
©
Getty Images/iStockphoto
Innovationen in der Behandlung von IBD-Patienten
Leading Opinions
30
Min. Lesezeit
01.11.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Nach wie vor erreichen viele Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nur eine unzureichende Kontrolle ihrer Erkrankung. LEADING OPINIONS sprach mit Prof. Dr. med. Stephan Vavricka, Zürich, über «unmet needs» in der Versorgung dieser Patienten und über neue Therapieoptionen.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><strong>Wo sehen Sie aktuell die grössten «unmet needs» in der Behandlung von Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen («inflammatory bowel disease», IBD)?</strong><br /> <strong>S. Vavricka:</strong> Der grösste «unmet need», den es in der medizinischen Betreuung von IBD-Patienten gibt, besteht in der effektiven Behandlung der Biologika-Versager. Das sind Patienten mit persistierenden Erkrankungen, denen bereits alle TNF-α-Antikörper verschrieben wurden, wahrscheinlich auch schon der erste zugelassene Antiintegrin- Antikörper, Vedolizumab, und die auf alle angebotenen Therapien nicht oder nur ungenügend angesprochen haben.<br /> Der zweitgrösste «unmet need» in der medizinischen Versorgung ist die Behandlung von Patienten mit einem komplizierten Verlauf eines Morbus Crohn, wie z.B. Patienten mit Fisteln.</p> <p><strong>Speziell bei Morbus Crohn ist bekannt, dass eine mangelnde Kontrolle der Erkrankung das Risiko für eine notwendige chirurgische Resektion im weiteren Verlauf dramatisch erhöht. Eine populationsbasierte Kohortenstudie aus Dänemark zeigte etwa, dass die Resektionsrate hier nach 5 Jahren Erkrankung noch immer bis zu 20 % beträgt.<sup>1</sup> Decken sich diese Beobachtungen mit Ihren Erfahrungen?</strong><br /> <strong>S. Vavricka:</strong> Diese Daten sind mit unseren Erfahrungen vergleichbar. Man muss leider nach wie vor damit rechnen, dass der überwiegende Teil der Patienten nach 30 Jahren Krankheitsdauer bereits mindestens eine Operation hinter sich hat.</p> <p><strong>Seit Juni 2017 ist mit Ustekinumab (Stelara<sup>©</sup>) der erste Interleukin-Inhibitor zur Behandlung von Patienten mit Morbus Crohn in der Schweiz zugelassen. Welche Patienten werden von der neuen Therapieoption profitieren? Haben Sie bereits Patienten damit behandelt?</strong><br /> <strong>S. Vavricka:</strong> Am Zürcher Triemlispital haben wir bereits einige Patienten mit Ustekinumab behandelt, mit guten Resultaten in der oben angesprochenen Gruppe: Patienten, die ein unzureichendes Ansprechen auf den ersten, zweiten, dritten TNF-α-Antikörper und auf Vedolizumab gezeigt haben.<br /> Die Kostenübernahme erfolgt für Patienten mit einem mittelschweren bis schweren Morbus Crohn, die auf eine konventionelle Therapie, bestehend aus Kortikosteroiden und Immunsuppressiva, oder die Behandlung mit einem TNF-α-Antagonisten ungenügend angesprochen haben bzw. bei denen diese Therapien kontraindiziert sind. Das bedeutet, man kann es gegebenenfalls bei einem Patienten nach einer unzureichenden Immunsuppressionstherapie einsetzen oder auch als Alternative zur Gabe eines TNF-α-Antikörpers.</p> <p><strong>Was ist charakteristisch für den neuen Therapieansatz und welche Erfahrungswerte gibt es hierzu aus den publizierten Studiendaten?</strong><br /> <strong>S. Vavricka:</strong> Bei Ustekinumab handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper, der als Inhibitor der Interleukine 12 und 23 fungiert und somit auf zellulärer Ebene statt nur auf humoraler Ebene ansetzt.<br /> Aus den Zulassungsstudien ist bekannt, dass ein relativ rasches Therapieansprechen zu erwarten ist. Bei Biologika- Versagern sprach etwa ein Drittel der Patienten auf eine einmalige Gabe an, bei Patienten ohne ausreichende Krankheitskontrolle unter einer konventionellen Therapie war es etwa die Hälfte. In der Erhaltungsstudie, die über ein Jahr fortgesetzt wurde, erreichte etwa die Hälfte der Patienten mit einem initialen Therapieansprechen eine Remission, die als CDAI-Score <150 definiert war.<sup>2</sup></p> <p><strong>Wie gestaltet sich das Sicherheitsprofil von Ustekinumab und welche Nebenwirkungen wurden beobachtet?</strong><br /> <strong>S. Vavricka:</strong> Meines Wissens nach hat in den Zulassungsstudien ein Patient unter Ustekinumab ein Basalzellkarzinom entwickelt. Weitere Todesfälle traten allerdings nicht auf, opportunistische Infektionen oder andere Komplikationen wurden nur wenige beobachtet. Um seltene Nebenwirkungen zu erfassen, braucht es allerdings noch grössere Studien mit längerer Studiendauer.</p> <p><strong>Vielen Dank für das Gespräch!</strong></p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Rungoe C et al.: Gut 2014; 63: 1607-16 <strong>2</strong> Feagan B et al.: N Engl J Med 2016; 375: 1946-60</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Vorsorgekoloskopie und Polypektomienachsorge
In ihrem Vortrag zum Darmkrebs-Screening in Österreich an der SGG-Jahrestagung 2024 ermöglichte Univ.-Prof. Dr. med. Monika Ferlitsch, Wien, einen Blick über den Tellerrand. Sie zeigte ...
Update im therapeutischen Management der Helicobacter-pylori-Infektion
Die H.-pylori-Infektion ist entscheidender Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Magenkarzinoms. Diese Entwicklung kann durch eine frühzeitige Eradikation von H.pylori verhindert ...
ECCO-Update 2025
Der Kongress der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) fand 2025 vom 19. bis 22. Februar in Berlin unter dem Motto «Nachhaltigkeit bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ...