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Plastische Chirurgie rund um die Schwangerschaft

«Was passiert mit meinen Brustimplantaten während der Schwangerschaft?»«Wie bekomme ich meine ursprüngliche Körperform zurück?» – Vor und nach einer Schwangerschaft haben Patientinnen viele Fragen zu körperlichen Veränderungen. Die plastische Chirurgie kann in dieser Lebensphase unterstützend tätig werden.

Keypoints

  • Operationen an der weiblichen Brust können sich auf die Stillfähigkeit und Sensibilität nach einer Geburt auswirken. Eine entsprechende Aufklärung der Patientinnen sowie die Wahl der richtigen Operationsmethode sind anzuraten.

  • Während der Schwangerschaft kommt es häufig zum Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms, das in den meisten Fällen durch konservative Massnahmen postpartal regredient ist.

  • Körperformende Eingriffe werden nach einer Geburt oft im Sinne eines «Mommy Makeover» kombiniert. Das einzeitige Vorgehen führt zu geringeren Ausfallszeiten.

Die Rolle der plastischen Chirurgie tritt bei Patientinnen mit Kinderwunsch und während einer Schwangerschaft zumeist in den Hintergrund. Dennoch finden sich zahlreiche Überschneidungspunkte, die auch rund um die Schwangerschaft beachtet werden sollten. Nicht zuletzt wegen der steigenden Popularität von Selfies und Social-Media-Kanälen nimmt die Anzahl der durchgeführten ästhetischen Eingriffe stetig zu. Im Jahr 2018 wurden laut einer Statistik der ISAPS (International Society of Aesthetic Plastic Surgery) weltweit bereits knapp 2 Millionen Mammaaugmentationen mit Implantaten durchgeführt.1

Da diese Eingriffe oft bereits vor der ersten Schwangerschaft vorgenommen werden, besteht bezüglich der möglichen Folgen und Risiken für Patientinnen ein erhöhter Aufklärungsbedarf. Insbesondere die Aspekte Stillfähigkeit und Sensibilität des Nippel-Areola-Komplexes sollten hierbei thematisiert werden. Die diesbezügliche Datenlage bei Patientinnen nach ästhetischer Mammaaugmentation ist relativ gering. Cheng et al. konnten in einer Metaanalyse zeigen, dass die Stillfähigkeit zwar erhalten bleibt, die Patientinnen mit Brustimplantaten aber signifikant seltener stillten. Ein Unterschied hinsichtlich der gewählten Inzision zur Platzierung der Implantate konnte hier nicht gefunden werden. Die Autoren empfahlen jedenfalls eine verbesserte Aufklärung der Patientinnen hinsichtlich der Folgen für eine mögliche Schwangerschaft.2

Schiff et al. fanden einen Rückgang der Rate von Ernährung ausschliesslich durch Stillen um 40%. Allerdings konnten in diese Metaanalyse nur 3 Studien eingeschlossen werden, sodass die Aussagekraft sicherlich limitiert ist. Weiters konnten die Autoren nicht klären, ob die Patientinnen mit Mammaaugmentation bereits präoperativ unter einer verminderten Stillfähigkeit, z.B. im Zuge einer vorliegenden Mammahypoplasie, gelitten hatten. Ein eventueller Zusammenhang zwischen Brustimplantaten und verminderter Stillfähigkeit konnte somit nicht letztgültig geklärt werden.3 Weitere prospektive Studien sind daher notwendig, um den tatsächlichen Einfluss von Brustimplantaten auf die Stillfähigkeit zu untersuchen. Ungeachtet dessen sollten diese Aspekte bereits jetzt in die Aufklärung miteinfliessen, um Patientinnen in der Zeit der Schwangerschaft mögliche Ängste oder Bedenken zu nehmen.

Neben der Stillfähigkeit ist vor allem die Sensibilität des Nippel-Areola-Komplexes nach einem operativen Eingriff ein wichtiger Aspekt, zu dem oft von Patientinnen Fragen gestellt werden. Nach Implantation von Brustimplantaten kann es abhängig von der gewählten Inzision (periareolär oder in der Submammärfalte) und der Grösse des Implantates zu einer signifikanten Reduktion des Empfindungsvermögens kommen. Dies sollte bei der Wahl des Implantates sowie des operativen Zugangs beachtet und die Patientin entsprechend aufgeklärt werden.4,5

Das Auftreten einer Kapselfibrose nach ästhetischer Mammaaugmentation stellt eine der häufigsten postoperativen Komplikationen im Langzeitverlauf dar. Die Datenlage hinsichtlich eines möglichen Zusammenhangs mit einer Schwangerschaft ist allerdings gering. Einzelne Studien beschreiben jedoch eine Schwangerschaft als möglichen Risikofaktor für das Auftreten einer Kapselfibrose.6

Verglichen mit einer Brustvergrösserung hat eine Mammareduktion potenziell weiter reichende Folgen für die postoperative Stillfähigkeit. Eine Brustverkleinerung kann bei richtiger Indikation zu einer Verbesserung der Lebensqualität einer Patientin beitragen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurde eine Vielzahl an Operationstechniken entwickelt, die das Drüsengewebe unterschiedlich formen und reduzieren. So kann die Stillfähigkeit nach einer Operation – je nach gewählter Methode und Erhaltung des Drüsengewebes unterhalb der Areola – stark bis gar nicht beeinträchtigt sein. Da auch hier eine Operation oft schon bei Patientinnen im gebärfähigen Alter erfolgt, sollten vor einem Eingriff die Familienplanung der Patientin sowie die individuellen Vorstellungen für die Auswahl der Operationsmethode eine gewichtige Rolle spielen, um postoperative Probleme zu vermeiden.7

Während der Schwangerschaft

Naturgemäss wird man während einer Schwangerschaft auf die Durchführung von elektiven ästhetischen Eingriffen und Operationen weitestgehend verzichten, da es hierzu wenig Evidenz hinsichtlich möglicher Komplikationen gibt. Rund um die Geburt kommt es zu körperlichen und hormonellen Veränderungen, die auf unterschiedliche Art und Weise erlebt werden. Aus dem Fachgebiet der plastischen Chirurgie soll hier beispielhaft das Karpaltunnelsyndrom erwähnt werden, das insbesondere Frauen im dritten Trimenon betrifft. So liegt die Prävalenz laut Literatur bei bis zu 62% aller Schwangeren. Als Leitsymptome treten Kribbelparästhesien und Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervus medianus (Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und radiale Seite des Ringfingers) auf. Der Entstehungsmechanismus ist nicht geklärt, jedoch könnte die vermehrte Ödemneigung während der Schwangerschaft zu einem gesteigerten Druck im Karpalkanal mit konsekutiver Einengung des Nervus medianus führen. Primär sollte hier ein konservatives Vorgehen, z.B. mit Lagerungsschienen, angestrebt werden. Bei ausbleibender Besserung postpartal kann eine operative Therapie in Lokal- oder Regionalanästhesie erfolgen.8

Nach der Schwangerschaft

Viele Frauen wollen nach einer Geburt bzw. nach Abschluss der Familienplanung die entstandenen körperlichen Veränderungen, wie z.B. Hauterschlaffung, Dehnungsstreifen und Mammaptose, rückgängig machen, um ihre gewohnte Lebensqualität und ihr Körperbewusstsein zurückzuerlangen. Prominente Vorbilder aus den Medien tragen zu diesem Trend bei. Die plastische Chirurgie kann hier durch unterschiedliche Eingriffe unterstützend tätig werden. So hat sich in den letzten Jahren der Begriff des «Mommy-Makeover» etabliert, der mangels einer allgemein gültigen Definition oft individuell ausgelegt wird. Meistens sind jedoch eine Bruststraffung mit oder ohne Brustvergrösserung, eine Bauchdeckenstraffung und eine Fettabsaugung – jeweils einzeln oder in Kombination – als Standardeingriffe gemeint, die je nach individuellem Wunsch der Patientin durch weitere chirurgische oder minimal invasive Eingriffe ergänzt werden. Bei entsprechender präoperativer Planung und entsprechendem intraoperativem Setting durch ein erfahrenes Team kommt es zu keiner erhöhten Komplikationsrate durch die Kombination von mehreren Eingriffen.9 Die Vorteile für die Patientin sind das einzeitige Vorgehen, die geringeren Kosten sowie die reduzierte Ausfallszeit.

Die Durchführung eines körperformenden ästhetischen Eingriffes im Zuge der Geburt, z.B. in Kombination mit einer Sectio, ist aufgrund der hohen Komplikationsraten und der nicht zufriedenstellenden Ergebnisse nicht empfehlenswert. Ein Zeitintervall von zumindest 6 Monaten postpartal sollte eingehalten werden.10

Das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskeln wird als Rektusdiastase bezeichnet. Im Zuge einer Schwangerschaft kommt es durch die hormonellen Veränderungen sowie durch den mechanischen Druck zum Auftreten einer Rektusdiastase. Diese bildet sich in den ersten Wochen nach der Schwangerschaft teilweise zurück. Der Abstand zwischen den Muskeln erreicht jedoch nicht mehr die Werte vor der Geburt und liegt bei Erstgebärenden bei durchschnittlich 2,3cm im Vergleich zu 1,1cm bei Frauen vor einer Schwangerschaft. Dies kann zu ästhetischen und funktionellen Problemen führen, die durch eine operative Korrektur im Sinne einer Rektusraffung (meist in Kombination mit einer Abdominoplastik) behoben werden können. Abbildung 1 zeigt ein Fallbeispiel für eine erfolgreiche Korrektur einer postpartalen Rektusdiastase bei einer 39-jährigen Patientin.

© Isabella Adam

Abb. 1:Korrektur einer postpartalen Rektusdiastase

Zusammenfassung

Die plastische Chirurgie kann in Kooperation mit der Gynäkologie und Geburtshilfe in allen Phasen einer Schwangerschaft unterstützend zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Eine entsprechende Aufklärung der Patientinnen über Therapiemöglichkeiten und Risiken sollte standardmässig erfolgen.

1 International Society of Aesthetic Plastic Surgery (ISAPS) - International Survey on Aesthetic/Cosmetic Procedures 2018 2 Cheng F et al.: Do breast implants influence breastfeeding? A meta-analysis of comparative studies. J Hum Lact 2018; 34:424-32 3 Schiff M et al.: The impact of cosmetic breast implants on breastfeeding: a systematic review and meta-analysis. Int Breastfeed J 2014; 9:17 4 Mofid MM et al.: Nipple-areola complex sensitivity after primary breast augmentation: a comparison of periareolar and inframammary incision approaches. Plast Reconstr Surg 2006;117: 1694-8 5 Araco A et al.: Sensitivity of the nipple-areola complex and areolar pain following aesthetic breast augmentation in a retrospective series of 1200 patients: periareolar versus submammary incision. Plast Reconstr Surg 2011; 128: 984-9 6 Dancey A et al.: Capsular contracture - What are the risk factors? A 14 year series of 1400 consecutive augmentations. J Plast Reconstr Aesthet Surg 2012; 65: 213-8 7 Kraut RY et al.: The impact of breast reduction surgery on breastfeeding: Systematic review of observational studies. PloS one 2017; 12: e0186591 8 Oliveira GAD et al.: Carpal tunnel syndrome during the third trimester of pregnancy: prevalence and risk factors. Arch Gynecol Obstet 2019; 300: 623-31 9 Matarasso, Smith DM et al.: Combined breast surgery and abdominoplasty: strategies for success. Plast Reconstr Surg 2015;135: 849e-60e 10 Iribarren-Moreno R et al.: Is plastic surgery combined with obstetrical procedures safe? Aesthetic Plast Surg 2019; 43: 1396-9

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