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Was bleibt, was kommt?
Jatros
Autor:
Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Christoph Grimm
Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie<br> Gynecologic Cancer Unit, Comprehensive Cancer Center<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: christoph.grimm@meduniwien.ac.at
30
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30.11.2017
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<p class="article-intro">Die Art der Prävention eines Ovarial-, eines Zervix- und eines Endometriumkarzinom variiert aufgrund der unterschiedlichen Prävalenzen, Tumorbiologie und Präventionsmöglichkeiten enorm. Im Folgenden wird der aktuelle Wissensstand zusammengefasst, um einen Ausblick auf die Prävention zu wagen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Beim Zervixkarzinom ermöglicht uns die HVP-Impfung eine sehr effiziente primäre Prävention, die dann in Kombination mit einer effizienten sekundären Prävention, die langfristig einen HPV-Test beinhalten wird, eine weitere drastische Reduktion dieser Tumorerkrankung bewirken wird.</li> <li>Die Möglichkeit einer tertiären Prävention beim Ovarialkarzinom wird derzeit in einer britischen Studie untersucht, wobei die Daten nicht darauf hinweisen, dass sich kurzfristig die Möglichkeit für eine effiziente Früherkennung bieten wird.</li> <li>Beim Endometriumkarzinom gibt es erste Studien, die die Möglichkeit einer sekundären bzw. tertiären Prävention aufzeigen. Die Daten sind jedoch noch nicht aussagekräftig genug, um kurz- bzw. mittelfristig ein Screening des Endometriumkarzinoms zu etablieren.</li> </ul> </div> <h2>Prävention</h2> <p>Im Wesentlichen gibt es drei Formen der Prävention:</p> <ol> <li>Die primäre Prävention umfasst die Vorsorge im eigentlichen Sinn. Es wird eine Intervention gesetzt, bevor die Erkrankung entsteht. Dies umfasst typischerweise Änderungen bei Lifestylefaktoren oder auch Impfungen (in der Gynäkologie ist die HPV-Impfung ein Paradebeispiel hierfür).</li> <li>Die sekundäre Prävention beschreibt die typischen Vorsorgeuntersuchungen wie die Koloskopie zur Erkennung von Polypen und ggf. deren Abtragung und damit verbunden zur Vermeidung eines Kolonkarzinoms. Auch das Pap/HPVScreening zur Erkennung gutartiger Vorstufen des Zervixkarzinoms und zur Wahl der entsprechenden Therapie dieser Dysplasien gehört dazu.</li> <li>Die tertiäre Prävention beschreibt die Früherkennung. Das Ziel ist die Erkennung von Frühstadien einer Tumorerkrankung, um durch die entsprechende Therapie dieser Frühstadien eine bessere Prognose für die Patientin zu erzielen als bei einer weiter fortgeschrittenen Tumorerkrankung.</li> </ol> <h2>Zervix</h2> <p>Eckpfeiler in der Prävention des Zervixkarzinoms ist natürlich die möglichst hohe Durchimpfungsrate mit dem HPV-Impfstoff. In zahlreichen Studien wurde die damit einhergehende Reduktion der zervikalen Präkanzerosen belegt. Exemplarisch findet sich anbei eine Grafik zu einer der ersten dieser Studien (Abb. 1). Die Implementierung der HPV-Impfung sowohl für Buben als auch für Mädchen im Alter von neun bis zwölf Jahren im Österreichischen Impfplan war hierfür immens wichtig und sollte in den nächsten Jahren zu einer deutlichen Verbesserung der bislang noch relativ niedrigen Durchimpfungsrate führen.<br /> Bezüglich der Art der sekundären Prävention im Sinne eines Zervixkarzinom- Screenings liegen die Vorteile der Integration des HPV-Tests insbesondere in seinem sehr hohen negativen Vorhersagewert und dem langen anschließenden Intervall, in dem es unwahrscheinlich ist, dass eine hochgradige Dysplasie bzw. ein Zervixkarzinom entsteht (Abb. 2). Dies führte in letzter Zeit dazu, dass der HPV-Test entweder als alleiniger Test oder als Ko-Test zusammen mit der Zytologie in vielen Ländern in das Zervixkarzinom- Screening integriert wurde bzw. wird.<br /> Zusammenfassend muss man sagen, dass sich rein klinisch ein Vorteil eines Ko- Tests aus Zytologie und HPV-Test in den aktuellen Studien zeigt. Das Zervixkarzinom- Screening der Zukunft wird jedoch von sehr vielen gesundheitspolitischen und strategischen Faktoren und Entscheidungen beeinflusst werden. Es ist daher kaum absehbar, wie das Zervixkarzinom- Screening in Österreich in fünf bis zehn Jahren aussehen wird.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1705_Weblinks_jatros_gyn_1705_s32_abb1.jpg" alt="" width="2199" height="852" /></p> <h2>Ovar</h2> <p>Die Voraussetzungen für eine effiziente sekundäre Prävention beim Ovarialkarzinom sind insgesamt extrem ungünstig, da es sich um eine seltene Erkrankung mit kurzer Latenzzeit zwischen Vorstufe und Krebserkrankung handeln dürfte. Der nächste Schritt nach auffälligem Screening-Test ist eine histologische Abklärung mittels Operation. Daher wird derzeit der Schwerpunkt eher auf die tertiäre Prävention, d.h. das Erkennen von Frühstadien, gelegt.<br /> „PLCOS trial“, eine amerikanische Studie, die die Wertigkeit von seriellen CA- 125-Messungen bei postmenopausalen Frauen untersuchte, lieferte dazu enttäuschende Ergebnisse. Eine britische Studie unter dem Namen „UKCTOCS trial“ zu diesem Thema lieferte erste positive Ergebnisse. In diese insgesamt sehr aufwendige Studie wurden ca. 202 000 postmenopausale Frauen eingeschlossen und willkürlich drei Gruppen zugeteilt: 1. einer Kontrollgruppe ohne Screening, 2. einer Screeninggruppe mit jährlichem Ultraschall und 3. einer sogenannten „Multimodalgruppe“. In der Multimodalgruppe wurde eine jährliche CA-125-Messung durchgeführt, wobei nicht die Absolutwerte entscheidend waren, sondern die individuellen Schwankungen, die anhand eines Algorithmus ausgewertet worden waren. Aufgrund der daraus resultierenden Risikobewertung wurde den Frauen eine CA-125-Bestimmung in einem Jahr, eine CA-125-Bestimmung in drei Monaten oder eine sofortige weiterführende Abklärung mittels Ultraschall empfohlen. In den optimalen Analysen auf Subgruppenniveau konnte für das Multimodalscreening sogar ein Überlebensvorteil gefunden werden (Abb. 3). Diese Studie hatte aber insbesondere in diesen ersten Analysen doch einige Schwächen und wurde aufgrund einiger statistischer Unklarheiten und tendenziöser Analysemethoden stark kritisiert. Insgesamt ist das endgültige Ergebnis dieser Studie noch nicht ganz abschätzbar.<br /> Eine weitere interessante Methode, die jedoch derzeit erst im Bereich der Basisforschung stattfindet, ist der Versuch des Nachweises von Präkursorläsionen des Ovarialkarzinoms in der Tube. Erste Studien zeigten eine relativ hohe Erkennungsrate von Ovarialkarzinomen mittels einer Spülung des Cavum uteri über einen vaginal gelegten Spülkatheter. Der Vorteil dieser Methode wäre einerseits die ambulante Durchführung, auf der anderen Seite bleibt abzuwarten, ob eine verlässliche Erkennung der Ovarialkarzinomvorstufen in der Tube mit dieser Technik möglich sein wird. Insgesamt ist eine effiziente Prävention des Ovarialkarzinoms in den nächsten Jahren nicht zu erwarten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1705_Weblinks_jatros_gyn_1705_s33_abb2+3.jpg" alt="" width="2202" height="949" /></p> <h2>Endometrium</h2> <p>Das Endometriumkarzinom stellt ein Kuriosum dar, da einerseits die Prävalenz der Erkrankung aufgrund der Entwicklung der Bevölkerung und der Lifestylefaktoren zunehmen wird. Auf der anderen Seite untersuchen jedoch sehr wenige Studien die Möglichkeiten einer Prävention dieses Tumors. Dies liegt einerseits daran, dass es mit der postmenopausalen Blutung ein sehr häufiges Frühsymptom eines frühen Endometriumkarzinoms gibt. Auf der anderen Seite konnten weder die Zytologie noch serologische Tests verlässliche Ergebnisse bezüglich der Prävention des Endometriumkarzinoms zeigen.<br /> In einer Subgruppenanalyse der UKCTOCS- Studie wurde die Wertigkeit des transvaginalen Ultraschalls in der sekundären bzw. tertiären Prävention untersucht (Tab. 1). Hierbei zeigte sich, dass bei asymptomatischen Frauen (d.h. ohne postmenopausale Blutung) ab einer Endometriumdicke von ≥10mm das Risiko für das Vorliegen einer Endometriumhyperplasie mit Atypien bzw. eines Endometriumkarzinoms bei 5,9 % lag – dies entspricht in etwa dem Vorliegen ebendieser Erkrankungen bei postmenopausaler Blutung. Somit zeigen sich erste Hinweise, dass mittels transvaginalen Ultraschalls eine sekundäre/tertiäre Prävention des Endometriumkarzinoms durchaus möglich sein könnte. Dennoch sind noch viele Fragen zu klären, bevor eine Empfehlung für ein Endometriumkarzinom- Screening ausgesprochen werden kann.<br /> Auch beim Endometriumkarzinom finden derzeit interessante Grundlagenforschungen zu einer Prävention mittels „uterus lavage“ statt. Hierbei ist jedoch insbesondere das fehlende eindeutige Target das zentrale Problem, da das Endometriumkarzinom aus mehreren molekulargenetischen Gruppen besteht, die sich beträchtlich voneinander unterscheiden und somit nicht alle gleich nachweisbar sind. Somit ist auch beim Endometriumkarzinom eine effiziente Prävention in den nächsten Jahren nicht zu erwarten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Gyn_1705_Weblinks_jatros_gyn_1705_s34_tab1.jpg" alt="" width="2150" height="959" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Der Zeitraum von heute bis 2022 ist insgesamt zu kurz, um grundlegende Änderungen in der Prävention bei den gynäkologischen Beckenmalignomen zu erwarten. Beim Zervixkarzinom ist eine hohe Durchimpfungsrate für die Primärprävention entscheidend. Die zukünftige Art der Sekundärprävention des Zervixkarzinoms ist aufgrund der zahlreichen Einflüsse, denen diese Präventionsform unterliegt, kaum absehbar, wird jedoch in irgendeiner Form den HPV-Test beinhalten. Die Prävention des Ovarialkarzinoms ist derzeit vom klinischen Alltag noch weit entfernt, wobei sowohl der Ansatz der individuellen CA-125-Messung als auch experimentelle Ansätze mit dem Versuch der Erkennung von Präkursorläsionen in der Tube sehr interessant sind. Auch im Bereich des Endometriumkarzinoms wird sich in den nächsten Jahren keine Präventionsmethode etablieren.</p></p>
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<p>beim Verfasser</p>
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