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Studien ILUMIEN IV, OCTOBER, OCTIVUSund Metaanalyse

PCI: intravaskuläre Bildgebung besser als Angiografie

Angiografie-geleitete perkutane Interventionen sind seit Langem Standard in der Versorgung koronarer Läsionen. Mit dem intravaskulären Ultraschall (IVUS) und der optischen Kohärenztomografie (OCT) sind zweiintravaskuläre bildgebende Verfahren hinzugekommen, die der Angiografie zumindest nicht unterlegen sind und zum Teil sogar überlegen sein dürften.

Keypoints

  • ILUMIEN IV: Der OCT-Arm erreicht vs. Angiografie eine größere minimale Stentquerschnittsfläche. Bei „target vessel failure“ besteht kein signifikanter Unterschied. Stentthrombosen sind unter OCT jedoch signifikant seltener.

  • OCTOBER: Eine OCT-geführte vs. Angiografie-geführte Intervention bei Patienten mit „echten“ Bifurkationsläsionen reduziert MACE über 2 Jahre um 30%; es besteht kein Unterschied in der Sicherheit.

  • Metaanalyse: OCT und IVUS sind der Angiografie signifikant überlegen in Bezug auf die Inzidenz von „target lesion failure" (–31%), die Reduktion der Zahl kardialer Todesfälle (–46%), der Gesamtmortalität sowie der Zahl der Stentthrombosen.

  • IVUS und OCT erwiesen sich als ebenbürtig, sowohl in Vergleichen beider Verfahren mit der Angiografie als auch im direkten Vergleich.

ILUMIEN-IV- und OCTOBER-Studie

Ein direkter Vergleich zwischen OCT und Angiografie im Rahmen von Katheterinterventionen wurde in der Studie ILUMIEN IV gezogen, deren Ergebnisse von Dr. Ziad Ali vom St. Francis Heart Center in New York vorgestellt wurden. Zuvor war es gelungen, für die OCT Vorteile hinsichtlich des Eingriffs selbst zu demonstrieren; ob dies Auswirkungen auf klinische Endpunkte hat, war unklar. In die Studie eingeschlossen wurden Patienten mit hohem Risiko, definiert durch einen medikamentös behandelten Diabetes und/oder komplexe Läsionen. Dieses Kriterium war gewählt worden, da man davon ausging, dass „schwierige“ Patienten den größten Vorteil von OCT haben sollten.

Koprimäre Endpunkte der Studie waren die minimale Stentquerschnittsfläche nach PCI als Marker für die Stentexpansion und damit als unabhängiger Prädiktor für zukünftige Komplikationen sowie „target vessel failure“, definiert als Komposit aus kardiovaskulärem Tod, Infarkt im Zielgefäß oder einer ischämiebedingten Revaskularisation im Zielgefäß.

Signifikanz bei den primären Endpunkten teilweise verfehlt

Das Studienziel wurde in ILUMIEN IV nur teilweise erreicht. Von den insgesamt 2487 eingeschlossenen Patienten erhielten 1233 eine OCT-geleitete Behandlung, bei 1254 erfolgte die Intervention unter Angiografie. Im OCT-Arm konnte eine größere minimale Stentquerschnittsfläche erreicht werden (5,72±2,04mm2 vs. 5,36±1,87mm2; Differenz 0,36mm2, 95% CI: 0,21–0,51mm2; p<0,001). Im Hinblick auf den zweiten primären Endpunkt „target vessel failure“ wurde jedoch trotz numerischer Überlegenheit die Signifikanz verfehlt. Treiber hinter diesem Ergebnis war eine insgesamt sehr niedrige Rate an Revaskularisierungen im Zielgefäß. Dies könnte damit zu tun haben, dass solche elektiven Eingriffe in Pandemiezeiten weniger oft vorgenommen wurden. Eine Post-hoc-Analyse zeigte in der Prä-Covid-Phase der Studie eine geringere Rate an Revaskularisierungen im OCT-Arm.

Hinsichtlich weiterer Endpunkte wie z.B. kardiovaskulärer Tod wurde das Ergebnis ungeachtet zum Teil sehr deutlicher numerischer Risikoreduktionen nicht signifikant. Stentthrombosen traten im OCT-Arm signifikant um mehr als 60% seltener auf als im Angiografiearm. Die OCT erhöhte die Sicherheit und führt zu einer geringeren Rate an Komplikationen wie zum Beispiel Dissektionen, Protrusionen oder Malapposition.

Zu den Kriterien für komplexe Läsionen wurden in ILUMIEN IV auch Plaques in Bifurkationen gezählt. Diese sind assoziiert mit höheren Komplikationsraten sowie einer um fast 50% erhöhten Mortalität, wie Dr. Lene Nyhus Andreasen vom Aarhus-Universitätsspital in Dänemark ausführt.

Als besonders problematisch gelten sogenannte „echte“ Bifurkationsläsionen, bei denen sowohl das Haupt- als auch das abzweigende Gefäß um jeweils mindestens 50% eingeschränkt sind, da diese Läsionen komplexe Stentingprozeduren erforderlich machen. Daher sind solche Läsionen gute Kandidaten für eine OCT-geführte Intervention, wie Nyhus Andreasen ausführt.

OCT die bessere Option bei „echten“ Bifurkationsläsionen

In der OCTOBER-Studie wurde untersucht, ob eine OCT-geführte PCI im Vergleich zu einer Angiografie-geführten Intervention bei Patienten mit „echten“ Bifurkationsläsionen das Outcome verbessert. Primärer Endpunkt waren kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) in den beiden Jahren nach der Intervention. MACE war definiert als Komposit von kardiovaskulärem Tod, Infarkt im Zielgefäß sowie Revaskularisierung im Zielgefäß aufgrund von Ischämie. Als weitere Endpunkte wurden die einzelnen Komponenten von MACE sowie ein „Patient-oriented Composite Endpoint“ (PoCE), bestehend aus Gesamtmortalität, Myokardinfarkt, Revaskularisierung und Schlaganfall, erhoben.

Die Prozedur im OCT-Arm folgte einem komplexen Protokoll, bei dem schrittweise die Präparation der Läsion, die Länge der Läsion, Referenzgrößen, die Abdeckung der Läsion, die Stentexpansion, Malapposition, Drahtpositionierungen sowie Ergebnisse an den Ostien evaluiert wurden. Im Angiografiearm war IVUS erlaubt, wurde jedoch nicht empfohlen. Die Studie wurde in einem offenen Design an 38 europäischen Zentren durchgeführt.

OCTOBER erreichte den primären Endpunkt mit einer 30-prozentigen Risikoreduktion hinsichtlich MACE über zwei Jahre (HR: 0,70; 95% CI: 0,50–0,98; p=0,035). Im Hinblick auf den PoCE wurde eine numerische Überlegenheit um 24% festgestellt, die jedoch Signifikanz knapp verfehlte. Numerische Überlegenheit zeigte sich auch im Hinblick auf die Komponenten von MACE sowie weitere sekundäre Endpunkte, wobei Nyhus Andreasen betont, dass OCTOBER nicht die Power für einen Nachweis beispielsweise von Differenzen hinsichtlich der Mortalität hatte. Hinsichtlich der Sicherheit des Eingriffs bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

Beide Studien wurden zeitgleich mit der Präsentation im „New England Journal of Medicine“ publiziert.

OCTIVUS-Studie und Metaanalyse

Dr. Gregg Stone von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, weist auf einige ältere Metaanalysen hin, die generell eine reduzierte Inzidenz schwerer kardiovaskulärer Ereignisse (MACE) nach perkutaner Intervention mit intravaskulärer Bildgebung zeigen, wobei es bislang allerdings nicht gelungen sei, einen Mortalitätsvorteil nachzuweisen. Da sich die Studienlage auf diesem Gebiet permanent verändert, entwickelten Stone et al. das Konzept einer rasch „updatebaren“ Real-Time-Metaanalyse, in die neue Evidenz sehr schnell eingebaut werden kann. So wurde es möglich, dass Stone unmittelbar nach Präsentation der Studie ILUMIEN IV und OCTOBER auch gleich die Metaanalyse präsentieren konnte, in die die Daten dieser beiden klinischen Studien bereits eingegangen waren.

Erhebliche und signifikant geringere Mortalität

Dabei wird sowohl auf direkte als auch auf indirekte Vergleiche gesetzt, zumal eine Vielzahl von Studien zum Vergleich von IVUS und Angiografie verfügbar ist, Vergleiche zwischen OCT und Angiografie oder gar OCT und IVUS jedoch deutlich seltener durchgeführt wurden.

Die Analyse verglich den Gesamteffekt intravaskulärer Bildgebung (IVUS und OCT) im Vergleich zu Angiografie, IVUS und Angiografie, OCT und Angiografie sowie IVUS und OCT. Insgesamt wurden 20 Studien mit 12428 Patienten erfasst, von denen sich 7038 unter Einsatz eines intravaskulären bildgebenden Verfahrens einer PCI wegen eines akuten oder chronischen Koronarsyndroms unterzogen. Das Follow-up lag in den verschiedenen Studien zwischen 6 Monaten und 5 Jahren.

Der primäre Endpunkt war „target lesion failure“, definiert als Komposit aus kardiovaskulärem Tod, Infarkt im Zielgefäß oder Revaskularisierung im Zielgefäß. Zu den sekundären Endpunkten zählten die einzelnen Komponenten des primären Endpunkts sowie Stentthrombose, Gesamtmortalität und Myokardinfarkt.

Die Auswertung ergab die signifikante Überlegenheit der intravaskulären Bildgebung. Die Inzidenz des primären Endpunkts wurde durch den Einsatz der intravaskulären Verfahren (IVUS und OCT) im Vergleich zur Angiografie um 31% reduziert. Auch hinsichtlich der meisten sekundären Endpunkte zeigte sich eine klare Überlegenheit der intravaskulären Verfahren mit einer Reduktion der Zahl kardialer Todesfälle um 46%. Auch die Gesamtmortalität war mit IVUS oder OCT signifikant geringer, Stentthrombosen wurden um mehr als die Hälfte reduziert.

IVUS und OCT erwiesen sich als ebenbürtig, und zwar sowohl in Vergleichen beider Verfahren mit der Angiografie als auch im direkten Vergleich. Damit hat diese Metaanalyse hohe praktische Relevanz, so Stone. Intravaskuläre Verfahren sollten im Rahmen der PCI eingesetzt werden, um die langfristige Prognose nach Stentimplantation zu verbessern.

Direkter Vergleich zeigt Non-Inferiority der OCT

Eine weitere im Rahmen derselben Session präsentierte Studie bestätigte diese in der Metaanalyse gezeigte Gleichwertigkeit von IVUS und OCT. In der koreanischen OCTIVUS-Studie wurden die beiden Verfahren direkt im Hinblick auf den primären Endpunkt „target vessel failure“ miteinander verglichen. OCTIVUS war als NonInferiority-Studie ausgelegt und erreichte den primären Endpunkt.

Hinsichtlich „target vessel failure“ zeigte sich eine numerische Überlegenheit der OCT, die allerdings nicht signifikant war, womit die Nichtunterlegenheit von OCT gegenüber IVUS bestätigt werden konnte. Dieses Ergebnis war in einer Sensitivitätsanalyse sowie in allen Subgruppen stabil. In beiden Armen war die Inzidenz des primären Endpunkts geringer als erwartet, betont Studienautor Dr. Duk-Woo Park, University of Ulsan College of Medicine in Seoul, was vermutlich auf Verbesserungen der PCI wie auch auf eine generell besser werdende Versorgung der Patienten zurückgeführt werden könne.

ESC-Kongress 2023, Session HOT LINE 4: „ILUMIEN IV: OCT versus angiography“, präsentiert von Ziad Ali, „OCT-guided or angiography-guided PCI in complex bifurcation lesions. The OCTOBER trial“, präsentiert von Lene Nyhus Andreasen, „OCT vs. IVUS vs. angiography guidance: a real-time updated network meta-analysis“ und „OCTIVUS: OCT- vs. IVUS-guided PCI“, präsentiert von Duk-Woo Park, präsentiert von Gregg Stone, 27. August 2023, Amsterdam

1 Ali ZA et al.: Lancet 2016; 388(10060): 2618-28 2 Ninomiya K et al.: JACC Cardiovasc Interv 2022; 15(12): 1231-42 3 Ali ZA et al.: N Engl J Med; DOI: 10.1056/NEJMoa2305861 4 Holm NR et al.: N Engl J Med; DOI: 10.1056/NEJMoa2307770

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