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Behandlung der hypertensiven Krise
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31.08.2017
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<p class="article-intro">Schwere Hypertonien treten häufig bei Menschen mit einer bekannten Hypertonie auf. Auf welche Weise die Behandlung erfolgt, hängt davon ab, ob zusätzlich Symptome einer Endorganschädigung bestehen.</p>
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<p class="article-content"><p>Hypertensive Krisen treten oft bei Menschen mit bekannter Hypertonie auf und sind häufig mit einer mangelnden Therapietreue oder abruptem Absetzen von Antihypertensiva sowie mit Angstoder Schmerzzuständen assoziiert. Geht der akute Blutdruckanstieg mit systolischen oder diastolischen Blutdruckwerten >180mmHg bzw. >120mmHg und klinischen Zeichen einer Endorganschädigung einher, handelt es sich gemäss den Guidelines der European Society of Hypertension (ESH) um einen hypertensiven Notfall. <sup>1</sup> Die Patienten präsentieren sich dann häufig mit Symptomen wie Dyspnoe, Angina pectoris, Verwirrtheit oder Erbrechen. «Oft finden sich als Folge der renalen Beteiligung ein Kreatinin- und Proteinanstieg oder eine Hämaturie», weiss Prof. Dr. med. Michel Burnier, Direktor der Klinik für Nephrologie am Universitätsspital Lausanne. Ein begleitendes Hirnoder Lungenödem und das Auftreten von Schlaganfall oder Myokardinfarkt weisen auf eine zerebrale bzw. kardiale Beteiligung hin.<br /> «Im ambulanten Setting sehen wir aber vor allem Patienten mit einer asymptomatischen schweren Hypertonie mit Blutdruckwerten über 180mmHg systolisch oder über 120mmHg diastolisch», berichtete Dr. med. Franco Muggli, Vezia. In einigen Fällen wird die schwere Hypertonie von unspezifischen Symptomen wie Übelkeit, Kurzatmigkeit oder Nasenbluten begleitet.</p> <h2>«Start low, go slow»</h2> <p>Die Behandlung des hypertensiven Notfalls erfolgt im Spital mittels i.v. Antihypertensiva. Wie schnell der Blutdruck gesenkt werden sollte, hängt unter anderem davon ab, welche Organe beteiligt sind. Während bei Patienten mit einem Lungenödem oder einer Aortendissektion eine rasche Blutdruckreduktion angestrebt wird, ist ein solches Vorgehen bei einem akuten Schlaganfall kontraindiziert. Im Allgemeinen wird eine Reduktion des diastolischen Blutdrucks von 10 bis 15 % oder auf einen Wert von 110mmHg innert 30 bis 60 Minuten empfohlen. «Bevor der Blutdruck-Zielwert erreicht wird, empfiehlt es sich, eine überlappende Therapie mit oralen Antihypertensiva zu beginnen», erklärte Burnier. «Die früher häufig eingesetzten Nifedipin-Kapseln sind bei einem hypertensiven Notfall kontraindiziert.» Sie führen zu einer abrupten Blutdrucksenkung mit dem Risiko für schwere Komplikationen wie Schlaganfall, Myokardinfarkt und Sehverlust.<br /> Bei Patienten ohne Hinweise auf Endorganschäden sollte der Blutdruck mithilfe oraler Antihypertensiva langsam, das heisst über einen Zeitraum von 24 bis 48 Stunden, auf Werte unter 160/100mmHg gesenkt werden. Einen positiven Effekt auf den Blutdruck hat eine Beruhigung der Patienten: Wie Muggli anhand einer kleinen Studie mit Patienten, die aufgrund einer schweren Hypertonie hospitalisiert worden waren, zeigte, führte die Verordnung von Ruhe zwei Stunden nach der Blutdruckmessung zu einer vergleichbaren Blutdruckreduktion wie die Behandlung mit einem oralen Antihypertensivum.<sup>2</sup><br /> Patienten, die bereits vorbehandelt sind, erhalten zur Blutdrucksenkung entweder eine höhere Dosis ihres Antihypertensivums oder ein zusätzliches Medikament. Bei zuvor unbehandelten Patienten empfiehlt sich die Behandlung mit einem Kalziumantagonisten, einem ACE-Inhibitor oder einem Angiotensin-Rezeptor-Blocker, bei Vorliegen einer Kardiomyopathie auch mit einem Betablocker. Die Guidelines empfehlen, von Anfang an eine Kombinationstherapie oder eine Fixkombination einzusetzen. «Besonders bewährt hat sich die Kombination von einem Kalziumantagonisten mit einem ACE-Inhibitor respektive einem Angiotensin-Rezeptor- Blocker», berichtete Burnier.<br /> «Das plötzliche Auftreten einer schweren Hypertonie infolge von mangelnder Therapietreue oder Schmerzen ist kein hypertensiver Notfall», erklärte Muggli. «In aller Regel lässt sich der Blutdruck durch die Einnahme der Antihypertensiva oder durch eine Schmerzbehandlung normalisieren. » Abschliessend wiesen beide Spezialisten darauf hin, wie wichtig der Langzeit-Follow-up unter Berücksichtigung der empfohlenen Blutdruck-Zielwerte von <140/90mmHg (<150/90mmHg bei betagten Menschen) durch den Hausarzt oder einen niedergelassenen Spezialisten ist.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie
(SGK), 7.–9. Juni 2017, Baden
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Mancia G et al.: 2013 ESH/ESC guidelines for the management of arterial hypertension: the Task Force for the Management of Arterial Hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2013; 34: 2159-219 <strong>2</strong> Park SK et al.: Comparing the clinical efficacy of resting and antihypertensive medication in patients of hypertensive urgency: a randomized, control trial. J Hypertens 2017; 35: 1474-80</p>
</div>
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