
NSTEMI-Guidelines im Zeichen der Vereinfachung
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Die aktualisierte ESC-Leitlinie zum Management des akuten Koronarsyndroms ohne ST-Streckenhebung enthält im Vergleich zum Vorgängerdokument Änderungen, die vor allem Abläufe straffen, einfacher und schneller machen sollen mit dem Ziel Patienten einer möglichst raschen PCI zu zuführen. Neu ist auch der Zwei-Stunden-Algorithmus beim kardialen Troponin und Prasugrel als First-line-Therapie bei PCI.
Kardiales Troponin: ESC empfiehlt Zwei-Stunden-Algorithmus
Als erste kardiologische Gesellschaft entschied sich die ESC vor fast zwei Jahren, dem hochsensitiven kardialen Troponin besondere Bedeutung in der Diagnostik des akuten Koronarsyndroms ohne ST-Streckenhebung (NSTEMI) zuzuweisen. An dieser Empfehlung hat sich bis heute nichts geändert. Das diagnostische Workup bei Patienten mit Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom (ACS) sollte auf vier Säulen basieren, so Prof. Dr. Christian Müller vom Universitätsspital Basel, nämlich klinischer Untersuchung, EKG, kardialem Troponin bei Präsentation sowie Veränderung des kardialen Troponins über eine oder zwei Stunden. Als neue Empfehlung gibt die ESC nun dem Zwei-Stunden-Algorithmus gegenüber dem Ein-Stunden-Algorithmus den Vorzug. Die Bestimmung weiterer Biomarker wird für die Diagnostik des NSTEMI nicht empfohlen, da diese keine relevante zusätzliche Information liefern.
Ein Upgrade hat die kardiale Bildgebung (CT-Angiographie) erfahren, die statt einer invasiven Angiographie zum Ausschluss eines ACS eingesetzt werden kann, wenn die Wahrscheinlichkeit einer koronaren Herzkrankheit moderat oder gering ist und EKG oder Troponin negativ oder inkonklusiv sind.
Änderungen hinsichtlich Risikobewertung
Hinsichtlich der Risikobewertung gibt es in der neuen Leitlinie zwei wesentliche Änderungen. Die Bestimmung von BNP oder NT-proBNP wird empfohlen, um prognostische Informationen zu generieren und die Empfehlung für den Einsatz des GRACE-Risikoscores wurde auf IIa herabgestuft. Der Grund für die Herabstufung liegt in der Komplexität des Scores, der in unterschiedlichen Versionen und für unterschiedliche Patientengruppen in Verwendung ist. Vor allem konnte aber nicht demonstriert werden, dass ein auf dem GRACE-Score basiertes Vorgehen Vorteile für den Patienten bringt. Auch für die Risikoabschätzung werden über EKG, Troponin und NT-proBNP hinaus keine weiteren Biomarker empfohlen. Ziel der Risikostratifizierung ist es, Patienten mit sehr hohem Risiko zu identifizieren und so schnell wie möglich einer interventionellen Behandlung zuzuführen.
Plättchenhemmung und Antikoagulation
Für die Hemmung der Plättchenaggregation und in manchen Fällen auch für die Antikoagulation stehen heute eine grosse Auswahl von Substanzen zur Verfügung. Diesbezüglich ist die Empfehlung hinzugekommen, dass bei Patienten, die eine perkutane Intervention erhalten, Prasugrel gegenüber Ticagrelor der Vorzug zu geben ist. Ein Upgrade erhielt die Empfehlung für eine verlängerte duale Plättchenhemmung bei Patienten mit hohem Risiko eines ischämischen Ereignisses bei gleichzeitig geringem Blutungsrisiko.
Komplex ist die Situation, wenn Patienten mit Vorhofflimmern einen NSTEMI erleiden. Hier wird für eine Woche in stationärer Behandlung eine Dreifachtherapie mit einem NOAK, einem P2Y12-Inhibitor und Aspirin empfohlen. Danach richtet sich das weitere Vorgehen nach dem individuellen Risiko, wobei die Standardtherapie die Umstellung auf die Kombination eines NOAK mit einem P2Y12-Inhibitor, gefolgt von einer NOAK-Monotherapie ist. Pretreatment mit einem P2Y12-Inhibitor wird mit wenigen Einschränkungen nicht mehr empfohlen.
Algorithmen für SCAD und MINOCA
Neu hinzugekommen ist ein Kapitel über spontane Koronararterien-Dissektion (SCAD) als Ursache für einen NSTEMI. Die ESC präsentiert einen Algorithmus für Diagnose und Behandlung dieser Patienten. Je nach individueller Situation kann ein interventionelles Vorgehen oder konservative Therapie indiziert sein. Ebenfalls ausführlich eingegangen wird auf den Myokardinfarkt ohne Obstruktion von Koronararterien (MINOCA). Auch hier wird ein Algorithmus für Diagnose und Management vorgegeben.
Die Leitlinie wurde im European Heart Journal online publiziert und steht samt begleitenden Materialien auf der ESC Webseite zum Download bereit.
Quelle:
2020 ESC Guidelines on Non-ST-Segment Elevation Acute Coronary Syndromes, ESC-Kongress 2020; Präsentation am 30. 8. 2020