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Mortalitätsreduktion durch Ablation von Vorhofflimmern?
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Simon Hönig
Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin<br> Kepler Universitätsklinikum MC III, Linz<br> E-Mail: simon.hoenig@kepleruniklinikum.at
30
Min. Lesezeit
07.03.2019
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<p class="article-intro">Die Beweisführung dafür, dass es besser ist, den Sinusrhythmus bei Patienten wiederherzustellen, als ein Vorhofflimmern zu behandeln, dauerte rund zwei Jahrzehnte. Ein kurzer historischer Rückblick auf die Entwicklung zeigt die Fallstricke, die zu überwinden waren. 2018 wurde jedoch zum Jahr der finalen Entscheidung mit der Publikation der CASTLE-AF-Studie<sup>1</sup> und der Präsentation eines Reviews zu dieser Studie.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Eine Pulmonalvenenisolation bei Herzinsuffizienzpatienten (mittlere EF 32 %) verringert die Gesamtmortalität aber auch den kombinierten Endpunkt von Tod oder Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz.</li> <li>Patienten mit einer EF < 25 % profitierten in der CASTLE-AFStudie nicht (mehr) von einer PVI.</li> <li>Wichtig ist eine frühzeitige Ablation, bevor es zur drastischen Reduktion der Auswurffraktion kommt und nicht erst am Ende der Herzinsuffizienzkarriere.</li> <li>Ein Mortalitätsbenefit besteht höchstwahrscheinlich auch für alle Herzinsuffizienzpatienten mit einer nur geringgradig reduzierten EF, diesbezüglich gibt es derzeit aber nur retrospektive Daten.</li> </ul> </div> <p>Bereits im Jahr 2002 wurde heftig diskutiert, weshalb die Rhythmuskontrolle versus die Frequenzkontrolle im Rahmen der AFFIRM-Studie<sup>2</sup> keinen Vorteil zeigen konnte. Die therapeutischen Optionen waren damals auf die medikamentöse Therapie und die elektrische Kardioversion beschränkt. Auch die RACE-Studie<sup>3</sup> zeigte dasselbe Ergebnis: Es brachte keinen Vorteil, die Patienten im Sinusrhythmus zu halten. Das war für die Elektrophysiologen aus aller Welt nur schwer zu akzeptieren, da es im Rahmen der klinischen Praxis eindeutig Vorteile zu beobachten gab, wenn man die Patienten im richtigen Rhythmus halten konnte. Mit der Erkenntnis von Michel Haissaguerre im Jahre 1998, dass es eine ablative Therapie für Vorhofflimmern mit Umrunden der Einmündungen der Lungenvenen in den linken Vorhof gab, war der Startschuss für eine Weiterentwicklung dieser kathetergestützten Therapie gegeben. Nun war es nur mehr eine Frage der Zeit, bis bewiesen werden konnte, dass Sinusrhythmus für die Patienten besser ist als Vorhofflimmern.</p> <h2>CABANA-Studie kämpft mit Studiendesign</h2> <p>Die CABANA-Studie sollte diese Frage beantworten. CABANA war die Abkürzung für Katheterablation versus medikamentöse antiarrhythmische Therapie für Vorhofflimmern. Diese Studie wurde als globale Studie mit Zentren auf allen Kontinenten geplant, aber der Einschluss von Patienten gestaltete sich vom Beginn an (2009) sehr schleppend. Es wurde daher vom initial geplanten primären Endpunkt Gesamtmortalität zu einem kombinierten Endpunkt aus Gesamtmortalität, Schlaganfall, schweren Blutungen oder Herzstillstand gewechselt. Dieser Endpunkt konnte nicht signifikant gesenkt werden, somit ist die Studie als negativ zu werten (Abb. 1 und 2).<br /> Mehrere Gründe für den Misserfolg wurden diskutiert. Ein relevanter Faktor dafür dürfte die hohe Zahl an Patienten sein, die innerhalb der randomisierten Behandlungspfade (Ablation oder Medikation) wechselten. So wurden beispielsweise nur knapp über 90 % der Patienten abladiert, die zur Ablationsgruppe randomisiert wurden. Andererseits wurden fast 30 % der Patienten mittels Ablation behandelt, die eigentlich für die medikamentöse Therapie vorgesehen waren. Die Autoren haben aus diesen Gründen zwei Analysen durchgeführt. In der Intention-to-treat- Analyse war die Studie bzgl. des primären kombinierten Endpunkts negativ, in der Per-protocol-Analyse (d.h. keine Crossover- Pat., alle Patienten wurden so behandelt, wie im Protokoll vorgesehen) zeigten sich eine 33 %-Reduktion des kombinierten Endpunkts und sogar eine 40 %-Reduktion hinsichtlich der Gesamtmortalität. Es erscheint aber unwissenschaftlich, die Ergebnisse der Studie aus dieser Sicht zu betrachten, um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten. Somit muss festgehalten werden, dass aufgrund der vielfältigen Probleme der Studie (hohe Crossover- Rate, sehr schleppender Einschluss etc.) das erhoffte Ergebnis einer signifikanten Mortalitätsreduktion leider nicht gezeigt werden konnte. Wenngleich die Hinweise für ein besseres Outcome bei durchgeführter Ablation nicht wegzuwischen waren.</p> <h2>CASTLE-AF-Studie<sup>1</sup> entscheidet die Frage</h2> <p>Daher waren die Überraschung und auch die Erleichterung in der rhythmologischen Gesellschaft umso grösser, als die CASTLE-AF-Studie im Februar 2018 im «New England Journal of Medicine» publiziert wurde. Dabei konnte ein signifikanter Mortalitätsvorteil der abladierten Patienten gezeigt werden. Das Kollektiv bestand aus Herzinsuffizienzpatienten mit einer durchschnittlichen EF von 32 % und alle Patienten hatten einen ICD (knapp unter 30 % mit biventrikulärer Stimulationsfunktion). Erfreulicherweise waren sowohl die Gesamtmortalität als auch die Kombination von Tod und Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz signifikant in der Ablationsgruppe gesenkt (Abb. 3 und 4).<br /> Zu erwähnen ist aus meiner Sicht, dass in der Subgruppenanalyse das Kollektiv mit einer EF < 25 % nicht von der Ablation profitiert hat. Das heisst im Umkehrschluss, dass Patienten mit einer bereits deutlich eingeschränkten Linksventrikelfunktion nicht mehr vom positiven Effekt des Remodelings profitieren. Daher sollte man danach trachten, Patienten nicht am Ende ihrer Herzinsuffizienzkarriere mit der Ablation zu behandeln, sondern frühzeitig, noch bevor es zur drastischen Reduktion der Auswurffraktion gekommen ist. Natürlich ist das Phänomen der Tachymyopathie in diesem Zusammenhang auch zu beachten und eine Abschätzung der Linksventrikelfunktion daher bei zumindest gegebener Frequenzkontrolle zu evaluieren.</p> <h2>Review bestätigt Daten der CASTLE-AF-Studie</h2> <p>Diese positive Nachricht der CASTLE- AF-Studie wurde in einem Review im September 2018 im «International Journal of Cardiology» bestätigt<sup>4</sup>. Dabei wurde der Mortalitätsvorteil auch bei einem kumulierten Patientenkollektiv von knapp 80 000 Patienten nachgewiesen. Dieser Vorteil war sowohl in den Beobachtungsstudien als auch – noch wichtiger – in den randomisierten Studien statistisch signifikant nachzuweisen (Abb. 5). Die Auswurffraktion dieses Kollektivs war mit ca. 50 % deutlich besser als bei CASTLE-AF, sodass angenommen werden kann, dass der Mortalitätsbenefit wahrscheinlich auch bei Patienten mit einer EF zwischen 30 % und 50 % gegeben ist. Zur endgültigen Klärung dieser Frage bedarf es aber einer randomisierten Studie, die angesichts der benötigten Patientenzahl bzgl. der erforderlichen Power und der oben erläuterten Erfahrungen aus CABANA nur schwer zu bewerkstelligen sein wird.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1901_Weblinks_lo_innere_1901_s59_abb1-5.jpg" alt="" width="2151" height="3064" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Marrouche NF et al.; CASTLE-AF Investigators: Catheter ablation for atrial fibrillation with heart failure. N Engl J Med 2018; 378: 417-27 <strong>2</strong> Wyse DG et al.; Atrial Fibrillation Follow-up Investigation of Rhythm Management (AFFIRM) Investigators. A comparison of rate control and rhythm control in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2002; 347: 1825-33 <strong>3</strong> Hagens VE et al.: Effect of rate or rhythm control on quality of life in persistent atrial fibrillation. Results from the Rate Control Versus Electrical Cardioversion (RACE) Study. J Am Coll Cardiol 2004; 43: 241-7 <strong>4</strong> Barra S et al.: Association of catheter ablation for atrial fibrillation with mortality and stroke: A systematic review and meta-analysis. Int J Cardiol 2018; 266: 136-42</p>
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