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Adipositas bei Frauen

Eine schwergewichtige Herausforderung

<p class="article-intro">Das Problem Adipositas bei jungen und älteren Frauen wird in der gynäkologischen Sprechstunde immer häufiger zum Thema. Dr. med. Michael Egloff ist Stv. Leitender Arzt Endokrinologie/ Diabetologie am Kantonsspital Baden und diskutierte am FOMF Update Refresher Gynäkologie den aktuellen Wissensstand rund um diese «gewichtige» Herausforderung.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Da bei ansonsten gesunden Jugendlichen und Frauen im geb&auml;rf&auml;higen Alter der Gyn&auml;kologe oft &uuml;ber lange Jahre der einzige &auml;rztliche Ansprechpartner sein kann, liegt es h&auml;ufig an ihm, &Uuml;bergewicht und Adipositas zu thematisieren. Welche Argumente vorgebracht werden sollten und welche therapeutischen Optionen es gibt, erl&auml;uterte Dr. med. Michael Egloff.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Gyn_1702_Weblinks_lo_gyn_1702_s7_foto.jpg" alt="" width="724" height="967" /></p> <h2>&Uuml;bergewicht und gesundheitliche Probleme</h2> <p>Wie wirken sich zu viele Kilos in fr&uuml;hen Jahren aus? Nebst den bekannten Adipositas-assoziierten internistischen Erkrankungen f&uuml;hren sie zu einer Vielzahl von gyn&auml;kologischen Problemen. Sie vermindern die Fertilit&auml;t und erh&ouml;hen das Risiko f&uuml;r Spontanaborte, Gestationsdiabetes, Sectios und weitere Schwangerschaftskomplikationen.<sup>1, 2</sup> Postpartal sind Thrombosen, Depressionen und Stillprobleme h&auml;ufiger. Es bestehen vermehrt Probleme bei der Auswahl von Antikonzeptiva und ein erh&ouml;htes An&auml;sthesie- und Operationsrisiko. Bei Adipositas steigt auch das Tumorrisiko, beim Endometriumkarzinom um den Faktor 4,5, beim Mammakarzinom um den Faktor 1,75. Im sp&auml;teren Leben treten bei &Uuml;bergewichtigen vermehrt Beckenbodenprobleme wie Stressinkontinenz oder Reizblase auf.<sup>3, 4</sup><br /> Viele Gr&uuml;nde, um immer wieder das Thema in der Sprechstunde anzuschneiden, wenn die Waage zu viel anzeigt. Der BMI (&Uuml;bergewicht beginnt bei 25, Adipositas bei 30) ist einfach zu bestimmen und korreliert gut mit komplexeren Messgr&ouml;ssen, w&auml;hrend der Bauchumfang und die &laquo;waist-to-hip ratio&raquo; eine zus&auml;tzliche Aussage &uuml;ber die Fettverteilung erlauben.<br /> Meist liegt die Ursache der Adipositas in einer Energie-Dysbalance, einem Missverh&auml;ltnis zwischen Nahrungszufuhr und k&ouml;rperlicher Aktivit&auml;t.<sup>5</sup> Es sollte aber auch an eine m&ouml;gliche, wenngleich auch viel seltenere, angeborene oder erworbene sekund&auml;re Ursache gedacht werden. Neben einem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) k&ouml;nnen andere endokrine, aber auch genetische Ursachen dahinterstecken. Eine Gewichtsabnahme kann den Schweregrad eines PCOS senken.<sup>6</sup></p> <h2>Therapiem&ouml;glichkeiten</h2> <p>Die hochkomplexe Regulation der Nahrungsaufnahme f&uuml;hrt dazu, dass es bis heute weder die Di&auml;t noch die &laquo;Abnehmpille f&uuml;r alle&raquo; gibt. Gesunde Ern&auml;hrung und k&ouml;rperliche Aktivit&auml;t im Duo sind am besten wirksam.<sup>5</sup> &laquo;Alles, was die Energiebilanz g&uuml;nstig beeinflusst, viel Bewegung im Alltag und gesundes Essverhalten sowie realistische Ziele sind immer noch die besten Empfehlungen&raquo;, f&uuml;hrte Egloff aus. In einer der gr&ouml;ssten Studien zur konservativen Adipositastherapie konnte durch Gewichtsabnahme zwar kein Effekt auf das kardiovaskul&auml;re Risiko erzielt werden. Es zeigte sich aber eine Verbesserung in vielen sekund&auml;ren Endpunkten wie k&ouml;rperlicher Fitness, Schlafapnoe, Lebersteatose, Depression, Urininkontinenz und Sexualleben.<sup>7</sup><br /> Und die Medikamente? Orlistat f&uuml;hrt zu einer Fettmalabsorption mit den Nebenwirkungen Meteorismus und Flatulenz. Liraglutid ist ein GLP-1-Analogon, das subkutan gespritzt wird und zu Nausea f&uuml;hren kann. Letzteres ist bei Nichtdiabetikern nicht kassenpflichtig und schl&auml;gt mit Behandlungskosten von 350 CHF pro Monat zu Buche. Bei Diabetespatienten haben neben den verschiedenen GLP-1-Rezeptor-Agonisten Metformin und SGLT-2-Inhibitoren, die die Glukoseausscheidung steigern, einen g&uuml;nstigen Gewichtseffekt.<br /> Immer mehr Patienten gelten als Kandidaten f&uuml;r eine chirurgische Therapie. F&uuml;r eine &Uuml;bernahme der Kosten durch die Krankenkasse muss ein BMI von &ge;35kg/ m<sup>2</sup> nach mindestens zweij&auml;hriger konservativer Therapie vorliegen. &laquo;Der Effekt der bariatrischen Chirurgie ist nicht nur mechanisch, sondern beruht vor allem auch auf multiplen endokrinen Wirkungen&raquo;, erl&auml;uterte Egloff. In der Schweiz ist heutzutage der Magenbypass die Standardoperation, in bestimmten F&auml;llen wird als neuere Alternative ein Schlauchmagen gew&auml;hlt.<sup>8</sup> Wichtig sei in jedem Fall der Wille der Patientin, aktiv etwas an ihrem Lebensstil zu &auml;ndern. Neben einer durchschnittlichen Gewichtsabnahme um bis zu 30 % nach Magenbypass kommt es zu einer Verbesserung der kardiovaskul&auml;ren Risikofaktoren. H&auml;ufig kann eine Remission des Diabetes beobachtet werden und das Karzinomrisiko bei Frauen kann ebenfalls sinken. Es steigt nicht nur die Lebensqualit&auml;t, auch die Kosteneffizienz ist belegt.<sup>9</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Vortrag von Dr. med. Michael Egloff «Adipositas – die schwergewichtige Herausforderung», FOMF Update Refresher Gynäkologie, 15.–17. Mai, Zürich </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Catalano PM, Shankar K: Obesity and pregnancy: mechanisms of short term and long term adverse consequences for mother and child. BMJ 2017; 356: j1 <strong>2</strong> Carlson NS et al.: Parturition dysfunction in obesity: time to target the pathobiology. Reprod Biol Endocrinol 2015; 13: 135 <strong>3</strong> Beavis AL et al.: Lifestyle changes and the risk of developing endometrial and ovarian cancers: opportunities for prevention and management. Int J Women's Health 2016; 8: 151-67 <strong>4</strong> Moley KH, Colditz GA: Effects of obesity on hormonally driven cancer in women. Sci Transl Med 2016; 8: 323ps3 <strong>5</strong> Apovian CM et al.: Pharmacological management of obesity: an Endocrine Society clinical practice guideline. J Clin Endocrinol Metab 2015; 100: 342-62 <strong>6</strong> Dumesic DA et al.: Scientific statement on the diagnostic criteria, epidemiology, pathophysiology, and molecular genetics of polycystic ovary syndrome. Endocr Rev 2015; 36: 487-525 <strong>7</strong> The Look AHEAD Research Group: Cardiovascular effects of intensive lifestyle intervention in type 2 diabetes. N Engl J Med 2013; 369: 145-54 <strong>8</strong> Schiesser M: Adipositaschirurgie im Wandel. Schweiz Med Forum 2015; 15: 225-30 <strong>9</strong> Gulliford MC et al.: Costs and outcomes of increasing access to bariatric surgery: cohort study and cost-effectiveness analysis using electronic health records. Value Health 2017; 20: 85-92</p> </div> </p>
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