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Früherkennung und Vorsorge 2022: Ovar, Zervix, Endometrium

Was bleibt, was kommt?

<p class="article-intro">Die Art der Prävention eines Ovarial-, eines Zervix- und eines Endometriumkarzinom variiert aufgrund der unterschiedlichen Prävalenzen, Tumorbiologie und Präventionsmöglichkeiten enorm. Im Folgenden wird der aktuelle Wissensstand zusammengefasst, um einen Ausblick auf die Prävention zu wagen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Beim Zervixkarzinom erm&ouml;glicht uns die HVP-Impfung eine sehr effiziente prim&auml;re Pr&auml;vention, die dann in Kombination mit einer effizienten sekund&auml;ren Pr&auml;vention, die langfristig einen HPV-Test beinhalten wird, eine weitere drastische Reduktion dieser Tumorerkrankung bewirken wird.</li> <li>Die M&ouml;glichkeit einer terti&auml;ren Pr&auml;vention beim Ovarialkarzinom wird derzeit in einer britischen Studie untersucht, wobei die Daten nicht darauf hinweisen, dass sich kurzfristig die M&ouml;glichkeit f&uuml;r eine effiziente Fr&uuml;herkennung bieten wird.</li> <li>Beim Endometriumkarzinom gibt es erste Studien, die die M&ouml;glichkeit einer sekund&auml;ren bzw. terti&auml;ren Pr&auml;vention aufzeigen. Die Daten sind jedoch noch nicht aussagekr&auml;ftig genug, um kurz- bzw. mittelfristig ein Screening des Endometriumkarzinoms zu etablieren.</li> </ul> </div> <h2>Pr&auml;vention</h2> <p>Im Wesentlichen gibt es drei Formen der Pr&auml;vention:</p> <ol> <li>Die prim&auml;re Pr&auml;vention umfasst die Vorsorge im eigentlichen Sinn. Es wird eine Intervention gesetzt, bevor die Erkrankung entsteht. Dies umfasst typischerweise &Auml;nderungen bei Lifestylefaktoren oder auch Impfungen (in der Gyn&auml;kologie ist die HPV-Impfung ein Paradebeispiel hierf&uuml;r).</li> <li>Die sekund&auml;re Pr&auml;vention beschreibt die typischen Vorsorgeuntersuchungen wie die Koloskopie zur Erkennung von Polypen und ggf. deren Abtragung und damit verbunden zur Vermeidung eines Kolonkarzinoms. Auch das Pap/HPVScreening zur Erkennung gutartiger Vorstufen des Zervixkarzinoms und zur Wahl der entsprechenden Therapie dieser Dysplasien geh&ouml;rt dazu.</li> <li>Die terti&auml;re Pr&auml;vention beschreibt die Fr&uuml;herkennung. Das Ziel ist die Erkennung von Fr&uuml;hstadien einer Tumorerkrankung, um durch die entsprechende Therapie dieser Fr&uuml;hstadien eine bessere Prognose f&uuml;r die Patientin zu erzielen als bei einer weiter fortgeschrittenen Tumorerkrankung.</li> </ol> <h2>Zervix</h2> <p>Eckpfeiler in der Pr&auml;vention des Zervixkarzinoms ist nat&uuml;rlich die m&ouml;glichst hohe Durchimpfungsrate mit dem HPV-Impfstoff. In zahlreichen Studien wurde die damit einhergehende Reduktion der zervikalen Pr&auml;kanzerosen belegt. Exemplarisch findet sich anbei eine Grafik zu einer der ersten dieser Studien (Abb. 1). Die Implementierung der HPV-Impfung sowohl f&uuml;r Buben als auch f&uuml;r M&auml;dchen im Alter von neun bis zw&ouml;lf Jahren im &Ouml;sterreichischen Impfplan war hierf&uuml;r immens wichtig und sollte in den n&auml;chsten Jahren zu einer deutlichen Verbesserung der bislang noch relativ niedrigen Durchimpfungsrate f&uuml;hren.<br /> Bez&uuml;glich der Art der sekund&auml;ren Pr&auml;vention im Sinne eines Zervixkarzinom- Screenings liegen die Vorteile der Integration des HPV-Tests insbesondere in seinem sehr hohen negativen Vorhersagewert und dem langen anschlie&szlig;enden Intervall, in dem es unwahrscheinlich ist, dass eine hochgradige Dysplasie bzw. ein Zervixkarzinom entsteht (Abb. 2). Dies f&uuml;hrte in letzter Zeit dazu, dass der HPV-Test entweder als alleiniger Test oder als Ko-Test zusammen mit der Zytologie in vielen L&auml;ndern in das Zervixkarzinom- Screening integriert wurde bzw. wird.<br /> Zusammenfassend muss man sagen, dass sich rein klinisch ein Vorteil eines Ko- Tests aus Zytologie und HPV-Test in den aktuellen Studien zeigt. Das Zervixkarzinom- Screening der Zukunft wird jedoch von sehr vielen gesundheitspolitischen und strategischen Faktoren und Entscheidungen beeinflusst werden. Es ist daher kaum absehbar, wie das Zervixkarzinom- Screening in &Ouml;sterreich in f&uuml;nf bis zehn Jahren aussehen wird.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1705_Weblinks_jatros_gyn_1705_s32_abb1.jpg" alt="" width="2199" height="852" /></p> <h2>Ovar</h2> <p>Die Voraussetzungen f&uuml;r eine effiziente sekund&auml;re Pr&auml;vention beim Ovarialkarzinom sind insgesamt extrem ung&uuml;nstig, da es sich um eine seltene Erkrankung mit kurzer Latenzzeit zwischen Vorstufe und Krebserkrankung handeln d&uuml;rfte. Der n&auml;chste Schritt nach auff&auml;lligem Screening-Test ist eine histologische Abkl&auml;rung mittels Operation. Daher wird derzeit der Schwerpunkt eher auf die terti&auml;re Pr&auml;vention, d.h. das Erkennen von Fr&uuml;hstadien, gelegt.<br /> &bdquo;PLCOS trial&ldquo;, eine amerikanische Studie, die die Wertigkeit von seriellen CA- 125-Messungen bei postmenopausalen Frauen untersuchte, lieferte dazu entt&auml;uschende Ergebnisse. Eine britische Studie unter dem Namen &bdquo;UKCTOCS trial&ldquo; zu diesem Thema lieferte erste positive Ergebnisse. In diese insgesamt sehr aufwendige Studie wurden ca. 202 000 postmenopausale Frauen eingeschlossen und willk&uuml;rlich drei Gruppen zugeteilt: 1. einer Kontrollgruppe ohne Screening, 2. einer Screeninggruppe mit j&auml;hrlichem Ultraschall und 3. einer sogenannten &bdquo;Multimodalgruppe&ldquo;. In der Multimodalgruppe wurde eine j&auml;hrliche CA-125-Messung durchgef&uuml;hrt, wobei nicht die Absolutwerte entscheidend waren, sondern die individuellen Schwankungen, die anhand eines Algorithmus ausgewertet worden waren. Aufgrund der daraus resultierenden Risikobewertung wurde den Frauen eine CA-125-Bestimmung in einem Jahr, eine CA-125-Bestimmung in drei Monaten oder eine sofortige weiterf&uuml;hrende Abkl&auml;rung mittels Ultraschall empfohlen. In den optimalen Analysen auf Subgruppenniveau konnte f&uuml;r das Multimodalscreening sogar ein &Uuml;berlebensvorteil gefunden werden (Abb. 3). Diese Studie hatte aber insbesondere in diesen ersten Analysen doch einige Schw&auml;chen und wurde aufgrund einiger statistischer Unklarheiten und tendenzi&ouml;ser Analysemethoden stark kritisiert. Insgesamt ist das endg&uuml;ltige Ergebnis dieser Studie noch nicht ganz absch&auml;tzbar.<br /> Eine weitere interessante Methode, die jedoch derzeit erst im Bereich der Basisforschung stattfindet, ist der Versuch des Nachweises von Pr&auml;kursorl&auml;sionen des Ovarialkarzinoms in der Tube. Erste Studien zeigten eine relativ hohe Erkennungsrate von Ovarialkarzinomen mittels einer Sp&uuml;lung des Cavum uteri &uuml;ber einen vaginal gelegten Sp&uuml;lkatheter. Der Vorteil dieser Methode w&auml;re einerseits die ambulante Durchf&uuml;hrung, auf der anderen Seite bleibt abzuwarten, ob eine verl&auml;ssliche Erkennung der Ovarialkarzinomvorstufen in der Tube mit dieser Technik m&ouml;glich sein wird. Insgesamt ist eine effiziente Pr&auml;vention des Ovarialkarzinoms in den n&auml;chsten Jahren nicht zu erwarten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1705_Weblinks_jatros_gyn_1705_s33_abb2+3.jpg" alt="" width="2202" height="949" /></p> <h2>Endometrium</h2> <p>Das Endometriumkarzinom stellt ein Kuriosum dar, da einerseits die Pr&auml;valenz der Erkrankung aufgrund der Entwicklung der Bev&ouml;lkerung und der Lifestylefaktoren zunehmen wird. Auf der anderen Seite untersuchen jedoch sehr wenige Studien die M&ouml;glichkeiten einer Pr&auml;vention dieses Tumors. Dies liegt einerseits daran, dass es mit der postmenopausalen Blutung ein sehr h&auml;ufiges Fr&uuml;hsymptom eines fr&uuml;hen Endometriumkarzinoms gibt. Auf der anderen Seite konnten weder die Zytologie noch serologische Tests verl&auml;ssliche Ergebnisse bez&uuml;glich der Pr&auml;vention des Endometriumkarzinoms zeigen.<br /> In einer Subgruppenanalyse der UKCTOCS- Studie wurde die Wertigkeit des transvaginalen Ultraschalls in der sekund&auml;ren bzw. terti&auml;ren Pr&auml;vention untersucht (Tab. 1). Hierbei zeigte sich, dass bei asymptomatischen Frauen (d.h. ohne postmenopausale Blutung) ab einer Endometriumdicke von &ge;10mm das Risiko f&uuml;r das Vorliegen einer Endometriumhyperplasie mit Atypien bzw. eines Endometriumkarzinoms bei 5,9 % lag &ndash; dies entspricht in etwa dem Vorliegen ebendieser Erkrankungen bei postmenopausaler Blutung. Somit zeigen sich erste Hinweise, dass mittels transvaginalen Ultraschalls eine sekund&auml;re/terti&auml;re Pr&auml;vention des Endometriumkarzinoms durchaus m&ouml;glich sein k&ouml;nnte. Dennoch sind noch viele Fragen zu kl&auml;ren, bevor eine Empfehlung f&uuml;r ein Endometriumkarzinom- Screening ausgesprochen werden kann.<br /> Auch beim Endometriumkarzinom finden derzeit interessante Grundlagenforschungen zu einer Pr&auml;vention mittels &bdquo;uterus lavage&ldquo; statt. Hierbei ist jedoch insbesondere das fehlende eindeutige Target das zentrale Problem, da das Endometriumkarzinom aus mehreren molekulargenetischen Gruppen besteht, die sich betr&auml;chtlich voneinander unterscheiden und somit nicht alle gleich nachweisbar sind. Somit ist auch beim Endometriumkarzinom eine effiziente Pr&auml;vention in den n&auml;chsten Jahren nicht zu erwarten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1705_Weblinks_jatros_gyn_1705_s34_tab1.jpg" alt="" width="2150" height="959" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Der Zeitraum von heute bis 2022 ist insgesamt zu kurz, um grundlegende &Auml;nderungen in der Pr&auml;vention bei den gyn&auml;kologischen Beckenmalignomen zu erwarten. Beim Zervixkarzinom ist eine hohe Durchimpfungsrate f&uuml;r die Prim&auml;rpr&auml;vention entscheidend. Die zuk&uuml;nftige Art der Sekund&auml;rpr&auml;vention des Zervixkarzinoms ist aufgrund der zahlreichen Einfl&uuml;sse, denen diese Pr&auml;ventionsform unterliegt, kaum absehbar, wird jedoch in irgendeiner Form den HPV-Test beinhalten. Die Pr&auml;vention des Ovarialkarzinoms ist derzeit vom klinischen Alltag noch weit entfernt, wobei sowohl der Ansatz der individuellen CA-125-Messung als auch experimentelle Ans&auml;tze mit dem Versuch der Erkennung von Pr&auml;kursorl&auml;sionen in der Tube sehr interessant sind. Auch im Bereich des Endometriumkarzinoms wird sich in den n&auml;chsten Jahren keine Pr&auml;ventionsmethode etablieren.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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