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Update – Kontrazeption und Thrombose

<p class="article-intro">Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva zählen zu den sichersten und weltweit am häufigsten angewandten Verhütungsmethoden. Die Diskussion um „Pille und Thrombose“ begleitet uns dabei schon seit mehreren Jahrzehnten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Vor Erstverschreibung eines KHK sind eine ausf&uuml;hrliche Eigen- und Familienanamnese und das individuelle Hintergrundrisiko f&uuml;r VTE zu erheben.</li> <li>Jedes KHK (auch Vaginalring und Verh&uuml;tungspflaster) erh&ouml;ht das Thromboserisiko geringf&uuml;gig, wobei dieses von der H&ouml;he des EE-Spiegels und der Art des Gestagens abh&auml;ngt; niedrig dosierte Levonorgestrel-haltige Pr&auml;parate d&uuml;rften mit dem niedrigsten Risiko f&uuml;r VTE einhergehen.</li> <li>Das absolute Risiko f&uuml;r VTE bei jungen, gesunden, schlanken Nichtraucherinnen ist sehr niedrig und abzuw&auml;gen gegen das Thromboserisiko in der Schwangerschaft und in der Postpartalperiode.</li> <li>Das Thromboserisiko unter KHK ist potenziert bei fortgeschrittenem Alter, Nikotinabusus, Adipositas, Hypertonie oder thrombogenen Mutationen.</li> <li>H&auml;ufige Pillenwechsel und Pillenpausen sind zu vermeiden, da das Risiko f&uuml;r VTE w&auml;hrend der ersten Anwendungsmonate am h&ouml;chsten ist.</li> </ul> </div> <h2>Hormonelle Kontrazeption bei erh&ouml;htem Thromboserisiko</h2> <p>Wenn man von &bdquo;Kontrazeption und Thrombose&ldquo; spricht, meint man prim&auml;r das unter kombinierten hormonellen Kontrazeptiva geringf&uuml;gig erh&ouml;hte Risiko f&uuml;r thromboembolische Ereignisse (VTE), auf das im 2. Teil des Artikels n&auml;her eingegangen werden soll. Dar&uuml;ber hinaus ist es jedoch eine wichtige Frage, welche Form der Kontrazeption bei Frauen mit bekanntem pr&auml;existentem Thromboserisiko unbedenklich angewendet werden kann.<br /> Ein erh&ouml;htes Risiko liegt vor bei positiver Eigen- oder Familienanamnese eines VTE, Hypertonie, l&auml;ngerer Immobilisation (insbesondere im Zusammenhang mit gro&szlig;en Operationen) oder thrombogenen Mutationen (wie Faktor-V-Leiden, Prothrombin, Protein C und S, Antithrombin-III-Mangel).<br /> Durch Bestimmung der sog. aPC-Resistenz k&ouml;nnten 95 % der Faktor-V-Leiden- Mutationen erhoben werden. Dennoch wird dies nur bei begr&uuml;ndetem Verdacht empfohlen, da die thrombophile Variante sehr selten ist (heterozygot knapp 5 % in der europ&auml;ischen Bev&ouml;lkerung, homozygot 0,008 % ) und somit die &bdquo;fl&auml;chendeckende&ldquo; Testung aller jungen Frauen mit Kontrazeptionswunsch nicht kosteneffektiv w&auml;re. Mehr als eine Million potenzielle Anwenderinnen von kombinierten hormonellen Kontrazeptiva (KHK) m&uuml;ssten auf Vorliegen von thrombogenen Mutationen getestet werden, um zwei KHK-assoziierte Todesf&auml;lle zu verhindern. Dokumentiert aufkl&auml;ren &uuml;ber die M&ouml;glichkeit der Testung muss der rezeptierende Arzt aber in jedem Fall, wof&uuml;r vorgefertigte &bdquo;Checklisten&ldquo; zur Anwendung kommen k&ouml;nnen, die des Weiteren auch eine sehr detaillierte Analyse des Risikos der Patientin vor Erstverordnung des KHK beinhalten. Bei zus&auml;tzlichen Risikofaktoren f&uuml;r VTE (wie positive Eigen-, Familienanamese, Adipositas, Nikotinabusus) sollte gro&szlig;z&uuml;gig die aPC-Resistenz f&uuml;r die Pillen-Erstverordnung bestimmt und das Ergebnis in die Wahl des Kontrazeptivums miteinbezogen werden.<br /> Prim&auml;r soll bei Frauen mit stark erh&ouml;hter Thromboseneigung auf ein nicht hormonelles Verh&uuml;tungsmittel zur&uuml;ckgegriffen werden, welches jedoch eine ausreichend hohe kontrazeptive Sicherheit gew&auml;hrleistet, da die Schwangerschaft per se &ndash; und insbesondere die postpartale Periode &ndash; mit einem 5- bis 25-mal h&ouml;heren Risiko f&uuml;r das Auftreten eines VTE einhergeht (im Vergleich zur jungen, gesunden, nicht schwangeren Frau).<br /> Bei Vorliegen eines akuten VTE d&uuml;rfen lediglich nicht hormonelle Methoden &ndash; und mit Einschr&auml;nkung das LNG-IUS &ndash; zur Anwendung kommen. Bei St.p. Thrombose und Vorliegen von heredit&auml;ren Thrombophilien d&uuml;rfen keine KHK (COC &ndash; &bdquo;combined oral contraceptives&ldquo;) zur Anwendung kommen, lediglich mechanische oder rein gestagene Formen der Kontrazeption (wie Minipille, 3-Monats-Spritze, ENG-Implantat oder LNG-IUS).<br /> Die kontrazeptiven M&ouml;glichkeiten f&uuml;r Frauen mit bekannterma&szlig;en erh&ouml;htem Thromboserisiko wurden von der WHO in Form der sogenannten MEC (&bdquo;Medical Eligibility Criteria&ldquo;) ver&ouml;ffentlicht (Tab. 1).<br /> Das unter Einnahme von KHK erh&ouml;hte Risiko f&uuml;r VTE bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren wie Adipositas, Nikotinabusus oder fortgeschrittenen Lebensalters ist im Individualfall abzuw&auml;gen und in die Wahl des geeigneten Kontrazeptivums mit einzubeziehen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Gyn_1803_Weblinks_jatros_gyn_1803_s11_tab1.jpg" alt="" width="1448" height="1230" /></p> <h2>Erh&ouml;htes Thromboserisiko unter hormoneller Kontrazeption</h2> <p><strong>Thromboserisiko unter Pille</strong><br /> KHK sind das weltweit am h&auml;ufigsten angewandte Verh&uuml;tungsmittel. Neben sehr hoher kontrazeptiver Sicherheit ist insbesondere die Gestagenkomponente der Pille f&uuml;r &bdquo;erw&uuml;nschte Partialeffekte&ldquo; (&bdquo;noncontraceptive benefits&ldquo;) wie Verbesserung von Akne und Hirsutismus verantwortlich. Auch Dysmenorrh&ouml; und verst&auml;rkter, zu An&auml;mie f&uuml;hrender Blutverlust w&auml;hrend der Menstruation k&ouml;nnen verringert werden. Pillenanwenderinnen haben im Vergleich zu &bdquo;Non-Usern&ldquo; eine niedrigere Gesamtmortalit&auml;t &ndash; insbesondere Darm- und Ovarialkarzinom kommen seltener vor.<br /> Jedes KHK erh&ouml;ht jedoch bekannterma&szlig;en das Risiko f&uuml;r VTE, wobei das Risiko einerseits von der H&ouml;he des &Ouml;strogengehalts und andererseits von der Art des Gestagens abh&auml;ngt. Generell gilt jedoch, dass bei jungen, gesunden Frauen ohne Risikofaktoren ein so niedriges absolutes Hintergrundrisiko (ca. 1&ndash;3 F&auml;lle auf 10 000 Frauenjahre, unter der Pille relative Erh&ouml;hung um das Zwei- bis Vierfache) besteht, dass dieses in den meisten F&auml;llen vernachl&auml;ssigbar ist (Abb. 1).<br /> Es existieren derzeit keine gro&szlig;en, prospektiv randomisierten klinischen Studien (&bdquo;evidence level I&ldquo;), die das Risiko f&uuml;r VTE zwischen den verschiedenen &Ouml;strogendosen und Progesterontypen bzw. Verabreichungswegen vergleichen. Alle derzeit vorliegenden Daten stammen aus gro&szlig;en Kohorten- oder Fallkontrollstudien, welche ohne Randomisierung schwierig zu kontrollieren sind in Bezug auf verschiedene Patientinnenpopulationen (z.B. &bdquo;new user&ldquo; als &bdquo;confounding factor&ldquo; und sog. &bdquo;Verschreiber-Bias&ldquo;).<br /> Es gilt jedoch als gesichert, dass insbesondere Pr&auml;parate mit EE-Spiegeln &uuml;ber 50&mu;g mit einem deutlich h&ouml;heren Thromboserisiko assoziiert sind als die derzeit meistangewandten Mikropillen. Drospirenon, Cyproteronacetat und sogenannte Drittgenerationsgestagene d&uuml;rften mit im Vergleich zu Levonorgestrel-haltigen Pr&auml;paraten geringf&uuml;gig erh&ouml;htem Thromboserisiko einhergehen.<br /> Auch der Zeitfaktor spielt eine wichtige Rolle: KHK erh&ouml;hen das Risiko f&uuml;r VTE insbesondere im ersten Einnahmejahr bzw. nach Wechsel auf ein anderes Pr&auml;parat.<br /> Grunds&auml;tzlich ist vor jeder Verschreibung von hormonellen Kontrazeptiva (Pille, Vaginalring, Pflaster, Spritze, Implantat, IUS), insbesondere vor der Erstverschreibung, eine ausf&uuml;hrliche Eigen- und Familienanamnese zu erheben und Risikofaktoren wie Thrombophilie, Adipositas, Nikotinabusus, Hypertonie, Stoffwechselst&ouml;rungen, Lebererkrankungen, Exsikkose sind zu bewerten. Das Risiko f&uuml;r VTE steigt mit dem Alter signifikant und wird durch Rauchen, Adipositas oder heredit&auml;re Thrombophilien potenziert.<br /> Es bleibt Aufgabe des verordnenden Arztes, individuell Risiken zu beurteilen und n&uuml;tzliche Partialwirkungen der Gestagene bei der Verordnung in die Wahl der Pille mit einzubeziehen. Generell ist das Risiko f&uuml;r VTE w&auml;hrend Einnahme von KHK immer abzuw&auml;gen gegen die potenziellen kontrazeptiven Vorteile und das Risiko f&uuml;r VTE w&auml;hrend einer Schwangerschaft (5&ndash; 20/10 000 Frauenjahre) und der postpartalen Periode (40&ndash;65/10 000 Frauenjahre).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Gyn_1803_Weblinks_jatros_gyn_1803_s11_abb1.jpg" alt="" width="1420" height="767" /></p> <h2>Erh&ouml;htes Thromboserisiko bei nicht oraler hormoneller Kontrazeption</h2> <p>Auch bei alternativen Routen der Verabreichung hormoneller Kontrazeptiva existiert ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r VTE im Vergleich zu nicht hormonellen Verh&uuml;tungsmitteln. Bei Anwendung des Vaginalrings betr&auml;gt zwar die systemische Exposition von EE lediglich 15&mu;g, das Thromboserisiko ist jedoch vergleichbar mit dem bei kombinierten oralen Kontrazeptiva. Dies gilt auch f&uuml;r das Verh&uuml;tungspflaster, bei welchem die systemische hormonelle Exposition h&ouml;her ist als unter der &bdquo;Pille&ldquo;, die Peaks jedoch niedriger sind.</p> <h2>Erh&ouml;htes Thromboserisiko bei hormoneller Kontrazeption mit reinen Gestagenpr&auml;paraten</h2> <p>Reine Gestagenpr&auml;parate gelten neben mechanischen Kontrazeptiva als Mittel der Wahl bei Frauen mit Thromboseneigung (s.o.). Dennoch gibt es einige Studien, die von geringf&uuml;gig erh&ouml;htem Risiko f&uuml;r VTE unter DMPA berichten bei Raucherinnen, Frauen mit thrombogenen Mutationen oder anamnestischer Thrombose.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Literatur bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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