
Vollständigere IL-17-Blockade bei Psoriasis und wirksame Behandlung von Pemphigus und Handekzem
Bericht:
Dr. Susanne Kammerer
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Bereits zum zweiten Mal fand der amerikanische Dermatologenkongress pandemiebedingt vollständig virtuell statt. Zu den jährlichen Highlights gehört das „Late-breaker-Symposium“, in dem Studien zu neuen Substanzen vorgestellt werden, die einen Blick in die Zukunft der Dermatologie erlauben. Nachfolgend eine kleine Auswahl.
Die BE-RADIANT-Studie ist die erste Phase-III-Studie, in der ein IL-17A-/F-Blocker, nämlich Bimekizumab, mit einem reinen IL-17A-Blocker (Secukinumab) verglichen wird. „Diese Studie klärt uns also über die Rolle von IL-17F in der Haut auf“, sagte Prof. Kristian Reich vom Universitätszentrum Hamburg-Eppendorf bei der Studienpräsentation.
Aus der Grundlagenforschung ist bekannt, dass IL-17A und -F beide bei Psoriasis überexprimiert werden und eine Rolle in der Pathogenese der Psoriasis spielen. Die BE-RADIANT-Studie ist eine Head-to-Head-Studie zwischen Bimekizumab und Secukinumab. Primärer Endpunkt war eine vollständige Abheilung der psoriatischen Hautläsionen (PASI100-Ansprechen) an Woche 16. Zusätzlich wurden die Wirksamkeit und die Sicherheit nach 48 Wochen untersucht. Von Woche 16 an wurde Bimekizumab entweder alle 4 oder alle 8 Wochen verabreicht.
Noch nie erreichte Abheilungsraten
In Woche 16 erreichten mehr als 60% der mit Bimekizumab behandelten Patienten ein PASI100-Ansprechen im Vergleich zu 48,9% der mit Secukinumab behandelten Patienten (p<0,001). „Nach 48 Wochen ist der Abstand noch größer: 20% mehr Patienten, die mit Bimekizumab behandelt wurden, erreichen eine vollständige Abheilung der Hauteffloreszenzen im Vergleich zu Secukinumab“, sagte Prof. Reich. Hinsichtlich des PASI100-Ansprechens gab es bei Bimekizumab keinen Unterschied zwischen den beiden Dosisintervallen. Ein ähnliches Muster zeigte sich hinsichtlich des PASI90-Ansprechens, das als sekundärer Endpunkt bewertet wurde.
Bimekizumab wirkte auch schneller als Secukinumab: Sowohl das PASI75- als auch das PASI90-Ansprechen in Woche 4 waren unter Bimekizumab signifikant höher.
In Bezug auf die Sicherheit gab es kein neues Sicherheitssignal. Allerdings wurde bei Patienten, die mit dem dualen IL-17-Blocker behandelt wurden, häufiger eine orale Candidiasis beobachtet (72% versus 11% mit Secukinumab). Glücklicherweise waren 97,2% der Fälle von oraler Candidose leicht bis mittelschwer, und keiner führte zum Studienabbruch. „Diese Studie sagt mir also, dass man für eine optimale Hemmung des IL-17-Signalwegs bei Psoriasis anscheinend IL-17A und IL-17F blockieren muss. Dieser Ansatz ist auch viel schneller. Das weist auf eine relevante Rolle von IL-17F in der Pathogenese der Psoriasis hin“, schloss Prof. Reich. Die Kehrseite der Medaille sind allerdings signifikant mehr Fälle von oraler Candidiasis.
Topische Pan-JAK-Inhibitor-Creme überzeugt bei atopischem Ekzem
Delgocitinib-Creme erwies sich in einer randomisierten, multidosierten, Vehikel-kontrollierten Studie an erwachsenen Patienten mit atopischer Dermatitis (AD) als überraschend wirksam: Zwei Drittel der mit der höchsten Dosis behandelten Patienten erreichten eine mindestens 75%ige Verbesserung des Eczema Area and Severity Index (EASI) – nach Ausführung von Prof. Jonathan Silverberg, George Washington University in Washington D.C., eine bemerkenswert starke Wirkung für ein topisches Arzneimittel.
Der Wirkstoff Delgocitinib ist ein Breitspektrum-JAK-Inhibitor, der alle vier Januskinasen, nämlich JAK1–3 und zudem die Tyrosinkinase 2 (TYK2), blockiert. In einer früheren Studie, die beim Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) im Herbst vorigen Jahres vorgestellt wurde, erwies sich Delgocitinib bereits bei Patienten mit chronischem Handekzem als erfolgreich.
Bei der aktuell vorgestellten Studie handelte es sich um eine randomisierte, Vehikel-kontrollierte, dosisabhängige Phase-IIb-Studie, an der Erwachsene mit AD von mindestens einem Jahr Dauer teilnahmen. Bei den Studienteilnehmern waren mehr als 10% der Körperoberfläche von AD betroffen, der Schweregrad der AD rangierte gemäß der globalen Bewertung der Prüfärzte (Investigator’s Global Assessment, IGA) von leicht bis schwer. Die Patienten wurden mit einer wirkstofffreien Creme (Vehikel) oder mit Delgocitinib-Creme in 4 verschiedenen Dosierungen (1, 3, 8 und 20mg/g) behandelt, die 2x täglich aufgetragen wurde.
251 Patienten wurden in die Analyse eingeschlossen. In der Gruppe mit der höchsten Dosis (20mg) sank der EASI-Score vom Ausgangswert bis zur Woche 8 um 7,6 im Vergleich zu 1,9 in der Placebogruppe (p<0,05).
„Hinsichtlich der Veränderung des EASI-Scores gegenüber dem Ausgangswert haben sich alle Delgocitinib-Dosierungen ziemlich früh von der Placebogruppe abgesetzt, bereits in Woche eins, und das setzt sich bis Woche acht fort. Aber eindeutig wirkt die höchste Dosis am stärksten“, sagte Prof. Silverberg. Die EASI75-Ansprechrate in Woche 8 zeigte ein ähnliches Muster. In der Gruppe mit der höchsten Dosis erreichte der Unterschied im Vergleich zur Vehikelcreme bereits in Woche 1 statistische Signifikanz.
Bessere Haut – höhere Lebensqualität
Die Behandlung mit Delgocitinib ging mit einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität einher, die mit dem Dermatology Life Quality Index (DLQI) bewertet wurde.
„Juckreiz ist das häufigste Symptom bei AD und dasjenige, das die Patienten am stärksten belastet“, so Prof. Silverberg. In dieser Studie wurde die Juckreizlinderung als sekundärer Endpunkt bewertet: Die Patienten hatten zu Beginn der Studie einen Juckreiz-Score von 6,1, der bis Woche 8 in der Gruppe mit der höchsten Dosis um 4,6 Punkte und in den anderen Delgocitinib-Armen um 2,8–3,0 Punkte abnahm, verglichen mit 1,0 in der Placebogruppe (p<0,05). Der tägliche Juckreiz-Score verringerte sich im Vergleich zur Kontrollgruppe bereits an Tag 2 in allen Gruppen außer in der mit der niedrigsten Delgocitinib-Dosis signifikant. Schon in früheren Studien zeigte sich, dass JAK-Inhibitoren zu einer sehr raschen Linderung des Juckreizes führen.
Das Sicherheitsprofil des JAK-Inhibitors war vergleichbar mit dem der Kontrollgruppe. „Wir haben sogar weniger Nebenwirkungen bei der Delgocitinib-Creme als bei der Vehikelcreme beobachtet“, erklärte Prof. Silverberg.
Systemischer JAK-Inhibitor: vielversprechend beim Handekzem
Auch Gusacitinib ist ein neuer Breitband-JAK-Inhibitor zur oralen Verabreichung, der neben der TYK2 und der Milztyrosinkinase auch JAK1, JAK2 und JAK3 hemmt. Eine Studie der Gruppe von Dr. Howard Sofen, Dermatologe, Los Angeles, untersuchte Gusacitinib auf dessen Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerem bis schwerem chronischem Handekzem (CHE). CHE, das während der Pandemie zunehmend von Dermatologen gesehen wird, ist eine komplexe, entzündliche Hauterkrankung mit bisher unzureichenden zugelassenen Behandlungsmöglichkeiten. Patienten mit CHE leiden typischerweise unter Symptomen wie Schmerzen, Erosionen und Rhagaden- oder auch Fissurenbildung. Man unterteilt in drei ätiologische Hauptgruppen: kumulativ-toxisch, allergisch und atopisch.
Die vorgestellte Phase-IIb-Studie bestand aus einem Teil A und B. In Teil A wurden 105 Patienten nach dem Screening 1:1:1 randomisiert: Placebo, Gusacitinib 40mg oder Gusacitinib 80mg. Als primärer Endpunkt wurde der Anteil der Veränderung des modified Total Lesion Symptom Score (mTLSS) der Hand in Woche 16 definiert. Nach Abschluss von Teil A wechselten die Patienten der Placebogruppe in die 80mg-Gruppe und die Studie wurde mit Teil B für weitere 16 Wochen mit der oralen Studienmedikation fortgesetzt. Daran schloss sich eine Nachbeobachtungszeit bis Woche 36 an. „Das Durchschnittsalter lag bei Mitte 40 und etwa zwei Drittel bis drei Viertel der Patienten waren weiblich“, sagte Dr. Sofen über die demografischen Basisdaten der Studie. Der mittlere Ausgangswert des Hand Eczema Severity Index (HECSI) lag zwischen 61,0 und 65,3 und die Schmerzintensität variierte zwischen 3,8 und 5,3 auf einer visuellen Analogskala. Basiswerte für mTLSS bewegten sich zwischen 13,0 und 13,5.
Im Studienarm mit 80mg zeigte Gusacitinib eine signifikante Wirksamkeit im Hinblick auf den primären Endpunkt mit einer Reduktion des mTLSS um 69,5% (p<0,005) in Woche 16 gegenüber 49% (Gusacitinib 40mg) und 33,5% (Placebo) in den anderen Armen. Bemerkenswert ist auch, dass die Wirksamkeit bereits in Woche 2 zu sehen war und es einen deutlichen Unterschied zwischen der Kurve der 80mg-Gruppe und denen der anderen beiden Arme gab. Die Verbesserung im HECSI folgte einem ähnlichen Muster: Ansprechen ab Woche 2 und hohe statistische Signifikanz für die 80mg-Gruppe mit einer HECSI-Reduktion von 72,0% (p<0,005) in Woche 16. Die höhere Dosierung von Gusacitinib war nicht nur wirksam bei allen 3 Subtypen des CHE, sondern führte auch zu einer Verbesserung bei begleitend vorliegenden chronischen Fußekzemen, Pruritus und Schmerzen.
Als häufigste, behandlungsbedingte unerwünschte Wirkungen unter Gusacitinib wurden Kopfschmerzen, Übelkeit, Infektionen der oberen Atemwege und Nasopharyngitis berichtet. Schwere Ereignisse wie opportunistische Infektionen, Thromboembolien oder Todesfälle traten nicht auf. „Gusacitinib ist sowohl bei moderatem als auch bei schwerem CHE wirksam“, fasste Dr. Sofen zusammen.
Bruton-Tyrosinkinase-Hemmer: Hoffnungsträger für Patienten mit Pemphigus vulgaris
„Die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) spielt eine wichtige Rolle in der schnellen angeborenen sowie der verzögerten adaptiven Immunantwort bei Pemphigus, und Rilzabrutinib ist nicht irgendein BTK-Inhibitor, sondern ein potenter oraler und reversibler BTK-Inhibitor“, betonte Prof. Dedee F. Murrell, St. George Hospital, Universität von NSW, Sydney, die Beweggründe für die vorgestellte Phase-II-Proof-of-Concept-Studie BELIEVE. Die Studie untersuchte Rilzabrutinib für die Behandlung von neu diagnostiziertem oder rezidivierendem Pemphigus vulgaris. Die Open-Label-Studie schloss 27 Patienten mit einem medianen Alter von 51 Jahren ein. 33% hatten eine Pemphiguserstdiagnose und 67% schubförmigen Pemphigus. 41% der Patienten litten an moderatem und 59% an moderatem bis schwerem Pemphigus, wobei im Mittel seit Diagnosestellung 8,9 Jahre vergangen waren.
Orales Rilzabrutinib wurde in einer Dosierung von 400mg bis 600mg 2x täglich verabreicht. Als Begleitmedikation waren niedrig dosierte Kortikosteroide erlaubt. Primärer Endpunkt war die Kontrolle der Krankheitsaktivität (CDA) nach 4 Wochen, sekundäre Endpunkte bestanden aus der Gesamtansprechrate, dem Pemphigus Disease Area Index (PDAI), der Abnahme des Steroidverbrauchs und der Veränderung der Lebensqualität.
Nach 4 Wochen erreichten 52% der Studienteilnehmer den primären CDA-Endpunkt und dieser Prozentsatz stieg nach 12 Wochen auf 70%. „Der Anteil der Kontrolle der Krankheitsaktivität wurde im Laufe der Zeit konsistent verbessert, unabhängig davon, wie lange die Patienten den Pemphigus schon hatten oder wie schwer der Pemphigus zu Beginn war“, betonte Prof. Murrell und verwies auf Ergebnisse von 67% bzw. 72% CDA nach Woche 12 bei neu diagnostiziertem bzw. rezidivierendem Pemphigus und einer CDA von 64% bzw. 75% bei mittelschweren bzw. mittelschweren bis schweren Graden zum gleichen Zeitpunkt. Die Behandlung mit Rilzabrutinib verbesserte auch die PDAI-Scores und das Ausmaß des Steroideinsatzes signifikant. Insgesamt stieg auch die Lebensqualität bis Woche 12 im Vergleich zum Ausgangswert klinisch bedeutsam. Sie stabilisierte sich während der Nachbeobachtungszeit bis Woche 24, wobei der größte Effekt in der Gruppe der neu diagnostizierten Patienten zu verzeichnen war. „In Bezug auf die Sicherheit sahen wir nur vorübergehende und leichte bis moderate unerwünschte Ereignisse, was insgesamt ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil ergibt“, sagte Prof. Murrell. Weitere Ergebnisse für Rilzabrutinib werden sich aus Teil B der BELIEVE-Studie und der laufenden Phase-III-Zulassungsstudie PEGASUS ergeben.