
«Myokarditis durch Immuncheckpoint-Inhibitoren nimmt zu»
Bericht: Regina Scharf,MPH
Redaktorin
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Bei der akuten Myokarditis ist die endomyokardiale Biopsie diagnostisch wegweisend. Immunsuppressiva können nicht nur in der akuten Phase lebensrettend sein, sondern zeigen auch bei Patienten mit einer dilatativen Kardiomyopathie im Rahmen einer chronischen Myokarditis einen prognostischen Benefit.
Die entzündliche Kardiomyopathie verläuft in mehreren Phasen. Ausgelöst durch eine mikrobielle oder toxische Schädigung kommt es zunächst zu einer akuten Myokarditis. Konsekutiv kann durch das Auftreten von kreuzreaktiven T-Zellen oder Antikörpern eine autoreaktive Myokarditis ausgelöst werden. Anschliessend kommt es entweder infolge einer wirksamen Behandlung zu einem Abheilen der Entzündung oder, bei persistierender Entzündung, zu einem Übergang in eine chronische Myokarditis.1
Ein besonders gefürchtetes Szenario ist die fulminante Myokarditis mit ventrikulären Arrhythmien und linksventrikulärer Dysfunktion bis hin zum kardiogenen Schock. Bei diesen Patienten ist die endomyokardiale Biopsie diagnostisch wegweisend, was eine gezielte Behandlung erlaubt. Am häufigsten mit einem fulminanten Verlauf assoziiert sind die lymphozytäre Myokarditis (infektiös/toxisch), die eosinophile Myokarditis (Hypersensitivität/Hypereosinophilie-Syndrom) und die Riesenzell-Myokarditis.
Vor- und Nachteile einer frühen immunsuppressiven Therapie
Ob man bei der fulminanten Myokarditis zunächst die Ergebnisse der Biopsie abwarten oder direkt mit einer immunsuppressiven Therapie starten sollte, ist unklar. In Basel favorisiert man den unmittelbaren Beginn: «Aus unserer Sicht hat dieses Vorgehen mehr Vor- als Nachteile», sagte Prof. Dr. med. Otmar Pfister, Leiter der ambulanten Kardiologie am Universitätsspital Basel.2 Das Vorgehen hat sich als sichere und bei Riesenzell-Myokarditis und eosinophiler Myokarditis auch als lebensrettende Massnahme erwiesen. «Aus den Erfahrungen mit Covid-19 haben wir zudem gelernt, dass man mit einer frühen immunsuppressiven Therapie auch dem initialen Zytokinsturm bei einer viralen Myokarditis entgegenwirken kann», so Pfister. Eine klinische Studie, die dieses Vorgehen untersucht, gibt es bis dato nicht, die bisherigen Erfahrungen stammen vor allem aus Fallserien. Unklar ist auch, zu welchen Langzeiteffekten die Immunsuppression bei Patienten mit persistierender Virusinfektion führen kann.
Immunsuppressiva bei chronisch inflammatorischer Kardiomyopathie
Tab. 1: (adaptiert nach Caforio et al.)1
Erste Hinweise, dass die immunsuppressive Therapie bei virusnegativen Patienten mit chronischer Myokarditis und dilatativer Kardiomyopathie einen Benefit haben könnte, lieferte die TIMIC-Studie.3 Die Ergebnisse einer neueren Untersuchung mit Patienten, die die ESC-Kriterien für eine inflammatorische Kardiomyopathie erfüllten (Tab. 1), bestätigten noch einmal, dass die 6-monatige Behandlung mit Prednison und Azathioprin bei Patienten mit einer virusnegativen chronisch inflammatorischen Kardiomyopathie, die trotz einer optimalen medikamentösen Herzinsuffizienztherapie eine eingeschränkte linksventrikuläre Auswurffraktion und einen dilatierten Ventrikel aufwiesen, zu einer Zunahme der Ejektionsfraktion und Abnahme der Ventrikelgrösse führt.4 Zusätzlich konnte in dieser Studie ein prognostischer Benefit der immunsuppressiven Therapie gezeigt werden.
Unklarheit bezüglich des therapeutischen Vorgehens herrscht dagegen, wenn das Virus persistiert. Mit einer Prävalenz von 80% ist das Parvovirus B19 (B19V) das häufigste kardiotrope Virus, das im endomyokardialen Biopsat nachgewiesen wird. Eine Studie, die die Behandlung mit Immunsuppressiva versus Placebo bei Patienten mit einer dilatativen Kardiomyopathie und persistierendem B19V untersuchte, zeigte keinen Unterschied bezüglich der LVEF. Das führte zu der Schlussfolgerung, dass B19V nicht die Ursache der chronischen Kardiomyopathie ist, sondern lediglich ein «Bystander».5
Rolle der Immuncheckpoint-Inhibitoren bei Myokarditis
Die Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren ist heute die wichtigste Ursache für eine Myokarditis – «und die Prävalenz nimmt zu», sagte der Kardiologe.6 Die Symptome treten im Median 30 Tage nach der initialen Behandlung auf; die Mortalität bei einer akuten Myokarditis ist mit bis zu 50% hoch. Die Diagnose der Immuncheckpoint-Inhibitoren-assoziierten Myokarditis wird anhand der erhöhten Troponin-T-hs-Werte (hochsensitives Troponin T, TnT-hs) gestellt.1 Ein Anstieg des TNT-hs ohne klinische Symptome einer Myokarditis könnte auf eine Myositis hindeuten. In diesem Fall sollte zusätzlich Troponin I-hs bestimmt werden. Ist dieses negativ, kann eine kardiale Beteiligung ausgeschlossen werden.
Quelle:
Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SGK), 15. bis 17. Juni 2022, St. Gallen
Literatur:
1 Caforio AL et al.: Current state of knowledge on aetiology, diagnosis, management, and therapy of myocarditis: a position statement of the European Society of Cardiology Working Group on Myocardial and Pericardial Diseases. Eur Heart J 2013; 34: 2636-48 2 Ammirati E et al.: Management of acute myocarditis and chronic inflammatory cardiomyopathy: an expert consensus document. Circ Heart Fail 2020; 13: e007405 3 Frustaci A et al.: Randomized study on the efficacy of immunosuppressive therapy in patients with virus-negative inflammatory cardiomyopathy: the TIMIC study. Eur Heart J 2009; 30: 1995-2002 4 Merken J et al.: Immunosuppressive therapy improves both short- and long-term prognosis in patients with virus-negative nonfulminant inflammatory cardiomyopathy. Circ Heart Fail 2018; 11: e004228 5 Hazebroek MR et al.: Intravenous immunoglobulin therapy in adult patients with idiopathic chronic cardiomyopathy and cardiac parvovirus B19 persistence: a prospective, double-blind, randomized, placebo-controlled clinical trial. Eur J Heart Fail 2021; 23: 302-9 6 Mahmood SS et al.: Myocarditis in patients treated with immune checkpoint inhibitors. J Am Coll Cardiol 2018; 71: 1755-64
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