IPF-Diagnostik: Kann auf die Biopsie verzichtet werden?
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Im Jahr 2018 präsentierte die ERS ihre gemeinsam mit mehreren anderen Fachgesellschaften erstellte Leitlinie zur Diagnostik der idiopathischen Lungenfibrose (IPF). Im Umgang mit
diesem Dokument stellt sich seither vor allem eine Frage: Wer muss biopsiert werden?
Die Frage nach der Notwendigkeit einer Biopsie ist insofern relevant, als für die Diagnose einer IPF eine offene, chirurgische Biopsie erforderlich ist, die besonders für Patienten in schlechtem Allgemeinzustand ein nicht zu unterschätzendes Mortalitätsrisiko bedeutet. Andererseits ist jedoch seit der Einführung antifibrotischer Therapien die IPF-Diagnose von erheblicher praktischer Bedeutung. Im Rahmen des diesjährigen ERS-Kongresses nahm Prof. Dr. Athol Wells vom Royal Brompton Hospital, London, zu diesem Spannungsfeld Stellung.
Voraussetzung für die Diagnose einer IPF ist – sofern keine alternativen Erklärungen für den Zustand der Lunge vorhanden sind – der Nachweis einer „usual interstitial pneumonia“ (UIP). Die UIP kann anhand der hochauflösenden Computertomografie (HRCT) befundet werden, jedoch leider nicht in allen Fällen. Die Leitlinie von 20181 unterscheidet zwischen sicherer UIP, wahrscheinlicher („probable“) UIP, unbestimmt („indeterminate“) im Hinblick auf UIP und alternative Diagnose. Lässt die Bildgebung keinen eindeutigen Befund zu, kommt die Lungenbiopsie ins Spiel, die in der Leitlinie, ebenso wie die bronchioalveoläre Lavage (BAL) bei wahrscheinlicher UIP, unbestimmt im Hinblick auf UIP und alternative Diagnose empfohlen wird. Es handelt sich dabeijedoch um eine eingeschränkte („conditional“) Empfehlung auf Basis schwacher Evidenz. Wells hebt nun hervor, dass für andere Biopsietechniken als die offene Biopsie (namentlich Kryobiopsie und transbronchiale Biopsie) vor zwei Jahren nicht ausreichend Evidenz verfügbar war, um überhaupt eine Empfehlung abzugeben.
Darüber hinaus betont Wells, dass der Terminus einer „wahrscheinlichen UIP“ nicht als klinisches Statement anzusehen sei, da die Wahrscheinlichkeit, ob eine „probable UIP“ mit Biopsie bestätigt werden kann, stark von der klinischen Präsentation und dem Alter des Patienten abhängen. Diese Faktoren wurden in einem ebenfalls 2018 publizierten Statement der Fleischner Society2 stärker berücksichtigt. Diese fordert nämlich keine Biopsie, wenn eine wahrscheinliche UIP vorhanden ist und das klinische Bild einer IPF entspricht. Damit erlaubt die Fleischner Society eine medikamentöse Therapie der IPF auf Basis einer „Arbeitshypothese“. Wells unterstreicht jedoch, dass zwischen den beiden Empfehlungen bei genauerem Hinsehen keine tiefgreifenden Widersprüche bestehen. Beide Leitlinien empfehlen bei unklarer HRCT die multidisziplinäre Diskussion des Falls. Danach gehe die Empfehlung der ERS-Leitlinie eher in Richtung Biopsie, während die Fleischner Society aufgrund der Risiken die Biopsie zu vermeiden suche.
Letztlich gehe es, so Wells, um die Frage, ob man eine definitive IPF-Diagnose haben möchte oder ob man sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einer IPF begnüge, um eine antifibrotische Therapie beginnen zu können. Dann sei freilich noch die Frage zu klären, wie hoch diese Wahrscheinlichkeit sein soll. In der Regel spreche man – auch bei anderen Erkrankungen – bei einer Wahrscheinlichkeit von 90 und mehr Prozent von einer sicheren Diagnose und bei einer Wahrscheinlichkeit von 70 bis 90% von einer provisorischen Diagnose mit „high confidence“.
Für die Praxis sei mittlerweile gezeigt worden, dass sich eine Mehrheit der Kliniker mit einer „Arbeitsdiagnose“ im Sinne der Fleischner Society begnügt und offene Biopsien vermeidet, auch wenn dies nicht der Leitlinienempfehlung entspreche.3
Bericht:
Reno Barth
Quelle:
Session „Image-based guidelines and recommendations in respiratory diseases“ im Rahmen des ERS International Congress 2020 virtual; 7.September 2020
Literatur:
1 Raghu G et al.: Diagnosis of idiopathic pulmonary fibrosis. An official ATS/ERS/JRS/ALAT clinical practice guideline. Am J Respir Crit Care Med 2018; 198(5): 44-68
2 Lynch DA et al.: Diagnostic criteria for idiopathic pulmonary fibrosis: a Fleischner Society white paper. Lancet Respir Med 2018; 6(2): 138-53 3 Walsh SLF et al.: Diagnostic likelihood thresholds that define a working diagnosis of idiopathic pulmonary fibrosis. Am J Respir Crit Care Med 2019; 200(9): 1146-53
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