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Neues aus der Rhythmologie
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01.09.2016
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<p class="article-intro">Sowohl bei den Schrittmachern und ICD-Geräten als auch bei der Therapie von Vorhofflimmern wurden in der letzten Zeit einige Fortschritte gemacht. PD Dr. med. Richard Kobza, Chefarzt Kardiologie am Luzerner Kantonsspital, berichtete am Zentralschweizer Kardiologie-Symposium über die praxisrelevanten Neuigkeiten.</p>
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<p class="article-content"><p>Seit 1992 werden immer mehr Schrittmacher implantiert: 1992 erhielten 4000 Patienten zum ersten Mal einen Schrittmacher, 2014 waren es 6000.<sup>1</sup> «Und es werden aufgrund der steigenden Lebenserwartung immer noch mehr», so Kobza. Während 2004 die meisten Patienten, die einen Schrittmacher bekamen, zwischen 70 und 80 Jahre alt waren, sind die meisten heute über 80. «Wir wissen aber nicht genau, unter welchen Bedingungen und bis zu welchem Alter sehr alte Menschen von einem Schrittmacher profitieren», sagte Kobza. Deshalb hat er kürzlich eine prospektive Studie gestartet, in der er mit seinem Team unter anderem untersucht, wie sich die Schrittmacherimplantation auf die Lebensqualität der Patienten auswirkt.<br /> Seit Kurzem gibt es kabellose Schrittmacher. Diese werden wie herkömmliche Schrittmacher über die Leiste eingeführt. Die Micra Transcatheter Pacing Study Group hat kürzlich bei 719 von 744 Patienten erfolgreich einen solchen kabellosen Schrittmacher implantiert – das entspricht einer Erfolgsrate von 99,2 % .<sup>2</sup> «Gemäss den bisherigen Daten verursachen die kabellosen Schrittmacher nicht mehr Komplikationen als die etablierten Systeme», so Kobza. Der kabellose Schrittmacher endothelialisiert zu einem grossen Teil.<sup>3</sup> «Das ist sehr gut, weil es so weniger Metalloberfläche gibt, auf der sich Thromben ablagern können.» Bisher gibt es die kabellosen Schrittmacher nur mit einem Einkammersystem. Ein weiterer Nachteil ist, dass noch nicht klar ist, wie man vorgehen soll, wenn die Batterie leer ist. «Das ist aber wahrscheinlich kein Problem», sagte Kobza. «Der Schrittmacher ist so klein, dass man ruhig einen zweiten oder gar einen dritten einsetzen kann.» <br /> Vermutet man bei einem Patienten ein Vorhofflimmern (VHF), gelingt aber der Nachweis nicht, ist die Implantation eines Ereignisrekorders unter die Haut eine gute Option. Kobza berichtete von einer 64-jährigen Patientin, die etwa einmal pro Monat in der Nacht unter Palpitationen und Rücken-, Kopf- und Brustschmerzen litt. «Trotz diverser Langzeit-EKGs konnte nie ein VHF diagnostiziert werden. Die Frau litt sehr und wollte endlich wissen, was sie hat», erzählte der Kardiologe. Bereits wenige Tage nach der Implantation eines Ereignisrekorders gelang dann der Nachweis eines VHF. In Zukunft, so ist sich Kobza sicher, werden immer mehr Patienten die Diagnose VHF selbst stellen. «Mit den neuen Fitness-Armbändern und Smartphones lässt sich die Herzfrequenz kontinuierlich aufzeichnen. Wir Ärzte müssen uns auf die neuen Medien einstellen und auch darauf, dass wir vielleicht öfter gefragt werden: ‹Herr Doktor, ich habe VHF, was soll ich tun?› »<br /> Der Trigger für die kreisenden Erregungen befindet sich meistens in den Pulmonalvenen, weshalb die Isolation der Pulmonalvenen mittels Katheterablation eine etablierte Behandlung bei medikamentös nicht oder nur schlecht behandelbarem VHF ist. Nach der Radiofrequenzablation ist die Ablation mit einem Kryoballon die am zweithäufigsten verwendete Methode. Die FIRE AND ICE Investigators verglichen beiden Methoden in einer Studie mit 762 Patienten miteinander.<sup>4</sup> Es zeigte sich, dass beide Techniken bezüglich Effektivität und Sicherheit sowie Rezidivrate vergleichbar sind. Die Behandlungen mit dem Kryoballon gingen etwas schneller, dafür war die Durchleuchtungszeit in der Radiofrequenz-Gruppe kürzer. Kobza abladiert vorwiegend Patienten, bei denen das VHF noch nicht lange besteht. «Bei Patienten, die seit mehr als einem Jahr ein VHF haben, sind wird sehr zurückhaltend, weil die Ergebnisse bei lang anhaltendem VHF schlechter sind.» <br /> Eine im Alltag häufig gestellte Frage ist, wann man die orale Antikoagulation stoppen könne. «Wenn der CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc-Score 0 ist, kann man nach drei Monaten aufhören, vorausgesetzt der Patient hatte vorher keine Antikoagulation. Ist er aber 1 oder höher, braucht es eine lebenslange Antikoagulation», fasste Kobza die aktuellen Empfehlungen zusammen.<sup>5</sup></p></p>
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<p><strong>1</strong> <a href="http://www.highcharts.com" target="_blank">www.highcharts.com</a>; <a href="http://www.pacemaker.ch" target="_blank">www.pacemaker.ch </a><br /><strong>2</strong> Reynolds D et al: A leadless intracardiac transcatheter pacing system. N Engl J Med 2016; 374: 533-41 <br /><strong>3</strong> Tjong F et al: Postmortem histopathological examination of a leadless pacemaker shows partial encapsulation after 19 months. Circ Arrhythm Electrophysiol 2015; 8: 1293-5 <br /><strong>4</strong> Kuck KH et al: Cryoballoon or radiofrequency ablation for paroxysmal atrial fibrillation. N Engl J Med 2016 [epub ahead of print]<br /><strong>5</strong> Camm AJ et al: 2012 focused update of the ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation: an update of the 2010 ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation. Developed with the special contribution of the European Heart Rhythm Association. Eur Heart J 2012; 33: 2719-47</p>
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