
Einsatzmöglichkeiten von Pikosekundenlasern
Autorinnen:
Dr. med. Helena Odermatt
Dr. med. Bettina Rümmelein
Hautwerk AG
Zürich Manegg
E-Mail: odermatt@hautwerk.ch
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Seit der Erstzulassung des ersten Pikosekundenlasers (damals 755 nm Alexandrit) durch die US-Behörde FDA sind nun mehr als 10 Jahre vergangen. In dieser Zeit ist die Datenlage bezüglich der Anwendung dieser Technologie im Bereich der Dermatologie stetig angewachsen. So wurden deutliche Verbesserungen bei der Tattooentfernung erzielt und die Entfernung von gutartigen pigmentierten Läsionen bei allen Hauttypen wurde ermöglicht. Darüber hinaus arbeitet sich der Pikosekundenlaser in den lukrativen/stark nachgefragten Bereich der Hauterneuerung vor, welche ihm einen Stellenwert sowohl in der Narbenbehandlung als auch beim Anti-Aging sichert.
Keypoints
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Der Pikosekundenlaser ist aktuell der Goldstandard für die Entfernung von unerwünschten Tätowierungen.
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Die Anwendung kann ganzjährig und bei allen Hauttypen durchgeführt werden.
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Ein konsequent eingehaltenes Nachpflegeprotokoll ist für das Endergebnis mitentscheidend.
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Sonnenschutz und Make-up können sofort danach aufgetragen werden.
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Bei lichtgeschädigter Altershaut ist das Picotoning im fraktionierten Modus zu empfehlen.
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Auch empfindliche Regionen wie Hals und Dekolleté können problemlos behandelt werden.
Das Funktionsprinzip von Pikosekundenlasern
Der Pikosekundenlaser verwendet ultrakurze Lichtimpulse von 10–9 bis 10–12 Sekunden Dauer, was die thermische Relaxationszeit des Zielgewebes (Zeit, welche eine Zielstruktur benötigt, um auf die Hälfte der Ausgangstemperatur abzukühlen) unterschreitet und dadurch eine spezifische Destruktion eines Zielchromophors bewirkt, ohne dabei das umliegende Gewebe durch die unspezifische thermische Erhitzung zu schädigen. In der Dermis und Epidermis entstehen durch diese kleinen «Implosionen» Vakuolen durch sogenannte LIOB («laser-induced optical breakdowns»), welche eine Reparatur mit Neueinbau von Kollagen und Elastin in Gang setzen.1,2
Der Vorteil des rein photoakustischen Effektes ist, dass die unspezifisch destruktive, durch die Hitze verursachte Komponente wegfällt. Dies ermöglicht den Einsatz bei allen Hauttypen und reduziert damit die Gefahr einer postinflammatorischen Hyperpigmentierung (PIH) sowie die Gefahr der Narbenbildung. Die Epidermis bleibt beim Einsatz von Pikosekundenlasern weitgehend unversehrt, der Effekt in der Tiefe durch die Stimulation der Kollagenneogenese ist dennoch gross.3
Indikationen
Tätowierungen
Der Pikosekundenlaser ist zweifelsohne das Mittel der Wahl bei der Entfernung exogener Pigmente wie Tattoos (Evidenzlevel 1a).4 Die Überlegenheit dieser Technik ergibt sich daraus, dass die Pulsdauer kürzer ist als die thermale Relaxationszeit (TRT) der Zielchromophore (Farbpigmente, deren TRT <10 Nanosekunden beträgt). Das bedeutet, dass diese Zeitspanne lang genug ist, um die Farbpigmente mittels eines photoakustischen Effektes zu zerstören, aber zu kurz ist, um das umliegende Gewebe zu erhitzen. Dadurch wird das Risiko für die Entwicklung von Vernarbungen (und PIH) minimiert. Die herkömmliche Tattooentfernung mittels Rubin- (694nm) oder Alexandrit-Laser (755nm) birgt die Gefahr von bleibenden Hypopigmentierungen, bedingt durch die Absorption im Melanin.5So erlitten in einer koreanischen Studie 50% der Patienten mit Hauttyp IV nach Fitzpatrick eine Hypopigmentierung nach einer Tattooentfernung mittels eines 755-nm-Pikosekundenlasers. In diesem Sinne bietet die 1064-nm-Wellenlänge einen Vorteil, da sie auch bei Hauttypen IV–VI eingesetzt werden kann. Die Nd:YAG-Wellenlänge (1064nm) eignet sich gut zur Entfernung von schwarzen/dunkelblauen/grauen Tattoos, während die Frequenz-verdoppelte 532-nm-Wellenlänge für rötliche oder bräunliche Farben verwendet werden sollte. Zur Entfernung von grünen und hellblauen Farben wären Alexandrit-755-nm-Pikosekundenlaser (z.B. PicoSure von der Firma Cynosure) zu bevorzugen. Mit der Nd:YAG-Wellenlänge von 1064nm erreicht man zudem die nötige Tiefe in der Dermis, um auch dermal liegende Farbpartikel zu zerstören. Sobald der Laserstrahl auf das Farbpigment trifft, wird Letzteres in ultrakleine Fragmente zertrümmert, welche von den Makrophagen schneller und einfacher abgebaut werden können (Abbildung 1). Der Hauptvorteil ist, dass das umliegende Gewebe geschont wird. Die Eindringtiefe hängt aber nicht nur mit der Wellenlänge zusammen, sondern auch mit der gewählten Spotgrösse: Ein grösserer Spot führt zu mehr Eindringtiefe.
Abb. 1: Erreichen eines klinischen Endpunktes im Rahmen einer erstmaligen Tattoo-Entfernung einer schwarzen Farbe. Beachte den 3D-Effekt, welcher die Sprengung der Farbe anzeigt
Die Zahl der Sitzungen variiert stark und hängt von der Art des Tattoos, der Farbe und Dichte des Pigments und dem Hauttyp ab. Der Pikosekundenlaser ermöglicht eine schnellere Entfernung, auch von schwierigeren Tattoos. Ob die Behandlungen – wie oft gesagt – weniger schmerzhaft sind und mehr Sicherheit bieten, können wir nicht bestätigen. Das Narbenrisiko hängt aus unserer Sicht ausschliesslich mit der richtigen Wahl der Parameter zusammen. Es besteht sowohl bei Piko- wie auch bei Nanosekundenlasern. Gemäss Literatur werden im Schnitt vier Sitzungen benötigt, um über 75% Clearance zu erreichen.4,6
Schmutz- und akzidentelle Tätowierungen
Eine besondere Untergruppe der Tätowierungen stellen akzidentelle Eisentätowierungen dar (wie beispielsweise nach paravasaler Eiseninfusion), aber auch Schmutztätowierungen, z.B. nach Fahrradunfällen durch Asphalt, Asche und Staub oder aber Schwarzpulver durch den unsachgemässen Gebrauch von Feuerwerkskörpern. Die Behandlung wird grundsätzlich gleich ausgeführt, wobei bei Sprengstoffmaterial sehr vorsichtig vorgegangen werden muss.
Gutartige pigmentierte Läsionen
Abb. 2: Das Auftreten einer Weissfärbung als gewünschter Endpunkt während einer Lentigo-solaris-Behandlung im Gesicht. Innerhalb weniger Minuten nach der Behandlung dunkelt die Läsion nach. Auch ein leichtes Erythem kann zu sehen sein (532 nm, 0,7 J/cm2, 5mm, 750 ps)
Pikosekundenlaser sind Mittel der Wahl für die Entfernung von Nevus of Ota und Hori’s Maculae (Evidenzlevel 1b).6Melanozytäre Nävi dürfen seit dem Inkrafttreten des NISSG am 01.6.2019 in der Schweiz unter keinen Umständen gelasert werden. Andere pigmentierte Läsionen wie die Lentigines solares (Altersflecken) (Abbildung 2) und Epheliden können exzellent auch mit einem Nanosekundenlaser in Hauttypen I–II entfernt werden. Ein Head-to-Head-Vergleich in einer «Split face»-Studie konnte zwischen dem 532-nm-Nd:YAG-375-ps-Laser und einem 532-nm-Nd:YAG-5-ns-Laser keinen objektiven Unterschied in der Effektivität der Entfernung von Lentigines solares feststellen, wobei der Pikosekundenlaser zu mehr Zufriedenheit bei den Patienten führte (möglicherweise weniger Schmerzen und kürzere Behandlungsdauer).7
Auch in der Behandlung von Sommersprossen in einer chinesischen Population lagen die beiden Pulsdauern etwa gleichauf. An die Grenze stösst man, sobald es sich um einen dunkleren Hauttyp handelt. Dabei sind gerade die Hauttypen III–V sowie asiatische und hispanische Herkunft besonders von dieser Pigmentstörung betroffen. Das Risiko für die Entwicklung einer postinflammatorischen Hyperpigmentierung unter Nanosekundenlaser wird mit 54% angegeben, verglichen mit 20–30% bei einem Pikosekundenlaser. In der oben erwähnten Studie betrug die Rate an PIH 7%. Ein konsequentes Auftragen eines Sonnenschutzes wie auch eine Tyrosinase-blockierende Anti-Pigment-Nachpflege tragen zum Erhalt eines längerfristigen Ergebnisses bei.
Wärmeflasche und lästige braune Streifen
In unserer Praxis benutzen wir den Pikosekundenlaser ebenfalls für die Entfernung besonderer Hyperpigmentierungen wie der PIH, beispielsweise nach Hitzeeinwirkung, Hyperpigmentierungen durch Hämosiderin-Einlagerungen bei chronisch venöser Insuffizienz nach schlecht resorbiertem Blut oder Sklerotherapie-bedingten Hyperpigmentierungen.
Rejuvenation – eine «Lunchtime»-Behandlung – too good to be true?
Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein, und dennoch werben die Firmen neuester Geräte wie dem Enlighten der Firma Cutera mit dem Hautrevitalisierungsverfahren Pico Genesis, was ohne nennenswerte Downtime durch den Einsatz «neuartiger fraktionierter Mikrolinsenanordnung» eine «Lunchtime»-Revitalisierung im Kampf gegen Falten und Narben verspricht. Das Pico-Genesis-Verfahren induziert «durch eine Disruption der Dermis deren Umbau und eine überzeugende Revitalisierung der Haut in weniger als drei Sitzungen», schreibt Cutera.
Bei anderen Geräten wie dem Alexandrit-Pikosekundenlaser sorgen die vorgesetzten Linsen, auch als «diffractive lens array» (DLA) bezeichnet, für eine Umverteilung der Energie innerhalb des Laserstrahls in die Bereiche hoher Fluenz, wo höhere Energien umgeben von Bereichen niedrigerer Fluenz erreicht werden. Das bildet in gewisser Weise die klassische fraktionierte Resurfacing-Behandlung wie die mit dem CO2-Laser nach und macht diese in «skin of colour» ohne nennenswerte Nebeneffekte und ohne Downtime möglich (Level 2a, «FDA approved»). In mehreren Studien konnte eine Verbesserung der Hauttextur, der Photoaging-Phänomene und der feinen Falten durch 4–5 Behandlungen im Abstand von 3–6 Wochen erreicht werden.8 Eine Reduktion von Erythemen wurde nicht beobachtet.
Abb. 3: Anwendung eines nichtablativen fraktionierten Verfahrens mit MLA (Pico Genesis Fx, Cutera Enlighten) auf unversehrter Haut am Unterarm mit dem Erreichen des erwünschten Endpunkts von winzigen Punktblutungen
Die am häufigsten für die Hautverjüngung eingesetzte Wellenlänge 1064nm erzeugt einen hörbaren photoakustischen Effekt, bei dem in der Dermis LIOB («laser-induced optical breakdowns») entstehen. Durch Kavitation und Plasmaimplosion wird Neokollagenese stimuliert bei weitgehend intakter Epidermis. Es wird mit der niedrigsten vom Hersteller empfohlenen Energie angefangen, klinischer Endpunkt sind feine petechiale kaum erkennbare Einblutungen in der Haut, welche anzeigen, dass die Dermis erreicht wurde (Abbildung 3). Ferner kann es zu leichter Schwellung kommen. Ein anderer Angriffspunkt im Kampf gegen die Zeichen der Zeit sind die Hitzeschockproteine, von welchen bisher angenommen wurde, dass diese ein Signal für eine Kollagenneogenese darstellen. Es stellt sich die Frage, ob die neuartige Technik andere Verfahren, welche bisher mit thermischer Schädigung zu einer Verjüngung geführt haben, obsolet macht. Insofern wäre es kritisch betrachtet ein Paradigmenwechsel, sollten die gleichen Effekte allein durch die optisch-akustisch induzierten LIOB erzeugt werden.
Narbenbehandlungen
Die Behandlung insbesondere atropher Narben stellt die Behandler vor grosse Herausforderungen. Neuste Studien konnten eine Überlegenheit eines 755-nm-Alexandrit-Pikosekundenlasers aufzeigen, verglichen mit einem konventionell ablativ-fraktionierten CO2-Laser in der Behandlung von atrophen Aknenarben.8 Eine realistische Erwartung in der Volumenzunahme gemessen mittels 3D-Volumetrie bewegt sich im Bereich von 20–24%. Die histologische Aufarbeitung konnte eine Verlängerung und erhöhte Dichte von elastischen Fasern nachweisen, mit Zunahme von dermalem Kollagen und Muzin.9 Die optimalen Behandlungsprotokolle müssen noch herausgefunden werden, da diese stark voneinander variieren. So hat beispielsweise Brauer et al. 6 Behandlungen mit einem 755-nm-Alexandrit-Pikosekundenlaser (0,71J/cm2, 5Hz, 750ps in Kombination mit «diffractive lens array») durchgeführt, während eine andere Gruppe eine Volumenzunahme von 22% nach nur einer Behandlung feststellen konnte (1064nm, 0,8J/cm2, 10Hz, 8mm mit «microlens array»).10 Auch eine Behandlung unter systemischer Isotretinoin-Therapie scheint sicher zu sein.11
Lohnt sich jetzt eine Pikosekundenlaser-Anschaffung?
Wichtige Fragen sind: Welche Behandlungen sind bei mir gefragt und welche Behandlungen möchte ich anbieten? Welchen Hauttyp hat die Mehrheit meiner Patienten? Das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten für Pikosekundenlaser ist gross. Sie reichen von endogenem und exogenem Pigment über Narben bis zur Hauterneuerung. Mit der Integrierung der Pulsdauern im Piko- und Nanosekundenbereich in einem Gerät wird die frühere Diskussion, inwieweit ein Pikosekundenlaser den Nanosekundenlaser outperformt, möglicherweise obsolet. Obwohl die Anschaffungspreise in den letzten zehn Jahren deutlich gesunken sind, sind sie doch noch eine hohe Investition – aus unserer Sicht dennoch eine lohnende.
Literatur:
1 Schomacker K et al.: Mechanism of action of fractional 532nm and 1064nm picosecond laser for skin rejuvenation. 2015. Whitepaper, SyneronMedical LTD 2 Habbema L et al.: Minimally invasive non-thermal laser technology using laser-induced optical breakdown for skin rejuvenation. J Biophotonics 2012; 5: 194-9 3 Yeh Y-T et al.: Histology of ex vivo skin after treatment with fractionated picosecond Nd:YAG laser in high and low-energy setting. J Cosmet Laser Ther 2020; 22: 43-7 4 Henley JK et al.: Laser Tattoo Removal, StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing, 2022 5 Saedi N et al.: Treatment of tattoos with a picosecond alexandrite laser: a prospective trial. Arch Dermatol 2012; 148: 1360-3 6 Torbeck RL et al.: Evolution of the picosecond laser: a review of literature. Dermatol Surg 2019; 45: 183-94 7 Vachiramon V et al.: Q-switched double frequency Nd:YAG 532-nm nanosecond laser vs. double frequency Nd:YAG 532-nm picosecond laser for the treatment of solar lentigines in Asians. Lasers Med Sci 2018; 33: 1941-7 8 Wu DC et al.: A systematic review of picosecond laser in dermatology: evidence and recommendations. Lasers Surg Med 2021; 53: 9-49 9 Brauer JA et al.: Use of a picosecond pulse duration laser with specialized optic for treatment of facial acne scarring. JAMA Dermatol 2015; 151: 278-84 10 Thanaporn P et al.: Efficacy of a one-session fractional picosecond 1064-nm laser for the treatment of atrophic acne scar and enlarged facial pores. J Cosmet Laser Ther 2021; 23: 202-6 11 Xue H et al.: Early acne scar intervention with 1064nm picosecond laser in patients receiving oral isotretinoin: a randomized split-face controlled pilot study. Lasers Med Sci 2023; 38: 40