
Lungenhochdruck: Neuigkeiten zu medikamentösen Therapien
Autorin:
Univ.-Prof. Dr. Irene Lang
Klinik für Innere Medizin II
Abteilung für Kardiologie Medizinische Universität Wien
E-Mail: irene.lang@meduniwien.ac.at
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Im Folgenden wird auf den derzeitigen Stellenwert der medikamentösen Therapie bei pulmonaler Hypertension, gestützt durch Daten vom Europäischen Kongress für Kardiologie 2023, näher eingegangen.
Keypoints
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Die ESC/ERS-Leitlinien 2022 geben bei PAH initial eine medikamentöse Kombinationstherapie aus oralen PDE5-Hemmern und Endothelinrezeptorblockern vor.
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Parenterale Prostazykline können nach 3–6 Monaten PAH-Therapie eingesetzt werden, wenn die klinischen Ziele nicht erreicht wurden.
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Sotatercept, ein Avidinbinder, zeigte signifikante Ergebnisse in der medianen Verlängerung der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest vs. Placebo.
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Acht weitere sekundäre Endpunkte der STELLAR-Studie waren zugunsten von Sotatercept vs. Placebo verändert.
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Die Nutzung von PEA, BPA und medikamentöser Therapie gemeinsam konnte die Rate des 3-Jahres-Überlebensbei nichtoperablen CTEPH-Patienten von 70% auf 94% verlängern.
Pulmonale Hypertension (Lungenhochdruck, PH) ist definiert durch einen invasiv in Ruhe gemessenen pulmonal-arteriellen Mitteldruck >20mmHg. Die Erkrankung ist häufig eine Komorbidität von Herzinsuffizienz. Wenn Lungenhochdruck durch eine Erkrankung der Lungengefäße entsteht, liegt eine präkapilläre Lungenhochdruckerkrankung vor. Moderne Bildgebung (3D-Echokardiografie, neue Computertomografiemethoden, Einsatz von „artifical intelligence“) wird die Diagnostik von pulmonaler Hypertension in Zukunft verbessern.
Algorithmus & Therapieziel bei PAH
Auf Basis von 46 randomisierten, kontrollierten Studien an mehr als10000 Patienten mit pulmonalarterieller Hypertension (PAH) in den vergangenen Jahren empfehlen die neuen ESC/ERS-Leitlinien aus dem Jahr 2022 initial eine medikamentöse Kombinationstherapie bestehend aus einem oralen Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE5-Hemmer) und einem Endothelinrezeptorblocker (Tab. 1). Parenterale Prostazykline werden eingesetzt, wenn nach 3–6 Monaten Therapie bei der ersten Kontrolle das Ziel einer funktionellen NYHA-Klasse 1–2, eines proBNP <300pg/mL und einer 6-Minuten-Gehstrecke >440m nicht erreicht wurden. Rezent haben Studien (PULSARund STELLAR) zu der neuen Substanz Sotatercept bisher nicht gesehene Verbesserungen der klinischen Endpunkte gezeigt,2–4 vor allem durch einen neuen Multikomponenten-Verbesserungsendpunkt, bestehend aus drei Merkmalen:
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Verbesserung im 6-Minuten-Gehtestum ≥30m vom Ausgangswert
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Abfall der NT-proBNP-Werte um≥30% vom Ausgangswert oder Aufrechterhaltung eines NT-proBNP <300pg/mL
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Verbesserung oder Aufrechterhaltung der WHO-FC-KlasseII (WHO Functional Classification of Pulmonary Hypertension, Klasse II: keine Symptome im Ruhezustand, aber Unbehagen und Kurzatmigkeit bei normaler Aktivität wie Treppensteigen, Lebensmitteleinkauf)
Tab. 1: Abgeschlossene und laufende große Studien zu PAH-Therapien: Die Zeitskala bezieht sich auf die Laufzeit/das Publikationsjahr der Studien und ist nicht mathematisch exakt
STELLAR-Studie: Sotatercept
Sotatercept ist ein synthetischer Avidinbinder, der das intrazelluläre Verhältnis von SMAD1/5/8 zu SMAD2/3 verändert und intrazelluläre Signalkaskaden in Antiproliferation modifiziert. Die heute bekannte Targetzelle, an der dieser Prozess abläuft ist der Proerythroblast im Knochenmark. Das Einfangen des Liganden Avidin durch Sotatercept bedingt eine Erhöhung der Erythrozytenzahl und des Plasmahämoglobinspiegels. In der randomisierten, doppelt verblindeten Phase-III-Studie STELLARwurden Patienten mit PAH 1:1 (163:160) in eine Gruppe mit subkutanem Sotatercept (0,3mg/kg KG zu Beginn, mit Steigerung auf die Zieldosis von 0,7mg/kg KG) und eine Placebogruppe randomisiert. Der primäre Studienendpunkt der medianen Veränderung im 6-Minuten-Gehtest war mit 34,4m in der Sotatercept-Gruppe (95%CI:33,0-35,5) und 1,0m in der Placebogruppe (95% CI: −0,3-3,5) nach 24 Wochen signifikant. Sotatercept wurde additiv zu laufenden PAH-Therapien gegeben,bei zwei Dritteln der Patienten waren das Dreifachtherapien. Acht der hierarchischen sekundären Endpunkte waren signifikant zugunsten von Sotatercept verändert. Nebenwirkungen bestanden in Nasenbluten, Schwindel, neu aufgetretenen Telangiektasien, im Anstieg des Serumhämoglobins oder der Erythrozytenzahl, in Thrombozytopenie und im Blutdruckanstieg.4 Neue Studiendaten und die Beobachtung von Patienten, die nach der Marktzulassung (voraussichtlich Ende des Jahres) behandelt werden, sollen offene Fragen und Sicherheitsbedenken klären.
CTEPH: medikamentöse Therapie?
Anders als die Therapie der PAH hat sich naturgemäß die medikamentöse Therapie der chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertension (CTEPH) entwickelt (Tab. 2). Bei CTEPH stehen die mechanischen Therapien, nämlich die pulmonale Endarterektomie (PEA) und die Ballonangioplastie der Pulmonalarterien (BPA), im Vordergrund. In den letzten Jahren hat sich durch die gemeinsame Nutzung aller drei Therapieformen („multimodality treatment“), nämlich PEA, BPA und medikamentöser Therapien,die Rate des 3-Jahres-Überlebens von nichtoperablen CTEPH-Patienten von 70% auf 94% erhöht5,6 und ist damit nicht mehr vom operativen Outcome zu unterscheiden. Das kann man als bisher niemals erreichten Erfolg sehen und man könnte hier schon von Heilung des Lungenhochdrucks beiCTEPH sprechen.
Tab. 2: Abgeschlossene und laufende große Studien zu medikamentösen Therapien für CTEPH: Die Zeitskala bezieht sich auf die Laufzeit/das Publikationsjahr der Studien und ist nicht mathematisch exakt
Interessenskonflikt:
Irene Lang erhielt Forschungsgrants von AOPOrphan und Actelion-Janssen und Sprecherhonorare von AOPOrphan, Actelion-Janssen, Medtronic, Ferrer und MSD.
Literatur:
1 Humbert M et al.: 2022 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. Eur Heart J 2022; 43(38): 3618-731 2 Humbert M et al.: Sotatercept for the treatment of pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2021; 384(13): 1204-15 3 Humbert M et al.: Sotatercept for the treatment of pulmonary arterial hypertension: PULSAR open-label extension. Eur Respir J 2023; 61(1): 2201347 4 Hoeper MM et al.: Phase 3 trial of Sotatercept for treatment of pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2023; 388(16): 1478-90 5 Delcroix M et al.: Long-term outcome of patients with chronic thromboembolic pulmonary hypertension: Results from an international prospective registry. Circulation 2016; 133(9): 859-71 6 Guth S et al.: Current strategies for managing chronic thromboembolic pulmonary hypertension: results of the worldwide prospective CTEPH registry. ERJ Open Res 2021; 7(3): 00850-2020
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