
Radiofrequenzablation ventrikulärer Arrhythmien
Autor:
PD Dr.med. Christoph Scharf
Rhythmologie-Zürich AG
Hirslanden-Klinik
E-Mail: christoph.scharf@hin.ch
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Die Beurteilung und die Gefahr von ventrikulären Rhythmusstörungen sind sehr unterschiedlich, je nachdem ob der Patient eine strukturelle Herzerkrankung hat oder nicht. Kammertachykardien können bei gesundem Herz ungefährlich sein, z.B. wenn sie aus dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt kommen. Solchen Patienten kann man viele unnötige Untersuchungen und Ängste ersparen. Andererseits sollte man potenziell gefährliche Kammertachykardien nicht verpassen, z.B. wenn sie mit koronarer Herzkrankheit und mit Synkopen assoziiert sind. Im folgenden Artikel soll deshalb ein kurzer Überblick gegeben werden, um die Beurteilung der Gefahr und Behandlung von ventrikulären Arrhythmien zu erleichtern.
Abklärung
Ein 12-Ableitungs-EKG ist unentbehrlich zur Diagnose und Lokalisation der Arrhythmien. Die Bildgebung mittels Echokardiografie und eventuell MRI kann strukturelle Veränderungen des Herzens erfassen. Wenn im Herzen eine Narbe vorliegt oder die Pumpfunktion beeinträchtigt ist, hat dies einen negativen Effekt auf die Prognose. Ein Belastungstest ist wichtig, um die Auslösbarkeit der Arrhythmie zu testen und Ischämien zu suchen. Blutuntersuchungen zur Entzündungssuche oder für genetische Analysen sind unter Umständen ebenfalls nötig.
Ventrikuläre Arrhythmien bei struktureller Herzerkrankung
Ventrikuläre Rhythmusstörungen bei koronarer Herzkrankheit
Nach einem Myokardinfarkt gibt es immer einzelne Herzmuskelzellen, welche den Infarkt überleben. Diese Inseln überlebender Zellen sind typischerweise endokardial, wo sie vom Lumen her mit Sauerstoff versorgt werden. Im Laufe der Zeit können sich solche Myokardzellen untereinander elektrisch wieder verbinden und Reentry-Kreise bilden. Diese sogenannten Channels, d.h. Kanäle, durch die Myokardnarbe sind das Substrat für die Entstehung von Kammertachykardien (Abb. 1).
Abb. 1: Modell (a) und elektroanatomische Karte (b) der Narbe nach Myokardinfarkt
a) Modell des linken Ventrikels, der Koronararterien (rot), des Koronarsinus (blau) und des N. phrenicus (grün). Die Dicke der Myokardnarbe ist in verschiedenen Farbabstufungen dargestellt: rot dünnste Narbe, gelb normales Myokard mit normaler Dicke
b) Dazugehörige Karte des elektroanatomischen Mappingsystems (Carto), welches die Amplitude der bipolaren elektrischen Signale anzeigt: rot niedrigste Amplitude, violett normale Amplitude von gesunden Zellen. Die Karte ist in das Modell integriert, sodass auch die Koronararterien und -venen lokalisiert werden können. So können die gelben Streifen, welche überlebenden Myokardzellen mit niedriger elektrischer Amplitude innerhalb der Narbe entsprechen, lokalisiert und gezielt verödet werden
Wenn ein Patient nach einem Myokardinfarkt eine Synkope erleidet oder eine anhaltende Kammertachykardie hat, ist eine ICD-Implantation unbedingt nötig. Der ICD beendet die Rhythmusstörung, kann aber deren Auftreten nicht verhindern. Dafür sind Medikamente nötig oder eine Radiofrequenzablation. Bei ausgewählten Patienten mit erhaltener Pumpfunktion kann nach einer erfolgreichen Radiofrequenzablation auf die ICD-Implantation eventuell verzichtet werden, wenn das Risiko in der elektrophysiologischen Untersuchung als niedrig beurteilt wird.
Für die Radiofrequenzablation von Kammertachykardien bei Infarktnarben stehen neuerdings ausgezeichnete bildgebende Verfahren zur Verfügung, welche einerseits die Narbe in unterschiedlicher Schichtdicke visualisieren können und andererseits auch die offenen Myokardzellen, die Channels darin (Abb. 1). Mittels CT und MRI kann die Narbe visualisiert werden und ein Modell erstellt werden. Dieses Modell kann anschliessend in das Mapping-System importiert werden für die Katheternavigation.
Das Ziel der Radiofrequenzablation ist, die Entstehung weiterer Kammertachykardien in der Narbe zu verhindern. Dazu werden die überlebenden Myokardzellen dieser Channels verödet, sodass keine Leitung durch die Narbe möglich ist. Wichtig ist auch immer, dass eine klinische Kammertachykardie ausgelöst werden kann und während der Verödung konvertiert. Damit stellen wir sicher, dass wir am richtigen Ort verödet haben. Am Schluss der Untersuchung wird die Induzierbarkeit der Kammertachykardien geprüft. Natürlich hat der Patient die Narbe weiterhin im Herz. Deshalb brauchen die Patienten weiterhin Medikamente, um die Herzfunktion zu unterstützen.
Ventrikuläre Rhythmusstörungen bei nicht ischämischer Kardiomyopathie
Hierbei handelt es sich am häufigsten um Patienten, welche eine Myokarditis durchgemacht haben. Die Koronarien sind stenosefrei, dennoch besteht eine Narbe im Myokard, meist als Folge einer früheren Entzündung. Häufig ist diese Narbe auch epikardial lokalisiert. Deshalb ist eine vorhergehende Lokalisation der Narbe mittels CT/MRI-Untersuchung essenziell. Wenn die Narbe genau dargestellt wird, kann ein entsprechendes Modell hergestellt werden. Dann wird in der elektrophysiologischen Untersuchung die klinische Kammertachykardie induziert. Wenn der EKG-Vektor zur Lokalisation der Narbe passt, muss die gesamte Narbe verödet werden. Bei einer epikardialen Narbe ist hierzu eine Perikardpunktion nötig. Diese ist ohne Perikarderguss natürlich etwas heikler, als wenn ein breiter Perikarderguss besteht. Unter entsprechenden Vorsichtsmassnahmen kann aber das Perikard durch geübte Hände auch ohne Erguss, d.h. trocken, relativ sicher punktiert werden. Das Risiko für eine Verletzung des Herzens mit Operationsfolge beträgt <1%. Im Perikardraum wird dann der Ablationskatheter auf die Herzoberfläche platziert und dort die Ablation gemacht. Natürlich muss man vorgängig sicher sein, dass die Koronararterien nicht am Ort der Ablation liegen. Hierzu ist das Herzmodell von entscheidender Bedeutung, je nachdem wird es durch eine Koronarangiografie noch bestätigt (Abb. 1a, Lokalisation der Koronararterien und Koronarvene im Modell). Naturgemäss kann die Ablation epikardial etwas weniger erfolgreich sein, wenn z.B. viel epikardiales Fettgewebe vorhanden ist oder man aus sonstigen Gründen nicht direkt zu den Muskelzellen kommt. Die Ablation hat jedoch eine durchaus gute Erfolgschance. Wichtig ist natürlich bei der epikardialen Ablation auch, dass der Phrenikusnerv nicht verödet wird, damit die Zwerchfellbewegung nicht eingeschränkt wird.
Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
Diese Rhythmusstörung wird vererbt und zeichnet sich durch eine Umwandlung des Myokards in Narbengewebe und Fettzellen aus. Es kommt zu aneurysmatischen Erweiterungen im rechten und auch linken Ventrikel, welche entsprechende EKG-Veränderungen verursachen und Kammertachykardien hervorrufen können. Wenn in betroffenen Familien plötzliche Todesfälle oder Synkopen vorkommen, sollte die Implantation eines ICD erwogen werden. Dieser verhindert aber natürlich das Auftreten von Rhythmusstörungen nicht. Dafür sind Medikamente oder eine Radiofrequenzablation nötig. Wichtig ist, dass die Patienten keinen Sport treiben, damit die Erkrankung durch übermässige Herzbelastung nicht ausgeprägter wird. Eine genetische Abklärung und eine Familienabklärung sind empfehlenswert.
Ventrikuläre Arrhythmien ohne strukturelle Herzerkrankung
Bei Patienten mit strukturell normalem Herz sind ventrikuläre Rhythmusstörungen meistens harmlos. Dabei ist es aber wichtig, auch die Familienanamnese zu erheben und nach plötzlichen Todesfällen zu fragen, auch im Kindesalter. Gerade bei Personen mit normal aussehendem Herz sind gefährliche genetische Mutationen möglich, welche Kammertachykardien verursachen. Dazu gehören das Long-QT-Syndrom, das Brugada-Syndrom, die Lamin-Mutationen sowie eine Vielzahl weiterer vererbter Mutationen. Wenn die Familienanamnese negativ ist, ist dies ein wichtiges beruhigendes Zeichen.
Bei Kammertachykardien und ventrikulären Arrhythmien ist eine EKG-Aufzeichnung von entscheidender diagnostischer Bedeutung. Je nach Lokalisation können spezifische Ursachen der Kammertachykardie diagnostiziert werden:
Ventrikuläre Arrhythmien aus dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt
Diese Rhythmusstörungen werden durch Zellen ausgelöst, welche während der Embryogenese nicht vollständig in den kompakten AV-Knoten migriert sind. Sie erzeugen eine fokale Arrhythmie (Extrasystolen oder Kammertachykardie) in der Ebene der Herzklappen, entweder unter der Pulmonalklappe oder der Aortenklappe. Sie ist eigentlich ungefährlich, d.h. nicht lebensbedrohlich. Es können aber schnelle Kammertachykardien mit Synkopen auftreten oder bei häufigen (>20%) Extrasystolen eine Herzinsuffizienz. Differenzialdiagnostisch muss an eine rechtsventrikuläre Kardiomyopathie gedacht werden. Eine weitere Abklärung ist also empfehlenswert. Die Therapie mittels Radiofrequenzablation hat eine hohe Erfolgsrate von >95%.
Ventrikuläre Arrhythmien vom Papillarmuskel
Diese treten meistens in Zusammenhang mit einem Mitralklappenprolapssyndrom auf und sind potenziell gefährlich, vor allem wenn im MRI am Papillarmuskel eine ausgedehnte Fibrose nachweisbar ist. Eine Radiofrequenzablation ist möglich, am besten mit intrakardialer Ultraschallkontrolle.
Fokale ventrikuläre Arrhythmien, z.B. faszikulär
Diese treten durch getriggerte Aktivität im Reizleitungssystem, z.B. im links-posterioren Faszikel, auf. Sie reagieren auf Kalziumblocker (Verapamil). Die Radiofrequenzablation hat ebenfalls eine hohe Erfolgsrate.
Literatur:
beim Verfasser