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Abklärung und Management der Schwangerschaftscholestase

<p class="article-intro">Die Schwangerschaftscholestase oder intrahepatische Cholestase der Schwangerschaft (ICP) ist die häufigste schwangerschaftsspezifische Lebererkrankung, welche sich typischerweise im dritten Trimenon mit generalisiertem Pruritus, erhöhten Gallensäuren und/oder abnormen Leberfunktionswerten präsentiert.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Epidemiologie und Pathogenese</h2> <p>In Europa tritt die Schwangerschaftscholestase (ICP) bei 0,4&ndash;1 % aller Schwangerschaften (SS) auf, in Mehrlingsschwangerschaften h&auml;ufiger.<sup>1&ndash;3</sup><br /> Von einer multifaktoriellen Genese ist auszugehen, wobei eine genetische Pr&auml;disposition zur Cholestase die Basis bildet und das h&auml;ufigere Vorkommen der ICP in gewissen Ethnizit&auml;ten (wie den Araucanos- Indianern in Chile) und intrafamili&auml;r erkl&auml;rt (Abb. 1). Besonders h&auml;ufig sind Varianten in der Gallensalzexportpumpe BSEP (sog. &laquo;Bile salt export pump&raquo;-Polymorphismen) und Mutationen in der Phospholipidfloppase MDR3 (&laquo;multidrug resistance 3&raquo;).<sup>2</sup> Die im Verlauf der Schwangerschaft ansteigenden &Ouml;strogen- und Gestagenspiegel demaskieren bzw. triggern, in Abh&auml;ngigkeit von der genetischen Variante in der Gallens&auml;ureexkretion, das Auftreten der Cholestase. Mit der Geburt und dem Abfall dieser SS-Hormone bildet sich die Cholestase wieder komplett zur&uuml;ck. In einer neuerlichen Schwangerschaft tritt die ICP in bis zu 70 % der F&auml;lle wieder auf.<sup>4</sup></p> <h2>Klinisches Bild</h2> <p>Auftreten eines in der Regel an den Handfl&auml;chen und Fusssohlen beginnenden, zunehmend generalisierten Pruritus am Ende des 2. bzw. im 3. Trimenon (bei 80 % nach der 30. SS-Woche) bei sonst gutem Allgemeinbefinden der Frau. Sekund&auml;r kommt es zu Kratzeffloreszenzen.</p> <h2>Diagnose</h2> <p>Richtungsweisend ist der generalisierte, im Verlauf zunehmende und psychisch belastende Juckreiz ohne Exanthem. Im Labor finden sich meist erh&ouml;hte Gallens&auml;uren (Blutentnahme n&uuml;chtern) und/ oder eine Erh&ouml;hung der Lebertransaminasen (meist &lt;250U/l, falls &gt;250U/l DD virale Hepatitis), welche den hepatozellul&auml;ren Zellschaden durch die Cholestase widerspiegelt. In einem Teil der F&auml;lle ist auch das Bilirubin erh&ouml;ht und f&uuml;hrt in 10 % zu einem Ikterus und einer Dunkelf&auml;rbung des Urins.<sup>5</sup> Bauchschmerzen sind untypisch, allerdings k&ouml;nnen Inappetenz, &Uuml;belkeit und Erbrechen auftreten.<br /> Zu beachten ist, dass der Pruritus oft bereits Wochen vor einer nachweisbaren Gallens&auml;ureerh&ouml;hung beginnt. Die Gerinnung ist meist unbeeinflusst.<br /> Die ICP ist eine Ausschlussdiagnose (Tab. 1).</p> <h2>Risiken f&uuml;r den Fetus und geburtshilfliches Management</h2> <p>Die Schwangerschaftscholestase ist mit einem erh&ouml;hten Risiko f&uuml;r intrauterinen Fruchttod und perinatale Komplikationen wie Fr&uuml;hgeburtlichkeit, mekoniumhaltiges Fruchtwasser, Mekoniumaspiration, niedrige Apgar-Werte, Asphyxie und neonatales Atemnotsyndrom assoziiert (Tab. 2).<sup>6</sup> Die Gallens&auml;uren haben im fetalen Darm eine abf&uuml;hrende Wirkung, sodass es zu vorzeitigem Mekoniumabgang ins Fruchtwasser kommt.<br /> Das Risiko f&uuml;r eine fetale Gef&auml;hrdung korreliert mit der H&ouml;he des Gallens&auml;ure- Serumspiegels und steigt bei mekoniumhaltigem Fruchtwasser, fr&uuml;hem Auftreten der ICP (vor der 28. SS-Woche) sowie bei gleichzeitigem Vorhandensein weiterer Risikofaktoren wie Pr&auml;eklampsie oder Gestationsdiabetes.<sup>7&ndash;9</sup> Besonders gef&uuml;rchtet ist der intrauterine Fruchttod, welcher geh&auml;uft nach der 37. SS-Woche auftritt und sich mit keiner Methode der fetalen &Uuml;berwachung vorhersagen l&auml;sst. Die Mehrheit der Totgeborenen sind normalgewichtig ohne Zeichen einer uteroplazentaren Insuffizienz, zeigen aber Zeichen einer akuten Anoxie. Es wird davon ausgegangen, dass die vermehrt zirkulierenden, pathologisch zusammengesetzten, potenziell kardiomyotoxischen Gallens&auml;uren infolge kardialer Arrhythmie und Vasokonstriktion der Nabelvene und chorialer Gef&auml;sse in der Plazenta f&uuml;r den pl&ouml;tzlichen Tod verantwortlich sind.<sup>4</sup><br /> Bei den meisten Schwangeren wird deshalb in Abh&auml;ngigkeit von den klinischen Parametern zwischen der 37. und der 39. Schwangerschaftswoche die Geburt eingeleitet, bei schwerer oder therapierefrakt&auml;rer ICP u.U. auch schon fr&uuml;her, wobei es zu diesem Vorgehen keine randomisierten Daten gibt.<sup>1, 7</sup><br /> Neben der iatrogenen Fr&uuml;hgeburtlichkeit durch Geburtseinleitung besteht ein erh&ouml;htes spontanes Fr&uuml;hgeburtsrisiko durch vermehrte/verfr&uuml;hte Expression von Oxytocinrezeptoren im Myometrium mit konsekutiv erh&ouml;hter myometraner Kontraktilit&auml;t (Tab. 2).<sup>1</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Gyn_1801_Weblinks_lo_gyn_1801_s40_tab1-3.jpg" alt="" width="1417" height="2052" /></p> <h2>Maternale Risiken</h2> <p>Im Verlauf der Schwangerschaft wird der Pruritus (besonders ohne Therapie) zunehmend psychisch belastend und kann zu schweren Schlafst&ouml;rungen f&uuml;hren. Unter der Therapie mit Ursodeoxychols&auml;ure (UDCA) mindert sich die Symptomatik relativ rasch oder klingt sogar weitgehend bis vollst&auml;ndig ab (vor allem bei sp&auml;tem Auftreten der ICP in der Schwangerschaft und nur leicht erh&ouml;hten Gallens&auml;ure-Serumspiegeln &lt;40&mu;mol/l). Dennoch sollte die UDCA-Therapie bis zur Geburt weitergef&uuml;hrt werden. In der Regel klingt der Pruritus postpartal relativ zeitnah spontan ab und die Laborwerte normalisieren sich z&uuml;gig.<br /> In Schwangerschaften mit ICP ist das Risiko f&uuml;r die Entwicklung eines Gestationsdiabetes und einer Pr&auml;eklampsie erh&ouml;ht.<sup>10, 11</sup><br /> In der Mehrheit der F&auml;lle manifestiert sich die ICP in den Folgeschwangerschaften von Neuem, auch ist eine famili&auml;re H&auml;ufung typisch. Ebenso kann im Rahmen einer Kontrazeption mit kombinierten Ovulationshemmern die Cholestase rekurrieren.<br /> Frauen mit ICP haben ein erh&ouml;htes Lebenszeitrisiko f&uuml;r Gallengangserkrankungen wie Cholelithiasis, aber auch f&uuml;r hepatobili&auml;re Neoplasien, Stoffwechselst&ouml;rungen wie Diabetes mellitus und Autoimmunerkrankungen, sodass insbesondere nach sich fr&uuml;h in der Schwangerschaft (&lt;28. SS-Woche) und/oder besonders schwer manifestierender ICP (Gallens&auml;uren &gt;100&mu;mol/l) eine genetische Abkl&auml;rung des zugrunde liegenden Gendefektes in Betracht gezogen werden sollte bzw. Verlaufsuntersuchungen zur Fr&uuml;herkennung assoziierter Erkrankungen angeboten werden sollten.<sup>3</sup></p> <h2>Medikament&ouml;se Therapie</h2> <p>Die Therapie der ICP hat zum Ziel, die Symptome zu lindern und das Risiko f&uuml;r maternale und fetale Komplikationen zu vermindern. Als First-Line-Therapie gilt die Gabe von Ursodeoxychols&auml;ure in einer Dosis von 15 mg/kg KG t&auml;glich (Maximaldosis 2g pro Tag, Tab.3).<sup>12-14</sup><br /> Die UDCA ist eine hydrophile Gallens&auml;ure, welche den Gallenfluss und die Gallens&auml;urenausscheidung signifikant verbessert, dadurch den Pruritus mindert (bis hin zur Resolution, objektivierbar durch nachweisbare Senkung bis Normalisierung der Cholestaseparameter im Labor) und das fetale Outcome verbessert (Abb. 2).<br /> In den sehr seltenen F&auml;llen einer schweren (Gallens&auml;uren &gt;40 bzw. &gt;100&mu;mol/l) oder einer unter Standarddosierung von UDCA therapierefrakt&auml;ren Cholestase ist eine Dosiserh&ouml;hung der UDCA bis auf 2g t&auml;glich m&ouml;glich und gegebenenfalls eine additive Rifampicin- Gabe zu erw&auml;gen.<sup>15</sup> Weitere Therapeutika wie Colestyramin, S-Adenosyl Methionin, Dexamethason, Phenobarbital u.a. wurden untersucht, sind aber in ihrem therapeutischen Effekt gegen&uuml;ber der UDCA signifikant unterlegen.<sup>4, 11</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Gyn_1801_Weblinks_lo_gyn_1801_s39_abb1+2.jpg" alt="" width="1454" height="1440" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Williamson C, Geenes V: Intrahepatic cholestasis of pregnancy. Obstet Gynecol 2014; 124(1): 120-33 <strong>2</strong> Chacko K, Wolkoff A: Intrahepatic cholestasis of pregnancy. New diagnostic insights. Ann Hepatol 2017; 16(2): 176-178 <strong>3</strong> Pataia V et al.: Pregnancy and bile acid disorders. Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol 2017; 313(1): G1-G6 <strong>4</strong> Ozkan S et al.: Review of a challenging clinical issue: Intrahepatic cholestasis of pregnancy. World J Gastroenterol 2015; 21(23): 7134-7141 <strong>5</strong> Marschall HU et al.: Intrahepatic cholestasis of pregnancy and associated hepatobiliary disease: a population-based cohort study. Hepatology 2013; 58: 1385-1391 <strong>6</strong> Zhang Y et al.: Maternal bile acid transporter deficiency promotes neonatal demise. Nature Communications 2015; 6: 8186 <strong>7</strong> Donghua Cui et al.: Bile acid levels and risk of adverse perinatal outcome in intrahepatic cholestasis of pregnancy. A meta-analysis. 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