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Prämenstruelles Syndrom

PMS-Beschwerden oft behandlungsbedürftig

<p class="article-intro">Das prämenstruelle Syndrom (PMS) zählt zu den häufigsten gynäkologischen Problemen. Seine vielschichtigen Symptome – physische wie psychische, die variieren oder sich vermischen – und deren Auslöser sind dennoch trotz jahrelanger Forschungen nicht genau identifiziert. PMS tritt während der Lutealphase des weiblichen Zyklus auf und verschwindet mit oder kurz nach Einsetzen der Menstruation. Entsprechend vielfältig sind die Therapiemöglichkeiten, die sich nach den Symptomen richten sollten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Unabh&auml;ngig von Kontinent und Hautfarbe berichten epidemiologischen Studien zufolge rund 80 % der Frauen im reproduktionsf&auml;higen Alter &uuml;ber k&ouml;rperliche und psychische pr&auml;menstruelle Symptome der unterschiedlichsten Art. Diese reichen von Spannungsgef&uuml;hlen in den Br&uuml;sten &uuml;ber Bauch-, Kopf- und R&uuml;ckenschmerzen, Kr&auml;mpfe, &Uuml;belkeit und Verdauungsbeschwerden bis hin zu dermatologischen Problemen (Akne, Gesichts&ouml;deme). Zu den psychischen Problemen z&auml;hlen vor allem depressive Verstimmungen, Depressionen, Angst, Affektlabilit&auml;t sowie Reizbarkeit und sogar Wutanf&auml;lle (Tab. 1a).<sup>1</sup> &Uuml;ber 20 % der Frauen haben hinsichtlich ihrer Arbeitsf&auml;higkeit wie auch ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen in diesem Zeitraum so starke Probleme, dass sie einen Arzt aufsuchen. Bis zu 18 % dieser Frauen weisen eine extrem schwere Form des PMS auf, die als pr&auml;menstruelle dysphorische St&ouml;rung (PMDS) bezeichnet wird.</p> <h2>Kriterien f&uuml;r die Diagnose</h2> <p>Zwar ist das PMS seit 2000 als Krankheitsbild definiert und anerkannt, dennoch bleiben die PMDS und die schwere PMS oft unbehandelt &ndash; oder werden nicht ernst genommen.<br /> Derzeit stellen Symptomtageb&uuml;cher den Goldstandard in der Diagnostik von PMS dar. Doch die zeitaufwendigen Tageb&uuml;cher werden von den Betroffenen schlecht akzeptiert. Aussagekr&auml;ftiger sind Screenings f&uuml;r pr&auml;menstruelle Symptome.<sup>2, 3</sup> F&uuml;r die Diagnose PMDS muss mindestens eines der Kernsymptome als stark beurteilt werden (Tab. 1b), f&uuml;r PMS mindestens eines der Kernsymptome als m&auml;ssig bis stark, ausserdem bei beiden Beurteilungen zus&auml;tzlich mindestens vier weitere Symptome als m&auml;ssig bis stark.<sup>4</sup><br /> Denn erst wenn die Symptome &uuml;ber mehrere Monate stets ein bis zwei Wochen vor der Menstruation auftreten, liegt medizinischer Ansicht zufolge ein Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus nahe. Zudem muss der Arzt Ursachen ausgeschlossen haben, die &auml;hnliche Symptome ausl&ouml;sen k&ouml;nnen, beispielsweise eine Hypothyreose oder eine Endometriose. Auch der Hormonstatus (FSH) inkl. Schilddr&uuml;senhormonen und Melatoninspiegel ist erforderlich.<br /> In die Therapieentscheidung m&uuml;ssen neben den vorliegenden Beschwerden das Alter der Patientin (Beginn der Wechseljahre?) einbezogen werden, ihr kardiovaskul&auml;res Risiko sowie Komorbidit&auml;ten (z.B. Asthma, Rheuma). Zu ber&uuml;cksichtigen sind psychische Faktoren wie Depressionen, aber auch pers&ouml;nliche Pr&auml;ferenzen der Patientin.<br /> Der Zusammenhang zyklusabh&auml;ngiger Beschwerden mit hormonellen Pr&auml;diktoren wird seit Langem untersucht,<sup>5</sup> bisher allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Zwar wurden zyklusbedingte &Ouml;strogen- und Progesteronschwankungen mit den Beschwerden in Verbindung gebracht, bisher sind aber keine systematisch ver&auml;nderten &Ouml;strogen- oder Progesteronspiegel bei betroffenen Frauen gefunden worden.<sup>6</sup><br /> Selbst genetische Faktoren k&ouml;nn(t)en eine Rolle spielen, f&uuml;r PMDS beispielsweise genetische Variationen des &Ouml;strogenrezeptor- alpha-Gens.</p> <h2>Therapiem&ouml;glichkeiten bei PMS</h2> <p>Eine Therapie des PMS erfordert aufgrund der vielschichtigen Symptome die Zusammenarbeit mehrerer Fachrichtungen: praktische &Auml;rzte, Gyn&auml;kologen und Psychiater. Um diesen eine Orientierungshilfe an die Hand zu geben, ist von einer interdisziplin&auml;ren Expertengruppe aus Gyn&auml;kologen, gyn&auml;kologischen Endokrinologen, Psychiatern, Psychologen und Spezialisten in Phytotherapie unter Leitung von Prof. Dr. med. Petra Stute, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Frauenheilkunde, Inselspital Bern/Schweiz, ein Schweizer Konsensus zur Diagnostik und Therapie des PMS erarbeitet worden.<sup>4</sup><br /> Bei PMS-Beschwerden lassen sich akute Schmerzen durch Schmerzmittel lindern, ausserdem durch Hormone wie die Antibabypille mit Gestagen, unter Umst&auml;nden auch mit einem Pr&auml;parat aus der Yamswurzel mit dem Inhaltsstoff Diosgenin (Vorstufe des Progesterons) oder durch &Ouml;strogenpflaster. Stute r&auml;t Pillenanwenderinnen, das hormonfreie Intervall eventuell auf vier Tage zu verk&uuml;rzen. Gegen Aufschwemmungen, etwa an den Fusskn&ouml;cheln, k&ouml;nnen Diuretika eingesetzt werden. Mit Vitaminen wie Vitamin B6 und/oder Vitamin E sowie Mineralstoffen wie Kalzium und Magnesium lassen sich leichtere PMS-Beschwerden lindern. Gegen mildere depressive Verstimmungen k&ouml;nnen Johanniskrautpr&auml;parate helfen. Als Erstlinientherapie gegen PMS wie auch PMDS nennt der Schweizer Konsensus M&ouml;nchspfeffer (Vitex agnus-castus L.), der sowohl somatische als auch affektive Beschwerden signifikant lindert und zus&auml;tzlich zur oralen Kontrazeption genommen werden kann.<sup>4</sup> Bei manchen Frauen lassen sich die PMS-Symptome auch durch Akupunktur reduzieren. Gegen psychische Beschwerden, speziell bei PMDS, k&ouml;nnen Antidepressiva (f&uuml;r ca. 14 Tage) eingesetzt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Gyn_1702_Weblinks_lo_gyn_1702_s39_tab1a+b.jpg" alt="" width="1417" height="1719" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 174. Diskussionsrunde der Münchner Medizinjournalisten, München, 8. August 2017. Referentin: Prof. Petra Stute, Leitende Ärztin und Stv. Leiterin der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Inselspital Bern, Schweiz </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> K wan I , O nwude J L: P remenstrual s yndrome. B MJ Clin Evid 2015; 2015: 0806 <strong>2</strong> Bentz D et al.: S IPS &ndash; Screening-Instrument f&uuml;r pr&auml;menstruelle Symptome. Nervenarzt 2012; 83: 33-9 <strong>3</strong> Ditzen B et al.: Deutschsprachiger DSM-IV-TR basierter Fragebogen zum pr&auml;menstruellen Syndrom. Psychologisches Institut der Universit&auml;t Z&uuml;rich, 2011 <strong>4</strong> Stute P et al.: I nterdisciplinary consensus on management of premenstrual disorders in Switzerland. Gynecol Endocrinol 2017; 33: 342-8 <strong>5</strong> Frank RT: The hormonal causes of premenstrual tension. Arch Neurol Psychiatry 1931; 26: 1053 <strong>6</strong> Jarvis CI et al.: Management strategies for premenstrual syndrome/premenstrual dysphoric disorder. Ann Pharmacother 2008; 42: 967-78</p> </div> </p>
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