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Entwicklung und aktueller Stand der HPV-Impfung

„Die Standards sind gesetzt“

<p class="article-intro">Seit der Entdeckung der humanen Papillomaviren (HPV) als Krebserreger ist viel geschehen. Mit der Entwicklung des ersten Impfstoffs 2006 war es erstmals möglich, (zunächst nur) Mädchen vor einer Infektion zu schützen. Inzwischen ist die HPV-Impfung geschlechtsneutral zugelassen und auch in Österreich Bestandteil des kostenfreien Impfprogramms für Kinder von neun bis zwölf Jahren. Doch auch danach ist eine Impfung noch sinnvoll, wie Prof. Elmar Joura, Universitätsklinik für Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien, erklärt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Bisher sind mehr als 200 HPV-Typen bekannt. Welche Relevanz haben HPV als Krankheitserreger?</strong><br /> Es sind zwar &uuml;ber 200 HPV-Typen bekannt, davon sind aber nur 14 krebserregend. Diese sind allerdings f&uuml;r etwa 5 % s&auml;mtlicher Krebserkrankungen verantwortlich. Doch auch die nicht kanzerogenen HPV, allen voran die Typen 6 und 11, haben eine gro&szlig;e Relevanz. Die durch sie verursachten Warzen sind zwar gutartig, bedeuten f&uuml;r die Betroffenen aber oft eine Belastung und ziehen Behandlungskosten nach sich.<br /><br /> <strong>Die Entwicklung der HPV-Impfung war ein Meilenstein. Seit 2014 ist sie in &Ouml;sterreich f&uuml;r Kinder zwischen 9 und 12 Jahren kostenfrei. Wie hat sich die Durchimpfungsrate seitdem ver&auml;ndert?</strong><br /> Die Entwicklung ist sehr positiv. Vor 2014 lag die Durchimpfungsrate hierzulande bei etwa 2 % . Schon im ersten Jahr nach dem Aufsetzen des kostenfreien Impfprogramms stieg sie auf 50 % . Nach neuesten Zahlen liegt sie inzwischen bei 62 % . Das Programm ist aber auch sehr gut aufgestellt, da es fr&uuml;h einsetzt und geschlechtsneutral impft. &Ouml;sterreich war das erste Land weltweit, das empfohlen hat, auch Knaben zu impfen und dies nun auch umsetzt.<br /><br /> <strong>Gibt es Kontraindikationen zur Impfung?</strong><br /> Nein, keine, abgesehen von den &uuml;blichen, zum Beispiel Unvertr&auml;glichkeiten gegen einen der Inhaltsstoffe der Vakzine oder hohes Fieber. Eine leicht erh&ouml;hte Temperatur, wie sie bei einer Erk&auml;ltung vorkommen kann, spricht nicht gegen eine Impfung.<br /><br /> <strong>Raten Sie auch Erwachsenen, sich impfen zu lassen? Wenn ja, warum?</strong><br /> Die Impfung ist am effektivsten, wenn sie fr&uuml;h erfolgt, am besten vor ersten sexuellen Aktivit&auml;ten. Doch auch sp&auml;ter sch&uuml;tzt sie vor Infektionen und Erkrankungen. Die Impfstoffe sind ohne obere Altersbeschr&auml;nkung zugelassen, das hei&szlig;t, sie k&ouml;nnen in jedem Alter ab dem 9. Geburtstag eingesetzt werden. Erwachsenen bis zum Alter von 40 Jahren w&uuml;rde ich sie uneingeschr&auml;nkt empfehlen. Es spricht jedoch nichts dagegen, auch &auml;ltere Personen zu impfen. Allerdings nimmt der Nutzen mit zunehmendem Alter ab, da die Wahrscheinlichkeit sinkt, mit neuen Infektionen auch an HPV-assoziierten Karzinomen zu erkranken.<br /><br /> <strong>Bei Erwachsenen ist es wahrscheinlich, dass sie bereits mit HPV infiziert sind. Was bringt dann die Immunisierung?</strong><br /> Der gr&ouml;&szlig;te Teil der Bev&ouml;lkerung ist nicht infiziert. Aber auch f&uuml;r Infizierte gibt es einen langfristigen Benefit. Wer bereits infiziert ist, tr&auml;gt meist nur einen Virustyp und ist durch die Impfung sofort gegen eine Infektion mit den acht anderen HPV-Typen gesch&uuml;tzt. Au&szlig;erdem f&uuml;hrt eine HPV-Infektion nicht zu einer nat&uuml;rlichen Immunit&auml;t. Daher ist eine Impfung durchaus sinnvoll, um weitere Infektionen &ndash; auch mit den gleichen Virustypen &ndash; zu unterbinden. Man hat zudem festgestellt, dass auch Frauen und M&auml;nner mit HPV-assoziierten Erkrankungen nach der Behandlung von der Impfung profitieren.<br /><br /> <strong>Inzwischen ist ein nonavalenter Impfstoff zugelassen. Welche zus&auml;tzlichen HPV-Typen erfasst er und warum ist das wichtig?</strong><br /> Er umfasst zus&auml;tzlich die Typen 31, 33, 45, 52 und 58. Diese HPV-St&auml;mme erzeugen Krebs oft jenseits des 50. Lebensjahres. Sie kommen h&auml;ufig vor, verursachen aber seltener Krebs als HPV 16 und 18.<br /><br /> <strong>Besteht bei einer solchen Vakzine nicht die Gefahr, dass die einzelnen Bestandteile sich gegenseitig ung&uuml;nstig beeinflussen und der Impfschutz schw&auml;cher ausf&auml;llt?</strong><br /> Diese Bedenken wurden ausger&auml;umt. Eine Studie1, die Immunogenit&auml;t und Wirksamkeit des Neunfachimpfstoffs gegen&uuml;ber dem Vierfachimpfstoff untersuchte, zeigte, dass beide gleich wirksam sind.<br /><br /> <strong>Spielen die anderen Impfstoffe (zwei- und vierfach) nun &uuml;berhaupt noch eine Rolle?</strong><br /> Im Moment ja. Der Neunfachimpfstoff wird auf alle F&auml;lle den vierfachen ersetzen. Der Zweifachimpfstoff kommt von einem anderen Hersteller. Dieser hat sein Produkt schon vom US-Markt zur&uuml;ckgezogen, welcher der gr&ouml;&szlig;te weltweit ist. Entscheidend ist, dass geimpft wird, alle drei Impfstoffe bieten einen hervorragenden Schutz gegen&uuml;ber den beiden gef&auml;hrlichsten HPV-St&auml;mmen HPV 16 und 18.<br /><br /> <strong>Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?</strong><br /> Der Standard ist gesetzt. Jetzt m&uuml;ssen wir noch die Impfraten verbessern. Doch wir sind auf einem guten Weg.<br /><br /> <strong>Werden die durch HPV ausgel&ouml;sten Tumorarten irgendwann der Vergangenheit angeh&ouml;ren?</strong><br /> Sie k&ouml;nnten tats&auml;chlich eliminiert werden, doch das h&auml;ngt von den Durchimpfungsraten ab. Hier w&auml;re es wichtig, wenn die niedergelassenen Gyn&auml;kologen ihre Patientinnen auf die Impfung ansprechen und auch impfen. Das w&auml;re die perfekte Erg&auml;nzung zum HPV-Kinderimpfprogramm. Manche sind in dieser Richtung sehr engagiert, andere dagegen sehr zur&uuml;ckhaltend. Doch daf&uuml;r gibt es keinen Grund, wenn man an die Vorteile denkt, die eine Immunisierung auch Erwachsenen bringt.<br /><br /> <strong>Sehr geehrter Herr Prof. Joura, vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Joura EA et al: A 9-valent HPV vaccine against infection and intraepithelial neoplasia in women. N Engl J Med 2015; 372(8): 711-23. doi: 10.1056/NEJMoa1405044</p> </div> </p>
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