
Ressourcen gegen den Burnout aktivieren
Bericht:
Reno Barth
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Der Arztberuf ist mit einem erheblichen Burnout-Risiko verbunden. Arbeitsüberlastung kombiniert mit hoher Verantwortung und hohen Ansprüchen an sich selbst kann die persönlichen Ressourcen schnell überlasten. Wenn der Burnout droht, sollte Hilfe in Anspruch genommen werden. In diesen Fällen kann das professionelle Hilfe in Form von Coaching oder Psychotherapie bedeuten.
Ärztinnen und Ärzte zählen zu jenen Berufsgruppen, die besonders gefährdet sind, in den Burnout abzugleiten, so Karin Streicher, Wirtschafts- und Organisationspsychologin, psychologische Beraterin und Trainerin. Gründe dafür sind unter anderem die hohe Verantwortung für andere, der zunehmende Leistungs- und Zeitdruck, die häufige Konfrontation mit Leid, lange und unregelmäßige Arbeitszeiten, zunehmender bürokratischer Aufwand und die Anspruchshaltung vieler Patient:innen und Angehöriger samt der auch in Österreich aufkommenden Klagskultur. Der allgegenwärtige Personalmangel kommt hinzu. Gerade für den Arztberuf ist der Begriff des „second victim“ relevant, der die Traumatisierung durch nicht optimal verlaufene Behandlungen von Patient:innen bezeichnet. Dieses Sich-verantwortlich-Fühlen kann dauerhaft lähmen. Erschwerend kommt hinzu, dass es meist an Ausbildung in Selbstmanagement und Soft Skills fehlt.
Burnout-Modelle
Das Anforderungsmodell nach Karasek definiert das Burnout-Risiko anhand der Anforderungen und des Entscheidungsspielraums. Burnout-Gefahr besteht bei geringem Entscheidungsspielraum, bei niedrigen Anforderungen durch Unterforderung und Passivität („Boreout“) sowie bei hohen Anforderungen durch Überlastung.
Das Flow-Modell nach Csikszentmihaly geht von einer Balance von Anforderungen und Fähigkeiten aus. Unterforderung ist dabei genauso problematisch wie Überforderung.
Das Freudenberg-Burnout-Modell definiert eine Entwicklung von der idealistischen Begeisterung zu Apathie und Verzweiflung in 12 Schritten, gegliedert in einen grünen, einen orangen, einen roten und einen schwarzen Bereich. Typischerweise wird der Aufwand erhöht, um Ziele erreichen zu können.
Streicher berichtet von Klient:innen, die kaum noch schlafen oder essen, um den Anforderungen noch gerecht werden zu können. Das funktioniert nicht auf Dauer und es kommt in weiterer Folge zu psychosozialen Symptomen wie erhöhter Reizbarkeit, Zynismus, Rückzug, reduziertem Engagement und schließlich zum Abbau von kognitiven und kreativen Fähigkeiten. An diesem Punkt ist die Entwicklung mit professioneller Hilfe noch reversibel. Erreichen die Betroffenen die Stadien der inneren Leere, der psychosomatischen Reaktionen und der Verzweiflung, liegt eine schwere psychische Erkrankung vor, die eine lange psychotherapeutische Behandlung in Kombination mit Psychopharmaka und unter Umständen auch stationäre Psychiatrieaufenthalte erforderlich macht. Mehrjährige Ausfälle sind in diesem Stadium des Burnouts der Normalfall.
Perfektionisten und Höchstleister sind gefährdet
Seit 2019 ist die ICD-Diagnose Burnout definiert durch chronischen Arbeitsplatzstress. Streicher betont jedoch, dass häufig auch private Komponenten zum Burnout beitragen. Die Realität in Zahlen ist jedenfalls alarmierend. In Deutschland waren 2021 bei 63% der Ärzt:innen Burnout-Symptome nachweisbar – im Vergleich zu 44% im Jahr 2017. Laut einer österreichischen Umfrage fühlen sich 22,4% der Spitalsärzt:innen ausgebrannt. Burnout-Gefährdete zeichnen sich typischerweise durch Perfektionismus, Helfersyndrom, Verantwortungsdrang und hohe Ansprüche an sich selbst aus. „Wenn man Führungsverantwortung hat, sollte man auf die Höchstleister achten“, sagt Streicher.
Mögliche Wege aus der Burnout-Gefährdung heraus erfordern Veränderungen sowohl auf der individuellen als auch auf der institutionellen Ebene. Individuell geht es um das Wiederfinden einer Beziehung zu sich selbst, ausgehend von der Frage „Wer bin ich jenseits des Berufs?“. Die Belastung sollte eingestanden und Hilfe akzeptiert werden. Dabei ist es wichtig, frühzeitig Hilfe (Psychotherapie, Coaching etc.) zu suchen und Strategien zur Stressbewältigung zu erlernen. Selbstansprüche sollten hinterfragt werden, wobei psychologische Beratung, Psychotherapie und Coaching helfen. Nicht zuletzt ist die Pflege sozialer Beziehungen, zur Familie, zu Kolleg:innen und zu Freund:innen wichtig.
Auf der institutionellen Ebene geht es darum, einen Kulturwandel in den Kliniken zu erreichen und eine Vertrauens- statt einer Misstrauenskultur zu etablieren. Der Faktor Menschlichkeit sollte im Zentrum stehen. Unterstützungsstrukturen wie Coaching, Supervision und psychologische Angebote sollten geschaffen werden. Sensibilisierung für das Thema, besonders bei Führungskräften, ist wichtig.
Quelle:
Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie sowie der Bayerischen Urologenvereinigung, Session 3: Die nächste Generation, am 23. Mai 2025 in Wien
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