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Frau/Herr Doktor, darf ich . . . Schi fahren?
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Bernd Eber
Ambulantes kardiologisches Rehabilitationszentrum Cardio Vital Wels<br> E-Mail: ordination.eber@gmail.com<br> www.prof-eber.at
30
Min. Lesezeit
31.05.2017
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<p class="article-content"><h2>Präambel</h2> <ul> <li>Weltweit leben 420 Mio. Menschen in Gebirgsregionen.</li> <li>mittlere Höhe: 1500–2500m,<br />große Höhe: 2500–5300m,<br />extreme Höhe: 5300–8848m</li> <li>Schwellenhöhe: 2500m</li> <li>circa 40 Mio. Reisende in höheren Regionen, 1 Mio. in österreichischen Alpen</li> <li>beliebteste Sportarten in Österreich:<br /> Schwimmen 58 % , Radfahren/ Mountainbiken 47 % , Wandern/Bergsteigen 41 % , Laufen/Joggen 33 % , Schifahren 29 % </li> </ul> <h2>Der Herzgefäßnotfall</h2> <ul> <li>Plötzlicher Herztod:<br /> täglich 25 in Österreich, Schwankungen wochentags (Montag >) und saisonal (Dezember bis März >), <30 Jahren = 0,001 % / Jahr (angeborene Herzfehler >), >40 Jahre = 0,1–0,2 % /Jahr (koronare Herzkrankheit >>), 50 % überleben nach Reanimation bis zum Spital, 25 % bis zur Entlassung.</li> <li>Statistik:<br /> ÖAMTC-Flugrettung 2016: 47 % internistische Fälle bei 17 814 Einsätzen, wegen Schi alpin bis 44 % (Christophorus 7 – Lienz)</li> </ul> <h2>Einflussgrößen beim Schifahren</h2> <ul> <li><em>Umwelt:</em><br /> Höhe (absolut, Unterschied), Temperatur (Windchill-Faktor), Wind, Luftfeuchtigkeit/Nebel, Sonne (UVStrahlung)</li> <li><em>Schifahrer:</em><br /> Alter, Geschlecht, Risikoprofil, Herzgefäßerkrankungen, Zustand nach Interventionen/Operationen, Medikamente, Fitness, Biorhythmus/ Ängstlichkeit/Stress</li> <li><em>Schifahren:</em><br /> Ausrüstung, Kleidung, Akklimatisation, Dauer/Höhenmeter, Schneeverhältnisse; Müdigkeit/Erschöpfung/ Schweißproduktion, Alkohol, Gruppenzwang – Leistungsgedanke</li> </ul> <h2>Physiologische Einflüsse</h2> <ul> <li>Sauerstoff in Luft bei 5500m halb so viel wie in Meereshöhe</li> <li>pro 1000 Höhenmeter minus 6 Grad – Ausnahme: Inversionslage</li> <li>Luftfeuchtigkeit sinkt um 25 % pro 1000m.</li> <li>Leistungsfähigkeit sinkt über 1500m um 1 % pro 100 Höhenmeter.</li> <li>Blutdruck und Puls steigen mit zunehmender Höhe.</li> <li>hochalpin: Abfall der maximalen Herzfrequenz (Downregulation der β-Rezeptoren)</li> <li>Ischämieschwelle bei KHK ab 2500m um 5 % niedriger, Reduktion der maximalen Leistungsfähigkeit um 12 % bei 2500m</li> </ul> <h2>Erhöhtes Herzgefäßrisiko, Herzgefäßerkrankungen</h2> <ul> <li>Diabetes, Übergewicht</li> <li>Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien), Herzklappenfehler (angeboren, erworben), entzündliche Herzerkrankungen, Aortenaneurysma/ -dissektion, periphere Verschlusskrankheit, Lungenembolie, Lungenhochdruck, Herzrhythmusstörungen</li> <li>Zustand nach Intervention, Operation, Schrittmacher, Defibrillator, Resynchronisation, Transplantation</li> </ul> <h2>Was kann passieren?</h2> <ul> <li>Blutdruckkrise, Plaqueruptur im Gefäß, Riss der Herzmuskulatur, Rhythmusstörungen (Vorhofflimmern, Extrasystolie, Kammerflimmern – plötzlicher Herztod)</li> <li>40 % der Todesfälle auf der Piste durch plötzlichen Herztod</li> <li>Infarkt meist an den ersten 2 Tagen (circa 20 % der Patienten hatten bereits vorher Herzgefäßprobleme)</li> </ul> <h2>„Verbot“</h2> <ul> <li>(unkomplizierter) Infarkt, Stent, Bypass bis 8 Wochen nach Ereignis</li> <li>schwere koronare Mehrgefäßerkrankung (ohne Intervention) mit Beschwerden, Herzschwäche (Atemnot bei leichter Belastung = NYHA III/IV), Patient mit dokumentierten Herzrhythmusstörungen bei Belastung, Defibrillatorpatient mit wiederholten Schockabgaben, schwere Aortenstenose mit Symptomen, schwere hypertrophe Kardiomyopathie mit Symptomen, unkontrollierter Bluthochdruckpatient</li> <li>bestimmte Veränderungen im Ruhe- EKG (Seattle-Kriterien 2013)</li> <li>Lungenhochdruck (ab 1500m)</li> </ul> <h2>Prävention</h2> <ul> <li>gründliche internistische/kardiologische und sportmedizinische Untersuchung</li> <li>Labor, EKG (Seattle-Kriterien), Ergometrie, Herzultraschall, Lungenfunktion, evtl. Langzeit-EKG, Spiroergometrie</li> </ul> <h2>Maßnahmen beim Schifahren</h2> <ul> <li>allgemein:<br /> Erreichbarkeit (Check Notfallnummern, u.a. Bergrettung; Handyempfang?), Infrastruktur – Notfallstationen/ Hütten; wenn möglich, dann nicht vom Auto direkt auf die Piste; (wenn möglich) Adaptation 2–3 Tage, nicht unter 5 Grad</li> <li>Kontrollen:<br /> Puls(-Uhr), Blutdruck (Handgelenk >), Pulsoximeter</li> <li>fakultativ:<br />Flüssigkeit, Notfallminiapotheke (Aspirin-Tabletten, Nitroglyzerin- Spray), Diabetiker: Blutzuckerkontrolle (Patch), Blutzucker mit warmen Händen prüfen, Insulin vor Frost schützen, Insulinbedarf sinkt (bis 50 % !), Not-BE bereithalten</li> </ul></p>
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