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Typische Probleme aus Sicht der Zahnärztin
Jatros
Autor:
Dr. Corinna Bruckmann, MSc
Universitätszahnklinik Wien<br> Fachbereich Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie<br> E-Mail: corinna.bruckmann@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
05.07.2018
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<p class="article-intro">Bei praktischen Ärzten und Gynäkologen wenig bekannt, treten auch im Mund in den Wechseljahren und danach typische Beschwerdebilder auf. Die Kommunikation sowohl mit Patientinnen als auch interdisziplinär sollte diesbezüglich aktiver gestaltet werden.</p>
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<p class="article-content"><h2>Biologische Grundlagen</h2> <p>Das Epithel der Vagina und die Mundschleimhaut (MSH) weisen bis hin zu Keratinisierung und Lipidverteilung histologisch große Ähnlichkeit auf. Es wurden auch Rezeptoren für Sexualhormone nachgewiesen. Biologisch erklärbar können hormonelle Veränderungen der Periund Postmenopause Auswirkungen auf die MSH haben. Klinisch zeigen sich diese als Xerostomie, Verdünnung des Epithels mit Rötung oder Blutung beim Putzen sowie Beeinträchtigung der mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität (OHRQoL).</p> <h2>Typische Beschwerden im Mund</h2> <p>Orale Missempfindungen werden wesentlich häufiger von Frauen und hier von peri- und postmenopausalen Patientinnen berichtet. Am häufigsten wird über „Brennen im Mund“ geklagt, aber auch manchmal über Rötung und Schleimhauterosionen. Anamnestisch werden oft (bislang erfolglose) Therapieversuche geschildert: diverse antiseptische Mundspülungen, Antibiotika, Antimykotika.</p> <h2>Strukturiertes Vorgehen</h2> <p>Um die Probleme dieser Patientengruppe besser zu erfassen und zu managen, empfehlen sich eine genaueste Anamneseerhebung und daraus abgeleitete Diagnostik (Tab. 1).</p> <h2>Xerostomie</h2> <p>Speichel stellt den wichtigsten Faktor zur Aufrechterhaltung der Mundgesundheit dar. Hormone, Medikamente, Rauchen, Stress/Depression und natürlich die Trinkmenge haben Einfluss auf Quantität und Qualität. Austrocknung der Schleimhäute und Veränderung der Speichelzusammensetzung stören die Abwehrfunktion, fördern das Überwuchern von Candida und führen zu Mundgeruch. Tabelle 2 zeigt das Vorgehen beim Vorliegen einer Xerostomie.</p> <h2>Primäres „burning mouth syndrome“ (BMS)</h2> <p>Es wird – bei intraoral völlig unauffälligem Befund – ein brennendes, wundes Gefühl vor allem im vorderen Bereich der Zunge, über Monate anhaltend, beschrieben. Das Verhältnis Frauen:Männer von 7:1, das Alter beim Auftreten (50–60 Jahre) und höhere Spiegel von FSH legen einen Zusammenhang mit den Wechseljahren nahe. Es wird eine neuropathische Ätiologie angenommen. Differenzialdiagnostisch muss ein sekundäres BMS (infektiös, neoplastisch etc.) ausgeschlossen werden. Die Therapie ist herausfordernd und sollte in Abstimmung mit dem Neurologen erfolgen.</p> <h2>Oraler Lichen planus (OLP)</h2> <p>Eine der häufigsten autoimmunbedingten Mundschleimhauterkrankungen befällt ebenfalls vorwiegend Frauen (4.–6. Lebensdekade). V.a. Patientinnen mit erosiven, atrophischen oder bullösen Formen leiden an starken Schmerzen, die zu Vermeidungsverhalten (Essen, Mundhygiene) und Einschränkung der OHRQoL führen. Bei bis zu 50 % der Patientinnen finden sich auch genitale Läsionen. Hier kann gute interdisziplinäre Kommunikation die Diagnostik und Therapie enorm verbessern. Regelmäßige MSH-Kontrolle wird aufgrund des (geringen) Malignitätspotenzials angeraten. In schweren Fällen erfolgt die Immunsuppression systemisch durch den Dermatologen.</p> <h2>Osteopenie/Osteoporose</h2> <p>Beide verschlechtern bestehende parodontale Erkrankungen und erhöhen – wie Vitamin-D-Mangel – das Risiko für Zahnverlust. Aber auch die antiresorptive Therapie birgt Gefahren: Die Inzidenz der gefürchteten Osteonekrose des Kiefers beträgt zwar nur 0,001 bis 0,01 % . Aufgrund der häufigen Verschreibungspraxis und der sehr aufwendigen Therapie ist aber hier eine zahnärztliche Vortherapie extrem wichtig.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Gyn_1803_Weblinks_jatros_gyn_1803_s8_abb1-3.jpg" alt="" width="2155" height="915" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Bessere interdisziplinäre Zusammenarbeit könnte sinnlose, schmerzhafte sowie teure Diagnostik und Therapie vermeiden helfen und die (orale) Lebensqualität nach der Menopause verbessern. Sowohl Gynäkologen (Tab. 3) als auch Zahnärzte müssen lernen, Organgrenzen zu überwinden.</p> </div></p>
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<p>bei der Verfasserin</p>
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