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Österreichisches Tako-Tsubo-Register

Das Tako-Tsubo-Syndrom 2018

<p class="article-intro">Das Tako-Tsubo-Syndrom, auch „Apical ballooning“-Syndrom oder stressinduzierte Kardiomyopathie genannt, betrifft zumeist postmenopausale Frauen. In der vorliegenden Arbeit werden Daten aus dem retrospektiven sowie prospektiven österreichischen Tako-Tsubo-Register zum aktuellen Stand der Situation präsentiert.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li><span xml:lang="de-DE">Ziel einer derzeit laufenden pro&shy;spektiven Registerstudie ist es, mehr Informationen &uuml;ber das &shy;klinische Erscheinungsbild und die Pr&auml;valenz des Tako-Tsubo-Syndroms unter Patienten mit Symptomen eines akuten Koronarsyndroms zu gewinnen.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">M&ouml;gliche Risikofaktoren und &shy;Triggerfaktoren sollen detektiert werden.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Das Register soll helfen, eine &shy;Optimierung der Diagnostik und Therapie zu erlangen. </span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Potenzielle Risikofaktoren und zugrunde liegende Pathomechanismen des Tako-Tsubo-Syndroms sollen ermittelt werden.</span></li> </ul> </div> <p>&Auml;hnlich den Symptomen eines akuten koronaren Geschehens sind die Charakteristika dieses Syndroms akut einsetzende Thoraxschmerzen und/oder Atemnot, Ver&auml;nderungen im Bereich der ST/T-Strecken im Elektrokardiogramm (EKG) sowie ein Anstieg der isch&auml;miespezifischen Biomarker (kardiales Troponin I und T, CK und CK-MB).<br />Charakteristischerweise zeigen sich keine signifikanten obstruktiven L&auml;sionen der epikardialen Koronararterien. Dia&shy;gnostisch beweisend sind jedoch typische regionale Wandbewegungsst&ouml;rungen des linken Ventrikels, welche au&szlig;erhalb eines Versorgungsgebietes einer Koronararterie liegen. Anhand dieser typischen regionalen Dysfunktion des linken Ventrikels lassen sich vier verschiedene Typen des &shy;Tako-Tsubo-Syndroms differenzieren. Typischerweise bilden sich diese regionalen Wandbewegungsst&ouml;rungen innerhalb weniger Tage bis Wochen vollst&auml;ndig zur&uuml;ck. Neue Erkenntnisse zeigen jedoch, dass bei bis zu 15 % der Patienten mit Tako-Tsubo-Syndrom eine obstruktive koronare Atherosklerose nachzuweisen ist.<br />Bei bis zu 50 % der betroffenen Patienten l&auml;sst sich ein dem Einsetzen der Symptomatik vorangegangenes Stressereignis (emotionaler oder physischer Natur) nachweisen. Grunds&auml;tzlich kann das Tako-Tsubo-Syndrom als zumeist gutartig verlaufendes Krankheitsbild betrachtet werden, jedoch k&ouml;nnen Patienten in der Akutphase schwerwiegende, zumeist kardiovaskul&auml;re Komplikationen wie Herzrhythmusst&ouml;rungen, kardiale Dekompensation oder kardiogene Schockereignisse erleiden. Auch finden sich in bis zu 11 % der beschriebenen F&auml;lle eines Tako-Tsubo-Syndroms Rezidivf&auml;lle des Syndroms.<sup>1&ndash;12 </sup></p> <h2>Retrospektive multizentrische Registerdatenbank</h2> <p>Anhand einer retrospektiv durchgef&uuml;hrten Registerstudie<sup>12</sup> an 11 teilnehmenden interventionellen Zentren konnten bei 172 Patienten mit Tako-Tsubo-Syndrom vier anatomische Typen des &shy;Tako-Tsubo-Syndroms definiert werden &ndash; einerseits der am h&auml;ufigsten vorkommende apikale Typ (Abb. 1), andererseits das Tako-Tsubo-Syndrom in der midventrikul&auml;ren Region des linken Ventrikels sowie ein Typ mit ausgedehnten Wandbewegungsst&ouml;rungen sowohl in der apikalen wie auch der midventrikul&auml;ren Region und ein sehr selten auftretender Typ eines basalen Tako-Tsubo-Syndroms. Die EKG-Ver&auml;nderungen in der Akutphase des Tako-Tsubo-Syndroms entsprachen zu etwa gleichen Teilen denen eines akuten ST-Hebungsinfarktes (STEMI) oder denen eines akuten Nicht-ST-Hebungsinfarktes (NSTEMI). Ausl&ouml;sende Stressereignisse konnten retrospektiv bei &uuml;ber der H&auml;lfte der Patienten definiert werden, es zeigten sich hier zu etwa gleichen Teilen emotionale Stressereignisse sowie physische Stressfaktoren. Im Gegensatz zur internationalen Literatur fanden sich bei einigen unserer Patienten interessanterweise eine verz&ouml;gerte Erholung der linksventrikul&auml;ren Funktion (&bdquo;delayed recovery&ldquo;) sowie bei 25 % der Patienten kardiovaskul&auml;re Komplikationen (Abb. 2).<br />Bis dato gibt es keine optimalen diagnostischen Kriterien oder therapeutischen Strategien f&uuml;r Patienten mit Tako-Tsubo-Syndrom. Die Bildung eines multizentrischen Registers in &Ouml;sterreich kann dazu beitragen, Patienten mit Tako-Tsubo-Syndrom eine optimale Nachbetreuung im Bereich der &Uuml;berwachung der linksventrikul&auml;ren Funktion, aber auch im Bereich der psychosomatischen Betreuung nach dem belastenden Ereignis zu bieten sowie m&ouml;glicherweise die bis dato unbekannte Ursache dieses Syndroms zu finden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Kardio_1801_Weblinks_s6.jpg" alt="" width="2150" height="804" /></p> <h2>Prospektive Registerstudie mit Patienten mit Tako-Tsubo-Syndrom in &Ouml;sterreich</h2> <p>Patienten mit Tako-Tsubo-Syndrom werden &ouml;sterreichweit seit 2013 in bisher f&uuml;nf kardiologischen Zentren mit Akutkoronarangiografie- und Interventionsm&ouml;glichkeit nach der Diagnosestellung anhand der international anerkannten Mayo-Clinic-Kriterien<sup>13</sup> erfasst.</p> <p><strong>Patienteneinschluss</strong></p> <p>Patienten werden nach der Diagnosestellung (Koronarangiografie) anhand der Mayo Clinic Criteria<sup>13</sup> erfasst. Anhand der klinischen Pr&auml;sentation der Patienten (EKG-Ver&auml;nderungen) sowie des Alters und des Geschlechtes wird zus&auml;tzlich eine Kontrollgruppe von Patienten mit akutem Myokardinfarkt (NSTEMI/STEMI) gebildet. Diese Registerstudie verl&auml;uft in drei Phasen:</p> <p><strong>Akutphase</strong></p> <p>In der Akutphase des Syndroms werden &uuml;bliche Parameter wie die Patientencharakteristika (Geschlecht, Alter, Vorerkrankungen, vorbestehende Medikation), die Symptomatik in der Akutphase, die akuten Ver&auml;nderungen im EKG und der Laborparameter (kardiale Biomarker) gemessen und es werden intrahospitale Komplikationen, therapeutische Ma&szlig;nahmen und das Langzeit&uuml;berleben nach einem Jahr erfasst.</p> <p><strong>Studienspezifische Untersuchungen</strong></p> <p>Dazu z&auml;hlt einerseits die Erfassung des ausl&ouml;senden Stressereignisses inklusive der Erfassung des psychosozialen Status der Patienten anhand evaluierter psychosomatischer Frageb&ouml;gen, andererseits die Detektion von Ver&auml;nderungen stressspezifischer Biomarker sowie die Erfassung der regionalen Wandbewegungsst&ouml;rungen des linken (und auch rechten) Ventrikels mittels spezifischer echokardiografischer Untersuchungen (&bdquo;strain rate analysis&ldquo; und &bdquo;speckle tracking&ldquo;).</p> <p><strong>Nachkontrollen</strong></p> <p>Die Patienten werden konsequent einen Monat, 3 Monate, 6 Monate und ein Jahr nach dem Ereignis zu einer Kontrolluntersuchung eingeladen, wobei m&ouml;gliche Ver&auml;nderungen der Laborparameter und des Elektrokardiogramms detektiert sowie wiederum spezifische psychosomatische Frageb&ouml;gen ausgewertet werden. <br />Diese Registerstudie findet unter der Leitung von Prim. Univ.-Prof. Dr. Kurt Huber, 3. Medizinische Abteilung mit Kardiologie mit Ambulanz, Wilhelminenspital, Wien, im Rahmen eines PhD-Projektes von Dr. Valerie Weihs, Medizinische Universit&auml;t Wien, statt.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Song BG et al.: The clinical characteristics, laboratory parameters, electrocardiographic, and echocardiographic findings of reverse or inverted takotsubo cardiomyopathy: comparison with mid or apical variant. Clin Cardiol 2011; 34: 693-9 <strong>2</strong> Kurowski V et al.: Apical and midventricular transient left ventricular dysfunction syndrome (tako-tsubo cardiomyopathy): frequency, mechanism, and prognosis. Chest 2007; 132: 809-16 <strong>3</strong> Akashi YJ et al.: The clinical features of takotsubo cardiomyopathy. QJM 2003; 96: 563-73 <strong>4</strong> Akashi YJ et al.: Reversible ventricular dysfunction takotsubo cardiomyopathy. Eur J Heart Fail 2005; 7: 1171-6<br /><strong>5</strong> Tsuchihashi K et al.: Transient left ventricular apical &shy;ballooning without coronary artery stenosis: a novel heart syndrome mimicking acute myocardial infarction. Angina pectoris-myocardial infarction investigations in Japan. J Am Coll Cardiol 2001; 38: 11-8 <strong>6</strong> Park SM et al.: Left ventricular systolic and diastolic function in patients with apical ballooning syndrome compared with patients with acute anterior ST-segment elevation myocardial infarction: a functional paradox. Mayo Clin Proc 2009; 84: 514-21 <strong>7</strong> Bybee KA et al.: Systematic review: transient left ventricular apical ballooning: a syndrome that mimics ST-segment elevation myocardial infarction. Ann Intern Med 2004; 141: 858-65 <strong>8</strong> Elesber AA et al.: Four-year recurrence rate and prognosis of the apical ballooning syndrome. J Am Coll Cardiol 2007; 50: 448-52 <strong>9</strong> Hurst RT et al.: Transient midventricular ballooning syndrome. A new variant. J Am Coll Cardiol 2006; 48: 579-83 <strong>10</strong> Sharkey SW et al.: Acute and reversible cardiomyopathy provoked by stress in women from the United States. Circulation 2005; 111; 472-9 <strong>11</strong> Sharkey SW et al.: Natural history and expansive clinical profile of stress (tako-tsubo) cardiomyopathy. J Am Coll Cardiol 2010; 55: 333-41 <strong>12</strong> Weihs V et al.: Stress-induced cardiomyopathy (tako-tsubo syndrome) in Austria. Eur Heart J Acute Cardiovasc Care 2013; 2: 137-46 <strong>13</strong> Maron BJ et al.: Contemporary definitions and classification of the cardiomyopathies: an American Heart Association Scientific Statement from the Council on Clinical Cardiology, Heart Failure and Transplantation Committee; Quality of Care and Outcomes Research and Functional Genomics and Translational Biology Interdisciplinary Working Groups; and Council on Epidemiology and Prevention. Circulation 2006; 113: 1807-16</p> </div> </p>
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