
Statine: Adhärenz würde Leben retten
E-Mail: patrick.sulzgruber@meduniwien.ac.at
Assoc.Prof. Priv.-Doz. Dr. Alexander Niessner, MSc<br>Dr. Niema Kazem<br>Dr. Felix Hofer
Universitätsklinik für Innere Medizin II<br>Klinische Abteilung für Kardiologie<br>Medizinische Universität Wien
Marko Todorovic<br>Florian Katsch<br>a.o. Univ.-Prof. Dr. Walter Gall<br>Univ.-Prof. DI Dr. Georg Duftschmid
Institut für Medizinisches<br>Informationsmanagement, Medizinische<br>Universität Wien
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Sekundärpräventive Maßnahmen nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) nehmen eine zentrale Position in der Reduktion von Morbidität und Mortalität in jener vulnerablen Patientenpopulation ein. Lipidsenkende Therapeutika, insbesondere die Verabreichung von potenten Statinen – wie Atorvastatin und Rosuvastatin – haben sich hierbei als besonders vorteilhaft im Hinblick auf die angestrebte Risikoreduktion erwiesen.1, 2
Keypoints
-
Die aktuelle populationsbasierte Analyse spiegelt eine niedrige Adhärenz zur Statin-therapie nach ACS in Österreich wider. Zwei Drittel aller untersuchten Patienten wiesen keine Adhärenz zur innerklinisch verordneten Statin-therapie auf, wobei 50% der Probanden die Therapie bereits innerhalb des ersten Monats nach Entlassung aus dem Krankenhaus unterbrachen.
-
Die Adhärenz zur Therapie mit potenten Statinen nach ACS konnte das Risiko eines letalen kardiovaskulären Ereignisses im Beobachtungszeitraum um 14% reduzieren.
-
In Anbetracht der niedrigen Rate an Therapieadhärenz erscheint es von größter Wichtigkeit, das Bewusstsein von ACS-Patienten hinsichtlich konsequenter Statineinnahme zu stärken und somit eine suffiziente Sekundärprophylaxe zu gewährleisten, um letztlich tödlichen atherothrombotischen Ereignissen vorzubeugen.
Statintherapie nach akutem Koronarsyndrom
In diesem Zusammenhang konnte zuletzt eine Metaanalyse, in der eine intensivierte mit einer geringfügigen LDL-Cholesterin-Senkung durch Statine verglichen wurde, klar darlegen, dass eine Verabreichung von potenten Statinen zu einer signifikanten Verringerung des Risikos von kardiovaskulärem Tod, nichttödlichem akutem Myokardinfarkt, ischämischem Schlaganfall und Bedarf einer koronarer Revaskularisation führte.2–4
Basierend auf der aktuell vorhandenen Datenlage in der Literatur wird der Einsatz von potenten Statinen bei allen Patienten nach ACS empfohlen, unabhängig vom Lipidstatus zum Zeitpunkt der akuten klinischen Präsentation.1 Die lipidsenkende Behandlung sollte so früh wie möglich etabliert werden, zumal dargelegt werden konnte, dass dies die Patientenadhärenz nach der Entlassung erhöht,was mit einem frühen und anhaltenden klinischen Nutzen assoziiert ist.1
Real-World-Daten aus Österreich zur Statintherapie nach ACS
Detaillierte epidemiologische Analysen, welche die Einhaltung der im klinischen Bereich etablierten Statintherapie nach ACS anhand von Real-World-Daten wiederspiegeln, sind selten und oftmals inklusiv, scheinen jedoch für die Verhinderung tödlicher kardialer Ereignisse von großer Bedeutung zu sein. Zusätzlich könnten anhand solcher Analysen eventuell vorhandene Schnittstellenprobleme zwischen klinischer und niedergelassener Versorgung aufgezeigt werden. Somit war das Ziel der gegenständlichen Analyse von Sulzgruber und Kollegen, die Einhaltung der hochintensiven Statintherapie nach ACS und deren Auswirkungen auf das PatientInnen-Outcome aus einer bundesweiten österreichischen Perspektive zu untersuchen.
Adhärenz zur lipidsenkenden Therapie in Österreich
Basierend auf einer populationsbasierten Analyse wurden alle Patientinnen und Patienten, welche in Österreich zwischen 04/2011 und 08/2015 aufgrund eines ACS behandelt wurden, in eine landesweiten Untersuchung inkludiert. Patientencharakteristika und Komorbiditäten wurden über das österreichische Krankenkassensystem erhoben und gemäß ICD-10 dokumentiert. Die Therapieadhärenz zu potenten Statinen wurde mittels der Einreichung von Rezepten für die potenten Statinpräparate – Rosuvastatin und Atorvastatin – in österreichischen Apotheken evaluiert. Alle Probanden wurden bis zum Eintritt des primären Studienendpunktes, welcher als Mortalität definiert wurde, einem prospektiven Follow-up unterzogen. Mittels Cox-Regressionsanalyse wurde der Einfluss von Nicht-Adhärenz zur potenten Statintherapie auf das Patientenoutcome untersucht. Im Zuge der multivariaten Analyse wurden die Ergebnisse für potenzielle Störfaktoren adjustiert.
Während des Beobachtungszeitraumes von 4,5 Jahren wurden 23240 Patienten entsprechend den Einschlusskriterien in die Studie inkludiert. Das mediane Alter der Patientenpopulation lag bei 65 Jahren (55–75), 67,7% (n=15728) der Teilnehmer waren männlich. Im Rahmen eines initialen ischämischen Ereignisses starben 366 Patientinnen und Patienten (1,6%).
Als ein besonders alarmierender Sachverhalt imponierte die Beobachtung, dass trotz eindeutiger Empfehlung der internationalen Leitlinien insgesamt 66,4% (n=15422) aller untersuchten Patienten nach ACS keine Adhärenz zur innerklinisch verordneten Statintherapie zeigten. Hier ist klar zu unterstreichen, dass eine Beendigung oder Unterbrechung der Therapie in mehr als 50% der beobachteten Fälle bereits innerhalb des ersten Monats nach dem akuten kardialen Ereignis eintraten.
Auswirkung auf das Patientenschicksal
Im Rahmen der prospektiven Nachverfolgung aller Probanden starben im definierten Beobachtungszeitraum von 04/2011 bis 01/2018 insgesamt 3522 (15,2%) Personen. Eine Nicht-Adhärenz zur potenten Statintherapie zeigte einerstarke und unabhängige direkte Assoziation mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko. Die Analyse ergab eine adjustierte Hazard-Ratio von 1,16 (95% CI: 1,06–1,25; p<0,001), wie in Abbildung 1 veranschaulicht wird.
Abb. 1: Kumulative Mortalität während des Follow-ups im Vergleich von Adhärenz und Nicht-Adhärenz zu Statintherapie nach ACS
Schlussfolgerung
Die vorliegende österreichweite Studie zeigte eine insgesamt niedrige Adhärenz zu potenten Statinen nach ACS. Am häufigsten traten Therapieunterbrechungen bzw. -beendigungenbereits innerhalb eines Monats nach dem Index-Event auf.
Da unter Therapie mit potenten Statinen nach ACS das Risiko für ein letales kardiovaskuläres Ereignis im Beobachtungszeitraum um 14% reduziert werden konnte, zeigen die gegenständlichen Daten, dass das Bewusstsein der Patienten bezüglich der Medikamentenadhärenz und eines intensivierten Patienten-Follow-ups gestärkt werden muss, um fatalen atherothrombotischen Ereignissen vorzubeugen.
Autoren:
Dr. Patrick Sulzgruber,PhD, MBA, FESC
Andreas Hammer
Assoc.Prof. Priv.-Doz. Dr. Alexander Niessner, MSc
Dr. Niema Kazem
Dr. Felix Hofer
Dr. Lorenz Koller, PhD
Universitätsklinik für Innere Medizin II
Klinische Abteilung für Kardiologie
Medizinische Universität Wien
Hana Sinkovec, MSc
Marko Todorovic
Florian Katsch
a.o. Univ.-Prof. Dr. Walter Gall
Univ.-Prof. DI Dr. Georg Duftschmid
a.o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Georg Heinze
Institut für Medizinisches Informationsmanagement, Medizinische Universität Wien
Kontakt:
Dr. Patrick Sulzgruber, PhD, MBA, FESC
E-Mail: patrick.sulzgruber@meduniwien.ac.at
◾01
Literatur:
1 Grundy SM et al..: 2018 AHA/ACC/AACVPR/AAPA/ABC/ACPM/ADA/AGS/APhA/ASPC/NLA/PCNA Guideline on the Management of Blood Cholesterol: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines. Circulation 2019; 139:e1082.–e1143 2 Baigent C et al. for the Cholesterol Treatment Trialists’ (CTT) Collaboration: Efficacy and safety of more intensive lowering of LDL cholesterol: a meta-analysis of data from 170,000 participants in 26 randomised trials. Lancet 2010; 376(9753): 1670-1681 3 Cannon CP et al.: Intensive versus moderate lipid lowering with statins after acute coronary syndromes [published correction appears in N Engl J Med 2006 Feb 16; 354(7): 778]. N Engl J Med 2004; 350(15): 1495-1504 4 Schwartz GG et al.: Myocardial ischemia reduction with aggressive cholesterol lowering study investigators. Effects of atorvastatin on early recurrent ischemic events in acute coronary syndromes: the MIRACL study: a randomized controlled trial. JAMA 2001; 285(13): 1711-1718
Das könnte Sie auch interessieren:
ESC gibt umfassende Empfehlung für den Sport
Seit wenigen Tagen ist die erste Leitlinie der ESC zu den Themen Sportkardiologie und Training für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen verfügbar. Sie empfiehlt Training für ...
ESC-Guideline zur Behandlung von Herzvitien bei Erwachsenen
Kinder, die mit kongenitalen Herzvitien geboren werden, erreichen mittlerweile zu mehr 90% das Erwachsenenalter. Mit dem Update ihrer Leitlinie zum Management kongenitaler Vitien bei ...
Inclisiran bei Patienten mit Statinintoleranz wirksam und sicher
Eine Analyse statinintoleranter Patienten aus dem Phase III Studienprogramm ORION zeigt, dass Inclisiran die LDL-Cholesterinspiegel kardiovaskulärer Hochrisikopatienten, die kein Statin ...