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Österreichisch-Deutsches Symposium der Sportkardiologie und Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (ÖGSMP)

Optimale Leistung nur bei optimaler Gesundheit

<p class="article-intro">Am Freitag, dem 2. 12. 2016, richtete das Universitätsinstitut für präventive und rehabilitative Sportmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg das 1. Salzburger Symposium für Prävention und Rehabilitation – EU Take Heart Project – und auch die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für ambulante kardiologische Rehabilitation (AGAKAR) aus. Am Samstag, dem 3. 12. 2016, folgte das 5. Österreichisch-Deutsche Symposium der Sportkardiologie, währenddessen auch die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (ÖGSMP) stattfand.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die sportmedizinische Untersuchung zur Beurteilung der Wettkampftauglichkeit ist nicht nur f&uuml;r Hochleistungssportler, sondern auch f&uuml;r Freizeit-Leistungssportler wichtig.</li> <li>Bis zu 97 % der nicht durch einen Unfall verursachten Todesf&auml;lle beim Sport sind auf Herzerkrankungen zur&uuml;ckzuf&uuml;hren. Besondere Bedeutung f&uuml;r die Sicherheit des Sportinteressierten hat das Belastungs-EKG.</li> <li>Leider werden die Kosten f&uuml;r die sportmedizinische Untersuchung von den Krankenkassen f&uuml;r Sportler und sportinteressierte Patienten &ndash; die Kosten einer &bdquo;Gesundenuntersuchung f&uuml;r Sporttreibende&ldquo; &ndash; noch immer nicht refundiert.</li> </ul> </div> <p>Mit 331 Teilnahmen herrschte gro&szlig;es Interesse an beiden Veranstaltungen, bei denen Experten aus ganz &Ouml;sterreich, Deutschland und der Schweiz in ihren Vortr&auml;gen praxisnah klinische Fortschritte und aktuelle Forschungsergebnisse pr&auml;sentierten. So wurde &uuml;ber optimale Pr&auml;ventions- und Therapieans&auml;tze einschlie&szlig;lich der ambulanten und station&auml;ren Rehabilitation eingehend referiert. Auch berichteten Kardiologen und Sportmediziner &uuml;ber den aktuellen Stand in der Sportkardiologie, welches Schwerpunkt dieser Ausgabe der <em>JATROS Kardiologie &amp; Gef&auml;&szlig;medizin</em> ist. Unter dem &uuml;bergeordneten Thema &bdquo;Optimale Leistung nur bei optimaler Gesundheit&ldquo; stand die sportmedizinische Untersuchung mit ihren wesentlichen Bestandteilen im Mittelpunkt.</p> <h2>&bdquo;Optimale Leistung nur bei optimaler Gesundheit&ldquo;</h2> <p>Der wettkampforientierte Breitensport hat in den letzten Jahren einen enormen Zuwachs erfahren. Im Gleichschritt hat sich die internistische Sportmedizin und hier vor allem die Sportkardiologie zu einem medizinischen Fachgebiet mit dem Ziel der umfassenden kardiologischen Betreuung von Sportlern entwickelt.<br /> Der sportmedizinischen Untersuchung f&uuml;r die Beurteilung der Wettkampftauglichkeit kommt dabei eine tragende Rolle zu, und das nicht nur bei Hochleistungssportlern, sondern auch bei Freizeit-Leistungssportlern, die den gr&ouml;&szlig;ten Teil der Aktiven, aber auch den gr&ouml;&szlig;ten Teil bei den pl&ouml;tzlichen Todesf&auml;llen stellen.<sup>1</sup> Bis zu 97 % der nicht durch einen Unfall verursachten Todesf&auml;lle beim Sport sind auf Herzerkrankungen zur&uuml;ckzuf&uuml;hren.<sup>2</sup> Ursache hierf&uuml;r sind meist bisher unbekannte, weil klinisch stumme und unentdeckte Herzerkrankungen. Tats&auml;chlich kam es auch in den vergangenen Jahren wiederholt zu Todesf&auml;llen bei Laufveranstaltungen und anderen Sportereignissen. Auf den ersten Blick &uuml;berraschend z&auml;hlt aber auch das Bergwandern aufgrund der hohen Rate an Herzinfarkten zu den gef&auml;hrlichsten Sportarten hierzulande, und allj&auml;hrlich sterben mehr Skifahrer an einem Herzinfarkt als durch Lawinen.<sup>3</sup><br /> Der pl&ouml;tzliche Herztod ist allgegenw&auml;rtig, wie internationale Daten zeigen, aber auch vermeidbar. W&auml;hrend in Italien durch eine verpflichtende sportmedizinische Untersuchung, durchgef&uuml;hrt durch einen Facharzt f&uuml;r Sportmedizin, die Sterblichkeit von Athleten um 75 % abgenommen hat,<sup>4</sup> ereigneten sich laut einem deutschen Register 36 von 37 sportbedingten Todesf&auml;llen bei Sportlern, die nie zuvor sportmedizinisch untersucht worden waren.<sup>2</sup><br /> Im Sinne des Erhalts der Gesundheit, der steigenden Zahl an Sporttreibenden sowie der pr&auml;ventiven Bedeutung von k&ouml;rperlichem Training f&uuml;r viele Krankheitsbilder wurden im Rahmen des Sportkardiologie- Symposiums einige wesentliche der offenen Punkte dieses jungen Fachgebiets durch internationale Experten diskutiert. Auch wurde neuerlich von den Experten herausgearbeitet, wie wichtig es ist, dass die sportmedizinische Untersuchung von den Krankenkassen als eine Leistung aufgenommen wird, sodass dem Sportler und sportinteressierten Patienten die Kosten einer &bdquo;Gesundenuntersuchung f&uuml;r Sporttreibende&ldquo; refundiert werden. Andere L&auml;nder, wie z.B. Deutschland, gehen hier beispielhaft voran; dort wird von immer mehr Krankenkassen diese Leistung angeboten.<br /> Dass jeder Euro, der f&uuml;r Sport und f&uuml;r die Gesundheit der Sporttreibenden investiert wird, sich auch volkswirtschaftlich lohnt, wurde wiederholt und &uuml;berzeugend auch f&uuml;r &Ouml;sterreich gezeigt.<sup>5</sup></p> <h2>Wandel der sportmedizinischen Untersuchung</h2> <p>Die therapeutischen M&ouml;glichkeiten haben sich in allen Fachdisziplinen derart verbessert und das Wissen um den Nutzen von Bewegung und Sport so sehr verfestigt, dass es bei der modernen sportmedizinischen Untersuchung nicht mehr nur darum geht, vermeintlich ungeeignete Sportler herauszufischen und den Sport aus medizinischer Sicht zu verbieten. Es geht haupts&auml;chlich darum, ob gesundheitliche Schw&auml;chen vorliegen, die der Sportler kennen sollte, oder chronische Erkrankungen vorhanden sind, die behandelt bzw. korrigiert werden m&uuml;ssen. Denn Gefahr geht nicht so sehr von den bekannten und gut therapierten Erkrankungen aus, sondern von den unbekannten Erkrankungen. In Abh&auml;ngigkeit von den Befunden kann dann mit dem Sporttreibenden besprochen werden, welcher Sport in welchem Umfang und welcher Intensit&auml;t der richtige f&uuml;r ihn ist.<br /> Damit eine Untersuchung diesem Anspruch gerecht werden kann, darf es aber nicht allein bei der Anamnese und einer klinischen Untersuchung bleiben. Bereits seit den 80er-Jahren machen es uns unsere italienischen Nachbarn vor und haben es sehr eindrucksvoll geschafft, durch eine verpflichtende sportmedizinische Untersuchung f&uuml;r jeden Sportler, der an Wettk&auml;mpfen teilnehmen m&ouml;chte, die Todesf&auml;lle im Zusammenhang mit sportlichen Aktivit&auml;ten auf ein Niveau zu senken, welches niedriger ist als das der &uuml;brigen Bev&ouml;lkerung.<sup>4</sup><br /> Das Geheimnis liegt darin, dass jeder, der wettkampfm&auml;&szlig;ig Sport treiben m&ouml;chte, sich verpflichtend von speziell ausgebildeten Sportmedizinern untersuchen lassen muss und diese immer auch ein Ruhe- EKG schreiben. Die Ergebnisse sind derart &uuml;berzeugend, dass auch die Europ&auml;ische Gesellschaft f&uuml;r Kardiologie die Durchf&uuml;hrung eines Ruhe-EKGs bei der Sporttauglichkeitsuntersuchung empfiehlt.<br /><br /> So wichtig ein Ruhe-EKG auch ist, reicht dieses jedoch nicht aus, um eine Aussage &uuml;ber die Leistung des Herz-Kreislauf- Systems unter Belastung zu bekommen. Da Sportler und sporttreibende Patienten sehr wohl auch in Freizeit, Training und Wettkampf an ihre Grenzen gehen, ist es Ziel, diese Beanspruchung mittels Belastungs-EKG zu simulieren, um Hinweise, z.B. auf Myokardisch&auml;mien oder Rhythmusst&ouml;rungen, zu erhalten. Somit sollte es das &bdquo;T&Uuml;V-Pickerl&ldquo; nur dann geben, wenn auch bei &bdquo;laufendem Motor&ldquo; alles unauff&auml;llig war. Denn der Sportinteressierte m&ouml;chte Sicherheit &ndash; die kann man ihm nur nach Durchf&uuml;hrung eines Belastungs-EKGs geben.<br /><br /> Es ist an der Zeit, sich die Frage zu stellen, warum im Allgemeinen so wenig Wert auf eine gr&uuml;ndliche sportmedizinische Untersuchung gelegt, diese zu selten und dann noch seltener von Sportmedizinern durchgef&uuml;hrt wird. Im Gegensatz zu vielen anderen EU-Staaten hinkt &Ouml;sterreich hier abgeschlagen hinterher. Da es optimale Leistung nur bei optimaler Gesundheit gibt, wird neuerlich gro&szlig;es Potenzial nicht ausgesch&ouml;pft, was den Unterschied zwischen Stockerl und &bdquo;Nicht-Stockerl&ldquo; ausmacht.</p> <h2>Pl&ouml;tzlicher Herztod im Sport</h2> <p>Bei Sporttreibenden unter 35 Jahren sind es vor allem angeborene Herzerkrankungen, die zum Tode f&uuml;hren.6 Diese werden nicht etwa durch den Sport verursacht, sondern lediglich durch die k&ouml;rperliche Anstrengung demaskiert. Hier kann durch eine sportmedizinische Untersuchung fr&uuml;hzeitig die richtige Diagnose gestellt werden, die dann lebensrettende Ma&szlig;nahmen nach sich zieht, sodass ein pl&ouml;tzlicher Herztod verhindert werden kann. Zu Recht wird die sportmedizinische Untersuchung als die &bdquo;Gesundenuntersuchung f&uuml;r Sporttreibende&ldquo; gesehen &ndash; nur leider nicht von den Krankenkassen, die nach wie vor und entgegen dem internationalen Trend die Kosten f&uuml;r diese Untersuchungen nicht erstatten.<br /><br /> Selbiges gilt auch f&uuml;r Sporttreibende &uuml;ber 35 Jahre, die erst zu Kranken werden m&uuml;ssen, damit die Krankenkassen Leistungen einer sportmedizinischen Untersuchung, wie z.B. das Ruhe- und Belastungs- EKG, erstatten. Bedenkt man, dass die Haupttodesursache bei Sporttreibenden &uuml;ber 35 Jahre die koronare Herzkrankheit ist, so wird klar, wie sinnvoll es ist, gerade diese Gruppe nicht nur mittels Ruhe-EKG, sondern auch mittels maximalen Belastungs- EKGs zu untersuchen. Da Myokardisch&auml;mien meist erst im obersten Herzfrequenzbereich auftreten, kann die Wichtigkeit einer maximalen Ausbelastung gar nicht genug betont werden. Meist finden sich erst dann etwaige Rhythmusst&ouml;rungen oder Hinweise auf Myokardisch&auml;mien. Auch kann so das Blutdruckverhalten gut dokumentiert werden und &uuml;ber das Vorliegen eines hohen Blutdrucks entschieden bzw. &uuml;ber eine ad&auml;quate Einstellung des Blutdrucks eine valide Aussage getroffen werden. Dies ist segenbringend, da ein gut eingestellter Blutdruck mit einer normalen Lebensqualit&auml;t und Lebenserwartung einhergeht, ein schlecht eingestellter Blutdruck ein betr&auml;chtliches Risiko f&uuml;r Herzinfarkt, Schlaganfall, schlechte Lebensqualit&auml;t und verk&uuml;rztes Leben darstellt.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Wir sollten gemeinsam den sportlich Aktiven mehr Aufmerksamkeit schenken und sie nach modernen Standards untersuchen, betreuen und ihrer Gesundheit zumindest dieselbe Aufmerksamkeit schenken wie unseren Autos. Da es optimale Leistung nur bei optimaler Gesundheit gibt, ist eine sportmedizinische Untersuchung als die Gesundenuntersuchung f&uuml;r Sporttreibende eine wichtige Voraussetzung f&uuml;r gesunden und sicheren Sport.</div> <div>&nbsp;</div> <div><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s6_abb1.jpg" alt="" width="685" height="930" /></div> <div>&nbsp;</div> <div><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s6_abb2.jpg" alt="" width="685" height="930" /></div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Marijon E et al: Sports-related sudden death in the general population. Circulation 2011; 124: 672-81 <strong>2</strong> Bohm P et al: Data from a nationwide registry on sports-related sudden cardiac deaths in Germany. Eur J Prev Cardiol 2016; 23: 649-56 <strong>3</strong> Burtscher M: Pl&ouml;tzlicher Herztod: Wie gef&auml;hrlich ist Sport in den Bergen? JATROS Kardiologie &amp; Gef&auml;&szlig;medizin 2017; 01 (dieses Heft) <strong>4</strong> Corrado D et al: Trends in sudden cardiovascular death in young competitive athletes after implementation of a preparticipation screening program. JAMA 2006; 296(13): 1593-601 <strong>5</strong> Wei&szlig; O et al: Auswirkungen von Sport auf die Gesundheit. &Ouml;sterreichische &Auml;rztezeitung 2016; 9: 20-26 <strong>6</strong> Maron BJ et al: Demographics and epidemiology of sudden deaths in young competitive athletes: from the United States National Registry. Am J Med 2016; 129: 1170-7</p> </div> </p>
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