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Herzinsuffizienz-Dreiländertreffen 2014

Große Fortschritte in der Behandlung der akuten Herzinsuffizienz

<p class="article-intro">Die Behandlung der akuten Herzinsuffizienz hat jahrzehntelang kaum Fortschritte gemacht. Als Hoffnungsträger sind jetzt die beiden neuen Substanzen Serelaxin und Ularitid in den Fokus gerückt. Am Herzinsuffizienz-Dreiländertreffen 2014 in Bern präsentierten namhafte Kardiologen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die ersten vielversprechenden Daten aus klinischen Studien. Eine weitere Substanz, in die große Hoffnungen gesetzt werden, ist Levosimendan, das in der Schweiz seit 2013 unter dem Markennamen Simdax<sup>®</sup> zugelassen ist. Es ist die erste positiv inotrope Substanz, die bei akuter Herzinsuffizienz die Mortalität nicht erhöht, möglicherweise sogar reduziert.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die akute Herzinsuffizienz (AHI) ist ein heterogenes Syndrom. Die Symptome &uuml;berschneiden sich mit anderen Krankheitsbildern wie der Rechtsherzinsuffizienz oder dem Lungen&ouml;dem, das auch beim akuten Koronarsyndrom und beim kardiogenen Schock auftreten kann. Nur bei jeden f&uuml;nften Patienten tritt die AHI als Initialereignis auf. Bei 80 % ist die AHI Ausdruck einer dekompensierten chronischen Herzinsuffizienz.<br /> Auch wenn sich viele akute Episoden heute relativ gut behandeln lassen, setzt nach einer akuten Episode ein Prozess von &bdquo;Absterben auf Raten&ldquo; ein. &bdquo;Das 4-Jahres-Mortalit&auml;tsrisiko steigt nach jeder akuten Dekompensation von 25 % auf 60 % an&ldquo;, betonte Prof. Dr. Johann Bauersachs, Hannover, am Dreil&auml;ndertreffen in Bern. Zu den Standardtherapien geh&ouml;ren Diuretika, Sauerstoff, Vasodilatatoren und gegebenenfalls positiv inotrope Medikamente. Die gr&ouml;&szlig;te Bedeutung haben Sauerstoff und Schleifendiuretika. &bdquo;Schon wenige Stunden nach der Gabe eines Schleifendiuretikums kommt es bei der Mehrzahl der Patienten zu einer deutlichen Verbesserung der Dyspnoe&ldquo;, so Bauersachs. Eine hohe Dosis von Schleifendiuretika wirkt bei akuter Dekompensation schneller.<sup>1</sup> Die Patienten zeigen ein deutlich l&auml;ngeres &Uuml;berleben, wenn sie zum Beispiel mit Furosemid aggressiv entstaut werden, auch wenn dies eine H&auml;mokonzentration induziert und die Nierenfunktion kurzfristig beeintr&auml;chtigt wird.<sup>2</sup> Die Ultrafiltration bringt hingegen keine besseren Therapieerfolge, sie wirkt genauso gut wie die Pharmakotherapie mit Furosemid.<sup>3</sup><br /> Zum Schluss wies Bauersachs im Sinne eines pers&ouml;nlichen &bdquo;Ceterum censeo&ldquo;, das er seit mehreren Jahren und bestimmt noch lange verwenden werde, noch darauf hin, dass gerade bei Patienten mit schlechter Linksherzfunktion (NYHA-Klasse III&ndash;IV, linksventrikul&auml;re Auswurffraktion &lt;25 % ) mit Digoxin m&ouml;glicherweise eine akute Dekompensation verhindert werden kann. Gheorghiade et al publizierten 2013 die bisher unver&ouml;ffentlichten 2-Jahres-Follow-up-Daten der &bdquo;Digitalis Investigation Group&ldquo;(DIG)-Studie<sup>4</sup> von 1997. Dabei zeigte sich, dass Digoxin in dieser Patientengruppe einen deutlich positiven Einfluss auf das Outcome hat, mit einer signifikanten Reduktion des kombinierten Endpunkts (HI-bedingte Hospitalisationen und Mortalit&auml;t) sowie der Gesamtmortalit&auml;t und der Gesamthospitalisationsrate.<sup>5</sup> In der derzeit laufenden multizentrischen DiGIT-HF-Studie unter der Leitung von Bauersachs und Kollegen soll untersucht werden, ob Digoxin bei stabilen HI-Patienten verglichen mit Placebo tats&auml;chlich in der Lage ist, die Rehospitalisierungsrate zu vermindern.</p> <h2>Inotrope Therapie: Nutzen und Risiken gut abw&auml;gen</h2> <p>F&uuml;r die positiv inotrope Therapie stehen mit den Katecholaminen, den PDE-Inhibitoren und Levosimendan drei Substanzklassen zur Verf&uuml;gung. PD Dr. Gerhard P&ouml;lzl, Innsbruck, begann sein Referat mit dem provokativen Statement &bdquo;Katecholamine sind potenziell t&ouml;dlich&ldquo;. Tats&auml;chlich zeigen Studien, dass HI-Patienten unter einer inotropen Therapie eine erh&ouml;hte Mortalit&auml;t aufweisen.<sup>6,7</sup> Eine Metaanalyse von 14 Studien mit insgesamt 673 Patienten zeigte, dass Dobutamin die Mortalit&auml;t bei schwerer AHI im Vergleich zu Placebo oder zur Standardtherapie tendenziell, wenn nicht sogar signifikant erh&ouml;ht.<sup>8</sup> Die ESC-Guidelines empfehlen den Einsatz von Inotropika wie Dobutamin deshalb nur bei Patienten, deren vitale Organperfusion durch eine schwere Reduktion der kardialen Auswurfleistung beeintr&auml;chtigt ist.<sup>9</sup><br /> Wenig positiv ausgefallen sind auch die Ergebnisse einer gro&szlig;en Endpunktstudie mit Milrinon.<sup>10</sup> Der PDE-Hemmer zeigte keine Wirkung hinsichtlich Mortalit&auml;t und Hospitalisationsdauer. Zudem weist eine Subgruppenanalyse darauf hin, dass sich Milrinon in der akuten Herzinsuffizienzsituation bei Patienten mit einer isch&auml;mischen Kardiomyopathie besonders ung&uuml;nstig auf die Mortalit&auml;t auswirkt.<sup>11</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2014_Jatros_Kardio_1405_Weblinks_Seite7_1.jpg" alt="" width="516" height="438" /></p> <h2>Stellenwert von Levosimendan noch offen</h2> <p>Nicht abschlie&szlig;end gekl&auml;rt ist die Wirkung von Levosimendan. Die Substanz ist in &Ouml;sterreich schon seit L&auml;ngerem, in der Schweiz seit 2013 zugelassen. Die ersten publizierten Daten zeigten im Vergleich zu Dobutamin und Placebo einen positiven Effekt bei Patienten mit akuter isch&auml;mischer Myopathie. Eine sp&auml;tere Studie, die zeigen sollte, dass Levosimendan die Mortalit&auml;t tats&auml;chlich reduziert, konnte hinsichtlich der 180-Tage-Mortalit&auml;t sowie der sekund&auml;ren klinischen Endpunkte aber keinen Vorteil gegen&uuml;ber Dobutamin belegen.<sup>12</sup> Eine Metaanalyse zeigte schlie&szlig;lich, dass Levosimendan bei AHI im Vergleich zu Dobutamin einen signifikanten &Uuml;berlebensvorteil bringt, nicht jedoch gegen&uuml;ber Placebo.<sup>13</sup> &bdquo;Eines l&auml;sst sich aber sicher sagen: Im Gegensatz zu Dobutamin f&uuml;hrt Levosimendan nicht zu einer Erh&ouml;hung der Mortalit&auml;t bei AHI&ldquo;, erkl&auml;rte P&ouml;lzl. Sollte sich also der Trend best&auml;tigen, dann w&auml;re Levosimendan tats&auml;chlich die erste Substanz, die bei AHI einen Mortalit&auml;tsvorteil bringt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2014_Jatros_Kardio_1405_Weblinks_Seite7_2.jpg" alt="" width="258" height="482" /></p> <h2>Serelaxin senkt kardiovaskul&auml;re Mortalit&auml;t um 37 % </h2> <p>Als Hoffnungstr&auml;ger gelten Serelaxin und Ularitid. Die beiden neuen Substanzen werden derzeit in klinischen Studien auf ihre Wirksamkeit und Vertr&auml;glichkeit getestet. Serelaxin ist das rekombinante Peptidhormon Relaxin-2, ein nat&uuml;rliches Schwangerschaftshormon, das die Adaptation des Herz-Kreislauf-Systems und verschiedener Organe bewirkt und sich auch bei Nichtschwangeren und bei M&auml;nnern in der Prostata nachweisen l&auml;sst. &bdquo;Relaxin-2 hat verschiedene Wirkungen, die bei einer Herzinsuffizienz g&uuml;nstig sind&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Dr. Peter Siostrzonek, Linz. Unter anderem f&ouml;rdert das Molek&uuml;l die NO-vermittelte Vasodilatation, hemmt die Apoptose, reduziert die Entz&uuml;ndung und wirkt m&ouml;glicherweise auch antifibrotisch. Studien zu den h&auml;modynamischen Effekten zeigten, dass Serelaxin den Cardiac Index kaum beeinflusst, aber den Wedge-Druck deutlich und den Blutdruck um ca. 10mmHg senkt. &bdquo;Die Substanz wird man somit vermutlich nicht bei Hypotonie einsetzen k&ouml;nnen, sondern eher bei Herzinsuffizienten mit ausreichendem oder h&ouml;herem Blutdruck&ldquo;, kommentierte Siostrzonek.<sup>14</sup><br /> Die RELAX-AHF-Studie,<sup>15</sup> eine randomisierte, doppelblinde, multizentrische, placebokontrollierte Phase-III-Studie mit 1161 Patienten mit AHI, zeigte, dass eine Serelaxin-Infusion &uuml;ber 48 Stunden die Atemnot und andere klinische HI-Zeichen, wie zum Beispiel Rasselger&auml;usche, deutlich reduziert. Die Nierenfunktion wurde ebenfalls g&uuml;nstig beeinflusst. Serelaxin reduzierte verglichen mit Placebo das Risiko, innert 180 Tagen an einem kardiovaskul&auml;ren Ereignis zu sterben, um 37 % . Auch das Risiko hinsichtlich der 180-Tage-Gesamtmortalit&auml;t war unter Serelaxin um 37 % geringer als unter Placebo. Best&auml;tigen sich die Resultate in der k&uuml;rzlich gestarteten RELAX-AHF-2-Studie mit 6375 Patienten und dem prim&auml;ren Endpunkt 180-Tage-Mortalit&auml;t, darf mit der Zulassung von Serelaxin als neue Therapieoption bei AHI gerechnet werden.</p> <h2>Vielversprechende Daten zu Ularitid</h2> <p>Wie Serelaxin l&auml;sst sich auch Urodilatin (generischer Name: Ularitid) bei allen in kleiner Konzentration im Blut messen. &bdquo;Der wohl wichtigste h&auml;modynamische Effekt dieses natriuretischen Peptids ist die Vasodilatation&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Dr. Christian M&uuml;ller, Basel. Ularitid wirkt zudem bronchodilatatorisch, was vor allem Patienten mit Atemnot zugute kommt, es hemmt das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, senkt das Endothelin und verbessert die Diurese und die Natriuresis.<sup>16-18</sup> Sowohl in der SIRIUS-I-<sup>19</sup> als auch der SIRIUS-II-Studie<sup>20</sup> konnte gezeigt werden, dass Ularitid bei Patienten mit einer dekompensierten Herzinsuffizienz den Wedge-Druck innerhalb der ersten sechs Stunden z&uuml;gig um 8&ndash;10mmHg senkt, was deutlich mehr ist als unter Serelaxin und den bisher zur Verf&uuml;gung stehenden Substanzen. Gleichzeitig verbesserte sich auch die Dyspnoe signifikant und der Cardiac Index stieg. Auch hinsichtlich von Endorgansch&auml;den scheint Ularitid vorteilhaft zu sein, die Nierenfunktionsparameter blieben in den Studien stabil.<sup>20</sup> Schlie&szlig;lich war auch die 30-Tage-Mortalit&auml;t deutlich niedriger als in der Placebogruppe.<sup>20</sup> &bdquo;Die konsistenten und &uuml;berzeugenden Daten aus den Phase-II-Studien m&uuml;ssen sich jetzt selbstverst&auml;ndlich noch in Phase-III-Studien mit harten Endpunkten, wie beispielsweise in der k&uuml;rzlich gestarteten TRUE-AHF-Studie, best&auml;tigen&ldquo;, schloss M&uuml;ller.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Medizinjournalistin<br/> <br/> Quelle: Herzinsuffizienz im Alltag – Herzinsuffizienz-Dreiländertreffen 2014, 2. bis 4. Oktober 2014, Bern </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Felker GM et al: Diuretic strategies in patients with acute decompensated heart failure. N Engl J Med 2011; 364: 797-805<br /><strong>2</strong> Testani JM et al: Potential effects of aggressive decongestion during the treatment of decompensated heart failure on renal function and survival. Circulation 2010; 122: 265-272<br /><strong>3</strong> Bart BA et al: Ultrafiltration in decompensated heart failure with cardiorenal syndrome. N Engl J Med 2012; 367: 2296-2304<br /><strong>4</strong> Digitalis Investigation Group: The effect of digoxin on mortality and morbidity in patients with heart failure. N Engl J Med 1997; 336: 525-533<br /><strong>5</strong> Gheorghiade M et al: Effect of oral digoxin in high-risk heart failure patients: a pre-specified subgroup analysis of the DIG trial. Eur J Heart Fail 2013; 15: 551-559<br /><strong>6</strong> Mebazaa A et al: Short-term survival by treatment among patients hospitalized with acute heart failure: the global ALARM-HF registry using propensity scoring methods. Intensive Care Med 2011; 37: 290-301<br /><strong>7</strong> Elkayam U et al: Use and impact of inotropes and <br />vasodilator therapy in hospitalized patients with severe heart failure. Am Heart J 2007; 153: 98-104<br /><strong>8</strong> Taco CL et al: Dobutamine for patients with severe heart failure: a systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. Intensive Care Med 2012; 38: 359-367<br /><strong>9</strong> McMurray JJ et al: ESC guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012. Eur Heart J 2012; 33: 1787-1847<br /><strong>10</strong> Felker GM et al: Heart failure etiology and response to milrinone in decompensated heart failure: results from the OPTIME-CHF study. J Am Coll Cardiol 2003; 41: 997-1003<br /><strong>11</strong> Cuffe MS et al: Short-term intravenous milrinone for acute exacerbation of chronic heart failure: a randomi&shy;zed controlled trial. JAMA 2002; 287: 1541-1547<br /><strong>12</strong> Mebazaa A et al: Levosimendan vs dobutamine for patients with acute decompensated heart failure: the SURVIVE Randomized Trial. JAMA 2007; 297: 1883-1891<br /><strong>13</strong> Delaney A et al: Levosimendan for the treatment of acute severe heart failure: a meta-analysis of randomi&shy;sed controlled trials. Int J Cardiol 2010; 138: 281-289<br /><strong>14</strong> Ponikowski P et al: A randomized, double-blind, placebo-controlled, multicentre study to assess haemodynamic effects of serelaxin in patients with acute heart failure. Eur Heart J 2014; 35: 431-441<br /><strong>15</strong> Teerlink JR et al: Serelaxin, recombinant human relaxin-2, for treatment of acute heart failure (RELAX-AHF): a randomised, placebo-controlled trial. Lancet 2013; 381: 29-39<br /><strong>16</strong> Carstens J et al: Effect of urodilatin infusion on renal haemodynamics, tubular function and vasoactive hormones. Clin Sci 1997; 92: 397-407<br /><strong>17</strong> Bestle MH et al: Cardiovascular, endocrine, and renal effects of urodilatin in normal humans. Am J Physiol 1999; 276: R684-695<br /><strong>18</strong> Fl&uuml;ge T et al: Bronchodilating effects of natriuretic and vasorelaxant peptides compared to salbutamol in asthmatics. Regul Pept 1995; 59: 357-370<br /><strong>19</strong> Mitrovic V et al: Effects of the renal natriuretic peptide urodilatin (ularitide) in patients with decompensated chronic heart failure: a double-blind, placebo-controlled, ascending-dose trial. Am Heart J 2005; 150: 1239<br /><strong>20</strong> Mitrovic V et al: Haemodynamic and clinical effects of ularitide in decompensated heart failure. Eur Heart J 2006; 27: 2823-2832<br /><strong>21</strong> McMurray JJ et al, PARADIGM-HF Investigators and Committees: Angiotensin-neprilysin inhibition versus enalapril in heart failure. N Engl J Med 2014; 371: 993-1004</p> </div> </p>
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