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Lungenhochdruck bei Linksherzerkrankungen
Jatros
Autor:
Dr. Franz Duca
Universitätsklinik für Innere Medizin II<br> Abteilung für Kardiologie<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: franz.duca@meduniwien.ac.at
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Diana Bonderman
30
Min. Lesezeit
08.09.2016
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<p class="article-intro">Die pulmonale Hypertension (PH) aufgrund einer Linksherzerkrankung (LHD) ist die häufigste aller PH-Formen und beeinflusst Prognose, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der davon Betroffenen entscheidend. Viele Versuche wurden in den vergangenen Jahren unternommen, die PH-LHD zu behandeln und somit die oft infauste Prognose zu verbessern. Der folgende Artikel soll einen Überblick über Diagnostik, Epidemiologie, Pathophysiologie, Therapien sowie abgeschlossene, laufende und geplante Studien in Zusammenhang mit dieser Erkrankung geben.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Die pulmonale Hypertension (PH) durch Linksherzerkrankungen (LHD) ist die häufigste Form der PH.</li> <li>Die PH-LHD ist mit einer schlechten Prognose und einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit vergesellschaftet.</li> <li>Eine optimale Therapie der Linksherzinsuffizienz ist derzeit die einzige therapeutische Option bei PH-LHD.</li> </ul> </div> <h2>Definition und Diagnostik</h2> <p>Die pulmonale Hypertension (PH) kann nur invasiv mittels Rechtsherzkatheter diagnostiziert werden und ist definiert durch eine Erhöhung des mittleren pulmonalarteriellen Druckes (mPAP) auf ≥25mmHg. Die PH wird in 5 Gruppen unterteilt, welche anhand des pulmonalarteriellen Verschlussdrucks (PAWP), des pulmonalvaskulären Widerstands (PVR) und des diastolischen Druckgradienten (DPG) hämodynamisch charakterisiert werden (Tab. 1).<sup>1, 2</sup><br /> Laut den Leitlinien der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft aus dem Jahr 2015 zur PH sollten sowohl Diagnose als auch Therapie an spezialisierten PH-Zentren stattfinden, denn eine falsche Diagnose und/oder Therapie können fatale Konsequenzen für die Betroffenen haben.<sup>1</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite66_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Epidemiologie</h2> <p>Die PH aufgrund einer Linksherzerkrankung (LHD) stellt die häufigste Form der PH dar.<sup>3</sup> Wegen des Mangels an Studien sowie diverser Limitationen der vorhandenen Studien (unterschiedliche PH-Definitionen, fehlende invasive Diagnostik) kann die Prävalenz allerdings nicht exakt beziffert werden.<sup>4–7</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite66_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Pathophysiologie</h2> <p>Durch systolische und diastolische Funktionsstörungen des linken Ventrikels kommt es zur Steigerung des PAWP und der pulmonalarteriellen Lungendruckwerte. Diese rein passive Druckerhöhung triggert bei einigen Patienten Umbauprozesse und eine verstärkte Vasokonstriktion in den Pulmonalarterien, wodurch eine zusätzliche präkapilläre Komponente (Cpc-PH) zum ursprünglich rein postkapillären Lungenhochdruck (Ipc-PH) hinzukommt.<sup>3, 8, 9</sup> Ist dies der Fall, kommt es zu einer enormen Nachlasterhöhung für den rechten Ventrikel, welche schlussendlich zu Rechtsherzversagen und Tod führt. Auf Zellebene sind bei der PH-LHD eine Stickstoffmonoxid(NO)-Defizienz und eine verstärkte Endothelin-1-Aktivität von zentraler Bedeutung.<sup>3, 8, 9</sup></p> <h2>Prognose</h2> <p>Obwohl alle LHD eine PH bedingen können, soll in diesem Artikel vor allem auf die durch Herzinsuffizienz (HF) bedingte PH eingegangen werden, da zum einen diese in den letzten Jahren immer mehr in den wissenschaftlichen Fokus gerückt ist und zum anderen die HF aufgrund der Veränderung der Gesellschaft zukünftig an medizinischer und sozioökonomischer Bedeutung gewinnen wird. Die prognostische Relevanz der PH bei der HF wurde in den letzten Jahren intensiv erforscht, sowohl bei der HF mit erhaltener Linksventrikelfunktion (HFpEF) als auch bei der HF mit reduzierter Linksventrikelfunktion (HFrEF). In einer 2013 publizierten Studie mit 460 HFrEF-Patienten konnte gezeigt werden, dass nicht nur das Vorliegen einer PH zu einer deutlichen Prognoseverschlechterung führt, sondern auch, dass Patienten mit einer Cpc-PH eine signifikant schlechtere Prognose haben als Patienten mit Icp-PH.<sup>10</sup> Limitierend sollte erwähnt werden, dass es sich hierbei um eine retrospektive Analyse gehandelt hat. Zu den gleichen Ergebnissen kam eine 2015 von Zotter-Tufaro et al im Journal of the American College of Cardiology publizierte prospektive Studie mit 174 Patienten, welche den Einfluss der Icp-PH und der Cpc-PH auf den klinischen Verlauf bei HFpEF untersuchte.<sup>11</sup> Die PH-LHD führt bei Betroffenen zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit und zu vermehrter Dyspnoe.<sup>12, 13</sup></p> <h2>Therapie</h2> <p>Trotz intensiver Bemühungen gibt es bis dato noch keine spezifische Therapie bei PH-LHD, sodass optimale HF-Therapie, chirurgische Sanierung hämodynamisch wirksamer Klappenvitien, suffiziente Diurese und Behandlung/Prävention klassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren sowie Komorbiditäten die einzigen Behandlungsmöglichkeiten darstellen.<sup>1, 4, 14</sup> Den größten Teil in der „black box“ der PH-LHD-Therapie nimmt, wie auch bei HF, die HFpEF ein. Denn im Gegensatz zu HFrEF bleiben den Betroffenen spezifische HF-Therapien verwehrt, sodass man einzig auf Diuretikagabe zurückgreifen kann.<sup>15</sup> Vor dem Hintergrund fehlender HF-Therapien sowie unter Berücksichtigung ihres Einflusses auf Symptome und Prognose wurden und werden vor allem bei HFpEF große Hoffnungen in den Einsatz von PH-spezifischen Vasodilatatoren gesetzt. Dies beruht auf der Tatsache, dass die bei der präkapillären PH erfolgreich eingesetzten Medikamente in die wichtigen Endothelin- und NO-Signalwege eingreifen. Anfänglich schienen diese Hoffnungen, die in das Ar­mamentarium an PH-Medikamenten (Endothelinrezeptorantagonisten, Phosphodiesterase-5-Inhibitoren, Stimulatoren der löslichen Guanylatzyklase, synthetische Prostazykline) gesetzt wurden, auch berechtigt.<sup>16–18</sup> In den Folgestudien kam allerdings rasch ein böses Er­wachen, denn primäre Studienendpunkte wurden verfehlt und 3 Studien mussten sogar vorzeitig beendet werden (Tab. 2).<sup>19</sup> Obwohl die aktuelle Datenlage gegen den Einsatz von Vasodilatatoren bei PH-LHD spricht, darf dies nicht zu voreiligen Schlüssen verleiten, da aufgrund unterschiedlicher Studiendesigns, Endpunkte und Studienpopulationen die Aussagekraft der bisherigen Studien im Bezug auf die Wirksamkeit von Vasodilatatoren bei PH-LHD dennoch eingeschränkt ist.</p> <h2>Vergangenheitsbewältigung, Zukunftsperspektiven und Gegenwärtiges</h2> <p>vDa die Geschichte bekanntermaßen die beste Lehrerin ist, hatte man die Möglichkeit, aus den bisher durchgeführten Studien auf dem Gebiet der PH-LHD sehr viel zu lernen. Die wichtigsten Adjustierungen für zukünftige Studien scheinen hier vor allem die Wahl der richtigen Endpunkte sowie der Einschluss möglichst homogener und gut charakterisierter Studienpopulationen zu sein. Vor diesem Hintergrund sind die rezent gestartete DYNAMIC-Studie (clinicaltrials.gov, NCT02744339), in welcher die hämodynamischen Auswirkungen von Riociguat bei PH-HFpEF untersucht werden, sowie die kürzlich abgeschlossene MELODY-1-Studie (clinicaltrials.gov, NCT02070991), in welcher die Verträglichkeit und Sicherheit von Macitentan bei Cpc-PH untersucht wurden, sehr vielversprechend. Ihre Ergebnisse werden daher mit Spannung erwartet.</p> <h2>Schlussfolgerung</h2> <p>Aufgrund der Vielzahl an negativen Studien bei PH-LHD gleicht die Therapie dieser Erkrankung mit Vasodilatatoren bisher eher einem Trümmer- denn einem Hoffnungsfeld. Doch angesichts neuer Studien mit besserem Design und homogeneren Studienpopulationen scheint eine dringend notwendige Therapie der betroffenen Patienten nicht mehr außer Reichweite.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Galiè N et al: 2015 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. The Joint Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS). Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC), International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT). Eur Heart J 2016 37(1): 67-119<br /><strong>2</strong> Condliffe R, Howard LS: Connective tissue disease-associated pulmonary arterial hypertension. F1000prime reports 2015; 7: 06<br /><strong>3</strong> Guazzi M, Borlaug BA: Pulmonary hypertension due to left heart disease. Circulation 2012; 126: 975-90<br /><strong>4</strong> Vachiery JL et al: Pulmonary hypertension due to left heart diseases. J Am Coll Cardiol 2013; 62: D100-8<br /><strong>5</strong> Bursi F et al: Pulmonary pressures and death in heart failure: a community study. J Am Coll Cardiol 2012; 59: 222-31<br /><strong>6</strong> Lam CS et al: Pulmonary hypertension in heart failure with preserved ejection fraction: a community-based study. J Am Coll Cardiol 2009; 53: 1119-26<br /><strong>7</strong> Robbins IM et al: Association of the metabolic syndrome with pulmonary venous hypertension. Chest 2009; 136: 31-6<br /><strong>8</strong> Magne J et al: Exercise pulmonary hypertension in asymptomatic degenerative mitral regurgitation. Circulation 2010; 122: 33-41<br /><strong>9</strong> Moraes DL et al: Secondary pulmonary hypertension in chronic heart failure: the role of the endothelium in pathophysiology and management. Circulation 2000; 102: 1718-23<br /><strong>10</strong> Miller WL et al: Clinical features, hemodynamics, and outcomes of pulmonary hypertension due to chronic heart failure with reduced ejection fraction: pulmonary hypertension and heart failure. JACC Heart Failure 2013; 1: 290-9<br /><strong>11</strong> Zotter-Tufaro C et al: Diastolic pressure gradient predicts outcome in patients with heart failure and preserved ejection fraction. J Am Coll Cardiol 2015; 66: 1308-10<br /><strong>12</strong> Zotter-Tufaro C et al: Prognostic significance and determinants of the 6-min walk test in patients with heart failure and preserved ejection fraction. JACC Heart failure 2015; 3: 459-66.<br /><strong>13</strong> Dalos D et al: NYHA functional class is associated with diastolic pulmonary pressure and predicts outcome in patients with heart failure and preserved ejection fraction. J Am Coll Cardiol 2016; in press.<br /><strong>14</strong> McMurray JJ et al: ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012: The Task Force for the Diagnosis and Treatment of Acute and Chronic Heart Failure 2012 of the European Society of Cardiology. Developed in collaboration with the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2012; 33: 1787-847<br /><strong>15</strong> Ponikowski P et al: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC)Developed with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2016 May 20. doi: 10.1002/ejhf.592. [Epub ahead of print].<br /><strong>16</strong> Givertz MM et al: Acute endothelin A receptor blockade causes selective pulmonary vasodilation in patients with chronic heart failure. Circulation 2000; 101: 2922-7<br /><strong>17</strong> Mitrovic V et al: Acute hemodynamic response to single oral doses of BAY 60-4552, a soluble guanylate cyclase stimulator, in patients with biventricular heart failure. 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