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Nebenwirkungen moderner Brustkrebstherapien

Management im niedergelassenen Bereich

<p class="article-intro">Moderne Tumortherapien greifen den Krebs immer gezielter an. Dennoch lösen auch sie unerwünschte Wirkungen aus. Darauf müssen sich die behandelnden Ärzte vor allem in der Nachsorge einstellen. Prof. Daphne Gschwantler-Kaulich, Brustgesundheitszentrum der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, AKH Wien, erläuterte in ihrem Vortrag bei der Fortbildungsveranstaltung „Brustkrebstherapie 2016“, zu welchen Nebenwirkungen es kommen kann und wie man diese behandelt.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Mit den neuen zielgerichteten Therapien beim Mammakarzinom treten zum Teil auch andere Nebenwirkungen auf.</li> <li>Da die Nachsorge der Patientinnen h&auml;ufig beim niedergelassenen Gyn&auml;kologen erfolgt, ist es wichtig, die unerw&uuml;nschten Wirkungen zu kennen und behandeln zu k&ouml;nnen.</li> <li>Durch gutes Management der Nebenwirkungen werden Therapieabbr&uuml;che vermieden und der Behandlungserfolg gesichert.</li> </ul> </div> <p>Die Nebenwirkungen der klassischen Chemotherapie sind hinl&auml;nglich bekannt. Gschwantler-Kaulich ging vor allem auf die Neutropenie ein. Besonders gef&uuml;rchtet sei die febrile Neutropenie (FN) mit Zellzahlen von &lt;0,5x10<sup>9</sup> Zellen und Temperaturen &uuml;ber 38&deg;C. Die Gabe eines Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktors (G-CSF) wie Filgrastim oder Pegfilgrastim konnte die Inzidenz der FN von 38 % auf bis zu 18 % bzw. 9 % senken.<sup>1</sup> Ein auf den Guidelines des US-amerikanischen National Comprehensive Cancer Network (NCCN) beruhender Entscheidungsbaum hilft, die Patientinnen auszuw&auml;hlen, die eine G-CSF-Gabe ben&ouml;tigen.<br /> Weitere, sehr belastende Nebenwirkungen einer Chemotherapie sind &Uuml;belkeit und Erbrechen. Hier gibt es eine Reihe wirksamer Antiemetika aus der Gruppe der 5HT<sub>3</sub>-Rezeptorantagonisten, die vorwiegend gegen akutes Erbrechen eingesetzt werden. Der Antagonist des Neurokinin- 1-Rezeptors (NK1) Aprepitant wirkt auch gegen das verz&ouml;gert einsetzende Erbrechen. Gschwantler-Kaulich wies auf ein neues Pr&auml;parat hin, das den 5HT<sub>3</sub>- Rezeptorantagonisten Palonosetron mit dem NK1-Rezeptorantagonisten Netupitant kombiniert und so sowohl das akute wie das verz&ouml;gerte Erbrechen bek&auml;mpft. In einer Studie hat es vollst&auml;ndige Ansprechraten von 90 % gezeigt. Diese waren so definiert, dass nach einer einmaligen Gabe innerhalb von f&uuml;nf Tagen nach Beginn einer Chemotherapie kein Erbrechen auftrat und auch keine andere antiemetische Medikation n&ouml;tig war.<sup>2</sup></p> <h2>Nebenwirkungen der antihormonellen Therapie</h2> <p>Da die meisten Patientinnen die Antihormon- Therapie &uuml;ber viele Jahre einnehmen m&uuml;ssen, seien niedergelassene Gyn&auml;kologen in der Nachsorge vermehrt mit den unerw&uuml;nschten Wirkungen der Behandlung konfrontiert, allen voran Hitzewallungen und Arthralgien, sagte Gschwantler- Kaulich. Sie zeigte die Ergebnisse eines Cochrane-Reviews zu den Behandlungsm&ouml;glichkeiten von therapieassoziierten Hitzewallungen. Analysiert wurden dabei zehn Studien: zwei mit dem Antihypertensivum Clonidin, eine mit dem Antiepileptikum Gabapentin, sechs mit unterschiedlichen Antidepressiva der Klassen SSRI/ SNRI und eine mit Vitamin E. Dabei zeigte sich, dass Clonidin, Gabapentin und die Antidepressiva die Zahl und Schwere der Hitzewallungen reduzieren konnten. Sechs weitere Studien mit nicht pharmakologischen Behandlungen wurden ebenfalls analysiert: zwei mit hom&ouml;opathischen Mitteln, zwei mit Entspannungstechniken und je eine mit Akupunktur und Magnetfeldtherapie. Die Entspannungstherapie zeigte als einzige eine Wirkung.<sup>3</sup> Viele Patientinnen erhalten nicht hormonelle pharmakologische Behandlungen gegen ihre Hitzewallungen. Da es dabei ebenfalls zu Nebenwirkungen kommen kann, haben norwegische Wissenschaftler eine entsprechende Untersuchung vorgenommen. Sie werteten zw&ouml;lf Studien mit insgesamt mehr als 1400 Brustkrebspatientinnen aus. Alle Teilnehmerinnen litten an therapieassoziierten Hitzewallungen. Sie nahmen dagegen Venlafaxin, Gabapentin oder Clonidin ein. Milde Nebenwirkungen traten bei rund 67 % , moderate bei 33 % der Frauen auf, wobei vor allem bei Venlafaxin und Gabapentin die H&auml;ufigkeit sowie die Schwere dosisabh&auml;ngig waren.<sup>4</sup><br /> Die bei Wechseljahresbeschwerden h&auml;ufig eingesetzte Traubensilberkerze ist bei Brustkrebspatientinnen umstritten, weil sie m&ouml;glicherweise eine &Ouml;strogenwirkung entfaltet. Gschwantler-Kaulich betonte jedoch, dass in 26 Untersuchungen zu diesem Thema kein Zusammenhang zwischen der Traubensilberkerze und einem erh&ouml;hten Brustkrebsrisiko gefunden wurde.<br /> Etwa die H&auml;lfte aller Patientinnen leidet w&auml;hrend der Behandlung mit Aromatasehemmern unter Arthralgien. Risikofaktoren seien neben bereits bestehenden Arthralgien oder Osteoarthritiden Adipositas (BMI &gt;30) und eine vorangegangene Hormonersatztherapie, so Gschwantler- Kaulich. Mit Lebensstil&auml;nderungen wie Gewichtsabnahme und regelm&auml;&szlig;iger Bewegung k&ouml;nnten die Beschwerden gelindert werden, erkl&auml;rte die Gyn&auml;kologin. Auch Yoga oder Akupunktur k&ouml;nnten helfen. Wichtig sei die Gabe von Vitamin D in Kombination mit Kalzium und von Bisphosphonaten bei Osteoporose. Reichen diese Ma&szlig;nahmen nicht aus, ist eine Schmerztherapie anhand eines Stufenschemas zu empfehlen, angefangen mit nicht steroidalen Antirheumatika bis hin zu Antidepressiva und Opioiden.<br /> M&ouml;glich sei auch, den Aromataseinhibitor zu wechseln. Eine entsprechende Studie5 zeigte, dass Patientinnen, die eine Anastrozol-Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abbrachen, Letrozol oft besser vertrugen. Eine Alternative zu den Aromatasehemmern ist Tamoxifen.</p> <h2>Nebenwirkungen der mTOR -Inhibition</h2> <p>Der mTOR-Inhibitor Everolimus wird bei Frauen mit hormonempfindlichem metastasiertem Mammakarzinom eingesetzt, wenn es unter der alleinigen Behandlung mit einem Aromatasehemmer zu einem Rezidiv oder zum Krankheitsprogress gekommen ist. Die Substanz wird in Kombination mit dem Aromatasehemmer Exemestan gegeben und steigert die Empfindlichkeit der Krebszellen f&uuml;r dieses Medikament. M&ouml;gliche Nebenwirkungen sind Stomatitis, Infektionen, nicht infekti&ouml;se Pneumonitis, Hyperlipid&auml;mie und Hyperglyk&auml;mie. Bei eingeschr&auml;nkter Leberfunktion ist eine Dosisanpassung erforderlich. Patienten mit bereits bestehender Hyperlipid&auml;mie sollten engmaschig &uuml;berwacht werden, um keine akute Pankreatitis auszul&ouml;sen. Einer Stomatitis kann man mit Mundsp&uuml;ll&ouml;sungen vorbeugen. Dabei sind Dexamethason-haltige L&ouml;sungen besonders wirksam.<sup>6</sup> Zudem wirkt Everolimus immunsuppressiv, weshalb w&auml;hrend der Behandlung Impfungen mit Lebendimpfstoffen kontraindiziert sind. Bei Anzeichen f&uuml;r eine nicht infekti&ouml;se Pneumonitis sollten der Patient beobachtet und die Dosis angepasst werden. Kortikosteroide helfen, die Entz&uuml;ndung einzud&auml;mmen. Kommt eine Infektion hinzu, sind Antibiotika angezeigt.</p> <h2>Nebenwirkungen bei CDK4/6-Inhibition</h2> <p>Eine neue Therapieoption f&uuml;r Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs sind die CDK4/6-Inhibitoren. Vor allem beim Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom sind die Enzyme CDK4 und CDK6, die in Verbindung mit dem Protein Cyclin D1 aktiv werden, &uuml;beraktiv. CDK4/6-Inhibitoren wie Palbociclib hemmen die beiden Cyclin-abh&auml;ngigen Kinasen. Der Wirkstoff wird in Kombination mit dem Anti&ouml;strogen Fulvestrant verabreicht und hat beim metastasierten, Hormonrezeptor- positiven/HER2-negativen (HR+/HER2&ndash;) Mammakarzinom zu einem deutlich verl&auml;ngerten progressionsfreien &Uuml;berleben im Vergleich zu Fulvestrant allein gef&uuml;hrt (9,2 vs. 3,8 Monante; p&lt;0,000001).<sup>7</sup> Die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen der Therapie sind Neutro- und Leukopenien, Fatigue und &Uuml;belkeit.8 Daher sei es notwendig, zu Beginn eines jeden Behandlungszyklus das Blutbild zu &uuml;berpr&uuml;fen, so Gschwantler-Kaulich. W&auml;hrend der ersten beiden Zyklen sollte das Blutbild alle 14 Tage untersucht werden, betonte sie. Es sei eine sehr vielversprechende Therapie, die sehr bald zum Einsatz kommen werde, schloss sie.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: „Brustkrebstherapie 2016“, Zuweiserveranstaltung der Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien, 13. Oktober 2016, Wien </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Holmes FA et al: Blinded, randomized, multicenter study to evaluate single administration pegfilgrastim once per cycle versus daily filgrastim as an adjunct to chemotherapy in patients with high-risk stage II or stage III/IV breast cancer. J Clin Oncol 2002; 20: 727-31 <strong>2</strong> Fachinformation Akynzeo<sup>&reg;</sup> 300 mg/0,5 mg Hartkapseln. www.angelini. at <strong>3</strong> Rada G et al: Non-hormonal interventions for hot flushes in women with a history of breast cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews 2010; 9: CD004923 (DOI: 10.1002/14651858.CD004923.pub2) <strong>4</strong> Hervik JB, Stub T: Adverse effects of non-hormonal pharmacological interventions in breast cancer survivors, suffering from hot flashes: A systematic review and metaanalysis. Breast Cancer Res Treat 2016; 160: 223-36 <strong>5</strong> Briot K et al: Effect of a switch of aromatase inhibitors on musculoskeletal symptoms in postmenopausal women with hormone-receptor-positive breast cancer: the ATOLL (articular tolerance of letrozole) study. Breast Cancer Res Treat 2010; 120: 127-34 <strong>6</strong> Rugo HS et al: Prevention of everolimus/ exemestane (EVE/EXE) stomatitis in postmenopausal (PM) women with hormone receptor-positive (HR+) metastatic breast cancer (MBC) using a dexamethasonebased mouthwash (MW): Results of the SWISH trial. J Clin Oncol 2016; 34: suppl; Abstract #525 <strong>7</strong> Turner NC et al: PALOMA3: a double-blind, phase III trial of fulvestrant with or without palbociclib in pre- and post-menopausal women with hormone receptor-positive, HER2-negative metastatic breast cancer that progressed on prior endocrine therapy. J Clin Oncol 2015; 33: suppl; Abstract #LBA502 <strong>8</strong> Turner NC et al: Palbociclib in hormone-receptor- positive advanced breast cancer. N Engl J Med 2015; 373: 209-19</p> </div> </p>
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