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16.10.2018
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<p class="article-intro">Zum siebten Mal lud die Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Frauenklinik am Inselspital Bern zu ihrer Fortbildung nach Olten ein. Auch in diesem Jahr standen praxisrelevante Vorträge aus den Bereichen gynäkologische Endokrinologie, Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Menopause sowie Reproduktionsmedizin, die an den führenden gynäkologischen Kongressen weltweit präsentiert worden waren, auf dem Programm.</p>
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<p class="article-content"><h2>Jahreskongress der International Society of Gynecological Endocrinology (ISGE)</h2> <p>ISGE-Kongress in Florenz, Italien, präsentiert worden waren. Eine befasste sich mit der Wirkung des oralen Antidiabetikums Metformin auf das Endometrium. Neben den bekannten Effekten auf den Diabetes zeigte die Substanz zusätzlich antiproliferative, antiinvasive und antimetastasierende Wirkungen. Eine Literaturrecherche führte zu einer Metaanalyse. Sie umfasste Studien zur atypischen endometrialen Hyperplasie (AEH) und zum Überleben von Patientinnen mit Endometriumkarzinomen, die Metformin erhielten.<sup>1</sup><br /> Die Untersuchungen zur AEH verglichen die Kombination aus Gestagen und Metformin entweder mit einer Gestagenoder einer Metformin-Monotherapie. Dabei zeigte sich, dass Metformin alleine oder in Kombination mit Gestagen mehrheitlich die Veränderungen am Endometrium normalisierte. Kritisch merkte Stute an, dass die Teilnehmerzahlen an diesen Studien mit bis zu 17 Frauen sehr gering waren. Bei Endometriumkarzinompatientinnen verlängerte Metformin das Überleben zum Teil signifikant.<sup>1</sup> Positive Wirkungen zeigte Metformin zudem beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) und als Endometriumschutz während einer Tamoxifentherapie nach Mammakarzinom.<sup>2, 3</sup><br /> Prof. Michael von Wolff referierte zum genitalen Mikrobiom und zu seiner Rolle beim Kinderwunsch. Hintergrund ist, dass vor allem das Bakterium Gardnerella vaginalis in der Scheide Biofilme aus einer Polysaccharid-Matrix bildet. Diese Biofilme schützen den Erreger vor Angriffen des Immunsystems und einer Antibiotikatherapie, was eine Ursache für rezidivierende bakterielle Vaginosen ist. Von Wolff erklärte, dass bakterielle Vaginosen sich häufiger bei infertilen Frauen und solchen mit Eileiterverschluss (Tubenfaktor) finden. Ein kausaler Zusammenhang bestehe jedoch nicht, betonte er.<sup>4</sup> Für den Kinderwunsch spielten bakterielle Vaginosen daher keine Rolle. In der späteren Schwangerschaft seien sie jedoch problematisch, da sie Früh- und Fehlgeburten auslösen können, so von Wolff.<br /> Sein zweites Thema stand unter dem Motto «Stress und Reproduktion». Untersucht wurde, ob ein unerfüllter Kinderwunsch Stress verursacht. Dies ist der Fall, wobei dieser bei einem bereits bestehenden hohen Stressniveau höher ist als bei einem niedrigen Ausgangslevel.<sup>5</sup> Das Gleiche gilt für eine erfolglose Kinderwunschtherapie.<sup>6</sup> Da Stress möglicherweise die Chance einer Schwangerschaft beeinträchtigt, wurde untersucht, ob psychosoziale Interventionen zum Stressabbau die Schwangerschaftsrate steigern. Dies konnte nachgewiesen werden, wobei Frauen stärker profitierten als Männer. Eine Empfehlung, welche Massnahmen eingesetzt werden sollten, wurde laut von Wolff jedoch nicht gegeben.<sup>7</sup></p> <h2>Weltkongress der Fetal Medicine Foundation</h2> <p>PD Dr. med. Beatrice Mosimann berichtete Neues und Relevantes aus der Geburtshilfe und Pränatalmedizin. Ein wichtiges Thema ist nach wie vor das Präeklampsie- Screening. Bereits 2017 hatte die ASPRE-Studie gezeigt, dass anhand von anamnestischen Risikofaktoren und kombiniertem Ersttrimester-Screening eine Präeklampsie mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden kann. Gleichzeitig wurde nachgewiesen, dass die Gabe von 150mg Aspirin täglich die Inzidenz einer Präeklampsie um 62 % reduziert.<sup>8</sup> Mosimann stellte die SPREE-Studie vor, in der das Präeklampsie-Screening anhand anamnestischer Risikofaktoren verglichen wurde mit dem kombinierten Screening aus Risikofaktoren, Messung des arteriellen Mitteldrucks (MAP), Ultraschalluntersuchung der Uterusarterien sowie Biomarkern wie dem Placental Growth Factor (PlGF) und dem Schwangerschafts- assoziierten Plasmaprotein A (PAPP-A). Dabei war die Präeklampsie- Detektionsrate vor der 37. SSW beim kombinierten Screening dem Screening anhand der anamnestischen Risikofaktoren deutlich überlegen (81,7 % vs. 40,8 % ).<sup>9</sup><br /> Anschliessend fasste Mosimann drei Metanalysen mit Aspirin zur Prävention der Präeklampsie zusammen.<sup>10–12</sup> Sie ergaben, dass bei Risikoschwangerschaften eine niedrig dosierte Aspiringabe grundsätzlich das Präeklampsierisiko um rund 10 % reduziert.<sup>10</sup> Wird eine Dosis von mindestens 100mg gegeben und vor der 16. SSW begonnen, sinkt das Risiko um 67 % .<sup>11</sup> In dieser Konstellation besteht zudem ein nicht signifikanter Trend zu einer geringeren Zahl an vorzeitigen Plazentaablösungen. Wird dagegen nach der 16. SSW mit der Einnahme begonnen, kehrt sich dieser Trend um zu mehr Plazentaablösungen (nicht signifikant). Bei Dosierungen unter 100mg Aspirin kommt es dagegen zu keinem Zeitpunkt zu vermehrten Plazentaablösungen.<sup>12</sup><br /> Ein weiteres Thema war die Prävention postpartaler Blutungen. Hier präsentierte Mosimann die Studien CHAMPION und TRAAP.<sup>13, 14</sup> Postpartale Blutungen sind weltweit die häufigste maternale Todesursache, vor allem in weniger entwickelten Ländern. Die prophylaktische Oxytocingabe halbiert das Blutungsrisiko. Allerdings ist Oxytocin hitzeempfindlich und muss kühl gelagert werden, was in vielen Ländern schwierig ist. Daher wurde das hitzestabile Carbetocin zur Prävention postpartaler Blutungen im Vergleich zu Oxytocin untersucht.<sup>13</sup> Dazu wurden insgesamt rund 30 000 Frauen aus zehn Ländern, davon fünf in Afrika, die kurz vor einer vaginalen Geburt standen, randomisiert. Es zeigte sich, dass Carbetocin Oxytocin hinsichtlich der Prävention postpartaler Blutungen nicht unterlegen war.<sup>13</sup> Die zweite Studie befasste sich mit Tranexamsäure, von der bekannt ist, dass sie die Sterblichkeit infolge postpartaler Blutungen senkt. Allerdings muss sie früh gegeben werden, da ihre Wirkung umso schwächer ist, je später nach der Geburt sie verabreicht wird. Die TRAAP-Studie untersuchte daher, ob eine prophylaktische Gabe der Substanz zusätzlich zu Oxytocin das Blutungsrisiko weiter reduzieren kann.<sup>14</sup> Dies konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, allerdings traten unter Tranexamsäure vermehrt Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen auf. Das Fazit der Studie lautete daher, dass die routinemässige Gabe der Substanz zusätzlich zu Oxytocin keine Vorteile bringt.<sup>14</sup></p> <h2>Jahreskongress der International Menopause Society (IMS)</h2> <p>Prof. Petra Stute berichtete vom IMSKongress, Vancouver/Kanada, wo sie selbst unter anderem einen Vortrag zum Einfluss von Progesteron auf das Körpergewicht und den Schlaf bei Frauen in der Menopause gehalten hatte.<sup>15</sup> Progesteron wird zu Allopregnanolon metabolisiert, das die GABA<sub>A</sub>-Rezeptoren beeinflusst und sedierend wirkt. Es erhöht daher signifikant die Gesamtschlafdauer, reduziert die Einschlaflatenz und nächtliches Erwachen.<sup>15</sup> Gleichzeitig hat es einen positiven Einfluss auf die Gewichtsentwicklung in der Menopause: Es erhöht die Körperkerntemperatur und führt zu einem signifikanten Anstieg von freiem T4 sowie Wachstumshormon. Die Folgen sind eine gesteigerte Lipolyse und vermehrtes Muskelwachstum, was Übergewicht entgegenwirkt. Eine generelle Empfehlung zur Hormonsubstitution gab Stute jedoch nicht ab.<sup>15</sup><br /> Ein wichtiges Thema für Frauen in der Menopause ist die Osteoporose. Die Abnahme der Knochenmasse betrifft aber auch (jüngere) Krebspatientinnen, die eine antihormonelle Therapie mit einem Aromataseinhibitor (AI) erhalten. Eine gesunde postmenopausale Frau verliert pro Jahr durchschnittlich 1–2 % an Knochenmasse. Erhält sie aufgrund eines Mammakarzinoms eine AI-Behandlung, beträgt der jährliche Verlust im Schnitt 2,5 % . Noch grösser ist dieser bei prämenopausalen Frauen, die mit einem Gonadotropin- Releasing-Hormon(GnRH)-Analogon plus AI behandelt werden (7 % / Jahr). Entsprechend ist auch das Frakturrisiko erhöht.<sup>16, 17</sup> Daher sollte bereits vor Beginn der AI-Therapie die Knochendichte erfasst werden. Abhängig von deren Ergebnis sollte eine spezifische Prävention bzw. Therapie mit Zolendronat oder Denosumab erfolgen und die Knochendichte mittels DXA alle ein bis zwei Jahre kontrolliert werden, um Frakturen vorzubeugen.<sup>17</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Gynäkologische Weltkongresse 2018, 20. September, Olten
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Meireles CG et al.: Gynecol Oncol 2017; 147: 167-80 <strong>2</strong> Shafiee MN et al.: Gynecol Endocrinol 2015; 31: 286-90 <strong>3</strong> Davis SR et al.: Clin Endocrinol (Oxf) 2018; Epub ahead of print (doi: 10.1111/cen.13830) 4 van Oostrum N et al.: Hum Reprod 2013; 28: 1809-15 <strong>5</strong> Casu G, Gremigni P: J Adv Nurs 2016; 72: 693-706 <strong>6</strong> Coughlan C et al.: Int J Gynaecol Obstet 2014; 124: 143-7 <strong>7</strong> Frederiksen Y et al.: BMJ Open 2015; 5: e006592 <strong>8</strong> Rolnik DL et al.: N Engl J Med 2017; 377: 613-22 <strong>9</strong> Tan MY et al.: Ultrasound Obstet Gynecol 2018; 51: 743-50 <strong>10</strong> Meher S et al.: Am J Obstet Gynecol 2017; 216: 121-28.e2 <strong>11</strong> Roberge S et al.: Am J Obstet Gynecol 2018; 218: 287-93.e1 <strong>12</strong> Roberge S et al.: Am J Obstet Gynecol 2018; 218: 483-9 <strong>13</strong> Widmer M et al.: N Engl J Med 2018; 379: 743-52 <strong>14</strong> Sentilhes L et al.: N Engl J Med 2018; 379: 731-42 <strong>15</strong> Stute P: The impact of progesterone on weight and sleep. Vortrag am 16. World Congress Menopause, 6.–9. Juni 2018, Vancouver <strong>16</strong> Rizzoli R et al.: Osteoporos Int 2012; 23: 2567-76 <strong>17</strong> Hadji P et al.: J Bone Oncol 2017; 7: 1-12</p>
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