
Erstlingsexanthem als essenzieller Hinweis auf Primoinfektion
Fallbericht zur Verfügung gestellt von:
Dr. med. Leo Richter
Ordination Dr. med. Richter in Wien und Baden
Österreich
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Der Patient ist männlich, 38 Jahre alt und als Bankangestellter tätig. Er gibt an, gut sozial integriert zu sein, schwerere Vorerkrankungen sind keine bekannt. Der Patient hat jüngst ein Exanthem bemerkt, beginnend im Halsbereich. Im weiteren Verlauf der Anamnese wird deutlich: Es ist lohnenswert, in einem solchen Falle nicht auf ein unspezifisches Virusexanthem als «Verlegenheitsdiagnose» zu setzen. Denn es wird eine hoch ansteckende, sexuell übertragbare Erkrankung diagnostiziert.
Erst vor Kurzem hat der Patient ein Exanthem bemerkt, welches im Halsbereich begonnen hat. Daraufhin hat er sich zeitnah bei einem niedergelassenen Dermatologen vorgestellt. Hier wurde eine systemische Therapie mit Fucidin 3x2 Tabletten täglich eingeleitet. Das lässt den Rückschluss zu, dass das Erscheinungsbild als Follikulitis interpretiert wurde.
Die Therapie blieb erfolglos und das Krankheitsbild wurde rasch progredient.
Ausserdem gibt der Patient an, dass er seit 2–3 Wochen ein Krankheitsgefühl hat. Er fühlt sich nicht fit, ist anscheinend immer wieder subfebril.
Nehmen Sie teil!
Diagnostizieren Sie mit uns generalisierte Exantheme, behandeln Sie hartnäckige Nägel und staunen Sie im Schwarzlicht. Oder haben Sie selbst einen Patientenfall vor Augen, bei dem Sie sich über einen frischen Blick freuen würden? Eine Anmeldung ist dermächst möglich, tragen Sie sich die Termine im neuen Jahr 2024 gerne schon mal in den Kalender ein.
Ihre Termine in der Schweiz
am 05. März 2024 und
am 28. Mai 2024 und
am 27. August 2024 und
am 19. November 2024
jeweils von 18.15 bis 19.15 Uhr
Teilnahme am ersten Termin in der Schweiz für 2024
Ihre Termine in Österreich
am 05. März 2024 und
am 28. Mai 2024 und
am 27. August 2024 und
am 19. November 2024
jeweils von 18.15 bis 19.15 Uhr
Teilahme am ersten Termin in Österreich überhaupt
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Erscheinungsbild und Differenzialdiagnose
Klinisch zeigt sich ein generalisiertes, makulo-papulöses Exanthem auf dem Oberkörper (Abb. 1 und 2), das man auf den ersten Blick als unspezifisch bezeichnen würde. Die Handflächen des Patienten sind zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung ausgespart. Der Gesichtsbereich des Patienten ist hingegen betroffen (Abb. 3). Wie in vergleichbaren Fällen würde man eine vorschnelle Diagnose als unspezifisches Virusexanthem als Verlegenheitsdiagnose ablehnen und eine differenziertere Diagnostik anstreben. Das Erscheinungsbild könnte auf eine Röschenflechte (Pityriasis rosea) hinweisen. Eine solche würde sich in der Regel innerhalb von 6–8 Wochen von selbst auflösen. In schweren Fällen können Medikamente erforderlich sein. Allerdings wäre der Gesichtsbefall und die Allgemeinsymptomatik hierzu nicht passend.
Wenn man diese beiden Diagnosen ins Blickfeld nimmt, sollte man auch an eine Lues II denken – unabhängig davon, ob der Patient seinen Lebenswandel wie hier gegeben als «brav» beschreibt. Insbesondere dann, wenn das Beschwerdebild wie hier akut aufritt. Lues II ist eine ansteckende, sexuell übertragbare bakterielle Infektion, die durch schmerzlose Wunden an den Genitalien, dem Rektum oder im Mund gekennzeichnet ist. Anamnestisch berichtet der Patient nicht über ein Ulcus durum, was in diesem Kontext durchaus möglich wäre. Allerdings wird ein solches von den Patienten oft nicht bemerkt, da ein Ulcus durum an sich nicht schmerzhaft ist. Für Lues II sind die Läsionen bei diesem Patientenfall jedoch zu stark und zu scharf abgegrenzt (zu wenig verwaschen). Eine weitere Erkrankung aus dem Bereich der «sexually transmitted diseases» (STDs), die man unter Umständen bei einem solchen Patienten nicht sofort im Blick hat, aber naheliegend wäre, ist eine akute HIV-Infektion. Denn die beschriebene Hautveränderung könnte auch ein Erstlingsexanthem einer HIV-Frühinfektion sein. Eine Psoriasis guttata wiederum, ein Morbus Still oder Schnitzler-Syndrom wären ebenfalls in Betracht zu ziehen. Gegen Morbus Still spricht u.a., dass das Exanthem hier keine lachsfarbene Färbung zeigt.
Sexualanamnese
Die Lues-Serologie fiel wie erwartet negativ aus. Bei der Sexualanamnese ergaben sich nach genauerer Befragung wichtige Informationen, die entscheidend in die Diagnose mit einflossen: So lebt der Patient seit 5 Jahren in einer festen Beziehung mit seiner Partnerin. Aufgrund seiner Bisexualität hat er aber immer wieder auch Geschlechtsverkehr mit gleichgeschlechtlichen Partnern – auch wiederholt ungeschützt.
Laborbefund und Fallabschluss
Der Laborbefund zeigte: 2 x ELISA-positiv. Durchgeführt wurde auch der Western Blot, der dem Nachweis diagnostisch relevanter Proteine dientwie z.B. von Antikörpern im Blutserum, welche für das Vorliegen bestimmter Infektionskrankheiten typisch sein können. Ergebnis hierzu: 2 x negativ. Der HIV-PCR-Testzeigte sich hoch positiv. Aufgrund der Patientenangaben im Rahmen der Sexualanamnese lag eine sexuell übertragene Krankheit im Bereich des Möglichen. Wir waren dann aber doch überrascht, dass es sich um ein Erstlingsexanthem einer akuten Infektion mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) handelte.
Der Patient wurde mit der Diagnose HIV-Frühinfektion an die Universitätsklinik Wien überwiesen, das wir selbst keine HIV-Patienten behandeln.
Primoinfektion: HIV-Symptome
Die erste Phase nach einer Ansteckung mit HIV heisst Primoinfektion. In dieser Phase treten bei den meisten Menschen grippeähnliche Krankheitssymptome auf. Diese gilt es ernst zu nehmen, denn einerseits sind Infizierte in dieser Frühphase viel ansteckender als später. Anderseits kann eine Soforttherapie unter Umständen dazu beitragen, dass die HIV-Infektion weniger Schaden anrichtet und langfristig vom Immunsystem besser kontrolliert werden kann. Häufig auftretende Symptome während der HIV-Primoinfektion (einzeln oder in Kombination): Fieber, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Nachtschweiss, stark geschwollene Lymphknoten, nicht nur im Halsbereich (Halsschmerzen, Hautausschlag). Seltenere Symptome sind z.B. Muskel- und Gelenkschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Schleimhautdefekte im Mund und an den Genitalien. Diese Symptome können ein Hinweis auf eine Infektion mit HIV sein, müssen aber nicht. Ebenso fallen sie von Mensch zu Mensch verschieden stark aus und können wenige Tage, aber auch mehrere Wochen andauern, bevor sie wieder abklingen. Einige Menschen zeigen überhaupt keine Symptome.
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