatische Varikose behandelt werden. Bei kosmetischer Indikation ist die Therapie keine Pflichtleistung der Grundversicherung.

Heute sind die wenig belastenden und ambulant durchführbaren Therapien breit verfügbar, auch für Varikosepatienten, die früher den Aufwand und die Risiken einer Operation gescheut hätten. Die deutliche Zunahme der Varizenbehandlungen in den letzten Jahren spricht dafür, dass die chronische venöse Insuffizienz als eine in vielen Fällen behandlungsbedürftige Diagnose wahrgenommen wird und dass die Verharmlosung einer Erkrankung, welche die Lebensqualität einschränken und zu Komplikationen führen kann, abgenommen hat. In den USA zeigte sich allerdings ein derart rasanter Anstieg der Behandlungszahlen, dass sich verschiedene Fachgesellschaften veranlasst sahen, eine gemeinsame Leitlinie zur angemessenen Anwendung («appropriate use») von Varizenbehandlungen zu publizieren.4 Darin wird festgehalten, dass eine apparativ nachgewiesene Veneninsuffizienz per se keine zwingende medizinische Indikation zur Varizensanierung darstellt.

Konservatives Management

Bei Patienten mit symptomatischen Varizen, die keine Varizensanierung wünschen oder bei welchen eine solche nicht möglich ist, kann eine konservative Therapie erfolgen.

Die wichtigste konservative Massnahme ist die Kompression. In den meisten Fällen ist eine Versorgung mit rundgestrickten Kompressionsstrümpfen der Klasse 2 ausreichend. Eine adäquate Kompression kann die Symptome oft deutlich bessern. Es ist aber nicht erwiesen, dass ein konsequentes Tragen der Kompressionsstrümpfe eine Progression der Varizen verhindert.

Zur Linderung von venösen Beschwerden werden diverse orale Präparate angeboten. Bei einigen dieser Substanzen besteht eine gewisse Evidenz für einen Benefit beispielsweise mit Besserung von Schwellung und Spannungsgefühl.5 In der Schweiz zugelassene und von der Grundversicherung vergütete Medikamente sind z.B. Flavonoide, Rosskastaniensamen, Naftazon und Calciumdobesilat. Ein positiver Einfluss auf den Langzeitverlauf der Varikose ist aber bei keinem dieser Medikamente nachgewiesen.

Endovenöse thermische Ablation ist Therapie der ersten Wahl

Bei der thermischen Ablation der Stammvenen, also der V. saphena magna oder parva, wird die zu behandelnde Vene unter sonografischer Kontrolle punktiert und im Lumen die Laser- oder Radiofrequenzsonde bis an die Crosse vorgeschoben. Die aktivierte Sonde wird dann langsam zurückgezogen und dabei Hitze in der Venenwand generiert. Dies führt zum Verschluss der Varize. Entlang der Vene wird vor der Ablation eine Tumeszenzanästhesie appliziert. Zurzeit werden Laserverfahren breiter geprüft, bei denen auf eine Tumeszenz verzichtet werden kann, was für den Patienten eine angenehmere Behandlung mit weniger Punktionen verspricht.

Die Patienten sind nach der Intervention sofort mobil. Ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis ist nur für den Interventionstag nötig, bei körperlich belastender Arbeit allenfalls für 2–3 Tage.

Die thermische Ablation ist in den Leitlinien inzwischen als Standardbehandlung etabliert.6,7 Bei entsprechender Indikation wird der Eingriff in der Schweiz seit 2016 von der Grundversicherung vergütet.

Sehr oberflächlich gelegene oder stark geschlängelte Venen eignen sich nicht für die thermische Ablation. Ansonsten bestehen kaum Kontraindikationen, auch bei Lymph- oder Lipödem ist die endovenöse Ablation möglich. Eine Antikoagulation muss für den Eingriff nicht pausiert werden.

Die thermische Ablation kann gut mit weiteren Methoden (Sklerotherapie oder Phlebektomie) kombiniert und in der gleichen Sitzung angewendet werden.

Varizenchirurgie als ergänzende Behandlung

Obwohl die operative Behandlung bei der Stammvarikose nicht mehr Therapie der ersten Wahl ist, hat die Varizenchirurgie weiterhin einen hohen Stellenwert. Bei Varizen, die sich nicht für die thermische Ablation eignen, wird weiterhin eine Crossektomie mit Stripping durchgeführt, insbesondere wenn auch eine Sklerotherapie für die betroffenen Venen keine gute Option ist. Die Ligatur von insuffizienten Perforansvenen ist ebenfalls eine wichtige chirurgische Behandlungsoption.

Astvarizen können phlebektomiert werden, was zu einem kosmetisch ansprechenderen Resultat führt als die Sklerotherapie.

Sklerotherapie bei Rezidivvarizen und kleinen Venen

Bei der Sklerotherapie werden die Varizen verödet, indem eine Substanz in die Vene eingebracht wird, die zu einer Endothelschädigung und damit zum Verschluss der Vene führt. In der Schweiz wird v.a. Aethoxysklerol® verwendet. Bei grösseren bzw. tiefer gelegenen Venen erfolgt die Punktion ultraschallgesteuert und das Sklerosans wird in aufgeschäumter Form appliziert. Die von aussen sichtbaren Besenreiser und retikuläre Varizen werden direkt unter visueller Kontrolle punktiert und meist mit flüssigem Sklerosans behandelt.

Mit der Sklerotherapie kann eine Vielzahl von Varizen behandelt werden, insbesondere auch Rezidivvarizen. Wichtigste Nebenwirkung sind bei grösseren Varizen die Hyperpigmentierungen entlang der verödeten Venen, die über Monate bis Jahre persistieren können. Dies muss bei Patienten berücksichtigt werden, denen ein ästhetisch ansprechendes Resultat wichtig ist. Bei Besenreisern ist die Gefahr von bleibenden Braunverfärbungen klein, weshalb die Sklerotherapie für diese kosmetische Indikation eine gute Methode ist.

Symptomatische Varizen abklären und behandeln

Varizen sind ein häufiger Befund. Bei Verdacht auf venöse Beschwerden ist eine phlebologische Abklärung durch eine Spezialistin sinnvoll, um die Diagnose zu stellen und Therapieoptionen aufzuzeigen. Allen Patienten mit einer symptomatischen Varikose sollte eine entsprechende Behandlung angeboten werden. In den meisten Fällen kann die Varizensanierung minimal invasiv und ambulant erfolgen. Als Therapie der ersten Wahl bei Stammvarizen hat sich die endovenöse thermische Ablation etabliert, welche auch oft in Kombination mit einer Phlebektomie oder Sklerotherapie durchgeführt wird.

1 Beebe-Dimmer JL et al.: The epidemiology of chronic venous insufficiency and varicose veins. Ann Epidemiol 2005; 15: 175-84 2 Rabe E et al.: Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie-Epidemiologische Untersuchung zur Frage der Häufigkeit und Ausprägung von chronischen Venenkrankheiten in der städtischen und ländlichen Wohnbevölkerung. Phlebologie 2003; 32: 1-14 3 Lurie F et al.: The 2020 update of the CEAP classification system and reporting standards. J Vasc Surg Venous Lymphat Disord 2020; 8: 342-52 4 Masuda E et al.: The 2020 appropriate use criteria for chronic lower extremity venous disease of the American Venous Forum, the Society for Vascular Surgery, the American Vein and Lymphatic Society, and the Society of Interventional Radiology. J Vasc Surg Venous Lymphat Disord 2020; 8: 505-25 5 Martinez-Zapata MJ et al.: Phlebotonics for venous insufficiency. Cochrane Database Syst Rev 2020; 11: CD003229 6 Gloviczki P et al.: The care of patients with varicose veins and Associated chronic venous diseases: clinical practice guidelines of the Society for Vascular Surgery and the American Venous Forum. J Vasc Surg 2011; 53(5 Suppl): 2S-48S 7 Wittens C et al.: Management of chronic venous disease. clinical practice guidelines of the European Society for Vascular Surgery. Eur J Vasc Endovasc Surg 2015; 49: 678-737

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