Bereits ein Fixpunkt für viele Kolleg*innen
Bericht:
Dr. Rita Rom
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Das Annual Meeting der American Academy of Dermatology (AAD) zählt eindeutig zu den jährlichen Höhepunkten in der dermatologischen Agenda. Ebenso lieb gewonnen haben viele von uns mittlerweile auch das Post-AAD Highlight Meeting, das DermaNet nun bereits zum sechsten Mal im Nachgang an diesen grossen internationalen Kongress organisiert hat. Traditionell werden dort von Kollegen aus der Schweiz die wichtigsten Kongressneuigkeiten und nützliche Informationen für die Praxis zusammengefasst.
Die Präsentationen wurden auch heuer wieder auf Deutsch gehalten und als Premiere zusätzlich für die Kollegen in der Romandie simultan ins Französische übersetzt. Auch Teilnehmer aus Deutschland und Österreich verfolgten die äusserst informativen Beiträge.
«Wir Dermatologen spielen schon in der Championsleague, wenn es um die Behandlung unserer Patienten mit Biologika geht», eröffnete PD DDr. med. Ahmad Jalili, Präsident DermaNet – Kompetenznetz niedergelassener Dermatologen Schweiz, das Meeting, bezugnehmend auf das Halbfinale in der Championsleague, welches am Vortag der Veranstaltung stattgefunden hatte. Er spielte damit auf die Behandlung von Psoriasis und atopischer Dermatitis mit Biologika und gezielte Therapien wie JAK-Inhibitoren an, wo man in den vergangenen Jahren hervorragende Ergebnisse erzielen und bereits viele Erfahrungen in der Praxis sammeln konnte. «Es freut mich, dass nun endlich wieder eine Veranstaltung wie der AAD – ohne Maske und ohne Covid-Restrictions – möglich gewesen ist. Noch mehr freut es mich aber, dass sich wieder nette und kompetente Kollegen eingefunden haben, die uns eine Zusammenfassung der zahlreichen Vorträge aus über 300 Sessions vorstellen werden», schloss Jalili seine Begrüssung.
Ein Leben im Schlaraffenland?
Wenig überraschend war die Psoriasis am AAD ein grosses Thema, aus welchem Prof. Dr. med. Nikhil Yawalkar, Stv. Chefarzt, Universitätsklinik für Dermatologie am Inselspital Bern, einige Perlen herausfischte. Was schon eher überrascht, ist, dass trotz der zahlreichen Therapieoptionen noch immer viele Psoriasispatienten unterbehandelt sind.1–3 Psoriasis führt bei den Betroffenen sehr häufig zu einer Einschränkung der Lebensqualität und auch einige Komorbiditäten werden mit der Psoriasis assoziiert. Eine der am AAD präsentierten Arbeiten setzte sich z.B. mit der zeitlichen Assoziation von Komorbiditäten der Psoriasis auseinander und versuchte herauszufinden, was zuerst da war – die Psoriasis oder die Komorbidität.4
Ein paar bekannte Krankheitsbilder, wie Hypertonie, Alkoholerkrankungen, Lebererkrankungen, Diabetes, treten demnach in der Regel zu einem signifikant späteren Zeitpunkt als die Psoriasis in Erscheinung. Einige Immunerkrankungen wie Morbus Crohn oder rheumatoide Arthritis treten vor der Psoriasis auf.
«Hinsichtlich der Therapieoptionen sind wir in einem Schlaraffenland», bemerkte Prof. Yawalkar, doch die meisten seien für die moderate bis schwere Psoriasis entwickelt worden. Viele Patienten, die eine Therapie brauchen, haben noch relativ milde Verläufe und können mit einer topischen Behandlung einigermassen zufriedenstellend behandelt werden. Von den topischen Therapieoptionen, die am AAD besprochen wurden, fand Prof. Yawalkar 2 Substanzen besonders interessant: Tapinarof 1% Creme und Roflumilast, zwei steroidfreie Topika, die beide in der Schweiz noch nicht zugelassen sind. Beide zeigten eine gute Wirksamkeit, mit einer praktisch vollständigen Erscheinungsfreiheit bei ca. 40% der Patienten. Voraussichtlich werden sie auch an Problemlokalisationen einsetzbar sein (z.B. Roflumilast bei Psoriasis inversa). Vor allem bei Tapinarof sei die lang dauernde Remission interessant.
«Man könnte meinen, wir brauchen hier nichts Neues», stellte Prof. Yawalkar fest. Trotzdem ging er auf 3 Substanzen näher ein: den Tyk2-Inhibitor Deucravacitinib, der selektiv an die regulatorische statt der aktiven Domäne von Tyk2 bindet (keine Hemmung von JAK1, JAK2 oder JAK3 in therapeutischer Dosierung), Bimekizumab, das nicht nur IL-17A, sondern auch IL-17F bindet, und Spesolimumab, einen Anti-IL-36-Rezeptorantikörper, der für die Behandlung der generalisierten Psoriasis pustulosa interessant werden dürfte.
Hot or not
Prof. Dr. med. Thomas Kündig von der Dermatologischen Klinik des UniversitätsSpitals Zürich streute in seine «hot topics» vom AAD auch ein paar nicht so «heisse» Themen ein, die das Publikum herausfiltern musste. Jedenfalls interessant war eine multivariate Analyse, die die Assoziation von Autoimmunkomorbiditäten mit Lichen planus untersuchte.5 Man fand eine Assoziation mit IBD (3,5-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit), Diabetes mellitus Typ 1 (3-fach höher), RA (gering erhöhte Wahrscheinlichkeit) und SLE. Was man aus dieser Studie mitnehmen kann, ist, dass Lichen planus stark mit anderen T-Zell-bedingten Autoimmunerkrankungen assoziiert ist. Prof. Kündig meinte: «Es stellt sich die Frage, inwieweit man nach diesen Krankheiten suchen muss, wenn ein Lichen-ruber-Patient vorstellig wird.»
Auch bei dem schwer zu behandelndenkutanen Lupus (CLE) gibt es neue Entwicklungen. Aktuell gibt es kein einziges zugelassenes Medikament und diese Interferon-mediierte Erkrankung ist schwer zu behandeln. In der LILAC-Studie wird nun ein Antikörper untersucht, der das Molekül BDCA-2 blockiert.6 BDCA-2 ist an der Regulation der Endozytose beteiligt und reguliert die IFN-I-Produktion in den pDC hinunter.
Dupilumab zeigte in einer Phase-III-Studie bei Patienten mit Urtikaria, die zuvor auf Antihistaminika nicht angesprochen hatten, eine sehr klare Verbesserung gegenüber Placebo.7 «Was hier noch fehlt, ist der H2H-Vergleich mit Xolair», merkte Prof. Kündig an.
Alopecia & Vitiligo
Bisher wurde für die Klassifizierung der Alopecia areata (AA) immer der SALT-Score verwendet. Dr. med. Dr. rer. nat. Elisabeth Roider, Dermatologische Klinik, Universitätsspital Basel, meinte: «Die Berechnung ist eher kompliziert und wird deshalb in der Praxis wenig angewendet.» King et al. etablierten deshalb den Alopecia Areata Scale (AASc) Score, der einfach zu berechnen ist und Sinn macht und nach dem auch die Therapie gesteuert werden kann.8 Ein grosses Thema bei der AA war auch, dass die Belastung für den Patienten nicht linear zur Schwere des Verlaufs ist. «Auch schon sehr wenig Haarausfall ist oft ein Riesenproblem für die Patienten und sollte daher ernst genommen werden», erklärte DDr. Roider.
Bei der Vitiligo weiss man nun, dass residente Memory-T-Zellen eine wichtige Rolle spielen. Deshalb gehen durch eine Therapie erzielte Effekte auch nach Absetzen der Therapie wieder verloren. Was bei der Vitiligo noch kommen wird, sind neue Biomarker, mit denen man vorab erkennen kann, welches Ansprechen auf die neuen Therapien man erwarten kann.
Sind pädiatrische Patienten unterbehandelt?
«Wie gut muss man Kinder behandeln, damit sie zufrieden sind?», fragte Dr. med. Martin Theiler Pang, Stv. Abteilungsleiter und Oberarzt, Zentrum Kinderhaut – Dermatologie, Universitäts-Kinderspital Zürich, zu Beginn seines Vortrages. Man habe oft den Eindruck, dass bei Kindern weniger hohe Therapieziele angestrebt würden und man sich mit geringeren Verbesserungen zufrieden gebe. Aber eigentlich sei es gleich wie bei Erwachsenen. «Wenn man die Lebensqualität von Kindern und ihren Familien relevant beeinflussen möchte, sollte man einen PASI 90 anstreben», meinte Dr. Theiler Pang. Man solle Kinder mit Psoriasis nicht unterbehandeln. Es gebe durchaus viele Argumente dafür, dass Kinder gleich gut behandelt werden wollen wie Erwachsene, was aber vielleicht noch nicht überall gut verstanden ist.9–11 «Das ist etwas, dem wir entgegenwirken sollen und können», plädierte Dr. Theiler Pang, «Wir haben für die pädiatrische Psoriasis grundätzlich die gleichen Optionen wie bei Erwachsenen.»
Aktuell gibt es in der Schweiz 5 Biologika, die für Kinder ≥6 Jahre zugelassen sind. Auch die Sicherheit und Effektivität seien bei Kindern so gut wie bei Erwachsenen, meinte Dr. Theiler Pang.
Ähnlich ist die Situation auch beim Ekzem. Als einzige systemische Therapie zur Behandlung der AD bei Kindern ist in der Schweiz Dupilumab zugelassen. Das Biologikum hat jetzt neu die Zulassung ab 6 Jahren erhalten. Aktuell laufen bereits Studien mit Kindern ab 2 Jahren. Die JAK-Inhibitoren (Abrocitinib, Baricitinib und Upadacitinib) sind in der Schweiz noch nicht zugelassen. Ausserhalb der Schweiz laufen für alle 3 Medikamente bereits Studien mit Kindern ab 2 Jahren. Upadacitinib ist in Europa bereits für die Behandlung von Jugendlichen mit AD ab 12 Jahren zugelassen.
Atopische Dermatitis & Urtikaria
Prof. Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier, Allergiestation, Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich, stellte eine Studie zur Epidemiologie der AD vor. Diese zeigte auf, dass alle randomisierten klinischen Trials für Systemtherapien der AD ein Problem gemeinsam haben – sie alle schliessen fast keine älteren Erwachsenen (60–70 Jahre) ein.12 Dies berge das Risiko, dass die Effizienz oder auch allfällige zusätzliche Nebenwirkungen in dieser Altersgruppe nicht erfasst werden. «Sicher etwas, was wir in Zukunft noch etwas mehr beachten müssen», meinte Prof. Schmid-Grendelmeier dazu. Weiter wurde im Rahmen der AAD auch ein Konsensuspaper zu Komorbiditäten der AD vorgestellt, aus dem ganz klar die Assoziation der Atopie mit allergischem Asthma, allergischer Rhinitis und Nahrungsmittelallergie oder auch der Alopecia areata hervorgeht.13 Ebenfalls sehr wichtig ist die Erkenntnis, dass Patienten mit AD auch ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und damit ein höheres Frakturrisiko haben.
Zur Urtikaria wurde am AAD unter anderem eine Zusammenstellung darüber präsentiert, was diese Krankheit für die Betroffenen in Bezug auf die Lebensqualität bedeutet und bei wem sie Hilfe suchen.14 Urtikariapatienten sind zum Teil massiv eingeschränkt bei schwer messbaren Dingen, wie Arbeits- und Leistungsfähigkeit sowie Konzentration. Eine vielversprechende Substanz, die derzeit für die Behandlung der Urtikaria erprobt wird aber noch nicht zugelassen ist, ist Remibrutinib. Der Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor zeigte in ersten Studien eine gute und rasche Wirksamkeit bei oraler Anwendung.15 «Das kann eine gute Alternative zu Omalizumab», freute sich Prof. Schmid-Grendelmeier und wies auf eine aktuell am USZ laufende Studie zu dem Medikament hin, die noch offen für Patienten ist.
«Zusammenfassend betrachtet können wir uns doch freuen, denn sowohl bei der atopischen Dermatitis als auch bei der Urtikaria sind viele neue Substanzen unterwegs und es konnten interessante Einsichten gewonnen werden», schloss Prof. Schmid-Grendelmeier.
Sämtliche Vorträge können auf Dermacast unter www.dermacast.ch nachgehört werden.
Quelle:
6. Post AAD Highlight Meeting 2022, 11. Mai 2022, nachgehört auf www.dermacast.ch . Dieser redaktionelle Artikel entstand ohne jeglichen Einfluss der Pharma-Industrie.
Literatur:
1 Lebwohl MG et al.: JAAD 2014; 70(5): 871-81. e1-30 2 Van de Kerkhof PCM et al.: JEADV 2015; 29(10): 2002-10 3 Lebwohl MG et al.: Am J Clin Dermatol 2016; 17(1): 87-97 4 Rosenø NAL et al.: AAD 2022, P33251 5 Fan R et al.: AAD 2022, P33815 6 Werth VP et al.: AAD 2022, P31341 7 Maurer M et al.: AAD 2022, P33004 8 King BA et al.: JAAD 2022 86(2): 359-64 9 Bruins FM et al.: JAMA Dermatol 2020; 156(1):72-78 10 Caroppa F et al.: Eur J Pediatr 2021; 180: 1739-45 11 Swanson E et al.: AAD 2022, P34647 12 Lam M et al.: JAMA Dermatol 2020; 156(11): 1240-5 13 Davis DMR et al.: JAAD 2022; 86(6):1335-1336.e18 14 Freedle K et al.: AAD 2022, P33834 15 Maurer M et al.: AAD 2022, oral presentation S026
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