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Niedrige Harnsäure, weniger Niereninsuffizienz
Jatros Digital
30
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30.08.2018
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<p class="article-intro">Dass Harnsäuresenkung kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren kann, wird angenommen, konnte bislang jedoch nicht in einem kontrollierten Setting gezeigt werden. In der japanischen FREED-Studie wurde mit dem Xanthinoxidase Inhibitor Allopurinol nun eine deutliche Reduktion renaler Ereignisse demonstriert.</p>
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<p class="article-content"><p>Hyperurikämie ist mit Gicht, erhöhtem kardiovaskulärem Risiko und Verschlechterung der Nierenfunktion assoziiert. Während jedoch die Wirkung einer Harnsäuresenkung mittels Xanthinoxidase-Inhibitoren auf die Inzidenz von Gichtanfällen gut dokumentiert ist, sind Daten zu einer kardio- und renoprotektiven Wirkung der Uratsenkung – insbesondere bei Patienten ohne Gicht – spärlich und stammen aus retrospektiven Kohortenstudien. Auch ist unklar, ob alle Methoden zur Harnsäuresenkung im Hinblick auf ihre möglichen kardioprotektiven Wirkungen gleich sind. So waren in der CARES-Studie<sup>1</sup> Gesamtmortalität und kardiovaskuläre Mortalität unter Febuxostat höher als unter Allopurinol.</p> <h2>Vergleichsgruppe, aber keine Placebo-Kontrolle</h2> <p>Mit der Studie FREED (Febuxostat for Cerebral and CaRdiorenovascular Events PrEvEntion StuDy) präsentierte im Rahmen des ESC 2018 eine japanische Gruppe Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit des Xanthinoxidase-Inhibitors Febuxostat in der Prävention kardio- und zerebrovaskulärer sowie renaler Ereignisse. <br /><br />In die Studie wurden 1070 Patienten im Alter über 65 Jahre mit Serum-Harnsäurewerten zwischen 7 und 9mg/dl und erhöhtem Risiko von kardiovaskulären, zerebrovaskulären und renalen Ereignissen eingeschlossen. Dieses Risiko war definiert durch Hypertonie, Typ-2-Diabetes, Nierenerkrankung oder kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse in der Anamnese. Die Patienten erhielten nach 1:1 Randomisierung Febuxostat, schrittweise von 10 auf 40mg auftitriert, oder keine Therapie. Die Studie war nicht placebokontrolliert. In der nicht mit Febuxostat behandelten Gruppe konnte Allopurinol 100mg eingesetzt werden, wenn die Harnsäurewerte den behandelnden Ärzten zu hoch erschienen. Die harnsäuresenkende Therapie wurde so eingestellt, dass Harnsäurewerte unter 2mg/dl vermieden wurden. <br /><br />Primärer Endpunkt der Studie war ein Komposit aus kardio- und zerebrovaskulären sowie renalen Ereignissen und Gesamtmortalität. Dieser Endpunkt schloss unter anderem auch das Neuauftreten von Vorhofflimmern, das Auftreten von Mikroalbuminurie, den Übergang zur Proteinurie, Verschlechterung der Proteinurie auf Werte ≥300mg/g Albumin/Kreatinin, Verdopplung des Serum-Kreatinin sowie die Progression zur terminalen Niereninsuffizienz mit einer eGFR <15ml/min/1,73m<sup>2</sup> ein. <br /><br />Insgesamt 537 Patienten erhielten Febuxostat mit einer durchschnittlichen Dosis von 29mg am Ende der Beobachtungszeit. Von den 533 Patienten der nicht mit Febuxostat behandelten Gruppe erhielten 27 % Allopurinol. Die mittleren Serum-Urat-Spiegel erreichten 4,4 mg/dl in der Febuxostat-Gruppe und 6,7 mg/dl der Gruppe, die kein Febuxostat erhielt.</p> <h2>Weniger Niereninsuffizienz, keine Kardioprotektion</h2> <p>Der primäre Endpunkt trat bei 125 (23 % ) Patienten in der Febuxostat-Gruppe und bei 153 (29 % ) Patienten in der Vergleichsgruppe ein. Febuxostat reduzierte damit signifikant das Risiko des primären Endpunkts um 25 % (HR 0,75; 95 % CI 0,59–0,95; p=0,017). Unter den einzelnen Komponenten des primären Endpunkts trat Niereninsuffizienz mit 16,2 % in der Febuxostat-Gruppe und 20,5 % in der Vergleichsgruppe am häufigsten auf. Das reduzierte Auftreten von Niereninsuffizienz unter Febuxostat war auch der Treiber hinter der Reduktion des primären Endpunktes. Hinsichtlich aller anderen Komponenten des primären Endpunktes wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden. Bei Patienten, die bereits mit Niereninsuffizienz in die Studie eingeschlossen wurden, war das Risiko einer Verschlechterung in beiden Gruppen gleich. <br /><br />Studienautor Prof. Dr. Sunao Kojima von der Kawasaki Medical School in Okayama betonte anlässlich der Präsentation, dass sich aus CARES und FREED der Schluss ableiten lässt, dass Febuxostat wohl renoprotektive Wirkung hat, aber keine zerebro-kardiovaskulären Events verhindert. Er äußerte auch die bislang nicht belegte Vermutung, dies könne mit einer zu starken Urat-Reduktion in der Febuxostat-Gruppe zu tun haben, zumal 226 Patienten in der Febuxostat-Gruppe aber kein Patient in der Vergleichsgruppe am Ende der Studie auf Harnsäurespiegel unter 4mg/dl kamen. Da nicht nur hohe, sondern auch sehr niedrige Urat-Spiegel mit erhöhtem Risiko assoziiert sind, könnte es sein, dass man mit der Therapie über das Ziel hinausgeschossen sei. <br /><br />Nebenwirkungen wurden bei 132 (24,6 % ) Patients in der Febuxostat-Gruppe und 135 (25,3 % ) Patienten in der Vergleichsgruppe beobachtet, womit sich die Gruppen nicht signifikant voneinander unterschieden (p=0,83). Zwei Patienten in der Febuxostat-Gruppe verstarben.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Kojima S et al.: FREED - Febuxostat for Cerebral and CaRdiorenovascular Events PrEvEntion StuDy, ESC 2018; Hotline-Session 4: FP5163
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><sup><strong>1</strong></sup> White WB et al.: Cardiovascular Safety of Febuxostat or Allopurinol in Patients with Gout. N Engl J Med 2018; 378(13): 1200-10</p>
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