Schwierig zu behandelnde oder therapierefraktäre SpA
Bericht: Reno Barth
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Die Behandlungsmöglichkeiten bei Spondyloarthritis haben sich mit Einführung der Biologika dramatisch verbessert. Das bedeutet allerdings nicht, dass alle Patient:innen in ausreichendem Maß darauf ansprechen. Ein komplettes Ansprechen ist praktisch nicht erreichbar. Auch schwierig zu behandelnde oder therapierefraktäre Erkrankungen kommen vor und fordern die differenzierte Diagnostik der einzelnen Komponenten des Ansprechens.
Keypoints
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Auch in der Indikation Spondyloarthritis liegen keine Vergleichsdaten zwischen Biologika vor.
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Wirkverlust ist bei längerer Therapie eher die Regel als die Ausnahme.
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Noziplastischer Schmerz spielt bei rheumatischen Erkrankungen eine wichtige Rolle.
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Die Unterscheidung zwischen schwierig zu behandelnder und therapierefraktärer SpA ist wichtig.
Die Einführung von Biologika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen (Anti-TNF, Anti-IL-17) sowie von Januskinase-Inhibitoren hat die therapeutischen Optionen bei axialer Spondyloarthritis dramatisch verbessert. Allerdings sprechen nach wie vor bei Weitem nicht alle Patient:innen in gewünschtem Ausmaß an.
Ansprechraten in Studien
Zudem wird Ansprechen in den meisten Studien als ASAS40 definiert, was einer Reduktion der Krankheitsaktivität um 40% entspricht. „Vor wenigen Jahren haben wir noch mit dem ASAS20 gearbeitet“, so Prof. Dr. Helena Marzo-Ortega von der University of Leeds, „und wer wäre mit einer 20-prozentigen Reduktion seiner Symptome zufrieden?“
Zwischen den verschiedenen zugelassenen Biologika und JAK-Inhibitoren wurden keine Head-to-Head-Studien durchgeführt. Die absoluten ASAS40-Ansprechraten in den verschiedenen Studien bewegen sich zwischen etwas unter 40 und etwas über 50%. Allerdings fallen zwischen den Studien auch deutliche Unterschiede zu den Ansprechraten der Placebogruppen auf. Die Differenzen zwischen Placebo und Verum bewegen sich zwischen 18% für Adalimumab (als Vergleichsgruppe in der COAST-V-Studie)1 und 31% für Certolizumab Pegol2. Marzo-Ortega: „Ich bin nicht glücklich damit, dass es 50% meiner Patient:innen um 40% besser geht.“ Das ideale Ziel wäre ASAS100, wobei ein 100-prozentiges Ansprechen allerdings so selten ist, dass es als Endpunkt nicht einmal validiert wurde. In Zukunft könnten genetische Marker als Prädiktoren für das Ansprechen auf die verschiedenen Biologika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen herangezogen werden, wie eine große Metaanalyse für entzündlich-rheumatische Erkrankungen und chronisch inflammatorische Darmerkrankungen nahelegt.3
Aktuelle Sicherheitsdaten
Hinsichtlich der Sicherheitsdaten lassen sich geringfügige Unterschiede zwischen den verfügbaren Therapien feststellen. Eine aktuelle Analyse der Risiken durch JAK-Inhibitoren (JAKi) gibt in der SpA-Population Entwarnung. Sowohl im Vergleich zu den Anti-TNF-Biologika als auch zu den IL-17-Blockern zeigen JAK-Inhibitoren keine signifikanten Nachteile im Hinblick auf kardiovaskuläres Risiko oder Krebs. Lediglich die Inzidenz von Herpes zoster ist mit den JAKi höher als mit den Biologika.4
Primäres und sekundäres Nicht-ansprechen auf Biologika
Das Problem des Nicht- oder nicht ausreichenden Ansprechens auf die Therapie ist ungelöst. Marzo-Ortega: „Wir unterscheiden zwischen primärem und sekundärem Nichtansprechen. Wenn ein Biologikum im individuellen Fall nicht wirkt, ist die Sache einfach: Man versucht ein anderes. Eine wesentlich größere Herausforderung stellt allerdings sekundäres Nicht-ansprechen dar, also der Wirkverlust einer initial wirksamen Therapie. Dieses Phänomen ist häufig und wir verstehen es nicht. Das ist eine der wichtigsten Forschungsfragen, die sich aktuell in der Indikation SpA stellen.“ Einige Ursachen für sekundäres Nichtansprechen sind allerdings bekannt und sollten berücksichtigt werden. Dazu gehören Nebenwirkungen und daraus folgend eingeschränkte Compliance oder die Bildung von Antikörpern gegen das Biologikum. Darüber hinaus können extramuskuloskelettale Manifestationen die Wirkung von Therapien verschlechtern. Ebenfalls ungünstig wirken sich proinflammatorische Komorbiditäten wie Adipositas, metabolisches Syndrom, Dyslipidämie und Fettleber-Erkrankung sowie Lebensstilfaktoren (Rauchen, ungesunde Ernährung) aus. Zusätzlich vorhandene Erkrankungen wie Fibromyalgie oder Arthrosen sind nicht selten und ebenfalls prognostisch ungünstig. Daten zum Drug Survival, also zu der Zeitspanne, über die eine bestimmte Therapie weitergeführt wird, zeigen jedenfalls, dass ein Wirkverlust von Biologikatherapien über längere Zeit eher die Regel als die Ausnahme ist. In einer Studie mit 469 Patient:innen setzten 64% ihr erstes Biologikum innerhalb von 20 Jahren ab.5 Nichtradiografische axSpA und weibliches Geschlecht waren signifikante Risikofaktoren für einen Therapieabbruch. In der Gruppe der Patient:innen mit nichtradiografischer axSpA brachen Frauen mehr als doppelt so häufig die Therapie ab wie Männer. Marzo-Ortega: „Hier besteht erheblicher Forschungsbedarf. Wir müssen verstehen, warum Geschlecht und klinische Charakteristika so deutlich mit Therapieabbrüchen assoziiert sind.“
Komplexes Schmerzgeschehen bei rheumatischen Erkrankungen
Von Bedeutung im Zusammenhang mit Nichtansprechen bzw. unzureichendem Ansprechen ist Schmerz. Marzo-Ortega verweist auf aktuelle Daten, die auf eine wichtige Rolle des noziplastischen Schmerzes im Zusammenhang mit Spondyloarthritis hindeuten. Noziplastischer Schmerz ist definiert als Schmerz infolge veränderter Nozizeption ohne aktuell bestehende schmerzauslösende Noxen. Im Gegensatz zum neuroplastischen Schmerz sind keine Schäden am somatosensorischen System vorhanden. Die Mechanismen, die zu noziplastischem Schmerz führen, sind teilweise ungeklärt. Zytokine und Pathways, die auch bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen relevant sind, dürften auch in die Entstehung von noziplastischem Schmerz involviert sein.5
Factbox:
Bei der axSpA spielen sowohl neuropathischer als auch noziplastischer Schmerz eine wichtige Rolle, wobei insbesondere noziplastischer Schmerz schwer zu behandeln und ein häufiges Residualsymptom einer sonst gut behandelten Erkrankung ist.
Schmerz ist auch mit einer Reihe weiterer Residualsymptome wie zum Beispiel Fatigue sowie mit schlechter Lebensqualität assoziiert und trägt zu einer Entkoppelung von Inflammationsmarkern und klinischen Outcomes bei.
Therapierefraktäre Erkrankung bedeutet unkontrollierte Inflammation
Die neu publizierten ASAS-Definitionen der schwierig zu behandelnden oder refraktären axSpA tragen diesen Phänomenen Rechnung.6 Schwierig zu behandelnde bzw. refraktäre axSpA liegt vor, wenn eine den Leitlinien entsprechende Behandlung durchgeführt und mindestens zwei Biologika oder JAK-Inhibitoren versucht wurden und damit keine ausreichende Kontrolle der Erkrankung erreicht wurde, sofern die residualen Zeichen und/oder Symptome von den Betroffenen oder den Behandle-r:innen als problematisch wahrgenommen werden. Von nicht ausreichender Kontrolle spricht man, wenn Zeichen deutlicher Krankheitsaktivität vorliegen, es zu rapider radiografischer Progression an der Wirbelsäule kommt oder die Symptome die Lebensqualität stark einschränken. Innerhalb der betroffenen Population wird die therapierefraktäre Erkrankung durch die Kombination eines Axial Spondyloarthritis Disease Activity Score (ASDAS) von mindestens 2,1 mit erhöhtem CRP und/oder ungünstigem MRT-Befund definiert.7 Während ein nicht zu unterschätzender Prozentsatz der Patient:innen mit axSpA die Kriterien für eine schwierig zu behandelnde Erkrankung erfüllt, ist der Anteil refraktärer (also von deutlichen Entzündungen betroffener) Patient:innen deutlich geringer, so Marzo-Ortega. Diese Differenzierung ist für das klinische Management von großer Bedeutung, da refraktär bedeutet, dass eine Entzündung vorliegt, die sich nicht ausreichend unterdrücken lässt. Eine schwierig zu behandelnde Erkrankung kann hingegen auch auf mangelnde Adhärenz, residuale Schmerzen oder Komorbiditäten zurückgehen.
Quelle:
„What’s new in: spondyloarthritis“, wissenschaftliche Sitzung im Rahmen des EULAR 2025 am 13. Juni 2025 in Barcelona
Literatur:
1 Van der Heijde D et al.: Ixekizumab, an interleukin-17A antagonist in the treatment of ankylosing spondylitis or radiographic axial spondyloarthritis in patients previously untreated with biological disease-modifying anti-rheumatic drugs (COAST-V): 16 week results of a phase 3 randomised, double-blind, active-controlled and placebo-controlled trial. Lancet 2018; 392: 2441-51 2 Landewé R et al.: Efficacy of certolizumab pegol on signs and symptoms of axial spondyloarthritis including ankylosing spondylitis: 24-week results of a double-blind randomised placebo-controlled phase 3 study. Ann Rheum Dis 2014; 73(1): 39-47 3 Al-Sofi RF et al.: The association between genetics and response to treatment with biologics in patients with psoriasis, psoriatic arthritis, rheumatoid arthritis, and inflammatory bowel diseases: a systematic review and meta-analysis. Int J Mol Sci 2024; 25(11): 5793 4 Zhao SS et al.: Comparative safety of JAK inhibitors versus TNF or IL-17 inhibitors for cardiovascular disease and cancer in psoriatic arthritis and axial spondyloarthritis. Clin Ther 2025; 47(4): 293-7 5 Remalante-Rayco P et al.: Impact of clinical subtype and sex on first-line biologic therapy discontinuation in axial spondyloarthritis. Ann Rheum Dis 2025; 84(4): 584-93 6 Horbal N, Maksymowych WP: Nociplastic pain in axial spondyloarthritis and psoriatic arthritis: role of JAK kinases in immunopathology and therapeutic impact of JAK inhibitors. Expert Rev Clin Immunol 2025; 21(2): 137-52 7 Poddubnyy D et al.: The Assessment of SpondyloArthritis International Society (ASAS) Consensus-Based Expert Definition of Difficult-to-Manage, including Treatment-Refractory, Axial Spondyloarthritis. Ann Rheum Dis 2025; 84(4): 538-46
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