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Dermatologische Phototherapien im Zeitalter von Biologika und neuen oralen Therapien: eine Standortanalyse
Jatros
Autor:
Ao. Univ.-Prof. Dr. Adrian Tanew
1070 Wien E-Mail: adrian.tanew@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
14.03.2019
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<p class="article-intro">Phototherapien zeichnen sich bei vielen dermatologischen Indikationen durch ihre Wirksamkeit und geringes Nebenwirkunspotenzial aus. Auch und gerade in Zeiten hochpreisiger neuer immunmodulierender Medikamente sind sie unverändert fester Bestandteil des dermatologischen Behandlungsrepertoirs.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Historische Entwicklung der modernen Lichttherapien</h2> <p>UV-basierte Phototherapien gehörten seit Jahrzehnten zu den wichtigsten und bewährtesten Behandlungsoptionen bei entzündlichen Hauterkrankungen. Historisch erfolgte der Durchbruch der UVPhototherapien mit der Einführung der Photochemotherapie (Psoralen plus UVA, PUVA) der Psoriasis Anfang der 1970er-Jahre. Damit konnte man erstmals bei mehr als 90 % der Patienten mit zum Teil schwersten Psoriasisformen komplette Remissionen erzielen. 1981 erschien eine bahnbrechende Arbeit über das phototherapeutische Aktionsspektrum bei Psoriasis. Darauf basierend wurde von der Firma Philips eine Fluoreszenzlampe (Philips TL01) entwickelt, deren Emissionsmaximum in einem schmalen längerwelligen UVB-Bereich zwischen 310 und 315 nm liegt. Die sogenannte Schmalband-UVB(„narrow band“ UVB, NB-UVB)-Phototherapie wurde in den folgenden Jahren klinisch in zahllosen Studien nicht nur bei Psoriasis, sondern auch bei vielen anderen Hautkrankheiten erfolgreich eingesetzt. NB-UVB ist im Vergleich zu PUVA ähnlich wirksam, wesentlich einfacher durchzuführen und in der Langzeitanwendung sicherer. Aufgrund des sehr vorteilhaften Wirkungs-Nebenwirkungs- Quotienten entwickelte sich der Einsatz von NB-UVB rasch zum phototherapeutischen Verfahren der ersten Wahl und ist heutzutage die am weitesten verbreitete Form der Lichttherapie.<br /> In den 1990er-Jahren wurde mit der hoch dosierten UVA1-Therapie das Spektrum der Lichttherapien um eine weitere Modalität erweitert. UVA wird in UVA2 (320–340nm) und UVA1 (340–400nm) unterteilt. Bei der UVA1-Therapie wird die UVA2-Strahlung durch spezielle Filter eliminiert, sodass nur die biologische Wirkung des längerwelligen und weniger erythematösen UVA1-Anteils zum Tragen kommt. Diese Lichtqualität, ursprünglich zur Behandlung des atopischen Ekzems eingeführt, wird heutzutage insbesondere bei sklerotischen Hautkrankheiten mit sehr guten therapeutischen Ergebnissen eingesetzt.</p> <h2>Vor- und Nachteile der Phototherapien</h2> <p>Vorzüge der Phototherapien sind eine (auch im Vergleich zu anderen Therapien) gute und in der Regel schnell einsetzende Wirkung, eine breite Anwendbarkeit (vergleichbar mit oralen Kortikosteroiden, nur ohne deren limitierende Nebenwirkungen), eine hohe Sicherheit und Kosteneffizienz.<br /> Eine Auswertung von Real-Life-Behandlungsdaten aus Schottland hat gezeigt, dass 75 % der Psoriasispatienten nach einem Behandlungszyklus einen Physician Global Assessment von 0 (abgeheilt) oder 1 (minimale Restläsionen) erreichen. Auch bei anderen Hauterkrankungen wie sämtlichen Ekzemformen, Lichen ruber, sklerosierenden Hauterkrankungen, Vitiligo, kutanem T-Zell-Lymphom, Prurigo, pruriginösen Dermatosen u.v.a. können Phototherapien erfolgreich angewendet werden (Tab. 1).<br /> Schwere und/oder irreversible Nebenwirkungen treten unter sachgerechter Durchführung der Phototherapie extrem selten auf. Eine unrestriktive langjährige PUVA- oder NB-UVB-Therapie geht mit einem erhöhten Risiko für nicht melanozytären Hautkrebs einher, wobei das photokarzinogene Potenzial der therapeutischen Anwendung von NB-UVB nach bisher vorliegenden Daten deutlich geringer ist als jenes von PUVA.<br /> Phototherapien sind kostengünstig, doch gab es dazu bis vor Kurzem keine präzisen Daten, sondern lediglich Schätzungen. In einer weiteren Studie der oben erwähnten schottischen Arbeitsgruppe, in die die Daten von vier Therapiezentren einflossen, wurde errechnet, dass sich die Kosten eines Phototherapiezyklus (durchschnittlich 30 Bestrahlungen) auf £ 257,– belaufen. Da bei behandelten Patienten die Ausgaben für spezifische topische Psoriasistherapien in der Nachbeobachtungszeit im Schnitt um £ 53,– geringer wurden, belief sich der Nettoaufwand für einen Therapiezyklus auf £ 203,–.<br /> Einer der wesentlichsten Nachteile von Phototherapien, die üblicherweise in Facharztordinationen oder Spezialambulanzen von dermatologischen Abteilungen durchgeführt werden, ist der damit einhergehende Zeitaufwand für die Patienten. Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit einer Heimtherapie, doch die Organisation von Heimgeräten ist schwierig und eine Übernahme der daraus entstehenden Kosten durch die gesetzlichen Krankenversicherungen nicht standardmäßig gegeben. Auch für den Arzt ist eine Phototherapie aufwendiger und schwieriger als medikamentöse Therapien, da die Patienten regelmäßig zu kontrollieren sind und die Bestrahlungsdosis kontinuierlich auf den Hautzustand der Patienten abgestimmt werden muss. Überdies erfordert die Durchführung der Lichttherapie einige Erfahrung, da die therapeutische Breite bei der Dosierung des UV-Lichtes relativ schmal ist und die Therapie bei inadäquater Dosierung entweder nicht wirkt oder zu unerwünschten Sonnenbrandreaktionen führt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Derma_1901_Weblinks_jatros_derma_1901_s62_tab1_tanew.jpg" alt="" width="550" height="536" /></p> <h2>Phototherapie versus Biologika bei Psoriasis</h2> <p>In den letzten 15 Jahren ist eine stetig anwachsende Zahl von Psoriasisbiologika auf den Markt gekommen, welche vielerorts zu einem Rückgang der Anwendung der Phototherapie geführt haben. Dennoch ist es im Sinne einer personalisierten Medizin wichtig, neben der breiten Palette an topischen und konventionellen Systemtherapien nicht nur Biologika, sondern auch Lichttherapien anbieten zu können, da die beiden Optionen ein sehr unterschiedliches Profil aufweisen und auch unterschiedliche Zielgruppen ansprechen (Tab. 2).<br /> Biologika zeichnen sich durch ihre mittlerweile sehr hohe therapeutische Effektivität (auch bei Kopfhaut- und Nagelbefall sowie bei Psoriasisarthritis), geringe Rate an Nebenwirkungen und einfache Anwendbarkeit aus. Die primäre Zielgruppe für Biologika sind erwachsene Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, welche eine Systemtherapie benötigen. Biologika sind allerdings nicht für andere Psoriasisformen wie z.B. Psoriasis guttata, Psoriasis pustulosa oder palmoplantare Pustulose zugelassen, bei einer Reihe von Komorbiditäten (chronische Infektionskrankheiten, autoimmunologische Erkrankungen, Tumoranamnese) relativ oder absolut kontraindiziert und nur teilweise für Kinder zugelassen.<br /> Lichttherapien sind bei allen Psoriasisformen, bei allen Altersgruppen (mit Einschränkung im Kleinkindalter), bei Komorbiditäten und Tumorpatienten durchführbar. Zum Unterschied von Biologika, die kontinuierlich verabreicht werden, werden Lichttherapien zyklisch, das heißt bei Bedarf, durchgeführt. Es gibt durchaus Patienten, die es bevorzugen, immer wieder monatelang komplett therapiefrei zu sein, und dafür Rezidive in Kauf nehmen. Ein kurzzeitiger additiver Einsatz einer Phototherapie kann auch erwogen werden, um Biologikapatienten mit einer temporären (z.B. infekt- oder stressbedingten) Verschlechterung ihres Hautzustandes wieder in Remission zu bringen. Bei Kopfhaut- oder Nagelbefall sowie bei Psoriasisarthritis sind Phototherapien hingegen wirkungslos.<br /> Ein eklatanter Unterschied zwischen Biologika und Phototherapien besteht hinsichtlich der Therapiekosten. Während sich die Jahreskosten einer Biologikatherapie je nach zugrunde gelegtem Preis (Kassenpreis/ Apothekenverkaufspreis) zwischen 10 000 und 20 000 Euro bewegen, kommt ein Phototherapiezyklus pro Jahr unter Zugrundelegung der schottischen Daten auf einige Hundert Euro. In einer Zeit kontinuierlich ansteigender Ausgaben für das Gesundheitssystem spielt Kosteneffizienz durchaus eine wesentliche Rolle, was auch den Trend zum zunehmenden Einsatz von Biosimilars erklärt. Berücksichtigt man die hohe Prävalenz von Psoriasis (ca. 1,5–2 % ), wird ersichtlich, welche Kosteneinsparungen allein bei dieser Erkrankung durch den differenzierten Einsatz der Phototherapie zu erzielen sind.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Derma_1901_Weblinks_jatros_derma_1901_s63_tab2_tanew.jpg" alt="" width="550" height="556" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Phototherapien sind wirksame, nebenwirkungsarme, vielseitig einsetzbare und kostengünstige Therapieverfahren. Während Biologika und neue orale Therapien wichtige Weiterentwicklungen im Psoriasismanagement darstellen, sind diese Behandlungen nur für eine Untergruppe von Psoriasispatienten indiziert und äußerst kostenintensiv. Eine kompetente Therapieberatung erfordert die Kenntnis aller zur Wahl stehenden Behandlungsmöglichkeiten und eine entsprechende Aufklärung der Patienten. In diesem Kontext haben Phototherapien weiterhin einen festen Platz im therapeutischen Repertoire der Dermatologie, da sie bei vielen Hautkrankheiten erfolgreich und sicher eingesetzt werden können.</p></p>
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