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Highlights der ÖDG-Frühjahrstagung 2015

<p class="article-intro">Das Management diabetischer Komplikationen stand im Mittelpunkt der diesjährigen Frühjahrstagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) in Villach. Die optimale Einstellung des Blutzuckers ist die wichtigste Maßnahme, um das Entstehen von Folgekrankheiten eines Diabetes mellitus zu vermeiden oder hinauszuzögern. Dennoch erleiden viele Diabetiker im Laufe ihres Lebens Endorganschäden, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>F&uuml;&szlig;e von Diabetikern sollten regelm&auml;&szlig;ig kontrolliert werden.</li> <li>Bei Problemen mit h&auml;ufigen Hypoglyk&auml;mien ist an einen Wechsel zu neueren Substanzen zu denken.</li> <li>Die Zukunft hat begonnen: Die Nanotechnologie in der Diabetestherapie k&ouml;nnte einen immer h&ouml;heren Stellenwert erlangen.</li> <li>Raucher sollten schrittweise und mit Verst&auml;ndnis zum Rauchstopp motiviert werden.</li> </ul> </div> <h2>Diabetischen Fu&szlig; zeitig erkennen und behandeln</h2> <p>Mit dem diabetischen Fu&szlig;, einer h&auml;ufig auftretenden Folgekrankheit, befasste sich Dr. Gerd K&ouml;hler, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin, Graz.<sup>1</sup> &bdquo;Das Hauptproblem ist die sensible Neuropathie, denn die Patienten haben an den F&uuml;&szlig;en kein Schmerzempfinden mehr&ldquo;, erkl&auml;rte der Oberarzt der Abteilung f&uuml;r Endokrinologie und Stoffwechsel. Die gleichzeitig auftretende motorische Nervenst&ouml;rung f&uuml;hre dazu, dass sich die Fu&szlig;form ver&auml;ndere, vor allem im Bereich des Mittelfu&szlig;es. Dies k&ouml;nne Probleme mit dem Schuhwerk ausl&ouml;sen. Die autonome Neuropathie sei zudem verantwortlich f&uuml;r eine trockene, empfindliche Haut, da sie die Funktion der Schwei&szlig;dr&uuml;sen beeintr&auml;chtige. &bdquo;Deshalb ist es wichtig, die F&uuml;&szlig;e regelm&auml;&szlig;ig anzuschauen&ldquo;, betonte er. Dazu geh&ouml;rt auch, die Angeh&ouml;rigen des Patienten entsprechend zu schulen. K&ouml;hler empfahl, bei Diabetespatienten mindestens einmal pro Jahr Fu&szlig;kontrollen vorzunehmen und mit dem Stimmgabel- und dem Monofilament-Test die Hautsensibilit&auml;t zu pr&uuml;fen. Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) oder Ulzera sollten alle drei Monate untersucht werden. <br /> Ist es dennoch zu einer Wunde gekommen, so gilt: &bdquo;Betreten verboten!&ldquo;, sagte K&ouml;hler. Essenziell sei daher die Druckentlastung. Dazu gibt es verschiedene M&ouml;glichkeiten, zum Beispiel den &bdquo;total contact cast&ldquo; (TCC). Dabei handelt es sich um einen festen Kunststoffverband, der den Fu&szlig; und Teile des Unterschenkels umschlie&szlig;t und die Fu&szlig;sohle entlastet. Spezielle Entlas&shy;tungsschuhe sind ebenfalls geeignet. &bdquo;Bei infizierten Wunden ist immer eine Erregerdiagnostik vorzunehmen, am besten anhand eines tiefen Wundabstrichs oder einer Gewebsbiopsie&ldquo;, riet K&ouml;hler. Milde Infektionen, die nur die Kutis und Subkutis betreffen, k&ouml;nnten ambulant behandelt werden, seien bereits Knochen, Sehnen oder Gelenke betroffen und leide der Patient unter einer PAVK, sei die station&auml;re Therapie ratsam, und bei schweren systemischen Infektionen sowieso, betonte er.</p> <h2>Neue Substanzen &ndash; weniger Hypoglyk&auml;mien</h2> <p>Der Hypoglyk&auml;mie widmete sich Prof. Rudolf Prager, Krankenhaus Hietzing, Wien.<sup>2</sup> Die Zahl schwerer Hypoglyk&auml;mien in der Notaufnahme habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen.<sup>3</sup> Dies sei auf die verbesserte Blutzuckereinstellung zur&uuml;ckzuf&uuml;hren, erkl&auml;rte er. Von den derzeit verf&uuml;gbaren Diabetesmedikamenten l&ouml;sen vor allem Sulfonylharnstoffe und die Insuline diese Komplikation aus.<sup>4</sup> Bei den Sulfonylharnstoffen wird neuerdings auch eine Zunahme der kardiovaskul&auml;ren Gesamtmortalit&auml;t diskutiert.<sup>5</sup> Prager stellte neuere Substanzen vor, die mit einem geringeren Risiko f&uuml;r eine Unterzuckerung einhergehen, aber den Blutzucker genauso sicher senken wie die Sulfonylharnstoffe. Dazu geh&ouml;ren die DPP4-Hemmer aus der Gruppe der Inkretine.<sup>6</sup> <br /> Derzeit laufen Studien, die auch das kardiovaskul&auml;re Risiko dieser Substanzen untersuchen. Ebenfalls zu den Inkretinen z&auml;hlen die GLP-1-Analoga, bei denen es lediglich in Kombination mit Sulfonylharnstoffen zu Unterzuckerungen kommt (Abb. 1) und die ein sehr niedriges kardiovaskul&auml;res Risiko bergen.<sup>7</sup> Die neuesten Substanzen sind die SGLT-2-Hemmer. Im direkten Vergleich mit einem Sulfonylharnstoff war der untersuchte SGLT-2-Hemmer in Bezug auf die Blutzuckersenkung zun&auml;chst unterlegen. &Uuml;ber eine Beobachtungszeit von vier Jahren kehrte sich dies aber um. Zudem f&uuml;hrte der &shy;SGLT-2-Hemmer zu einer stabilen &shy;Gewichtsabnahme und Blutdruck&shy;senkung. Gleichzeitig kam es seltener zu Hypoglyk&auml;mien als bei dem Vergleichsmedikament.<sup>8</sup> Prager zog daraus den Schluss: &bdquo;Die Zukunft wird den Substanzen geh&ouml;ren, die zu weniger Hypoglyk&auml;mien f&uuml;hren und die Therapie des Typ-2-Diabetes erleichtern werden.&ldquo;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Diabetes_1503_Weblinks_Seite8.jpg" alt="" width="584" height="449" /></p> <h2>(Keine) Science-Fiction: Nanotechnologie</h2> <p>Einen Blick in die weiter entfernte Zukunft warf Univ.-Prof. Dr. Thomas &shy;Wascher, Hanusch-Krankenhaus, Wien.<sup>9</sup> Inzwischen findet eine in anderen Bereichen schon etablierte Technologie ihren Weg in die Diabetestherapie: die Nanotechnologie. Ein m&ouml;gliches Einsatzgebiet sind bildgebende Methoden, die es erlauben, die Betazellmasse zu quantifizieren und das Ausma&szlig; der Insulitis bei Typ-1-Diabetikern zu messen. Ein Beispiel ist das zurzeit experimentell genutzte SPION (&bdquo;superparamagnetic iron oxide nanopar&shy;ticles") Imaging. Dabei werden Kontrastmittel eingesetzt, die biokompatible Eisen&shy;oxidpartikel enthalten. Diese zerfallen zu Eisen und Sauerstoff und k&ouml;nnen im Pankreas Betazellen sowie Entz&uuml;ndungszellen sichtbar machen.<sup>10</sup> Dies werde in Zukunft die Risikoabsch&auml;tzungen bei den Patienten erleichtern, ist Wascher &uuml;berzeugt.<br /> Noch weiter in der Zukunft liegen Insu&shy;line, die &bdquo;wissen&ldquo;, wie hoch der Blutzucker des Patienten ist, und dementsprechend wirken. Die Systeme bestehen aus Insulin, das in Nanopartikeln verpackt ist. Die Nanopartikel sind so kon&shy;struiert, dass sie in Abh&auml;ngigkeit vom Glukosegehalt ihrer Umgebung undicht werden und Insulin freisetzen. Sinkt der Glukosespiegel wieder, werden die Nanopartikel wieder undurchl&auml;ssig f&uuml;r Insulin.10 Ziel sei es, das Hypoglyk&auml;mierisiko zu senken, betonte Wascher.</p> <h2>Raucher zum Aufh&ouml;ren motivieren</h2> <p>Ganz im Hier und Jetzt war Dr. Helmut Brath, Diabetes- und Stoffwechsel&shy;ambulanz, Gesundheitszentrum Wien S&uuml;d, mit seinem Thema &bdquo;Motivation zur Tabakkarenz&ldquo;.<sup>11</sup> &bdquo;Jeder wei&szlig;, dass Rauchen sch&auml;dlich ist. Das m&uuml;ssen wir nicht sagen.&ldquo; Besser sei es, eine pers&ouml;nliche Betroffenheit herzustellen, indem man zum Beispiel den Kohlenmonoxidwert in der Ausatemluft misst. Bei Werten unter 5ppm habe man sicher einen Nichtraucher vor sich. F&uuml;r Werte bis 10ppm k&ouml;nnten auch Umweltbelas&shy;tungen verantwortlich sein. Dagegen zeigen Werte &uuml;ber 10ppm sicher einen Raucher an. Brath r&auml;t, die Entw&ouml;hnung schrittweise anzugehen. <br /> Bei einem Raucher, der zufrieden mit seinem Verhalten ist, sind die Chancen gering, dass eine Entw&ouml;hnung dauerhaft erfolgreich ist. Ist der Raucher jedoch selbst unzufrieden und m&ouml;chte mit dem Rauchen aufh&ouml;ren, dann sollte man ihm eine Entw&ouml;hnung anbieten. Dazu sei Verst&auml;ndnis n&ouml;tig, so Brath, denn bei jeder Ver&auml;nderung durchl&auml;uft man f&uuml;nf Stadien. Zuerst steht der Schock, dann die Verneinung des Sachverhalts. Daraus entwickelt sich zun&auml;chst eine rationale Einsicht, dann die emotionale Einsicht. Erst danach kann man schrittweise sein Verhalten &auml;ndern. Wichtig sei, das Thema aktuell zu halten. Selbst wenn der Patient zun&auml;chst eine Raucherentw&ouml;hnung ablehnt, sollte man sie erneut ansprechen und auch hin und wieder das Kohlenmonoxid messen.<br /> Bei einem Raucher, der zufrieden mit seinem Verhalten ist, sind die Chancen gering, dass eine Entw&ouml;hnung dauerhaft erfolgreich ist. Ist der Raucher jedoch selbst unzufrieden und m&ouml;chte mit dem Rauchen aufh&ouml;ren, dann sollte man ihm eine Entw&ouml;hnung anbieten. Dazu sei Verst&auml;ndnis n&ouml;tig, so Brath, denn bei jeder Ver&auml;nderung durchl&auml;uft man f&uuml;nf Stadien. Zuerst steht der Schock, dann die Verneinung des Sachverhalts. Daraus entwickelt sich zun&auml;chst eine rationale Einsicht, dann die emotionale Einsicht. Erst danach kann man schrittweise sein Verhalten &auml;ndern. Wichtig sei, das Thema aktuell zu halten. Selbst wenn der Patient zun&auml;chst eine Raucherentw&ouml;hnung ablehnt, sollte man sie erneut ansprechen und auch hin und wieder das Kohlenmonoxid messen.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 31. Frühjahrstagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft, 24.–25. April, Villach </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> K&ouml;hler G: State of the Art im Management des dia&shy;betischen Fu&szlig;es. 31. Fr&uuml;hjahrstagung der &Ouml;sterrei&shy;chischen Diabetes Gesellschaft, Sitzung 6: Moderne Ans&auml;tze in der Therapie von diabetischen Komplika&shy;tionen. 25. April 2015, Villach<br /><strong>2</strong> Prager R: Die Hypoglyk&auml;mie als Motor der Innovation in der Diabetestherapie. 31. Fr&uuml;hjahrstagung der &shy;&Ouml;sterreichischen Diabetes Gesellschaft, Sitzung 4: Komplikationen der Therapie. 24. April 2015, Villach<br /><strong>3</strong> Holstein A et al: Substantial increase in incidence of severe hypoglycemia between 1997-2000 and 2007-2010: a German longitudinal population-based study. Diabetes Care 2012; 35: 972-975<br /><strong>4</strong> Inzucchi SE et al: Management of hyperglycemia in type 2 diabetes, 2015: a patient-centered approach: update to a position statement of the American &shy;Diabetes Association and the European Association for the Study of Diabetes. Diabetes Care 2015; 38: 140-149<br /><strong>5</strong> Forst T et al: Association of sulphonylurea treatment with all-cause and cardiovascular mortality: a systema&shy;tic review and meta-analysis of observational studies. Diab&shy; Vasc Dis Res 2013; 10: 302-314<br /><strong>6</strong> Gallwitz B et al: Linagliptin has similar efficacy to glime&shy;piride but improved cardiovascular safety over <br />2 years in patients with type 2 diabetes inadequately controlled on metformin. Abstract 39-LB, American Diabetes Association, 71. Scientific Sessions, 24.&ndash;28. Juni 2011, San Diego<br /><strong>7</strong> Paul SK et al: The association of the treatment with glucagon-like peptide-1 receptor agonist exenatide or insulin with cardiovascular outcomes in patients with type 2 diabetes: a retrospective observational study. Cardiovasc Diabetol 2015; 14: 10<br /><strong>8</strong> Langkilde A et al: Durability of dapagliflozin vs glipizide as add-on therapies in type 2 diabetes inade&shy;quately con&shy;trolled on metformin: 4-year data. &shy;Abstract 936, EASD, 49. Annual Meeting, 23.&ndash;27. September 2013, Barcelona<br /><strong>9</strong> Wascher TC: Zukunft der medikament&ouml;sen Therapie von Endorganerkrankungen. 31. Fr&uuml;hjahrstagung der &Ouml;sterreichischen Diabetes Gesellschaft, Sitzung 6: Moderne Ans&auml;tze in der Therapie von diabetischen Komplikationen. 25. April 2015, Villach<br /><strong>10</strong> Veiseh O et al: Managing diabetes with nanomedicine: challenges and opportunities. Nat Rev Drug Discov 2015; 14: 45-57<br /><strong>11</strong> Brath H: Motivation zur Tabakkarenz. 31. Fr&uuml;hjahrs&shy;tagung der &Ouml;sterreichischen Diabetes Gesellschaft, Sitzung 7: Einfache Werkzeuge f&uuml;r die Verbesserung des Managements. 25. April 2015, Villach</p> </div> </p>
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