
Nierenkarzinom: Spannendes, aber kaum Fortschritte im metastasierten Stadium
Autor:
Dr. Jacob Pfuner, FEBU
Abteilung für Urologie und Andrologie
Klinik Donaustadt
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Wie schon beim ESMO 2024 erkennbar war, hat sich in der Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms nicht viel geändert. Das spiegelt sich auch in der aktualisierten EAU-Leitlinie wider. Bis auf die Änderung der Empfehlung auf „strong“ beim Einsatz der adjuvanten Therapie mit Pembrolizumab im lokalisierten High-Risk-Setting gab es keine relevanten Änderungen. Sehr wohl gab es aber einige spannende Sessions – so etwa zur operativen Behandlung, zum Einsatz von künstlicher Intelligenzund zu Biomarkern.
Keypoints
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Die KI findet verstärkt Anwendung in der Nierenchirurgie.
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Der Biomarker GAGome zeigt sich in der Nachsorge als vielversprechend.
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Adjuvantes Pembrolizumab hat nun dieEmpfehlung „strong“.
Neues in der operativen Behandlung des Nierenkarzinoms
Einige spannende Sessions gab es zur operativen Behandlung des lokalisierten Nierenzellkarzinoms, insbesondere mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz (KI). Die KI hat bereits in den letzten Jahren mehr und mehr Anwendung in der Diagnostik und operativen Planung des lokalisierten Nierenzellkarzinoms gefunden.
So konnte auch beim EAU 2025 in einer eigens dafür angesetzten Video-Session durch De Backer (Gent, Belgien) das KI-unterstützte superselektive Klemmen von Segmentarterien bei der Nierenteilresektion präsentiert werden. Das Rechenmodell, welches in Kooperation mit der Orsi Academy etabliert wurde, kann dank eingespielter Bilder aus der Computertomografie (CT) und Markierungen von mehreren Landmarks inklusive Tumor errechnen, welches Areal durch ein superselektives Klemmen von der Blutzufuhr betroffen ist. Dadurch ist es möglich, vor der Operation den Eingriff in Bezug auf Nierenschonung, Blutung und Minimalinvasivität besser zu planen. Kollege De Backer et al. haben zum wissenschaftlichen Vergleich eine Multicenterstudie (PODRACING) eröffnet, die die CT-basierte Entscheidung vs. Softwareentscheidung untersuchen soll.
Von besonderem Interesse war auch ein Videomitschnitt, präsentiert von Propiglia (Turin, Italien), zur intraoperativen Interaktion des Operateurs mit einem KI-Avatar. Hier wurde das Finden der besten Operationsstrategie durch einen Menschen versus eineKI präsentiert. Es war beeindruckend, zu sehen, wie hier die KI live in das Operationsgeschehen einfließt. Hintergrund der Funktion ist eine Datenbank zu verschiedenen Tumorcharakteristika und Operationsmodalitäten der Nierenteilresektion, die sowohl die Klemmtechnik als auch die tatsächliche Entfernungsart des Tumors inkludiert und mit 495 Fällen mit Operationsergebnissen wie Operationszeit, „On-clamp“-Zeit und glomulärerFiltrationsrate (GFR) befüllt wurde. Dank der Datenbank errechnet und präsentiert die KI in Sekundenschnelle die Operationsvariante mit der kürzesten Operationszeit, dem geringsten Blutverlust und dem besten Nierenfunktionserhalt. Aber nicht nur das, die KI geht auch auf den zuvor geäußerten Vorschlag des Operateurs ein und argumentiert, warum ihre Operationsmodalität die bessere ist. Das Implementieren in die Operateur-Ansicht mittels Live-3D-Modell mit den wichtigsten Landmarks (Arterie, Vene, Harnleiter und Tumor) ist nach wie vor schwierig, da die Rechenleistung und die entsprechend schnelle Bildanpassung noch nicht alltagstauglich sind.
Fazit
Trotz aller erwähnten Einschränkungen war am EAU 2025 klar zu erkennen, dass die Nierenteilresektion in Zukunftnicht ohne KI-unterstützte Rechenmodelle auskommen wird. Je eher wir uns diesbezüglich offen zeigen, desto eher können wir diese Systeme zur Optimierung der Versorgung der Patienten nutzen.
Biomarker beim lokalisierten und metastasierten Nierenzellkarzinom
Kidney Injury Molecule-1
Bezüglich Biomarkern beim lokalisierten und beim metastasierten Nierenzellkarzinom war in mehreren Sessions das Kidney Injury Molecule-1 (KIM-1) ein wichtiges Thema. Wie bereits am ASCO-GU 2025 präsentiert wurde, ist KIM-1 ein Hoffnungsträger bei der Überwachung von metastasierten Patienten. Allerdings befindet sich der Biomarker noch in der Anfangsphase der Entwicklung und ist damit noch weit von einem Routinegebrauch entfernt. Auf der Watchlist sollte er jedenfalls platziert werden.
Glykosaminoglykan-Proteine als Marker in der Nachsorge?
Spannend im Themenblock Biomarker waren auch die Daten der AURORAX-Studie. Bei ihr geht es um einen im Harn messbaren Biomarker – eine Zusammenstellung bestimmter Glykosaminoglykan-Proteine (GAG-Proteine = GAGome), die ein Lokalrezidiv bei M0 RCC nach Teilnephrektomie oder Nephrektomie anzeigen. In der Studie von Dabestani et al. war der Marker dem CT sogar überlegen, sodass Rezidive im Schnitt 4,2 Monate früher als im CT erkannt wurden. Ein Ziel beim Einsatz des Markers war auch eine Reduktion der Nachsorge-CT, umnicht nur strahlensparend, sondern auch kostengünstiger zu sein – in der heutigen Zeit heißer denn je diskutiert.
Therapie nach adjuvanter Behandlung mit Pembrolizumab
Im Zuge einer Thematic Session wurde die Therapie nach adjuvanter Behandlung mit Pembrolizumab besprochen. Das Panel kam zu dem Schluss, dass einerseits der Zeitpunkt des Rezidivs entscheidend ist, andererseits, ob es sich um einen Oligoprogress handelt. Bei Oligometastasen kann eine lokale Therapie überlegt werden. Patienten mit einem multiplen Metastasenprogress sollten während der laufenden adjuvanten Therapie oder bis 3 Monate nach der letzten Therapie mit Pembrolizumab eine Tyrosinkinase-Inhibitor(TKI)-Monotherapie erhalten. Ab 3 Monaten nach der letzten Pembrolizumab-Therapie kann eine Einleitung einer Kombination aus einer Immuntherapie (IO) und TKI überlegt werden. Eine IO-+-IO-Therapie kann 12 Monate nach der letzten adjuvanten Pembrolizumab-Therapie überlegt werden. Entsprechend der EAU-Guideline wird ab 18 Monaten nach der letzten adjuvanten Pembrolizumab-Therapie IO + TKI empfohlen.
Literatur:
beim Verfasser
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