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Ärztefortbildung wird individueller

Muss Fortbildung immer kostenlos sein?

<p class="article-intro">Parallel zur Zunahme an medizinischem Wissen steigt der Aufwand für die – gesetzlich vorgeschriebene – Fortbildungstätigkeit. Dies bedingt ein Umdenken in Bezug auf Angebote und Inhalte und letztendlich auch auf die Finanzierung. Somit werden sich neben den klassischen, meist durch die Pharmaindustrie gesponserten Fortbildungen innovative Formate etablieren, wie Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Ludvik erklärt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Herr Prim. Ludvik, Sie bieten selbst zahlreiche Fortbildungsm&ouml;glichkeiten f&uuml;r &Auml;rzte an. Und es gibt eine Vielzahl weiterer Fortbildungsangebote &ndash; warum ist Fortbildung f&uuml;r &Auml;rzte aus Ihrer Sicht so wichtig?</strong></p> <p><strong>B. Ludvik:</strong> Gerade in der Medizin ist die Halbwertszeit des Wissens extrem kurz geworden. Daher wird mit Recht von &Auml;rzten gefordert, ein bestimmtes Fortbildungskontingent zu erf&uuml;llen. Im niedergelassenen Bereich ist dies nat&uuml;rlich schwerer als f&uuml;r &Auml;rzte, die in einem Krankenhaus arbeiten. Im Krankenhaus werden kontinuierlich Fortbildungen angeboten, niedergelassene &Auml;rzte m&uuml;ssen sich dagegen das Wissen bei Bezirks&auml;rztefortbildungen oder bei Kongressen erwerben bzw. gibt es auch Online- und klassische gedruckte Fortbildungen. Dies ist nat&uuml;rlich ein h&ouml;herer Aufwand. Dennoch &ndash; es geh&ouml;rt zu den Berufspflichten, sich fortzubilden, und wir sind es auch unseren Patienten schuldig, auf dem neuesten Wissensstand zu sein. Dar&uuml;ber hinaus spielen auch rechtliche Aspekte eine wesentliche Rolle, denn wenn ich mich als Arzt nicht fortbilde, darf ich eigentlich nicht mehr arbeiten bzw. wird im Fall eines Behandlungsfehlers sehr wohl auch die Fortbildungsaktivit&auml;t eine Rolle spielen.</p> <p><strong>Oftmals werden &Auml;rzte ja zu Kongressen eingeladen &ndash; muss eine solche Fortbildung kostenlos sein, damit sie angenommen wird?</strong></p> <p><strong>B. Ludvik:</strong> Es ist eine Tatsache, dass Fortbildung etwas kostet. Dazu geh&ouml;ren die Location, in der die Fortbildung stattfindet, die Vortragenden, die sich auf ihre Vortr&auml;ge vorbereiten und ihre Zeit zur Verf&uuml;gung stellen, aber auch die notwendige Technik und einige Punkte mehr. In &Ouml;sterreich hat sich durchgesetzt, dass die Kosten f&uuml;r Fortbildungen vielfach durch die Industrie &ndash; seien es Pharma- oder Medizintechnikfirmen &ndash; gesponsert werden. Pers&ouml;nlich finde ich es gut, wenn die Industrie &Auml;rzte in ihrer Fortbildung unterst&uuml;tzt, da diese f&uuml;r Teilnehmer wie erw&auml;hnt aufwendig ist und Kongressbesuche dar&uuml;ber hinaus auch teurer sein k&ouml;nnen. Wichtig ist eine komplette Transparenz, d. h. die Offenlegung der dadurch entstehenden potenziellen Interessenkonflikte. Ich bin aber der Ansicht, dass keine Gefahr besteht, dass Vortragende etwas sagen, das nicht ihren wahren Intentionen entspricht, nur weil sie auf einer von der Pharmaindustrie gesponserten Fortbildung sprechen. Dies w&auml;re nicht zuletzt f&uuml;r die Vortragenden selbst kontraproduktiv, da diese in der Folge unglaubw&uuml;rdig werden.</p> <p><strong>Was sind die Konsequenzen f&uuml;r eine Fortbildung, wenn diese von Firmen gesponsert wird?</strong></p> <p><strong>B. Ludvik:</strong> Ein Ziel ist ja unter anderem auch, Produkte zu erkl&auml;ren. Durch die Einladung von Vortragenden und die Wahl der Themen besteht nat&uuml;rlich eine gewisse Beeinflussungsm&ouml;glichkeit. Wird dies transparent gemacht, stellt das kein Problem dar. Die Industrie hat sich zudem gewisse Restriktionen auferlegt, wenn sie etwa eine Veranstaltung selbst konzipiert. Dies hat aber nat&uuml;rlich Auswirkungen auf eine Fortbildung. Ein Beispiel: Um nicht in den Verdacht zu geraten, dass eine indirekte Bestechung der Teilnehmer und der Vortragenden entsteht, indem man diese in sch&ouml;ne Hotels mit teurer Verpflegung einl&auml;dt, hat sich die Industrie Beschr&auml;nkungen bei der Wahl der Veranstaltungsorte auferlegt, Rahmenprogramme werden spartanisch angelegt, die Kosten pro Teilnehmer streng limitiert. Konkret bedeutet dies den Ausschluss von Kongressorten, die z. B. in der N&auml;he von Gebieten liegen, wo die Teilnehmer vielleicht vor oder nach der Fortbildung Urlaub machen k&ouml;nnten. Es ist auch so, dass man, wenn man zu einem Kongress eingeladen wird, nur alleine hinfahren kann. Man darf nicht einmal jemanden mitnehmen, dem man das Essen selbst bezahlen w&uuml;rde, man darf nicht einen Tag vorher anreisen oder einen Tag nach dem Kongress abreisen. Das ist alles okay und transparent, und daf&uuml;r bekommt man eine zumeist hochqualitative Fortbildung, in Verbindung mit diesen Restriktionen.</p> <p><strong>Es werden zunehmend Fortbildungen angeboten, die nicht von der Industrie gesponsert werden &hellip;</strong></p> <p><strong>B. Ludvik:</strong> Das stimmt, obwohl diese Art von Fortbildungen, zumindest in der &bdquo;Nichtzahnmedizin&ldquo;, noch nicht sehr etabliert ist. Daf&uuml;r schlie&szlig;en sich Leute zusammen, die eine Fortbildung auf hohem Niveau gestalten, v&ouml;llig unabh&auml;ngig von irgendeiner einladenden Firma. Diese sind auch unabh&auml;ngig, was die Wahl der Themen und der Vortragenden betrifft. Die Kosten f&uuml;r die Teilnahme an einer solchen Fortbildung tragen die Teilnehmer komplett selbst, sie k&ouml;nnen diese aber nat&uuml;rlich von der Steuer abschreiben. Diese Veranstaltungen sind den zuvor genannten Restriktionen aber nicht unterworfen. D. h., sie k&ouml;nnen in einem sch&ouml;nen Ambiente stattfinden, an Orten, an denen die Familie auch Urlaub machen kann. Die Vortragszeiten werden oftmals familienfreundlich gestaltet, man kann fr&uuml;her an- oder sp&auml;ter abreisen und so weiter. Als Beispiel nenne ich hier die Oberlecher Stoffwechseltage, die ich mit Kollegen organisiere. F&uuml;r &Auml;rzte ist es nicht immer einfach, Praxis&ouml;ffnungszeiten, Patientenbetreuung, die Gesch&auml;ftsf&uuml;hrung der Praxis, Fortbildungen und Familie unter einen Hut zu bringen. F&uuml;r niedergelassene Kollegen ist dies wie gesagt zum Teil sehr aufwendig. Daher haben wir nat&uuml;rlich auch ein offenes Ohr f&uuml;r W&uuml;nsche, die diesbez&uuml;glich an uns als Organisatoren herangetragen werden.</p> <p><strong>Hei&szlig;t das, dass es nur auf das Ambiente ankommt?</strong></p> <p><strong>B. Ludvik:</strong> Nein, das war nur ein Beispiel, um die Restriktionen zu veranschaulichen. Solche Veranstaltungen k&ouml;nnen auch ohne einen solchen Rahmen stattfinden. Der zweite wesentliche Aspekt ist der, dass sich die Veranstaltungen auch inhaltlich unterscheiden. So k&ouml;nnen die Referenten ihre Vortr&auml;ge v&ouml;llig unabh&auml;ngig von der Industrie gestalten. Das Programm und die Vortr&auml;ge k&ouml;nnen daher je nach Bedarf der Teilnehmer entweder thematisch breiter angelegt oder aber auch rezeptartig praxisnah auf den Punkt gebracht werden. Es k&ouml;nnen Themen besprochen werden, die a priori gar nicht so relevant erscheinen, die aber &Auml;rzte interessieren und bei klassischen Kongressen zu kurz kommen. So k&ouml;nnen wir etwa abseits von medikament&ouml;sen Therapien und Lebensstilma&szlig;nahmen Bezug nehmen. In Oberlech bestand beispielsweise Bedarf an osteologischen und zahnmedizinischen Vortr&auml;gen, wir haben sogar einen Unfallchirurgen dabeigehabt, der uns etwas &uuml;ber die Frakturversorgung erz&auml;hlt hat, weil Osteoporose eben auch eine Konsequenz einer Stoffwechselerkrankung ist. Die Organisatoren haben den Vorteil, dass sie Themen und Vortragende ma&szlig;geschneidert zusammenstellen und durch den Kontakt mit den Teilnehmern deren Fortbildungsbedarf ber&uuml;cksichtigen k&ouml;nnen.<br /> Diese Veranstaltungen sind daher hochqualitativ sowie punktgenau in der Fortbildung und kombinieren dies mit viel Lebensqualit&auml;t. Die Faktoren Zeit, Lebensqualit&auml;t und Work-Life-Balance werden immer wichtiger, sodass &Auml;rzte zunehmend dazu bereit sind, f&uuml;r solche Fortbildungen zu bezahlen, um die notwendigen DFP-Punkte zu erhalten. Nat&uuml;rlich ben&ouml;tigen diese neuen Fortbildungsformate eine gewisse Anlaufzeit. Die Konkurrenz mit bereits bekannten und gut etablierten konventionellen Fortbildungen ist gro&szlig;, daher sind die Organisatoren sehr gefordert; zudem m&uuml;ssen die neuen Formate in der Community kommuniziert werden. Insgesamt gesehen haben beide Formate ihre Berechtigung. Das Format ohne industrielle Unterst&uuml;tzung wird in Zukunft mehr und mehr eine Rolle spielen.</p> <p><strong>Wie steht es mit schriftlichen oder Onlinefortbildungen?</strong></p> <p><strong>B. Ludvik:</strong> Onlinefortbildungen haben ebenfalls absolut eine Berechtigung, denn es kann nicht jeder im niedergelassenen Bereich so viele Fortbildungsveranstaltungen besuchen. Wenn sie seri&ouml;s durchgef&uuml;hrt ist, ist auch der Erkenntnisgewinn sehr gro&szlig;, sodass man die DFPPunkte sinnvoll erwerben kann.</p> <p><em><strong>Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></em></p></p>
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