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Aktinische Keratosen

Plattenepithelkarzinome verhindern

<p class="article-intro">Wir Dermatologen werden schon heute immer öfter mit den Diagnosen der aktinischen Keratose (AK) und des Plattenepithelkarzinoms konfrontiert. Durch den demografischen Wandel und eine immer älter werdende Gesellschaft wird sich dieses Problem weiter zuspitzen, weshalb unsere Therapiekonzepte einer Optimierung bedürfen. In Großbritannien leidet ein Drittel aller Männer über 70 an AK, bei Frauen ungefähr jede fünfte Patientin.<sup>1</sup> Der negative Einfluss übermäßiger Sonnenexposition in der Pathogenese ist unumstritten.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Es besteht Einigkeit dar&uuml;ber, eine AK als Carcinoma in situ schnell zu behandeln, um einer Transformation in ein Plattenepithelkarzinom vorzubeugen. Die gebr&auml;uchliche klinische Einteilung nach Olsen korreliert nur bedingt mit der Histologie, und eine Therapie der Feldkanzerisierung sollte angestrebt werden.<sup>2, 3</sup> Derzeit werden in der Leitlinie je nach individuellen Patientenfaktoren verschiedene Therapieformen empfohlen. In der ersten Linie kommen weiterhin ablative Verfahren (Kryochirurgie, Abtragung) zum Einsatz. Bei der medikament&ouml;sen Therapie liegen gute Daten im Fr&uuml;hstadium der Krankheit vor, und zwar mit 3 % igem Diclofenac-Natrium in einem 2,5 % igen Hyalurons&auml;uregel. Die Therapie wirkt gut bei einer Feldkanzerisierung, muss aber 2 x t&auml;glich &uuml;ber bis zu 12 Wochen aufgetragen werden. Mangelnde Compliance ist bei einigen Patienten durchaus ein Thema. Weitere Produkte, welche in der Leitlinie empfohlen werden und Teil des klinischen Alltags geworden sind, sind 5-Fluorouracil, Imiquimod und Ingenolmebutat. Die Produkte m&uuml;ssen teilweise lange angewendet werden oder f&uuml;hren zu schweren Lokalreaktionen und sind nicht allen Patienten zumutbar. Da seit Kurzem bekannt ist, dass Ingenolmebutat in Zusammenhang mit h&auml;ufigen Hautmalignomen steht, hat die Europ&auml;ische Arzneimittel- Agentur (EMA) vorl&auml;ufig das Ruhen der Zulassung angeordnet.</p> <h2>Die photodynamische Therapie</h2> <p>Weiters geh&ouml;rt seit einiger Zeit die klassische photodynamische Therapie (PDT) mit 5-Aminol&auml;vulins&auml;ure (ALA) unter einer Lichtquelle zum Repertoire. Die Behandlung ist sehr effektiv, aber auch sehr schmerzhaft. In den letzten Jahren hat sich die Tageslicht-PDT international als wirksame und schmerzarme Therapieoption etabliert. Es konnte gezeigt werden, dass das Ansprechen im Vergleich zur herk&ouml;mmlichen PDT nicht inferior ist, aber dass der Schmerz unter der Therapie deutlich geringer war, mit 0,8 versus 5,7 auf einer 10-Punkte-Schmerzskala.<sup>4</sup><br /> Die Wirkweise ist bei beiden Formen der PDT folgende: Durch die Aktivierung von Photosensibilatoren durch Licht kommt es im ver&auml;nderten Gewebe zur Produktion reaktiver Sauerstoffspezies mit nachfolgender Zellsch&auml;digung und Einleitung der Apoptose. Zugelassen sind Produkte mit den Wirkstoffen ALA und Methylaminol&auml;vulinat (MAL). Nach Anwendung auf der Haut werden diese Prodrugs durch die H&auml;msynthese in Protoporphyrin IX und andere photosensitive Porphyrine umgewandelt.<sup>5</sup> Bei der klassischen PDT wird das Medikament &uuml;ber mehrere Stunden hinweg auf der Haut belassen, um ausreichend Porphyrine f&uuml;r eine Reaktion zu garantieren. Der n&auml;chste Schritt erfolgt dann relativ schnell, mit einer &uuml;ber 20-min&uuml;tigen Belichtung mit einer LED-Lampe. Bei der Tageslicht-PDT kommt es im Gegensatz dazu zu einer weniger intensiven Reaktion. Sobald Protoporphyrin in den Zellen generiert wird, erfolgt sofort eine Reaktion, bevor sich gro&szlig;e Mengen des Substrats bilden k&ouml;nnen. Dadurch ist der Prozess weniger schmerzhaft. Porphyrin IX absorbiert mehrere Wellenl&auml;ngen des sichtbaren Lichts, mit der st&auml;rksten Absorptionskapazit&auml;t im blauen Lichtspektrum (410 nm). Um die gleiche Wirksamkeit wie mit einer herk&ouml;mmlichen PDT zu erreichen, muss eine Lichtst&auml;rke von 100 000 Lux vorhanden sein. Daher werden Tage mit ausreichend Sonnenlicht empfohlen.<sup>6</sup><br /> Die Behandlung ist einfach durchzuf&uuml;hren und daher in der Praxis ohne viele Ressourcen umzusetzen. Um die Penetration des Wirkstoffes zu steigern, kann eine Vorbehandlung mit fraktioniertem Laser in Erw&auml;gung gezogen werden. Nach dem Auftragen des Medikamentes kann der Patient nach drau&szlig;en. Es ist empfohlen, dass sich der Patient zwei Stunden ununterbrochen bei Tageslicht aufh&auml;lt. Nach Ende der Behandlung kann der Patient die Reste des Medikamentes mit klarem Wasser entfernen. F&uuml;r die n&auml;chsten 24 Stunden sollte Sonneneinstrahlung gemieden werden, da noch Protoporphyrine in den Zellen vorhanden sein k&ouml;nnen und die erneute Reaktion zu Schmerzen f&uuml;hren kann.<br /> In Deutschland werden Produkte zur PDT auch von der gesetzlichen Krankenkasse voll erstattet, aber in &Ouml;sterreich sind sie derzeit nicht erstattungsf&auml;hig.</p> <h2>Vorbeugende Rolle von Nicotinamid und Vitamin C?</h2> <p>Viele unserer Patienten fragen sich, ob auch die Ern&auml;hrung bei Hautalterung und Hautsch&auml;digung eine Rolle spielt. Eine spannende randomisierte Phase-III-Studie konnte beweisen, dass Nicotinamid (Vitamin B3) eine effektive Chemopr&auml;vention bei Basaliomen, AK und Plattenepithelkarzinomen darstellt.<sup>7</sup> In dieser Studie mit 386 Patienten (die alle in den letzten 5 Jahren mindestens an 2 nicht melanotischen Hautkrebsformen litten) konnte gezeigt werden, dass es nach &uuml;ber einem Jahr zu 23 % weniger F&auml;llen von neu aufgetretenen nicht melanotischen Hautkrebsformen kam als in der Kontrollgruppe. Die Patienten in der Verumgruppe erhielten 1000 mg Nicotinamid pro Tag &uuml;ber 12 Monate. Es kam in der Verumgruppe w&auml;hrend der Studie zu 20 % weniger Basaliomen, 30 % weniger Plattenepithelkarzinomen und 13 % weniger AK. Leider hielten die Effekte nur so lange an, wie auch die Erg&auml;nzung fortgef&uuml;hrt wurde.<br /> Nicotinamid ist ein Baustein vom Nicotinamidadenindinukleotid (NAD) und ein essenzieller Kofaktor im Zellstoffwechsel, vor allem in der Adenosintriphosphat(ATP)-Produktion. Durch Sonnenexposition kommt es zu einem Mangel an ATP und zu einer Schw&auml;chung des DNA-Reparaturmechanismus. Nicotinamid reguliert ebenso die Poly(ADP-Ribose)-Polymerase 1 (PARP-1), ein wichtiges DNA-Reparaturenzym. Vitamin B3 ist ein wasserl&ouml;sliches Vitamin und wird oral meistens gut aufgenommen und vertragen. Der Mangel ist als Pellagra bekannt und &auml;u&szlig;ert sich als Durchfall, Dermatitis, Demenz und Tod. In Europa kommt es unter einer ausgewogenen Ern&auml;hrung heutzutage nur selten zu Mangelerscheinungen. Auch bei anderen dermatologischen Erkrankungen wie Akne, bull&ouml;sem Pemphigoid und atopischer Dermatitis konnte Nicotinamid den Erkrankungsverlauf positiv beeinflussen. Neben dem Einfluss auf den Zellstoffwechsel wird auch der transepidermale Wasserverlust (TEWL) reduziert und die Synthese von Ceramiden angeregt.<sup>8</sup><br /> Auch Vitamin C kann einer vorzeitigen Hautalterung vorbeugen, allerdings vorrangig in topischer Applikation. Zus&auml;tzlich zu seiner aufhellenden Wirkung optimiert Vitamin C den nat&uuml;rlichen UVAund UVB-Lichtschutz der Haut. Vitamin C neutralisiert freie Radikale und beteiligt sich an der Regeneration von Vitamin E, welches zum Schutz der Lipidmembran der Zellen essenziell ist.<sup>9</sup></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>AK und Plattenepithelkarzinome werden in absehbarer Zeit noch wichtigere Erkrankungen f&uuml;r uns Dermatologen werden. Es ist wichtig, eine individualisierte Herangehensweise f&uuml;r betroffene Patienten anzubieten. Ein optimaler Sonnenschutz mit Textilien und einem geeigneten Lichtschutzpr&auml;parat stehen an erster Stelle und Patienten sollten entsprechend in Anwendung und Umgang geschult werden. Au&szlig;erdem gibt es vielversprechende Daten, die f&uuml;r eine Chemopr&auml;vention mit einer oralen Substitution von Nicotinamid bei ausgesuchten Patienten sprechen. Um Plattenepithelkarzinomen vorzubeugen, m&uuml;ssen wir auch die Feldkanzerisierung rechtzeitig und konsequent behandeln.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Green AC: Curr Probl Dermatology 2015; 46: 1-7 <strong>2</strong> Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Online unter https://www. leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/aktinische-keratosen- undplattenepithelkarzinom-der-haut. Abgerufen am: 21. J&auml;nner 2020 <strong>3</strong> Schmitz L et al.: J Eur Acad Dermatol Venereol 2016; 30(8): 1303-7 <strong>4</strong> Rubel D et al.: Br J Dermatol 2014; 171(5): 1164-71 <strong>5</strong> Kennedy JC, Pottier RH: J Photochem Photobiol B 1992; 14: 275-92 <strong>6</strong> Wiegell S et al.: J Eur Acad Dermatol Venereol 2012; 26(6): 673-9 <strong>7</strong> Chen A et al.: N Engl J Med 2015; 373(17): 1618-26 <strong>8</strong> Chen A et al.: Australas J Dermatol 2014; 55(3): 169-75 <strong>9</strong> Aguilera J et al.: J Dermatol Sci 2012; 66(3): 216-20</p> </div> </p>
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