<p class="article-intro">Bei primären Immundefizienzen wird in 40–70 % der Fälle eine Mitbeteiligung der Haut beobachtet. Da auch die Erstmanifestation dieser Erkrankungen bei bis zu 55 % der pädiatrischen Patienten an der Haut erfolgt, können sich diese Symptome im Zuge der Diagnosefindung als hilfreich erweisen. Auch Infektionen können Hinweise auf die Art des Immundefekts liefern.</p>
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<p class="article-content"><p>Gegenwärtig sind mehr als 200 Gendefekte und rund 200 Krankheitsbilder identifiziert, die mit primären Immundefizienzsyndromen (PID) assoziiert sind.</p> <h2>Infektiöse Formen</h2> <p>Im Zusammenhang mit den infektiösen Hautmanifestationen nehmen Mykosen, darunter die chronische mukokutane Candidiasis (CMCC) mit ihren zahlreichen Subformen, eine bedeutende Rolle ein. Die CMCC zeichnet sich durch eine schwere, persistierende oder rezidivierende Candidainfektion der Mundschleimhaut, der Haut und/oder der Nägel aus, wobei die frühmanifeste Form (Beginn im Säuglingsalter) von der spätmanifesten Form unterschieden wird. Klinisch und genetisch handelt es sich um ein sehr heterogenes Krankheitsspektrum, das sowohl mit endokrinen als auch immunologischen Störungen assoziiert sein kann.<br /> Das Zelladhäsionsmolekül ICAM-1 stellt eines der relevanten Gene dar, dessen Aberration die Ursache für eine autosomal-rezessiv (AR) vererbte Form der CMCC ist. Das auf Chromosom 9 lokalisierte Gen CARD(„caspase recruiting domain“)9 codiert für ein Schlüsselmolekül, das auf physiologischer Ebene nach Kolonisation durch Pilze via Aktivierung durch den Rezeptor Dectin-1 eine für die Pilzabwehr erforderliche Signaltransduktionskaskade auslöst. Für CARD9 konnte auch gezeigt werden, dass es eine relevante Funktion in der immunologischen Reaktion von Neutrophilen einnimmt, sodass eine CARD9-Defizienz aufgrund einer defekten Phagozytenfunktion in invasiven Candidosen resultieren kann: Anhand einer vergleichenden Untersuchung eines Patienten mit einer invasiven Candidainfektion im Vergleich mit einer gesunden Kontrollperson konnte die defizitäre Kapazität zur Phagozytose nachgewiesen werden (Abb. 1).<sup>1</sup> Neben Hefepilzen wie Candida-Spezies können Faden- und Schimmelpilze als infektiöse Erreger fungieren. Bei den Bakterien ist allen voran Staphylococcus aureus zu nennen. Zu den selteneren Formen zählen Serratia marcescens oder Klebsiellen. Klinisch werden sie in Form von Impetigo, Follikulitiden, Abszessen und Furunkeln manifest. Sie werden häufig bei kongenitalen Neutropenien oder auch bei der chronischen granulomatösen Erkrankung vorgefunden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Derma_1501_Weblinks_Seite18.jpg" alt="" width="472" height="335" /></p> <p>Auch Viren spielen in diesem Kontext eine Rolle: Als Beispiel nannte Univ.-Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer, Leiterin der Dermatologischen Abteilung am SMZ Ost – Donauspital, Wien, in ihrem Vortrag die einem autosomal-rezessiven Erbgang folgende Erkrankung Epidermodysplasia verruciformis, die im präsentierten Fallbeispiel durch die eher atypischen HP-Viren 3, 5, 8 und 10 ausgelöst wurde. Auf genetischer Ebene sind Mutationen in den Genen EVER1 und EVER2 involviert. Klinisch charakteristisch ist das Auftreten von flachen Verrucae vulgares (Verrucae planae), aber auch Läsionen, die an aktinische Keratosen erinnern.</p> <h2>Defekte der angeborenen Immunität</h2> <p>Epidermodysplasia verruciformis zählt neben anderen Syndromen zu den Defekten der angeborenen Immunität. Defekte im NEMO(„nuclear factor essential modulator“)-Gen können zu unterschiedlichen Immundefizienzsyndromen, darunter Incontinentia pigmenti, führen. Die Erkrankung läuft in vier Stadien ab und beginnt bei 80 % der Betroffenen bereits innerhalb der ersten zwei Wochen nach Geburt mit Vesikeln und Pusteln, die im weiteren Verlauf in verruköse hyperkeratotische Papeln und Plaques übergehen und häufig einen warzenähnlichen Eindruck machen. Nach Abheilung weisen die betroffenen Areale Hyper- und Hypopigmentierungen sowie teilweise Atrophien auf. Zu den weiteren Erkrankungen, die mit Albinismus-artigen Hypopigmentierungen einhergehen, zählen das Hermansky-Pudlak-, das Chediak-Higashi und das Griscelli-Syndrom, die mit teils sehr schweren Immundefekten assoziiert sind, welche auf einer gestörten Lysosomenfunktion basieren. Die betroffenen Kinder weisen ein höheres Risiko für das Auftreten von aktinischen Keratosen und damit assoziierten Neoplasien der Haut auf.</p> <h2>Nicht infektiöse Hautveränderungen</h2> <p>„Wir müssen uns der Tatsache bewusst sein, dass Kinder mit einem PID in bis zu 22 % der Fälle Ekzeme entwickeln. Schwere, therapierefraktäre Ekzeme, die bereits ab der Geburt auftreten, sollten den Verdacht auf das Vorliegen eines PID nahelegen“, erläuterte Volc-Platzer die Relevanz einer frühen Diagnosestellung. Im Serum werden charakteristischerweise eine Eosinophilie und ein erhöhter IgE-Spiegel vorgefunden. Zu den häufigsten Vertretern dieser Gruppe zählt das Hyper-IgE-Syndrom, das sowohl autosomal-dominant als auch autosomal-rezessiv vererbt werden kann. Den ekzematösen Veränderungen beim ebenfalls autosomal- rezessiven Comèl-Netherton-Syndrom liegt ein Defekt im SPINK5-Gen mit nachfolgender Verminderung der Aktivität eines Serin-Protease-Inhibitors und Störung der Hautbarrierefunktion zugrunde. Weitere primäre Immundefizienzerkrankungen wie das Wiskott-Aldrich- oder das Omenn-Syndrom<sup>2</sup> fallen oft durch eine Erythrodermie, das heißt mehr als 90 % der Körperoberfläche sind erythematös und ekzematös verändert, bei Geburt auf. Differenzialdiagnostisch ist auch an eine Graft-versus-Host-Erkrankung, beispielsweise durch einen diaplazentaren Lymphozytentransfer, zu denken.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Vidiert von: Univ.-Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer
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Quelle: Vortragsreihe „Immundefekte und
Notfälle in der Kinderdermatologie“
im Rahmen des 5. Kinder-Haut-Tags,
24.–25. Oktober 2014, Wien
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Lehmann H: Clinic Rev Allerg Immunol 2014; 46: 112-9<br /><strong>2</strong> Sillevis Smitt JH et al: Curr Opin Pediatr 2013; 25(4): 492-7<br /> <strong>3</strong> Drewniak A et al: Blood 2013; 121(13): 2385-92</p>
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