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Was tun?

Asymptomatische Arrhythmien bei der Deviceabfrage

<p class="article-intro">In Europa werden jährlich über 250.000 kardiale implantierbare elektrische Devices (CIED) implantiert: Dazu zählen implantierbare Looprecorder (ILR), Herzschrittmacher (PM) inklusive kardialer Resynchronisationstherapie (CRT) und Defibrillatoren (ICD). Diese Geräte verfügen heute über sehr präzise diagnostische Langzeitspeicher mit hoher Sensitivität und Spezifität zur Arrhythmieerkennung. Mittels CIED können auch asymptomatische Arrhythmien erfasst und identifiziert werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Implantierbare kardiale Devices verf&uuml;gen &uuml;ber einen pr&auml;zisen Arrhythmiespeicher. Damit k&ouml;nnen auch asymptomatische Arrhythmien detektiert werden.</li> <li>Remote-Monitoring erm&ouml;glicht eine raschere Arrhythmieerkennung, notwendige weiterf&uuml;hrende Diagnostik und Therapie (wie z.B. Antikoagulation) k&ouml;nnen dadurch fr&uuml;hzeitig etabliert werden.</li> <li>Ein Minimum-AF-Burden, ab dem unbedingt antikoaguliert werden sollte, ist bisher nicht definiert.</li> <li>Je l&auml;nger die VH-Flimmerepisoden und/oder je h&ouml;her der CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc-Score, &shy;desto h&ouml;her das Insult-Risiko.</li> <li>Die Notwendigkeit einer (D)OAK ergibt sich haupts&auml;chlich aus den Risikofaktoren f&uuml;r einen Insult (CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc) und weniger aus der H&auml;ufigkeit der AF-Episoden.</li> </ul> </div> <p>Sind diese CIED mit einer telemedizinischen &Uuml;berwachung gekoppelt, kann noch schneller auf Arrhythmien reagiert und therapiert werden. W&uuml;nschenswert w&auml;re eine fl&auml;chendeckende telemedizinische &Uuml;berwachung. Immerhin ist dies 2013 in den &bdquo;ESC Guidelines on cardiac pacing&ldquo; mit einer &bdquo;Klasse IIa, Level of Evidence A&ldquo;-Indikation und 2015 im &bdquo;HRS Expert Consensus Statement on Remote Monitoring&ldquo; sogar mit einer &bdquo;Klasse I, Level of Evidence A&ldquo;-Indikation empfohlen. Vor der endg&uuml;ltigen Diagno&shy;sestellung einer Arrhythmie im CIED ist ein kritischer Kontrollblick in die intrakar&shy;dialen Elektrogramme (IEGM) von einer/einem erfahrenen Nach&shy;sorge&shy;spezialistin/-spezialisten un&shy;er&shy;l&auml;sslich. Etwaige Fehlinterpretationen bedingt durch Oversensing, Undersensing, Farfield, Rauschen, Crosstalk etc. m&uuml;ssen ausgeschlossen werden. F&uuml;r das Management der asymptomatischen Arrhythmien gibt es keine formale internationale Richtlinie. M&ouml;gliche Therapieoptionen sollen in diesem Artikel diskutiert werden.<br /> Bradykarde Rhythmusst&ouml;rungen finden sich haupts&auml;chlich bei implantierbaren Looprecordern, Vorhofflimmern und Tachykardien sowohl in implantierbaren Looprecordern als auch Herzschrittmachern und Defibrillatoren.</p> <h2>Asymptomatische Bradykardien</h2> <p>Zur Beurteilung asymptomatischer Bradykardien empfiehlt es sich, den Grund der Deviceimplantation zu kennen. Eine asymptomatische Sinusbradykardie in einem Looprecorder bei einem Patienten nach kryptogenem Schlaganfall wird man sicherlich anders bewerten als einen asymptomatischen h&ouml;hergradigen AV-Block im Rahmen einer Synkopenabkl&auml;rung. Die &bdquo;2013 ESC-Guidelines on cardiac pacing&ldquo; geben uns einen klaren Pfad hinsichtlich Schrittmacherindikation vor.<br /> <br /> Ein asymptomatischer AV-Block 2. Grades, Typ Mobitz, und ein AV-Block 3. Grades sind nach Ausschluss etwaiger reversibler Ursachen eine klare Herzschrittmacherindikation, ein asymptomatischer Sinusknotenarrest nur nach Synkope und Pausen &uuml;ber 6 Sekunden (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite42.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>&bdquo;Atrial high-rate episodes&ldquo; bzw. Vorhofflimmerepisoden</h2> <p>&bdquo;Atrial high-rate episodes&ldquo; (AHRE) bzw. Vorhofflimmerepisoden finden sich in bis zu 50 % im Devicespeicher von unselektionierten Patienten. Bei ca. 30 % der Patienten ohne Vorhofflimmeranamnese wird dadurch ein Vorhofflimmern neu entdeckt. Es ist bekannt, dass Vorhofflimmern mit einem 5-fach erh&ouml;hten Schlaganfallrisiko und einem 2-fach erh&ouml;hten Mortalit&auml;tsrisiko verbunden ist. 15&ndash;25 % aller Schlaganf&auml;lle entstehen aufgrund von Vorhofflimmern. Eine OAK kann das Schlaganfallrisiko um 60&ndash;70 % senken. Die Inzidenz asymptomatischer Vorhofflimmerepisoden ist hoch.<br /> <br /> So empfehlen die ESC-Guidelines, Patienten mit Vorhofflimmern ab einem CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc-Score von 2 zu antikoagulieren, egal ob es sich um paroxysmales, persistierendes oder permanentes Vorhofflimmern handelt (Tab. 2, 3).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite43_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite43_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p>Ob diese Empfehlungen zur OAK auch f&uuml;r sehr kurze, asymptomatische Vorhofflimmerepisoden bzw. asymptomatische AHRE im CIED-Speicher umzusetzen sind, ist seit Jahren Gegenstand vieler CIED-Studien. Bei der Deviceabfrage wird immer ein sogenannter &bdquo;AT/AF-Burden&ldquo; angezeigt, der den Prozentsatz der Zeit im Vorhofflimmern in einer bestimmten monitierten Zeit darstellt. Oft stellt sich die Frage, ab welchem AT/AF-Burden man antikoagulieren soll.<br /> Capucci et al zeigten 2005 bei 725 DDDRP-Schrittmacher-Patienten mit Brady-Tachy-Syndrom, dass &uuml;ber 70 % der Patienten ein Vorhofflimmern &uuml;ber 5 Minuten und 14 Patienten (1,9 % ) ein embolisches Event hatten. Dauerte das Vorhofflimmern &uuml;ber 24 Stunden, war das Insultrisiko auf das 3,1-Fache erh&ouml;ht (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite44_1.jpg" alt="" width="779" height="559" /></p> <p>Botto GL et al publizierten 2009 eine Studie mit 568 DDD-Schrittmacher-Patienten: Die Kombination von AF-Burden und CHADS2 trennte die Studienpopulation in 2 Gruppen mit signifikant unterschiedlichem thromboembolischem Risiko: 3 von 351 Patienten (0,8 % ) gegen&uuml;ber 11 von 217 Patienten (5 % ). D.h., Patienten mit entweder einem niedrigen CHADS2-Score oder einem geringen AF-Burden haben ein deutlich geringeres Embolierisiko als Patienten mit entweder einem hohen CHADS2-Score und z.B. keinem Vorhofflimmern oder mit niedrigem CHADS<sub>2</sub>-Score, aber einem hohen AF-Burden (Abb. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite44_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p>Auch in den CIED-Studien SOS-AF, ASSERT und TRENDS konnte gezeigt werden, dass mit der Zunahme des Vorhofflimmer-Burdens das Embolierisiko steigt. Bemerkenswert ist, dass 73 % der Stroke-Patienten im Monat vor dem Ereignis gar keine Vorhofflimmerarrhythmie im CIED-Speicher hatten.<br /> <br /> Turakhia MP et al stellten bei 9.850 DDD-Schrittmacher-Patienten mit 10-Jahres-Remote-Monitoring (2002&ndash;2012) fest, dass einerseits relativ wenige Schrittmacher-Patienten (187 Pat.) in dieser Zeit einen Insult erlitten hatten und dass davon 156 Patienten (83 % ) gar keinen positiven AF-Burden (in dieser Studie definiert als &uuml;ber 5,5 Stunden) hatten. Bei Patienten mit positivem AF-Burden war die Odds-Ratio f&uuml;r Insult mit 17,4 innerhalb der ersten 5 Tage nach dem Vorhofflimmer&shy;ereignis am h&ouml;chsten und sank nach 30 Tagen wieder auf ein &bdquo;normales&ldquo; Insultrisiko. Daraus kann man schlie&szlig;en, dass Patienten mit einem Vorhofflimmern &uuml;ber mehrere Stunden vor&uuml;bergehend ein sehr hohes Insultrisiko haben, das dann aber wieder abnimmt.<br /> <br /> Ob sich mit diesem Wissen und dem Einsatz der DOAK bei Vorhofflimmerepisoden bzw. AHRE im CIED etwas an unserer Behandlungsstrategie &auml;ndern sollte, werden uns hoffentlich CIED-Studien wie folgende beantworten: ARTESIA (Apixaban vs. ASS), NOAH-AFNET (Edoxaban vs. ASS or Placebo), TACTIC-AF, REACT.COM.</p> <h2>Nicht anhaltende ventrikul&auml;re Tachykardien</h2> <p>Nicht anhaltende ventrikul&auml;re Tachykardien (nsVT) sind definitionsgem&auml;&szlig; ventrikul&auml;re Runs zwischen 3 Schl&auml;gen und maximal 30 Sekunden mit einer Herzfrequenz &uuml;ber 100/min. Bei der Deviceabfrage finden sich h&auml;ufig asymptomatische nsVT im Speicher (Abb. 3).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite45_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p>Vor allem bei KHK-Patienten wird man in 30&ndash;80 % nsVT im Langzeitmonitoring detektieren. Umso wichtiger ist es, eine strukturelle Herzerkrankung auszuschlie&szlig;en oder gegebenenfalls diese ad&auml;quat zu behandeln. Neben einer ausf&uuml;hrlichen Anamnese (inklusive Familien- und Medikamentenanamnese) sollten eine klinische Untersuchung, ein 12-Kanal-EKG, eine Labortestung und eine Echokardiografie Standard bei der Abkl&auml;rung von nsVT sein. Im Verdachtsfall ist die Durchf&uuml;hrung einer Ergometrie, einer CT der Koronarien oder einer Herzkatheteruntersuchung sinnvoll. Bei Verdacht auf Narben oder eine genetische Erkrankung empfiehlt sich eine MR-Tomografie des Herzens und eventuell eine genetische Testung (Tab. 5).<br /> Diagnostiziert man dabei eine eine strukturelle Herzerkrankung, so sollte diese entsprechend den Guidelines behandelt werden. Bei asymptomatischen nsVT ohne strukturelle Herzerkrankung bedarf es keiner weiteren Therapie, denn in keiner Studie konnte ein Mortalit&auml;tsvorteil in der Unterdr&uuml;ckung der nsVT mittels antiarrhythmischer Therapie oder Ablationstherapie gezeigt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite45_2.jpg" alt="" width="516" height="2005" /></p> <h2>Asymptomatische ventrikul&auml;re Extrasystolen</h2> <p>&Auml;hnlich ist es auch bei den asymptomatischen ventrikul&auml;ren Extrasystolen (VES): Ohne strukturelle Herzerkrankung ist grunds&auml;tzlich keine Therapie notwendig und die Prognose gut. Nur bei &gt;10.000 VES/24h sollten regelm&auml;&szlig;ig Echokardiografiekontrollen stattfinden, um rechtzeitig eine durch die VES bedingte Verschlechterung der Linksventrikelfunktion zu erkennen und einer drohenden Herzinsuffizienz rechtzeitig entgegenwirken zu k&ouml;nnen. Mit struktureller Herzerkrankung ist die optimale Therapie der Grunderkrankung (Revaskularisation bei Isch&auml;mie, Herzinsuffizienztherapie bei Herzinsuffizienz) essenziell, eine zus&auml;tzliche Unterdr&uuml;ckung der VES kann mit Betablockern und Antiarrhythmika versucht werden. Sollte damit keine Besserung eintreten, ist eine VES-Ablation in einem erfahrenen elektrophysiologischen Zentrum eine Option. Bei hohem VES-Burden bei ICD- und vor allem CRT-Patienten ist ein fr&uuml;her Therapieansatz mit Ausreizen der Betablockertherapie, Antiarrhythmika oder VES-Ablation sinnvoll, um eine weitere Verschlechterung der zumeist schon vorhandenen Herzinsuffizienz zu vermeiden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Weitere Literatur bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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