<p class="article-intro">International hat sich bereits ein Wandel hin zu mehr ambulanter kardiologischer Rehabilitation vollzogen. Auch in Österreich ist dieser Umbruch nun spürbar – ambulante Rehabilitation ist so wirksam wie manches Medikament. Die aktuelle Auswertung des AGAKAR-Registers liefert dazu spannende Daten.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Der klare prognostische Nutzen der ambulanten kardiologischen Rehabilitation nach akutem Myokardinfarkt, aortokoronarer Bypassoperation etc. ist mehrfach gut belegt.</li> <li>Die 5-Jahres-Sterblichkeitsrate von Patienten, die eine ambulante Rehabilitation absolvieren, ist signifikant niedriger als die von Patienten, die nicht ambulant rehabilitiert werden.</li> <li>Ambulante kardiologische Rehabilitation hat in Leitlinien die höchste Evidenzklasse IA.</li> <li>Keine Rehabilitation durchzuführen ist in der Tragweite für die Patienten vergleichbar mit dem Absetzen einzelner Medikamente.</li> </ul> </div> <h2>Ambulante kardiologische Rehabilitation: die Fakten</h2> <p>Die ambulante kardiologische Rehabilitation ist weltweit die mit Abstand häufigste Rehabilitationsform. Ganze Kontinente wie Nordamerika und Australien bieten kardiologische Rehabilitation überhaupt nur in ambulanter Form an. Auch in Europa kommen vor allem in Großbritannien, aber auch in den skandinavischen Ländern fast ausschließlich ambulante kardiologische Rehabilitationsverfahren zur Anwendung. Lediglich in den mitteleuropäischen und osteuropäischen Ländern dominiert traditionell die stationäre kardiologische Rehabilitation.<sup>1</sup> Auch dort findet derzeit ein Wandel hin zu mehr ambulanter kardiologischer Rehabilitation statt.</p> <p>Der medizinische Nutzen der ambulanten kardiologischen Rehabilitation ist durch mindestens 6 Metaanalysen randomisierter kontrollierter Studien mit insgesamt über 30 000 Patienten belegt.<sup>2–7</sup> Die Ergebnisse zeigen einen klaren prognostischen Nutzen der ambulanten kardiologischen Rehabilitation nach akutem Myokardinfarkt, aortokoronarer Bypassoperation, perkutaner koronarer Intervention, bei Herzinsuffizienz und auch bei Hochrisikopatienten mit stabiler Angina pectoris.<br /> In weiteren großen Studien konnte außerdem gezeigt werden, dass die 5-Jahres- Sterblichkeitsrate von Patienten, die eine ambulante Rehabilitation absolviert hatten, signifikant niedriger war als die von Patienten, die nicht ambulant rehabilitiert wurden (16,3 vs. 24,6 % ) – exemplarisch sei dazu die Studie von Suaya JA et al genannt.<sup>8</sup><br /> Dabei lässt sich der größte Rehabilitationseffekt dann erzielen, wenn der Abstand zwischen dem Ereignis und dem Beginn des Rehabilitationsprogramm möglichst kurz und die Rehabilitationsdauer möglichst lang ist.<sup>9</sup> Daher sind die rasche Einleitung und konsequente Durchführung einer ambulanten oder stationären Phase II und einer unmittelbar daran anschließenden längerfristigen ambulanten Phase III bei allen rehabilitationsfähigen Patienten nach einem kardialen Ereignis oder mit einem ausgeprägten kardiovaskulären Risikoprofil anzustreben.</p> <h2>Rehabilitation: Stellenwert in den Leitlinien</h2> <p>Diese und andere überzeugende Studien haben auch ihren Niederschlag in den Leitlinien aller großen nationalen und internationalen Fachgesellschaften gefunden. Darin wird der ambulanten kardiologischen Rehabilitation die höchste Evidenzklasse IA gegeben. Somit ist die Therapie von Herzpatienten nicht leitlinienkonform, wenn nicht rehabilitiert wird. Keine Rehabilitation durchzuführen ist in der Tragweite für die Patienten vergleichbar mit dem Absetzen einzelner Medikamente!<sup>10</sup> Im Einklang mit diesen überzeugenden internationalen Daten steht eine Analyse von Piso B et al, in der bereits 2011 eine höhere Überlebensrate durch ambulante Phase-III-Rehabilitation im Vergleich zu einer Kontrollgruppe in Österreich nachgewiesen werden konnte.<sup>11</sup></p> <h2>AGAKAR-Register zeigt Benefit durch ambulante Rehabilitation</h2> <p>Sowohl in einer vorhergehenden<sup>12</sup> als auch in einer aktuellen Analyse des AGAKAR- Registers, in welches zwischen 2005 und 2015 österreichweit die Daten von über 5000 konsekutiven Patienten eingegeben wurden, konnte der Nutzen der ambulanten Phase-II- und -III-Rehabilitation, die nach dem Modell der AGAKAR und den Guidelines der ÖKG durchgeführt wird, belegt werden. So kam es in der Phase II zu einer deutlichen Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, des Blutdrucks, der HDL-, LDL- und Triglyzeridwerte sowie von Ängstlichkeit, Depressivität und gesundheitsbezogener Lebensqualität. Eine anschließende Phase III festigte diese Erfolge und führte bei den krankheitsrelevanten kardiovaskulären Risikofaktoren und den psychokardiologischen Faktoren zu einer weiteren und vor allem nachhaltigen Verbesserung. Dabei waren die Ergebnisse dann am besten, wenn der Phase III eine ambulante anstelle einer stationären Phase II vorausging. Insgesamt belegen die Daten die Wirksamkeit der Phase III und zeigen auf, dass auch zuvor stationär rehabilitierte Patienten hiervon profitieren, sodass diese jedem dieser Patienten angeboten werden sollte.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die ambulante kardiologische Rehabilitation wird in aktuellen Leitlinien mit der Evidenzklasse IA gewürdigt – ein Niveau, welches nur wenige Medikamente erzielen können. Dennoch werden in Österreich weiterhin zu wenige Patienten ambulant rehabilitiert und es besteht keine flächendeckende, wohnartnahe und somit berufsbegleitende Versorgung. Am Interesse der Patienten und am Willen der Kollegen, ambulante Angebote zu schaffen, scheitert es nicht. So bleibt zu hoffen, dass diesen Stimmen möglichst bald auch bei den Versicherungen Gehör gegeben und eine adäquate Versorgung in naher Zukunft ermöglicht wird.</p> </div></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Bjarnason-Wehrens B et al: Cardiac rehabilitation in Europe: results from the European Cardiac Rehabilitation Inventory Survey. Eur J Cardiovasc Prev Rehabil 2010; 17: 410-8 <strong>2</strong> Jolliffe JA et al: Exercise-based rehabilitation for coronary heart disease. Cochrane Database Syst Rev 2001; 1: CD001800 <strong>3</strong> O'Connor GT et al: An overview of randomized trials of rehabilitation with exercise after myocardial infarction. Circulation 1989; 80(2): 234-44 <strong>4</strong> Oldridge NB et al: Cardiac rehabilitation after myocardial infarction. Combined experience of randomized clinical trials. JAMA 1988; 260: 945-50 <strong>5</strong> Taylor RS et al: Exercisebased rehabilitation for patients with coronary heart disease: systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Med 2004; 116(10): 682-92 <strong>6</strong> Lawler PR et al: Efficacy of exercise-based cardiac rehabilitation post–myocardial infarction: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Am Heart J 2011; 162: 571-84 <strong>7</strong> Anderson L et al: Exercisebased cardiac rehabilitation for coronary heart disease: cochrane systematic review and meta-analysis. J Am Coll Cardiol 2016; 67: 1-12 <strong>8</strong> Suaya JA er al: Cardiac rehabilitation and survival in older coronary patients. J Am Coll Cardiol 2009; 54: 25-33 <strong>9</strong> Hammill BG et al: Relationship between cardiac rehabilitation and long-term risks of death and myocardial infarction among elderly medicare beneficiaries. Circulation 2010; 121: 63-70 <strong>10</strong> Piepoli MF et al: 2016 European Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice: T he Sixth Joint Task Force of the European Society of Cardiology and Other Societies on Cardiovascular Disease Prevention in Clinical Practice (constituted by representatives of 10 societies and by invited experts). Developed with the special contribution of the European Association for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation (EACPR). Eur Heart J 2016; 37(29): 2315-81 <strong>11</strong> Piso B et al: Outpatient cardiac phase III rehabilitation at a Viennese institution - retrospective cohort study. Wien Med Wochenschr 2011; 161: 263-71 <strong>12</strong> Niebauer J et al: Short- and long-term effects of outpatient cardiac rehabilitation: an Austrian registry. Wien Klin Wochschr 2014; 126: 148-55</p>
</div>
</p>