Endometriose und Kinderwunsch: Wie kann ich meine Patientin optimal darüber beraten?

Die Endometriose ist wie ein Chamäleon (Abb. 1) und die Behandlung ist besonders schwierig bei Kinderwunsch. Die Betreuung der Patientinnen mit Endometriose verändert sich je nach Lebenssituation und Bedürfnissen.

Keypoints
  • Die Endometriose sollte möglichst früh erkannt werden, um spätere Schäden zu verhindern.

  • Bei jungen Frauen mit schwerer Endometriose und/oder ovariellem Befall (Endometriome) sollte an die Fertilitätsprotektion gedacht werden.

  • Bei der Chirurgie sollte maximale Sorge zu den Ovarien getragen werden, v.a. keine Ovarektomien bei Endometriose durchführen und grösste Zurückhaltung in der Indikation zur Entfernung bei Rezidiv-Endometriomen.

  • Immer die Endometriose suchen bei Sterilität.

  • Die Diagnose Adenomyose kann klinisch gestellt werden.

Die Endometriose ist eine bekannte Diagnose und doch eine Herausforderung für Ärzte und Patientinnen. Sie ist mit einer Inzidenz von 10% der Frauen im fertilitätsfähigen Alter häufig und wird immer mehr als chronische Krankheit angesehen, was eine Betreuung über verschiedene Lebensphasen hinweg braucht. Trotz Bemühungen vieler Gynäkologen und Allgemeinmediziner vergehen oft vom ersten Arztbesuch bis zur Diagnose mehrere Jahre. Zudem erschwerend ist, dass der Schweregrad der Endometriose nicht mit den Symptomen korreliert. Das kann dazu führen, dass eine schwere Endometriose über Jahre nicht erkannt wird, da die Patientin manchmal kaum Symptome hat. Dies kann auch ein Grund für Sterilität sein: 30% der Frauen mit Sterilität haben eine Endometriose.

Zu den Ursachen für die Sterilität bei Endometriose gehören:

  • Die Eizellqualität ist bei Frauen mit Endometriose durch ovariellen Befall und lokale Zytokine in der Follikelflüssigkeit vermindert.

  • Anatomische Veränderungen/Verwachsungen können zu fehlender Tubenmotilität oder zu sackförmiger Erweiterung der Tube (Saktosalpinx, Abb.2) führen.

  • Lokale entzündliche Faktoren führen zur schlechteren Implantation sowie auch zu einer höheren Abortrate (Adenomyose, chronische Entzündungsreaktionen).

Darum werden 30–50% der Frauen mit Endometriose Schwierigkeiten haben, ein Kind zu bekommen.1 Diese Tatsache sollte in die Beratung der betroffenen Frauen und in die Behandlung der Endometriose bereits früh einbezogen werden.

Im nächsten Abschnitt werden ein paar wichtige Themen bei Kinderwunsch und Endometriose besprochen.

Alle hormonellen Therapien verhindern eine Schwangerschaft

Die Endometriose wird entweder chirurgisch oder hormonell (konservativ) behandelt. Weitere Behandlungsansätze wie Ernährung, Schmerztherapie, Physiotherapie und Psychosomatik sind wichtig, sie werden aber die Endometriose nicht direkt heilen. Hormonelle Therapie der Wahl sind die Progestine, alternativ werden GnRH-
Analoga und kombinierte Pillen im Langzyklus eingesetzt, eigentlich alle mit dem Ziel einer sekundären Amenorrhö. Alle hormonellen Therapien wirken dementsprechend aber kontrazeptiv. Daher ist bei einer symptomatischen Endometriose keine konservative Therapie möglich, ohne gleichzeitig eine Schwangerschaft zu verhindern. Die Suche nach nicht hormonellen Therapien, z.B. über Kinase-Signalwege oder andere lokale Entzündungsmodulatoren, ist im Gange, jedoch gibt es zurzeit kein zugelassenes Medikament.2 Daher steht bei unerfülltem Kinderwunsch und klinischem Verdacht auf Endometriose ohne direkte Indikation für eine künstliche Befruchtung (z.B. schwere männliche Subfertilität, Tubenfaktor) die operative Therapie im Vordergrund. Eine gründliche, aber sorgfältige operative Entfernung der Endometriose ohne Beschädigung von Ovar und Tuben kann die Chancen für eine spontane Schwangerschaft signifikant erhöhen und das Risiko eines Frühabortes verringern.

Tubendurchgängigkeit beweist nicht eine normale Tubenfunktion

Zur Abklärung des Tubenfaktors bei der Diagnostik bei primärer Paarsterilität wird meist eine Hysterosalpingosonografie (Sono-HSG) oder Hysterosalpingografie (Rx-HSG) durchgeführt, mit sehr guten Sensitivitäten von 94% bzw. 95% und Spezifitäten von 93% bzw. 94%. Um die Belastung durch Röntgenstrahlen zu vermeiden, wird die Sono-HSG als erster diagnostischer Schritt empfohlen.3

Bei der Endometriose sind die Tuben selten undurchgängig, die Problematik sind eher die Adhäsionen und/oder die Wandverdickung und daher die gestörte Funktion der Fimbrien. Bei 50% der Frauen mit Endometriose im frühen Stadium wurde eine gestörte Fimbrienfunktion diagnostiziert, welche zu gestörtem Eizell-«Pick-up» führen kann. Deshalb ist es wichtig, dass bei langjähriger Paarsterilität und Endometriose nicht noch lange eine konservative Kinderwunschtherapie durchgeführt wird, sondern dass eine Beratung in Richtung IVF/ICSI-Therapie erfolgt.

Die Eizellqualität ist bei Frauen mit Endometriose vermindert

Nebst den möglichen Veränderungen am Ovar mit Befall durch Endometriome und Verwachsungen scheinen die Endometriome und auch sonstige Endometriose die Qualität der Eizellen selbst zu verändern. Erhöhte Eisenkonzentrationen und oxidativer Stress beeinflussen die Qualität der Oozyten. Diese Veränderungen sind bei einer gynäkologischen Untersuchung nicht zu erkennen und führen zu einem Sterilitätsfaktor, der schwierig zu erfassen ist; es kommt zu einer Einschränkung der Befruchtungswahrscheinlichkeit, ohne dass etwas Pathologisches erkannt werden kann, und dies ist auch bei Frauen <35 Jahren der Fall.

Endometriome sollten nicht zu gross werden (Richtwert 5cm). Bei einer operativen Entfernung sollte die Zystenwand in toto entfernt werden, ohne den Kortex zu verletzen. V.a. die Koagulation sollte vermieden werden. Alternativ ist eine Evaporation zu erwägen. Insbesondere muss eine Ovarektomie absolut vermieden werden. Vor einer IVF/ICSI-Therapie ist die Indikation zur Endometriomentfernung sehr zurückhaltend zu stellen, sofern eine transvaginale Eizellpunktion aufgrund der Ovarlokalisation möglich ist. Adjuvante Hormontherapie nach Endometriomentfernung zeigt eine signifikante Reduktion der Rezidivraten und sollte bei latentem Kinderwunsch empfohlen werden.4

Adenomyose

Die Symptome der Adenomyose sind Dysmenorrhö, Dyspareunie, «chronic pelvic pain», Blutungsstörung und Infertilität. Bis zu 30% der Patientinnen mit Adenomyose sind jedoch asymptomatisch. Früher wurde die Diagnose rein histologisch gestellt. Mit den heutigen diagnostischen Möglichkeiten wird die Adenomyose zunehmend früher erkannt und soll und darf als klinische Diagnose gestellt werden. Dies wurde auch im neulich publizierten Review von Chapron et al. klar positioniert.5 Mit Verbesserungen in der Einteilung der Adenomyose, wie z.B. von Van den Bosch et al. 2019 mit den Arbeiten des Morphological Uterus Sonographic Assessment (MUSA) Group vorgeschlagen, werden die verschiedenen Formen der Adenomyose erfasst.6 So kann sowohl untersucht werden, welche Formen am ehesten die Fertilität beeinflussen, wie auch der Therapieeffekt kontrolliert werden. Die Therapie der diffusen Adenomyose bei Kinderwunsch ist v.a. eine 3–6-monatige Downregulation mit GnRH-Analoga oder – bei zystischer Adenomyose – die gezielte chirurgische Exzision.

Fazit

Die Behandlung von Patientinnen mit Endometriose ist also stets individuell und abhängig von der aktuellen Lebensphase und deren Bedürfnissen. Bei jungen Frauen soll die Diagnose gefestigt und die möglichen Therapien sollen initiiert werden, um einen langsamen, aber stetigen Progress der Endometriose zu verhindern und somit eine spätere Sterilität im besten Fall verhindern zu können. Jede Frau hat die Option einer Oozytenkonservation, d.h. des Einfrierens von unbefruchteten Eizellen: Insbesondere bei Frauen mit schwerer Endometriose und vor allem mit Risiko einer POI (prämaturen Ovarialinsuffizienz) sollte eine solche Fertilitätsprotektion diskutiert werden. Weitere Forschung ist nötig, um eine Sterilität bei Endometriose besser vorauszusehen und wenn möglich zu verhindern.

1 Zondervan KT et al.: Endometriosis. N Engl J Med 2020; 382(13): 1244-56 2 McKinnon BD et al.: Kinase signalling pathways in endometriosis: potential targets for non-hormonal therapeutics. Hum Reprod Update 2016; 22(3): 382-403 3 Maheux-Lacroix S et al.: Hysterosalpingosonography for diagnosing tubal occlusion in subfertile women: a systematic review with meta-analysis. Hum Reprod 2014; 29(5): 953-63 4 Koshiba A et al.: Dienogest therapy during the early stages of recurrence of endometrioma might be an alternative therapeutic option to avoid repeat surgeries. J Obstet Gynaecol Res 2018; 44(10): 1970-6 5 Chapron C et al.: Diagnosing adenomyosis: an integrated clinical and imaging approach. Hum Reprod Update 2020; 26(3): 392-411 6 Van den Bosch T et al.: Sonographic classification and reporting system for diagnosing adenomyosis. Ultrasound Obstet Gynecol 2019; 53(5): 576-82

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