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Herzinsuffizienz

Eisensubstitution: New kid on the block or more of the same?

Eisenmangel ist eine häufige Komorbidität chronischer Erkrankungen. Mit einer Prävalenz von bis zu 50% leidet ein signifikanter Teil symptomatischer Patienten im gesamten Herzinsuffizienzspektrum an einem Eisenmangel. Dieser tritt bei einer großen Zahl der Patienten unabhängig vom Vorliegen einer Anämie auf.1 Eisenmangel bei Herzinsuffizienz wirkt sich auf die Symptomatik, gemessen am NYHA-Stadium, die körperliche Leistungsfähigkeit, die Lebensqualität und die Prognose aus.2–4

Keypoints

  • Die Definition von Eisenmangel bei Herzinsuffizienz ist: Ferritin <100ng/ml oder 100–300ng/ml und TSAT <20%.

  • Eisenmangel betrifft etwa die Hälfte aller Herzinsuffizienzpatienten und beeinträchtigt Symptome, Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und Prognose unabhängig von anderen Risikofaktoren oder Anämie.

  • Orale Eisentherapie wird bei Eisenmangel in der Herzinsuffizienz nicht empfohlen.

  • Die intravenöse Eisentherapie mit Eisen-Carboxymaltose oder Eisen-Derisomaltose wird bei Eisenmangel in der Herzinsuffizienz empfohlen und lindert Symptome, verbessert die Lebensqualität, steigert die körperliche Leistungsfähigkeit und verringert das Risiko für Krankenhausaufenthalte.

Die Diagnostik eines Eisenmangels sollte unabhängig vom roten Blutbild durchgeführt werden und wird in der Herzinsuffizienz definiert als:

  • Serum-Ferritin-Konzentration <100ng/ml

  • oder Serum-Ferritin-Konzentration von 100–300ng/ml + Transferrinsättigung (TSAT) <20%.

Ursachen und Stellenwert des Eisenmangels in der Herzinsuffizienz

Die Entwicklung des Eisenmangels bei Patienten mit Herzinsuffizienz ist oft multifaktoriell, wobei drei Einflussgrößen eine wesentliche Rolle spielen (Abb. 1):5,6

  1. eine gestörte Darmabsorption,

  2. ein erhöhter Eisenverlust (okkulter Blutverlust) und

  3. als wahrscheinlich wesentlichster Faktor eine metabolische Dysregulation.

Abb. 1:Ursachen und Folgen von Eisenmangel in der Herzinsuffizienz: 1) Reduzierte Eisenaufnahme/Eisenabsorption, 2) gestörter Eisenmetabolismus und 3) erhöhter Eisenverlust bedingen bei Patienten mit Herzinsuffizienz die Entwicklung eines Eisenmangels. Zu den daraus entstehenden Folgen gehören reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit, geringere Lebensqualität, höhere Rehospitalisierungsraten und eine erhöhte Sterblichkeit

Die zentrale Stellschraube in der Regulation des Eisenhaushalts ist Hepcidin, ein von den Hepatozyten synthetisiertes und sezerniertes Protein.7 Hepcidin steuert die Aktivität des Transmembranproteins Ferroportin, das für den Eisenexport sowohl aus den Darm-Enterozyten (Absorption) als auch aus den Hepatozyten und Makrophagen des retikuloendothelialen Systems der Leber (Mobilisierung) verantwortlich ist.7,8 Die Bindung von Hepcidin an Ferroportin führt zu Inaktivierung der Eisenabsorption und Blockierung der Eisen-mobilisierung.7 Bei inflammatorischen Krankheitsbildern, wie auch der Herzinsuffizienz, kommt es zu chronisch erhöhten Hepcidin-Spiegeln, was die Eisenhomöostase behindert und unweigerlich zu einem funktionellen und schließlich absoluten Eisenmangel führt.7,9

Eisen ist jedoch ein wichtiger Kofaktor und Katalysator vieler enzymatischer Reaktionen und ein Schlüsselbestandteil von Strukturproteinen.7 Es ist wesentliche Komponente von Sauerstoffspeicherung, Sauerstofftransport und oxidativer Reaktionen und somit von grundlegender Bedeutung für die Funktion der Mitochondrien und die aerobe Atmung.10 Besonders vulnerabel auf einen Eisenmangel reagieren, im Sinne einer unzureichenden zellulären Energieversorgung, Zellen mit hohem Energiebedarf (z.B. Kardio-/und Myozyten).11 Diese Beeinträchtigung der Substratnutzung und der Energieversorgung in Herz- und Skelettmuskel ist eine Erklärung für die Auswirkungen eines Eisenmangels auf die Symptomatik und die Krankheitsprogression in der Herzinsuffizienz.12

Evidenz und Therapieempfehlung zur Eisentherapie in der Herzinsuffizienz

Vor dem Hintergrund, dass einem Eisenmangel hinsichtlich der Symptomatik und der Krankheitsprogression bei Patienten mit Herzinsuffizienz ein wesentlicher Stellenwert zukommt, wächst in den letzten Jahren auch die therapeutische Evidenz. Die wichtigsten Ergebnisse rezenter prospektiv randomisierter klinischer Studien, die sich zum aktuellen Stand nur auf Patienten mit HFrEF oder HFmrEF (LVEF <50%) beschränken, sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tab. 1: Die wichtigsten Ergebnisse rezenter Studien

Zu den ersten Studien, die als prospektive randomisierte Studien den Nutzen und die Sicherheit einer intravenösen Eisentherapie bei Patienten mit Eisenmangel und Herzinsuffizienz und einer LVEF ≤45% untersuchten, gehören FAIR-HF, CONFIRM-HF und EFFECT-HF.13-15 Die Studien zeigten, dass die intravenöse Therapie mit Eisen-Carboxymaltose sicher ist und in einer Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität im Vergleich zur Placebogabe resultierte.

Diesen Resultaten schlossen sich die Studien AFFIRM-AHF, IRONMAN und HEART-FID mit nun harten klinischen Endpunkten (Herzinsuffizienz-Hospitalisierung und/oder Tod) an.16–18

In AFFIRM-AHF wurden 1132 Herzinsuffizienzpatienten (LVEF <50%) mit Eisenmangel nach einem akuten Event inkludiert. Nach einem Beobachtungszeitraum von 52 Wochen zeigte sich der primäre kombinierte Studienendpunkt aus Herzinsuffizienz-Hospitalisierung (HFH) oder kardiovaskulärem (CV) Tod nicht signifikant reduziert (p=0,059).16 Es konnte aber eine signifikante Reduktion der HFH gezeigt werden.

IRONMAN untersuchte den Einsatz von intravenöser Eisen-Derisomaltose bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz bzw. nach einem rezenten akuten Event (n=1132, LVEF ≤45%) und zeigte ebenfalls keinen signifikanten Therapievorteil hinsichtlich des kombinierten primären Studienendpunkts HFH oder CVTod.17

Eine wesentliche Limitation in der Durchführung beider Studien war die Covid-19-Pandemie, die u.a. Ereignisraten in beiden Studiengruppen beeinflusst haben könnte. Denn in prädefinierten Covid-19-Sensitivitätsanalysen zeigte sich ein Therapie-Benefit mit signifikanter Reduktion von HFH oder CVTod durch die intravenöse Therapie mit Eisen-Carboxymaltose (AFFIRM-AHF) oder Eisen-Derisomaltose (IRONMAN).16,17

HEART-FID ist die rezenteste und bislang größte Studie zur Eisentherapie in der Herzinsuffizienz (n=3065; LVEF ≤40%). Hier zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei den vorigen Studien, wobei der hierarchisch kombinierte Endpunkt aus CVTod, HFH und Änderung der 6-Minute-Walk-Distanz (6MWD) verfehlt wurde (p=0,02; Signifikanzniveau p<0,01).18Auch in HEART-FID wurde die Mehrzahl der Patienten während der Pandemie rekrutiert, was möglicherweise die Eventraten und Datenvollständigkeit beeinflusst hat.

Zusammenfassend zeigen die vorliegenden randomisierten Studien und Metaanalysen Sicherheit und gute Verträglichkeit der intravenösen Eisensupplementierung bei Patienten mit HFrEF/HFmrEF und Eisenmangel.13,14,16,19 Die Therapie geht mit einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität sowie einer Reduktion von HFH einher und stellt somit eine wesentliche Komponente im Therapiemanagement der Herzinsuffizienzpatienten dar.12,14,19 Der Einfluss auf die CV oder Gesamtmortalität ist nach wie vor inkonklusiv.19,26

Es sei hier angemerkt, dass die orale Eisentherapie keinen Stellenwert in der Therapie des Eisenmangels in der Herzinsuffizienz hat. Dies ist durch prospektive Daten klar nachgewiesen (u.a. IRONOUT-Studie).27

Therapieempfehlung

Basierend auf der aktuellen Evidenz, empfehlen die Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC), Patienten mit Herzinsuffizienz regelmäßig auf das Vorliegen eines Eisenmangels zu untersuchen (Blutbild, Serum-Ferritin-Konzentration, Transferrin-Sättigung).28,29

Auf der Grundlage von Studien und neueren Metaanalysen wird die intravenöse Eisensupplementierung mit Eisen-Carboxymaltose oder Eisen-Derisomaltose bei Patienten mit symptomatischer HFrEF oder HFmrEF und Eisenmangel empfohlen, um die Symptome und Lebensqualität zu verbessern (Klasse I, Evidenz-Level A).29 Eine Klasse-IIa-, Evidenz-Level-A-Empfehlung gibt es bei diesen Patienten mit dem Ziel der Risikoreduktion für HFH (Tab. 2).29

Tab. 2: Praxistipps

Ausblick

Ein in vielen Aspekten hinsichtlich existierender Evidenz und Therapieoptionen häufig hinten angestelltes Patientenkollektiv in der Herzinsuffizienz ist die Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF). Wir wissen, dass die Prävalenz des Eisenmangels in der HFpEF mindestens jener der HFmrEF oder HFrEF entspricht.1 Ob auch Patienten mit HFpEF und Eisenmangel von einer intravenösen Eisensupplementierung profitieren, wird aktuell in den Studien FAIR-HFpEF und IRONMET-HFpEF untersucht.

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