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Aktuelles aus der Arbeitsgruppe für Infektiologie und Mikrobiom
Jatros
30
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05.06.2019
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<p class="article-intro">Die Arbeitsgruppe (AG) für Infektiologie und Mikrobiom der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) stellt sich vor.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><em><strong>Mit welchen Aufgabengebieten befasst sich die AG für Infektiologie und Mikrobiom im Allgemeinen? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Die Arbeitsgruppe befasst sich einerseits mit aktuellen Themen der gastroenterologischen Infektiologie, Antibiotikaresistenzen in Österreich und der Adaptierung von Therapieempfehlungen. Andererseits ist das intestinale Mikrobiom, das per se ja nicht pathogen ist, ein neuer wichtiger Themenschwerpunkt der Arbeitsgruppe. Viele intestinale, aber auch extraintestinale Erkrankungen werden mit Veränderungen des intestinalen Mikrobioms in Zusammenhang gebracht.</p> <p><em><strong>Welche konkreten Vorhaben/Ziele haben Sie sich für die aktuelle Vereinsperiode gesetzt? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Die von der Arbeitsgruppe im Jahr 2018 publizierte multizentrische Studie zur Antibiotika-Resistenzlage von Helicobacter pylori in Österreich war Auslöser für die Erstellung neuer Therapieempfehlungen. Ein Gremium aus 13 österreichischen Expertinnen und Experten erarbeiten einen nationalen Konsens, der die lokalen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten berücksichtigt. <br />Stuhltransplantation, auch fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT) genannt, ist mittlerweile eine etablierte Therapie bei rezidivierenden Infektionen mit Clostridium difficile. Zusätzlich zur Adaptierung der Behandlungsempfehlungen ist auf diesem Gebiet eine Empfehlung zur Durchführung, besonders zum Spenderscreening, entsprechend nationalen Risiken wichtig. Die Erstellung eines österreichischen FMT-Registers ist vor allem zur Qualitätssicherung notwendig. Der finanzielle Support wird von der ÖGGH gestellt.</p> <p><em><strong>Welche epidemiologischen Trends sind aktuell im Bereich gastroenterologischer Infektionserkrankungen in Österreich und Europa zu verzeichnen? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Campylobacter-Infektionen nehmen stetig zu und stellen aktuell die häufigste bakterielle, durch Lebensmittel übertragene Darminfektion dar. Dabei liegt die Resistenzlage für Ciprofloxacin bereits über 70 %. <br />Von den im Krankenhaus erworbenen Gastroenteritiden sind etwa 50 % durch C. difficile verursacht, die Letalität beträgt 5 %. Die epidemiologischen Zahlen variieren aber sehr von Bundesland zu Bundesland. Meldepflichtig sind lediglich schwere Verlaufsformen. Besonders besorgniserregend ist auch die Zunahme der Antibiotikaresistenzen in Österreich. Davon ist nicht nur H. pylori betroffen.</p> <p><em><strong>Worin bestehen aktuelle medizinische Problemstellungen und an welchen Maßnahmen zu deren Beantwortung sind Sie beteiligt? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Ein wichtiges Thema ist nach wie vor die Infektion mit H. pylori. Da nun auch in Österreich Antibiotikaresistenzen, vor allem für Clarithromycin, aber auch für Levofloxacin steigen, sind hier Kombinationstherapien notwendig. Internationale Empfehlungen sind teilweise uneinheitlich. Hier gilt es eine für Österreich gültige Empfehlung zu erarbeiten. <br />Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen erkranken häufiger an C.-difficile-Infektionen. Der Nachweis von C. difficile bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung ist oft mit einem schweren Verlauf und Komplikationen assoziiert. Unklar ist jedoch, ob jeder Nachweis von C. difficile Ausdruck einer höhergradigen Dysbiose im Rahmen einer aktiven Grunderkrankung ist oder tatsächlich eine Infektion mit Therapiebedarf. Um diese Frage zu klären, wird aktuell gemeinsam mit der ÖGGH-Arbeitsgruppe für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ein Protokoll für eine multizentrische Studie erarbeitet.</p> <p><em><strong>An welchen nationalen und internationalen Aktivitäten sind Sie bzw. die AG für Infektiologie und Mikrobiom beteiligt?</strong></em><br /><em><strong> P. Kump:</strong></em> Die „Austrian Microbiom Initiative – AMICI“ ist ein der ÖGGH angeschlossener gemeinnütziger Verein, eine Plattform für Mikrobiomexperten unterschiedlicher klinischer und vorklinischer Fächer. Als Arbeitsgruppenleiterin für Infektiologie und Mikrobiom bin ich als Schatzmeisterin tätig und durfte auch das 2. wissenschaftliche AMICI-Symposium im Jahr 2018 in Graz organisieren. <br />Die Erarbeitung der österreichischen Empfehlungen für FMT im Jahr 2014, eine Initiative der Arbeitsgruppe, wurde eine wichtige Grundlage für die Erstellung der europäischen Empfehlungen in Rom, zu deren Erarbeitung ich 2016 eingeladen wurde. Aktuell ist bereits der ROM-II-Konsensus in Arbeit, bei dem es in erster Linie um die Entwicklung von Stuhlbanken geht. Die Erarbeitung der aktuellen österreichischen Empfehlungen zur Therapie von H. pylori habe ich ja bereits erwähnt.</p> <p><em><strong>Welche Initiativen zur Forschungsförderung möchten Sie setzen? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Im Rahmen des jährlich stattfindenden AMICI-Symposiums verleiht die Gesellschaft jungen Wissenschaftlern einen Preis zur Förderung wissenschaftlicher Arbeiten. Ein ganz zentraler Punkt ist auch die gute nationale und internationale Vernetzung, um wissenschaftliche Kooperationen zu ermöglichen.</p> <p><em><strong>Die Erforschung des menschlichen Mikrobioms ist aktuell über die Fachgrenzen hinaus ein sehr präsentes Thema. Welchen Stellenwert hat Forschung aus Österreich in diesem Bereich? Welche Initiativen zur Forschungsförderung sind geplant? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Die österreichische Expertise im Bereich der Mikrobiomforschung ist international sehr angesehen. Studien mit internationalen Forschungspartnern laufen unter anderem in Bezug auf das metabolische Syndrom und die Entstehung von Tumoren.</p> <p><em><strong>Nützen Sie die AG zur Koordination gemeinsamer klinischer Studien? Welche klinischen Studien laufen aktuell oder sind bereits abgeschlossen? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Eine prospektive multizentrische Studie zur Resistenzlage von H. pylori wurde 2018 publiziert. Eine weitere Studie zur C.-difficile-Infektion bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist ebenso in Planung wie eine FMT-Registerstudie.</p> <p><em><strong>Welche hochschul- und standespolitischen Aufgaben verfolgen Sie? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Eine wichtige Aufgabe ist die Etablierung von Standards in Diagnostik und Therapie, wobei auch hier aktuell die Adaptierung der Therapie von H. pylori und rezidivierenden C.-difficile- Infektionen im Vordergrund steht. <br />Ein weiterer Aspekt ist die FMT, die in der Behandlung der Antibiotika-assoziierten Colitis mittlerweile eine etablierte Therapieoption ist. Über deren Indikation, Technik und potenzielle Risiken muss aufgeklärt werden.</p> <p><em><strong>Welche Aufgaben im Bereich Bewusstseinsbildung in einer breiteren Öffentlichkeit verfolgen Sie (Stichwort: Prävention)? </strong></em><br /><em><strong>P. Kump:</strong></em> Im Sinne des Konsumentenschutzes ist eine intensive Aufklärung in Bezug auf Dysbiose, Darmsanierung und Bakterientherapie notwendig. Dieser Punkt liegt mir besonders am Herzen. Viele Patienten geben viel Geld für wissenschaftlich nicht etablierte Stuhlanalysen und Nahrungsergänzungsmittel aus oder verlieren sich in „Diätfallen“. Eine gute Aufklärung auch verschreibender Ärzte und Apotheker ist dabei entscheidend.</p></p>
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