
Niedervoltage im EKG anhand eines Fallbeispiels
E-Mail: markus.suppan@klinikum-wegr.at
Abteilung für Innere Medizin II, Kardiologie, Intensivmedizin, Klinikum Wels-Grieskirchen
E-Mail: andrea.zittmayr@klinikum-wegr.at
Unser Fallbericht, den wir in dieser Ausgabe vorstellen möchten, befasst sich mit der Diagnose der Niedervoltage im EKG. Dieser können neben den weitaus häufigsten kardialen Ursachen auch nicht kardiale Ursachen zugrunde liegen.
Unsere Patientin im Alter von 75 Jahren wurde durch den Notarzt aufgrund einer symptomatischen Hypoglykämie (BZ initial 45mg/dl) bei Typ-2-Diabetes unter oraler antidiabetischer Medikation aufgenommen. Zum Aufnahmezeitpunkt präsentierte sie sich in deutlich reduziertem Allgemeinzustand. Trotz Volumensubstitution (1.000ml Kristalloid) war die Blutdrucksituation ausgeprägt hypotensiv mit RR-Werten um 70/50mmHg. Die Patientin war subfebril und nur teilweise orientiert.
Aus der Anamnese vorbekannt waren, wie bereits erwähnt, ein Typ-2-Diabetes, eine chronische Niereninsuffizienz sowie eine chronische Polyarthritis unter immunsuppressiver Therapie, darüber hinaus eine arterielle Hypertonie sowie eine pAVK IV links.
Laborchemisch auffallend waren neben deutlich erhöhten Entzündungsparametern auch ein akutes Nierenversagen sowie eine eingeschränkte Lebersyntheseleistung mit herabgesetztem Spontanquick.
Die Patientin wurde aufgrund des Verdachts auf ein septisches Zustandsbild auf der internistischen Intensivstation hospitalisiert und ein Aufnahme-EKG erstellt (Abb. 1).
EKG-Befund: Sinusrhythmus, f-90/min, Linkslagetyp, Vorhoferregung und atrioventrikuläre Überleitung unauffällig, die QRS-Komplexe schlank konfiguriert, bei insgesamt deutlich verringerter Amplitude – periphere und zentrale Niedervoltage, bezüglich der Repolarisation keine wesentlichen Auffälligkeiten
Niedervoltage
Prinzipiell kann im EKG zwischen einer zentralen und einer peripheren Niedervoltage unterschieden werden, wobei definitionsgemäß bei einer zentralen Niedervoltage die maximale R-Zacke in den präkordialen Ableitungen weniger als 0,75mV beträgt. Im Falle einer peripheren Niedervoltage liegt die höchste R-Zacke in den Extremitätenableitungen unter 0,5mV. Einer Niedervoltage im EKG können neben kardialen Erkrankungen auch extrakardiale Ursachen zugrunde liegen, wobei im Folgenden die häufigsten aufgelistet werden:
- extrakardial: Hypothyreose, Lungenemphysem, Adipositas, Ödeme
- perikardial: ausgeprägte Perikardergüsse, Pericarditis constrictiva, Perikardtumoren
- myokardial: koronare Herzkrankheit und kombinierter Vorder- und Hinterwandmyokardinfarkt, Amyloidose, Sklerodermie, Morbus Addison
Serie: EKG – Auflösung
Im dargestellten Fallbericht fand sich bei der 75-jährigen Patientin passend zur peripheren und zentralen Niedervoltage im EKG in der akut durchgeführten Echokardiografie ein beinahe zirkumferenzieller echodichter hämodynamisch wirksamer Perikarderguss. Trotz Perikardpunktion und Drainage des beschriebenen Ergusses war jedoch keine Kreislaufstabilisierung möglich. Leider verstarb die Patientin letztlich im Rahmen eines septischen Schocks.
In der weiterfolgend durchgeführten Obduktion konnte ein Pleura- und Perikardempyem ohne definitiven Keimnachweis bei kryptogener Sepsis und vorbestehender Polyarthritis vermutlich im Rahmen der immunsuppressiven Therapie als Todesursache diagnostiziert werden.
• Bruch C et al: Changes in QRS voltage in cardiac tamponade and pericardial effusion: reversibility after pericardiocentesis and after anti-inflammatory drug treatment. J Am Coll Cardiol 2001; 38(1): 219-26. Doi: 10.1016/S0735-1097(01)01313-4
• Eisenberg MJ et al: The diagnosis of pericardial effusion and cardiac tamponade by 12-lead ECG. A technology assessment. Chest 1996; 110(2): 318-24
• Thadani U et al: Cardiac tamponade, constrictive pericarditis and pericardial resection in rheumatoid arthritis. Medicine (Baltimore) 1975; 54(3): 261-70
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